TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/11 W167 2144022-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.10.2019
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Entscheidungsdatum

11.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a

Spruch

W167 2144022-2/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daria MACA-DAASE als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl Erstaufnahmestelle Ost vom XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Asylwerber gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Asylwerber eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Schließlich wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , als unbegründet abgewiesen.

2. Am XXXX brachte der Asylwerber erneut einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Er verwies auf seinen bisherigen Fluchtgrund ("Ich habe keine neuen Gründe.") und gab an, im Falle seiner Heimkehr befürchte er in Kabul von den Taliban gesucht und geköpft zu werden.

3. Der Beschwerdeführer wurde beim BFA am XXXX und am XXXX niederschriftlich befragt. Er wurde zu den von ihm vorgelegten Fotografien eines Schriftstücks befragt, das sich auf seine bisherigen Fluchtgründe bezog.

4. Mit Bescheid vom XXXX hat das BFA den (neuerlichen) Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Absatz 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkte I und II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Schließlich wurde ausgesprochen, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 a FPG besteht (Spruchpunkt VI.).

Mit Verfahrensanordnung vom selben Tag wurde dem Beschwerdeführer amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

5. In der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde bekämpfte der vertretene Beschwerdeführer alle Spruchpunkte.

6. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX , wurde der gegenständlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

7. Im Rahmen des Parteiengehörs wurden dem Beschwerdeführer im Wege seines Vertreters Unterlagen betreffend die Situation in Afghanistan übermittelt, zu denen der Beschwerdeführer Stellung nahm.

8. Der Beschwerdeführer übermittelte die Vollmacht für einen neuen Vertreter.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig, Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, schiitischer Moslem und Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari. Er stammt aus der Provinz Maidan Wardak, wo er bis zu seiner Ausreise aus Afghanistan lebte.

1.2. Der Beschwerdeführer stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid vom XXXX wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Asylwerber gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Asylwerber eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Schließlich wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid das Rechtsmittel der Beschwerde. Diese wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX , als unbegründet abgewiesen, da das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers, wonach er von den Taliban verfolgt werde, als nicht glaubhaft beurteilt wurde.

Am XXXX brachte der Asylwerber erneut einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

1.3. Bei seiner zweiten Antragstellung am XXXX stützte sich der Beschwerdeführer ausschließlich auf die bereits im vorangehenden Verfahren vorgebrachten Fluchtgründe und erstattete kein neues Vorbringen. Er legte zum Beleg dieses Vorbringens ein Foto eines Schriftstückes vor, das er nach Abschluss des Verfahrens über seinen ersten Asylantrag erhielt.

Seit dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens über den letzten Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers kam es zu keiner maßgeblichen Änderung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat. Ebenso wenig besteht eine maßgebliche Bedrohung des Beschwerdeführers in Afghanistan. Er bezieht sich in seinem gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz auf Umstände, die bereits beim ersten Antrag angegeben wurden. Eine maßgebliche Änderung der allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsstaat und der persönlichen Umstände des Beschwerdeführers liegt nicht vor.

1.4. Der Beschwerdeführer ist nach wie vor arbeitsfähig und befindet sich im erwerbsfähigen Alter. Er besuchte in Afghanistan keine Schule, verfügt jedoch über Berufserfahrung in der Landwirtschaft. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen, die einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

Dem Beschwerdeführer ist - auch ohne familiäre Unterstützung - nach wie vor eine Neuansiedlung in einer der großen Städte Afghanistans, wie beispielsweise Kabul-Stadt, Mazar-e Sharif und Herat-Staat möglich, ohne dass er in eine existenzbedrohende Lage kommen wird. Es sind keine Umstände hervorgekommen, die auf ein erhöhtes Gefährdungsrisiko des Beschwerdeführers hinweisen.

1.5. Zum Leben in Österreich

Der Beschwerdeführer hält sich seit XXXX überwiegend in Österreich auf. Von XXXX hielt er sich in der Bundesrepublik Deutschland auf. Er hat keine Familienangehörigen bzw. Verwandten in Österreich und auch sonst keine besonderen privaten Bindungen.

Der Beschwerdeführer besuchte Deutschkurse und übte eine gemeinnützige Beschäftigung aus. Der Beschwerdeführer war bisher in Österreich nicht erwerbstätig. Er lebt von der Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich unbescholten.

1.6. Zur aktuellen Situation in Afghanistan werden folgende Feststellungen getroffen:

1.6.1. Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren. Ausländische Streitkräfte und Regierungsvertreter sowie die als ihre Verbündeten angesehenen Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte und Vertreter der afghanischen Regierung sind prioritäre Ziele der Aufständischen. Eine Bedrohung für Zivilisten geht insbesondere von Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien sowie improvisierten Sprengkörpern, Selbstmordanschlägen und komplexen Angriffen auf staatliche Einrichtungen aus. In einigen Teilen des Landes ist fehlende Sicherheit die größte Bewegungseinschränkung. In bestimmten Gebieten machen Gewalt durch Aufständische, Landminen und improvisierte Sprengfallen (IEDs) das Reisen besonders gefährlich, speziell in der Nacht. Bewaffnete Aufständischengruppen betreiben illegale Checkpoints und erpressen Geld und Waren.

Kabul-Stadt

Kabul-Stadt ist die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan.

Die Stadt Kabul ist immer wieder von Angriffen und Anschlägen durch Aufständische betroffen, wobei es auch zu zivilen Opfern kommt. Die Anschläge und Angriffe finden aber überwiegend in Regierungs- und Botschaftsnähe, also mit möglichst hoher medialer Reichweite statt. Überdies ist die Vorfallshäufigkeit nicht so groß, dass gleichsam jede in der Stadt anwesende Person mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Vorfall betroffen wäre. Laut den Kurzinformationen fanden in Kabul-Stadt in letzter Zeit folgende Anschläge statt: Im November 2018 auf Teilnehmer einer Demonstration, im Dezember 2018 auf Islamgelehrte, im Jänner 2019 vor dem gesicherten Green Village (wo zahlreiche IOs und NGOs angesiedelt sind), im März 2019 auf eine Gedenkveranstaltung für den 1995 von den Taliban getöteten Hazara-Führer Abdul Ali Mazari sowie während des persischen Neujahres-Festes Nowruz in der Nähe der Universität Kabul und des Karte Sakhi Schreins. Die Regierung ist jedoch in der Lage, die Sicherheit abseits dieser High-Profile Attentate zu gewährleisten.

Die Wohnraum- und Versorgungslage ist aufgrund der erheblichen Anzahl an Rückkehrern angespannt.

Herkunftsprovinz Maiden Wardak

(Maidan) Wardak ist eine der zentralen Provinzen Afghanistans. Maidan Shahr ist die Provinzhauptstadt.

Wardak zählt zu den volatilen Provinzen Afghanistans. Regierungsfeindliche, bewaffnete Aufständische sind in unterschiedlichen Distrikten aktiv - speziell in den Distrikten nächst der Autobahn. Bei einem Anschlag auf einen Stützpunkt des afghanischen Sicherheitsdienstes (NDS, National Directorate of Security) kamen im Jänner 2019 NDS-Mitarbeiter ums Leben; die Taliban bekannten sich zu diesem Anschlag. In der Provinz Wardak werden groß angelegte militärische Operationen durchgeführt, inklusive Luftangriffe.

Laut EASO handelt es sich um einen Landesteil, in dem willkürliche Gewalt stattfindet und allenfalls eine reale Gefahr bestehen kann, von willkürlicher Gewalt im Sinne von Artikel 15(c) der Qualifizierungsrichtlinie persönlich betroffen zu sein.

Provinz Balkh mit der Hauptstadt Mazar-e Sharif

Hingegen handelt es sich bei der Provinz Balkh, mit deren Hauptstadt Mazar-e Sharif, laut EASO um einen jener Landesteile, wo willkürliche Gewalt ein derart niedriges Ausmaß erreicht, dass für Zivilisten im Allgemeinen keine reelle Gefahr besteht, von willkürlicher Gewalt im Sinne von Art 15 (c) der Qualifizierungsrichtlinie persönlich betroffen zu sein.

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans, sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan. Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften, oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte. Im Zeitraum 01.01.2017 - 30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt. Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben.

Provinz Herat mit der Hauptstadt Herat-Stadt

Auch bei Herat-Stadt handelt es sich laut EASO um einen jener Landesteile, wo willkürliche Gewalt ein derart niedriges Ausmaß erreicht, dass für Zivilisten im Allgemeinen keine reelle Gefahr besteht, von willkürlicher Gewalt im Sinne von Art 15 (c) der Qualifizierungsrichtlinie persönlich betroffen zu sein.

Provinzhauptstadt von Herat ist Herat-Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet. In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand.

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans, liegt im Westen des Landes und grenzt an den Iran. In der Provinz leben auch tausende afghanische Binnenflüchtlinge.

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen (abgelegenen) Distrikten der Provinz aktiv. In der Provinz werden militärische Operationen inklusive Luftangriffe durchgeführt. Es finde auch Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen statt. Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

1.6.2. Sichere Einreise

Kabul, Mazar-e Sharif und Herat-Stadt sind über den internationalen Flughafen sicher erreichbar. Die Befahrung der Straßen von diesen Flughäfen bis in die Stadt sind untertags im Allgemeinen sicher.

1.6.3. Wirtschafts- und Versorgungslage

Zur Dürre und den Überflutungen

Bei schweren Regenfälle in 14 afghanischen Provinzen kamen mindestens 63 Menschen ums Leben. Es wurden auch Häuser zerstört und beschädigt. Betroffen waren u.a. sechs Distrikte der Provinz Herat (nicht jedoch Herat-Stadt) und die Provinz Kabul, nicht jedoch die Provinz Balkh. Die Überflutungen folgten der oben beschriebenen Dürre, von der die Provinzen Badghis und Herat am meisten betroffen waren und deren Folgen sie es weiterhin sind. Aufgrund der Dürre siedelten sich vertriebene Personen in den Randgebieten oder in Notunterkünften innerhalb der Städte Herat-Stadt und Qala-e-Naw an und sind auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut weiterhin zu.

Für ca. ein Drittel der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (inklusive Tiernutzung) die Haupteinnahmequelle. Die Arbeitslosigkeit betrifft hauptsächlich gering qualifizierte bildungsferne Personen; diese sind auch am meisten armutsgefährdet. Es müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Mehr als ein Drittel der männlichen Bevölkerung (34,3%) Afghanistans und mehr als die Hälfte der weiblichen Bevölkerung (51,1%) sind nicht in der Lage, eine passende Stelle zu finden.

Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist angespannt und die Arbeitslosigkeit ist hoch. Sogar für gut ausgebildete und gut qualifizierte Personen ist es schwierig ohne ein Netzwerk einen Arbeitsplatz zu finden, wenn man nicht empfohlen wird oder dem Arbeitgeber nicht vorgestellt wird. Vetternwirtschaft ist gang und gebe. Arbeitgeber bewerten persönliche Beziehungen und Netzwerke höher als formelle Qualifikationen. Es gibt lokale Webseiten, die offene Stellen im öffentlichen und privaten Sektor annoncieren. Die meisten Afghanen sind unqualifiziert und Teil des informellen, nicht-regulierten Arbeitsmarktes. Der Arbeitsmarkt besteht Großteiles aus manueller Arbeit ohne Anforderungen an eine formelle Ausbildung und spiegelt das niedrige Bildungsniveau wieder. In Kabul gibt es öffentliche Plätze, wo sich Arbeitssuchende und Nachfragende treffen. Viele bewerben sich, nicht jeder wird engagiert. Der Lohn beträgt für Hilfsarbeiter meist USD 4,3 und für angelernte Kräfte bis zu USD 14,5 pro Tag.

In Kabul und in großen Städten stehen Häuser und Wohnungen zur Verfügung. Es ist auch möglich an Stelle einer Wohnung ein Zimmer zu mieten. Dies ist billiger als eine Wohnung zu mieten. Heimkehrer mit Geld können Grund und Boden erwerben und langfristig ein eigenes Haus bauen. Vertriebene in Kabul, die keine Familienanbindung haben und kein Haus anmieten konnten, landen in Lagern, Zeltsiedlungen und provisorischen Hütten oder besetzen aufgelassene Regierungsgebäude. In Städten gibt es Hotels und Pensionen unterschiedlichster Preiskategorien. Für Tagelöhner, Jugendliche, Fahrer, unverheiratete Männer und andere Personen, ohne permanenten Wohnsitz in der jeweiligen Gegend, gibt es im ganzen Land Angebote geringerer Qualität, sogenannte chai khana (Teehaus). Dabei handelt es sich um einfache große Zimmer in denen Tee und Essen aufgetischt wird. Der Preis für eine Übernachtung beträgt zwischen 0,4 und 1,4 USD. In Kabul und anderen großen Städten gibt es viele solche chai khana und wenn ein derartiges Haus voll ist, lässt sich Kost und Logis leicht anderswo finden. Man muss niemanden kennen um dort eingelassen zu werden.

Menschen aus unsicheren Provinzen, auf der Suche nach Sicherheit und Jobs, kommen nach Kabul. In der Hauptstadt Kabul existieren etwa 60 anerkannte informelle Siedlungen, in denen 65.000 registrierte Rückkehrer/innen und IDPs wohnen.

Mazar-e Sharif ist ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region.

Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, ist eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden. Herat nimmt eine Vorreiterrolle in der Safran-Produktion ein, die mit nationaler und internationaler Unterstützung eine Alternative zum Mohnanbau werden soll. Darüber hinaus wurde im Dezember 2017 mit Usbekistan ein Abkommen über den Bau einer 400 km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat unterzeichnet. Mitte März 2018 wurde mit dem Bau der TAPI-Leitung (internationale Pipeline zur Versorgung mit turkmenischem Erdgas) in Afghanistan begonnen.

In Mazar-e Sharif und Herat-Stadt besteht laut EASO grundsätzlich die Möglichkeit, sicheren Wohnraum zu mieten. Als Alternative dazu stehen ferner günstige Unterkünfte in "Teehäusern" zur Verfügung. In diesen beiden Städten haben die meisten Leute laut EASO Zugang zu erschlossenen Wasserquellen sowie auch zu besseren Sanitäreinrichtungen. Schulische Einrichtungen sind ebenfalls vorhanden.

Den Berichten ist trotz der im Umland bis vor kurzem herrschenden Dürre, keine Lebensmittelknappheit in Mazar-e Sharif und Herat-Stadt zu entnehmen.

Aufgrund der Dürre wird die Getreideernte geringer ausfallen, als in den vergangenen Jahren. Da die Getreideernte in Pakistan und im Iran gut ausfallen wird, kann ein Defizit in Afghanistan ausgeglichen werden. Die Preise für Getreide waren im Mai 2018 verglichen zum Vormonat in den meisten großen Städten unverändert und lagen sowohl in Herat-Stadt als auch in Mazar-e Sharif etwas unter dem Durchschnitt der Jahre 2013-2014. Das Angebot an Weizenmehl ist relativ stabil. Aufgrund der Dürre wurde bisher kein nationaler Notstand ausgerufen.

Für die Landflucht spielen die Sicherheitslage und die fehlende Beschäftigung eine Rolle. Durch die Dürre wird die Situation verstärkt, sodass viele Haushalte sich in städtischen Gebieten ansiedeln. Diese Personen - Vertriebene, Rückkehrer und Flüchtlinge - siedeln sich in informellen Siedlungen an. Dort ist die größte Sorge der Vertriebenen die Verfügbarkeit von Lebensmitteln, diese sind jedoch mit der Menge und der Regelmäßigkeit des Trinkwassers in den informellen Siedlungen und den erhaltenen Hygienesets zufrieden. Viele Familien, die Bargeld für Lebensmittel erhalten, gaben das Geld jedoch für Schulden, für Gesundheitsleistungen und für Material für provisorische Unterkünfte aus. Vielen Familien der Binnenvertriebenen gehen die Nahrungsmittel aus bzw. können sich diese nur Brot und Tee leisten. Arme Haushalte, die von einer wassergespeisten Weizenproduktion abhängig sind, werden bis zur Frühjahrsernte sowie im nächsten Jahr Schwierigkeiten haben, den Konsumbedarf zu decken. Es werden, um die Folgen der Dürre entgegen zu treten, nationale und internationale Hilfsmaßnahmen für die Betroffenen gesetzt.

Die Abnahme der landwirtschaftlichen Arbeitsmöglichkeiten zusammen mit der steigenden Migration sowie der hohen Anzahl an Rückkehrern und Binnenvertriebenen führt zu einer Senkung der Löhne für Gelegenheitsarbeit in Afghanistan und zu einer angespannten Wohnraum- und Arbeitsmarktlage in urbanen Gebieten.

Von Mai bis Mitte August 2018 sind ca. 12.000 Familie aufgrund der Dürre aus den Provinzen Badghis und Ghor geflohen um sich in der Stadt Herat anzusiedeln. Dort leben diese am westlichen Stadtrand von Herat in behelfsmäßigen Zelten, sodass am Rand der Stadt Herat die Auswirkungen der Dürre am deutlichsten sind. Mittlerweile sind 60.000 Personen nach Herat geflohen. Es ist besonders die ländliche Bevölkerung, insbesondere in der Provinz Herat, betroffen. Personen die von der Dürre fliehen, siedeln sich in Herat-Stadt, in Qala-e-Naw sowie in Chaghcharan an, dort wurden unter anderem Zelte, Wasser, Nahrungsmittel sowie Geld verteilt.

Während das Lohnniveau in Mazar-e Sharif weiterhin über dem Fünfjahresdurchschnitt liegt, liegt dieses in Herat-Stadt 17% unter dem Fünfjahresdurchschnitt. Es gibt keine signifikante dürrebedingte Vertreibung bzw. Zwangsmigration nach Mazar-e Sharif. Im Umland der Stadt Mazar-e Sharif kommt es zu Wasserknappheit und unzureichender Wasserversorgung.

1.6.4. Medizinische Versorgung

Medizinische Versorgung ist in Afghanistan insbesondere in größeren Städten wie etwa auch in Kabul, Mazar-e Sharif und Herat sowohl in staatlichen als auch privaten Krankenhäusern verfügbar. Psychische Krankheiten wie posttraumatische Belastungsstörung, Depression und Angstzustände - die oft durch den Krieg hervorgerufen wurden - sind in Afghanistan weit verbreitet, es gibt aber nur geringe Kapazitäten zur Behandlung dieser Erkrankungen. Spezifische Medikamente sind grundsätzlich verfügbar.

1.6.5. Ethnische Minderheiten - Tadschiken

In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2017 mehr als 34,1 Millionen Menschen. Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht.

Schätzungen zufolge, sind: 40% Paschtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, die zusammen etwa 4 % der Bevölkerung ausmachen. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri. Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen.

Die Dari-sprachige Minderheit der Tadschiken ist die zweitgrößte; und zweitmächtigste Gemeinschaft in Afghanistan. Sie machen etwa 30% der afghanischen Gesellschaft aus. Außerhalb der tadschikischen Kerngebiete in Nordafghanistan bilden Tadschiken in weiten Teilen Afghanistans ethnische Inseln, namentlich in den größeren Städten:

In der Hauptstadt Kabul sind sie knapp in der Mehrheit. Aus historischer Perspektive identifizierten sich Sprecher des Dari-Persischen in Afghanistan nach sehr unterschiedlichen Kriterien, etwa Siedlungsgebiet oder Herkunftsregion. Dementsprechend nannten sie sich zum Beispiel kaboli (aus Kabul), herati (aus Herat), mazari (aus Mazar-e Scharif), panjsheri (aus Pajshir) oder badakhshi (aus Badakhshan). Sie konnten auch nach ihrer Lebensweise benannt werden. Der Name tajik (Tadschike) bezeichnete traditionell sesshafte persischsprachige Bauern oder Stadtbewohner sunnitischer Konfession. Die Tadschiken sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 25% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert.

1.5.6. Religion - Schiiten

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten, davon zwischen 10-15 % Schiiten.

Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung der schiitischen Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch existieren Berichte zu lokalen Diskriminierungsfällen. Afghanischen Schiiten ist es möglich, ihre Feste öffentlich zu feiern; einige Paschtunen sind jedoch wegen der Feierlichkeiten missgestimmt, was gelegentlich in Auseinandersetzungen mündet. In den Jahren 2016 und 2017 wurden schiitische Muslime, hauptsächlich ethnische Hazara, oftmals Opfer von terroristischen Angriffen u.a. der Taliban und des IS.

1.6.7. Rückkehrer

Im Jahr 2017 kehrten sowohl freiwillig, als auch zwangsweise insgesamt 98.191 Personen aus Pakistan und 462.361 Personen aus Iran zurück. Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück.

Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig. Außerdem erhalten Rückkehrer/innen Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrer/innen zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer/innen daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden. So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellt die Regierung eine temporäre Unterkunft zur Verfügung, wo Rückkehrer/innen für maximal zwei Wochen untergebracht werden können.

IOM, IRARA, ACE und AKAH bieten Unterstützung und nachhaltige Begleitung bei der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Schulungen an. NRC bietet Rückkehrer/innen aus Pakistan, Iran und anderen Ländern Unterkunft sowie Haushaltsgegenstände und Informationen zur Sicherheit an und hilft bei Grundstücksstreitigkeiten. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (ICRC) unterstützt Rückkehrer/innen dabei, ihre Familien zu finden.

Psychologische Unterstützung von Rückkehrer/innen wird über die Organisation IPSO betrieben - alle Leistungen sind kostenfrei. Diejenigen, die es benötigen und in abgelegene Provinzen zurückkehren, erhalten bis zu fünf Skype-Sitzungen von IPSO. Für psychologische Unterstützung könnte auch ein Krankenhaus aufgesucht werden; möglicherweise mangelt es diesen aber an Kapazitäten.

Die Großfamilie ist die zentrale soziale Institution in Afghanistan und bildet das wichtigste soziale Sicherheitsnetz der Afghanen. Alle Familienmitglieder sind Teil des familiären Netzes. Die Großfamilie trägt zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder bei. Sie bildet auch eine wirtschaftliche Einheit; die Männer der Familie sind verpflichtet, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen und die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Auslandsafghanen pflegen zumeist enge Kontakte mit ihren Verwandten in Afghanistan. Nur sehr wenige Afghanen in Europa verlieren den Kontakt zu ihrer Familie. Die Qualität des Kontakts mit der Familie hängt möglicherweise auch davon ab, wie lange die betreffende Person im Ausland war bzw. wie lange sie tatsächlich in Afghanistan lebte, bevor sie nach Europa migrierte. Der Faktor geographische Nähe verliert durch technologische Entwicklungen sogar an Wichtigkeit. Der Besitz von Mobiltelefonen ist mittlerweile "universell" geworden und digitale Kommunikation wird eine zunehmende Selbstverständlichkeit, vor allem in den Städten. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migrant/innen in Afghanistan dar. Dennoch haben alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen.

Familien in Afghanistan halten in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren.

Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind einige Rückkehrer/innen auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer/innen besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass Rückkehrer allein aufgrund ihres Aufenthaltes in Europa in Afghanistan psychischer oder physischer Gewalt ausgesetzt sind.

1.6.8. Terroristische und aufständische Gruppierungen

Terroristische und aufständische Gruppierungen stellen Afghanistan und die Koalitionskräfte grundsätzlich vor erhebliche Herausforderungen. Derzeit sind rund 20 terroristische Organisationen in Afghanistan zu finden: das von außen unterstützte Haqqani-Netzwerk stellt nach wie vor die größte Gefährdung für afghanische und internationale Kräfte dar. Die Verflechtung von Taliban und Haqqani-Netzwerk ist so intensiv, dass diese beiden Gruppierungen als Fraktionen ein und derselben Gruppe angesehen werden. Wenn auch die Taliban öffentlich verkündet haben, sie würden zivile Opfer einschränken, so führt das Haqqani-Netzwerk auch weiterhin Angriffe in bevölkerungsreichen Gegenden aus. Die Taliban haben hauptsächlich in Faryab und Sar-i-Pul, wo die Mehrheit der Bevölkerung usbekischer Abstammung ist, ihre Reihen für nicht-paschtunische Kämpfer geöffnet. Schätzungen von SIGAR zufolge kontrollierten im Oktober 2017 und im Jänner 2018 die Taliban 14% der Distrikte Afghanistans. Die Taliban selbst verlautbarten im März 2017, dass sie beinahe 10% der afghanischen Distrikte kontrollierten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die getroffenen Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers (1.1.) stützen sich auf folgende Beweiswürdigung:

Der im Einleitungssatz angeführte Name sowie das (angenommene) Geburtsdatum ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers und dienen ausschließlich der Identifizierung des Beschwerdeführers im Asylverfahren. Das Bundesverwaltungsgericht folgt dabei der Schreibweise des Namens des Beschwerdeführers im verwaltungsbehördlichen Verfahren.

Die Feststellungen zur Staats-, Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit, zum Familienstand, sowie zum Heimatort, Heimatdistrikt und der Herkunftsprovinz des Beschwerdeführers beruhen auf seinen diesbezüglich gleichbleibenden und glaubwürdigen Angaben im gesamten Verfahren.

2.2. Die Feststellungen zum Gang des ersten Asylverfahrens sowie des gegenständlichen Asylverfahrens (1.2.) sowie des darin erstatteten Fluchtvorbringens werden auf Grundlage der entsprechenden Akte des BFA und des Bundeverwaltungsgerichts getroffen.

2.3. Die Feststellung, dass keine maßgebliche Änderung der asylrelevanten Lage vorliegt, ergibt sich insbesondere aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung zu seinem zweiten Antrag auf internationalen Schutz auf die Frage, was sich gegenüber dem bereits rechtskräftig entschiedenen Verfahren geändert habe, antwortete, dass er keine neuen Fluchtgründe habe. Auf die weitere Frage, was er im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat befürchte, gab er - wie bereits im Erstverfahren an - von den Taliban (in Kabul) verfolgt zu werden. Auch in den niederschriftlichen Einvernahmen vor dem BFA am XXXX und XXXX wiederholte der Beschwerdeführer die bereits im Erstverfahren vorgebrachten Fluchtgründe. Er ergänzte lediglich, dass nunmehr die Daesh in seinem Heimatdorf die Macht hätten und diese Schiiten töten würden. Außerdem legte er als Beweismittel für sein Vorbringen, wonach ihn die Taliban verfolgen würden, da er ausländische Truppen vor einer Landmine gewarnt habe, ein Foto eines Schreibens vor, das von einem Dorfältesten stamme und sein Fluchtvorbringen bestätigen solle. Er erstattete damit jedoch kein Vorbringen, aus dem eine Änderung des Sachverhalts hervorgeht. Von einer nachträglichen Änderung der Sache ist nämlich der Fall zu unterscheiden, in dem neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die bereits im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung vorlagen, aber erst später bekannt wurden ("nova reperta"). Die schon vor Erlassung der Entscheidung bestehende Sachlage ist von der Rechtskraft des Bescheides erfasst und bindet Gerichte und Behörden, solange diese Entscheidung dem Rechtsbestand angehört (vgl. zuletzt VwGH 25.10.2018, Ra 2018/07/0353, mwN). Eine Auseinandersetzung mit diesem vorgelegten Schreiben, das lediglich das bereits im Erstverfahren als unglaubwürdig erachtete Fluchtvorbringen belegen sollte, erübrigte sich damit. Dahingestellt bleiben kann auch das Vorbringen, wonach der Beschwerdeführer als Schiit verfolgt werde, da bereits im Erstverfahren festgehalten wurde, dass der Beschwerdeführer eine Verfolgung aufgrund seiner Religion bzw. der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Tadschiken nicht glaubhaft darlegen konnte. Auch aus den aktuellen Länderberichten lässt sich eine asylrelevante, landesweite Verfolgung von Tadschiken oder Schiiten nicht ableiten. Tadschiken sind die zweitgrößte und zweitmächtigste Volksgruppe in Afghanistan und machen etwa 30% der afghanischen Bevölkerung aus. Die Bevölkerung schiitischer Muslime wird auf 10 - 15% geschätzt. Die politische Repräsentation und die Beteiligung an den nationalen Institutionen seitens der traditionell marginalisierten schiitischen Minderheit ist seit 2001 gestiegen und die Diskriminierung der schiitischen Minderheit durch die sunnitische Mehrheit ist zurückgegangen. Es kommt zwar zu lokalen Diskriminierungen und gelegentlichen Auseinandersetzungen mit Sunniten, die jedoch insgesamt nicht die Schwelle einer asylrelevanten Verfolgung erreichen.

Insoweit sich der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf eine schlechtere (Sicherheits-)Situation in Kabul stützt und dies in der Beschwerde insbesondere unter Heranziehung der aktuellen UNHCR-Richtlinien vom August 2018 untermauert, ist ihm zuzugestehen, dass sich ausgehend von den zugrunde gelegten Länderfeststellungen und den genannten UNHCR-Richtlinien die Situation in Kabul verschärft hat. Von einer maßgeblichen Änderung der allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsstaat ist im vorliegenden Beschwerdefall auf Grundlage der Länderfeststellungen bzw. der UNHCR-Richtlinien vom August 2018 jedoch insoweit nicht auszugehen, als dem Beschwerdeführer jedenfalls (auch) eine Niederlassung in der Stadt Herat oder Mazar-e-Sharif möglich und zumutbar ist. Der Beschwerdeführer selbst hat eine Änderung der persönlichen Umstände nicht vorgebracht, so handelt es sich bei ihm um einen gesunden, arbeitsfähigen erwachsenen Mann, der mit Dari eine der afghanischen Landessprachen spricht. Auch die von ihm im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen warfen diesbezüglich keine Zweifel auf. Diese beziehen sich nämlich auf eine einmalige ambulante Behandlung im Krankenhaus, die aufgrund einer stressbedingten Erkrankung notwendig war, welche laut Beschwerdeführer durch den Erhalt des Erkenntnisses vom XXXX ausgelöst wurde. Zudem gab der Beschwerdeführer in den niederschriftlichen Einvernahmen selbst an, sich nicht in ärztlicher Behandlung zu befinden und nicht regelmäßig Medikamente einzunehmen.

Vor dem Hintergrund der persönlichen Situation des Beschwerdeführers und den Feststellungen zu Kabul-Stadt, Mazar-e Sharif und Herat-Stadt ergeben sich trotz der Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde keine Anhaltspunkte dafür, weswegen ausgerechnet der Beschwerdeführer aufgrund seiner persönlichen Situation nicht in einer der großen Städte Afghanistans leben können sollte. Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr des Beschwerdeführers ausschließen, liegen nicht vor. Dem Beschwerdeführer wird es - auch aufgrund seiner bisherigen Berufserfahrung - möglich sein, mit Hilfe der Rückkehrhilfe Arbeit und Unterkunft zu finden, sodass er im Falle seiner Neuansiedlung in einer der großen Städte Afghanistans in keine existenzbedrohende Lage kommen wird. Weshalb es konkret dem Beschwerdeführer nicht möglich sein soll, eine Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen, ist den allgemein gehaltenen Ausführungen zur Rückkehrhilfe in der Beschwerde nicht zu entnehmen.

2.4. Die Feststellungen betreffend sein Leben in Österreich ergeben sich aufgrund der Aktenlage, insbesondere aus seinen glaubhaften Angaben in Zusammenhalt mit den diesbezüglich vorgelegten Zeugnissen und Unterlagen.

2.5. Den Feststellungen zur Lage in Afghanistan werden das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation in der Gesamtaktualisierung vom 29.06.2018 mit Stand vom 26.03.2019, die UNHCR Richtlinien vom 30.08.2018, die EASO Leitlinien zu Afghanistan vom Juni 2018, die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 13.09.2018 (AFGHANISTAN Lage in Herat-Stadt und Mazar-e-Sharif aufgrund anhaltender Dürre), die ACCORD-Anfragebeantwortung vom 12.10.2018 zu Afghanistan: Folgen von Dürre in den Städten Herat und Mazar-e Sharif (Landflucht als Folge der Dürre; Auswirkungen der Dürre/Landflucht auf die Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln, auf die Wohnraumbeschaffung und die Situation am Arbeitsmarkt für Neuansiedler (insbesondere von RückkehrerInnen) [a-10737]),

ACCORD-Bericht Afghanistan: Entwicklung der wirtschaftlichen Situation, der Versorgungs- und Sicherheitslage in Herat, Mazar-e Sharif (Provinz Balkh) und Kabul 2010-2018 vom 07.12.2018 sowie

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation: Sozialleistungen für Rückkehrer, 01.02.2018. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Die genannten Länderinformationen wurden dem Beschwerdeführer mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt, er hat von diesem Recht auch teilweise Gebrauch gemacht. Die vom Beschwerdeführer in seinen Stellungnahmen zitierten Länderinformationen finden großteils Deckung in dem von der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl erstellten Länderinformationen zu Afghanistan. Insoweit es hier Abweichungen zu den dieser Entscheidung zugrunde gelegten Länderinformationen gibt, wird dem entgegengehalten, dass diese Länderinformationen der Staatendokumentation auf dem aktuellen Stand sind, und alle, für das gegenständliche Verfahren wesentlichen Aspekte berücksichtigen. Soweit in der Beschwerde Vorbringen zur Stadt Kabul als innerstaatliche Fluchtalternative erstatte wird, wird darauf verwiesen, dass innerstaatliche Fluchtalternativen für den Beschwerdeführer u.a. auch in Mazar-e Sharif und Herat zur Verfügung stehen. Betreffend das Vorbringen zur Versorgungslage und den Folgen der Dürre wird auf die Feststellungen verwiesen; im Rahmen des Parteiengehörs ist der Beschwerdeführer diesen Annahmen nicht substantiiert entgegengetreten.

Darüber hinaus wird festgehalten, dass auch die zwischenzeitlich eingefügte Kurzinformation zum Länderinformationsblatt vom 04.06.2019 zu keiner Änderung der Einschätzung führt. Diese betraf politische Ereignisse (Friedensgespräche, Loya Jirag, Ergebnisse der Parlamentswahl), Zivile-Opfer - UNAMA-Bericht, Anschläge in Kabul Stadt sowie Rückkehr. Betreffend die Anschläge in Kabul wird darauf hingewiesen, dass innerstaatliche Fluchtalternativen für den Beschwerdeführer u.a. auch in Mazar-e Sharif und Herat zur Verfügung stehen. Betreffend "Rückkehr" wird in der Kurzinformation festgehalten, dass die International Organization for Migration (IOM) seit April 2019 keine temporäre Unterkunft für zwangsrückgeführte Afghanen mehr gewährt, diese erhalten eine Barzuwendung von ca. 150 Euro sowie Informationen über mögliche Unterkunftsmöglichkeiten; gemäß dem Europäischen Auswärtigen Amt (EAD) nutzten nur wenige Rückkehrer die Unterbringungsmöglichkeiten von IOM. Daraus folgt, dass nunmehr statt einer temporären Unterbringung durch die IOM Geldzahlungen und Beratungen erfolgen. Somit unterstützt aber IOM weiterhin Rückkehrer, wie oben festgestellt.

Auch die im Internet abrufbare EASO Country Guidance: Afghanistan vom Juni 2019 schließt für alleinstehende gesunde Männer, die aus Afghanistan stammen und dort aufgewachsen sind - bei Beachtung der individuellen Umstände - eine mögliche innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul, Herat-Stadt und Mazar-e Sharif nicht aus. Dies entspricht somit der Einschätzung der EASO Leitlinien:

Afghanistan vom Juni 2018, welche in den Feststellungen berücksichtigt wurden.

Abschließend wird festgehalten, dass auch die unter ECOI.net abrufbaren aktuellen ACCORD-Berichte vom 02.10.2019 "Überblick über die Sicherheitslage in Afghanistan" (Dokument #2017366) und "Sicherheitslage und sozioökonomische Lage in Herat und Mazar-e Sharif" (Dokument #2017363) ebenfalls zu keiner Änderung der Einschätzung der Sicherheits- und Versorgungslage führen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zu den Spruchpunkten I. und II. des angefochtenen Bescheides:

3.1.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).

Infolge des in § 17 VwGVG normierten Ausschlusses der Anwendbarkeit des 4. Hauptstücks des AVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, welcher auch die in § 68 Abs. 1 AVG normierte Zurückweisung wegen entschiedener Sache umfasst, kommt eine unmittelbare Zurückweisung einer Angelegenheit aufgrund der genannten Bestimmung durch das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich nicht in Betracht. Davon unberührt bleibt, dass das Verwaltungsgericht im Verfahren über Bescheidbeschwerden zur Überprüfung der rechtmäßigen Anwendung von § 68 AVG in Bescheiden durch die Verwaltungsbehörde berufen ist (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K10.; vgl. auch VfSlg. 19.882/2014).

In Beschwerdeverfahren über zurückweisende Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG ist "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags auf internationalen Schutz durch die erstinstanzliche Behörde gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgt ist, ob die Behörde also auf Grundlage des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht davon ausgegangen ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren auf internationalen Schutz keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist.

Gelangt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Behörde nicht von entschiedener Sache hätte ausgehen dürfen, sondern aufgrund des Vorliegens neuer Sachverhaltselemente eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz hätte durchführen müssen, hat es den zurückweisenden Bescheid auf Grundlage des für zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren anzuwendenden § 21 Abs. 3 BFA-VG zu beheben, wodurch das Verfahren vor der Behörde zugelassen ist und eine neuerliche Zurückweisung des Antrages gemäß § 68 AVG unzulässig wird. Hingegen ist dem Bundesverwaltungsgericht ein inhaltlicher Abspruch über den zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz in einem Beschwerdeverfahren über einen zurückweisenden Bescheid nach § 68 AVG verwehrt, weil diesfalls die Sache des Beschwerdeverfahrens überschritten würde (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K11., K17.).

Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage stützen dürfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhalts nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können im Rechtsmittelverfahren nicht neu geltend gemacht werden (s. zB VwSlg. 5642A; VwGH 23.05.1995, 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. VwSlg. 12799 A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).

Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, 92/12/0127; 23.11.1993, 91/04/0205; 26.04.1994, 93/08/0212; 30.01.1995, 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, 83/07/0274; 21.02.1991, 90/09/0162;

10.06.1991, 89/10/0078; 04.08.1992, 88/12/0169; 18.03.1994, 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, 1202/58;

03.12.1990, 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen "glaubhaften Kern" aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH 21.3.2006, 2006/01/0028, sowie VwGH 18.6.2014, Ra 2014/01/0029, mwN). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH vom 24.06.2014, Ra 2014/19/0018, mwN).

Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf mehrere Folgeanträge VwGH 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN). Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die - falls feststellbar - zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann, wobei die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen (vgl. VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; vgl. auch VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344).

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit einem solchen Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321).

Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise - für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status - auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U 1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344 mwN).

Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens im Sinne des § 28 Abs. 2 VwGVG ist somit nur die Frage, ob das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Recht den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

3.1.2. Wie bereits dargelegt erstattete der Beschwerdeführer kein neues asylrelevantes Vorbringen, sondern stützte sich ausschließlich auf die bereits im Zuge des Erstverfahrens vorgebrachten Fluchtgründe. Über dieses Vorbringen wurde jedoch bereits mit Erkenntnis vom XXXX rechtskräftig entschieden. Zudem erfolgte zwischenzeitlich weder eine maßgebliche Änderung der asylrelevanten Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers noch eine Änderung der anzuwendenden Rechtslage.

Hinsichtlich der Frage, ob dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zu gewähren ist, liegt daher entschiedene Sache im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG vor, sodass die Beschwerde betreffend Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides abzuweisen war.

3.1.3. Ein Antrag auf internationalen Schutz richtet sich aber auch auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und daher sind auch Sachverhaltsänderungen, die ausschließlich subsidiäre Schutzgründe betreffen, von den Asylbehörden im Rahmen von Folgeanträgen einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344). Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung in Bezug auf die Frage des subsidiären Schutzes festgehalten, dass bei einer behaupteten Lageänderung in einem Folgeantrag, die - im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren - nicht von vornherein als ungeeignet ist, ein anderes Ergebnis zu erzielen, keine Zurückweisung des bezughabenden Antrages wegen entschiedener Sache stattfinden darf, sondern eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem neuen Vorbringen zu erfolgen hat (vgl. VwGH 12.10.2016, Ra 2015/18/0221).

Im rechtskräftigen Erkenntnis vom XXXX wurde ausgesprochen, dass eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative für den Beschwerdeführer im Herkunftsstaat besteht. Das BFA ist im nunmehr angefochtenen Bescheid, mit dem der Folgeantrag des Beschwerdeführers zurückgewiesen wurde, zu Recht davon ausgegangen, dass keine Änderung des Vorbringens, sowie der maßgeblichen Sach- und Rechtslage eingetreten ist.

Große Städte, v.a. Kabul, Herat und Mazar-e Sharif, befinden sich nach wie vor - also sowohl gemäß den im rechtskräftig entschiedenen Verfahren zugrunde gelegten Länderfeststellungen als auch nach dem aktuellen Informationsstand - nachweislich unter staatlicher Kontrolle. Im rechtskräftigen Erkenntnis wurde - im Einklang auch mit der damaligen Einschätzung von UNHCR - von einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative für den Beschwerdeführer ausgegangen, wobei von mehreren gleichermaßen in Frage kommenden innerstaatlichen Fluchtalternativen die Hauptstadt Kabul exemplarisch hervorgehoben wurde. In den aktuellen Richtlinien vom 30.08.2018 vertritt UNHCR - anders als beispielsweise EASO in der Country Guidance Afghanistan vom Juni 2018 (Seite 30) bzw. vom Juni 2019 (Seite 32) - die Ansicht, dass angesichts der gegenwärtigen Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Lage in Kabul eine interne Schutzalternative in der Stadt grundsätzlich nicht verfügbar ist, worauf auch der Beschwerdeführer hingewiesen hat. Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass nach wie vor eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative in anderen größeren Städten gegeben ist, insbesondere in den Städten Herat und Mazar-e Sharif. Dies ergibt sich sowohl aus den zitierten UNHCR- Richtlinien als auch aus

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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