Index
50 GewerberechtNorm
StGG Art5Leitsatz
Verletzung im Eigentumsrecht durch denkunmögliche Verhängung von Geldstrafen nach dem ÖffnungszeitenG 1991 wegen Offenhaltens einer Verkaufsstelle an einem Sonntag und einem FeiertagSpruch
Die beschwerdeführende Partei ist durch die angefochtenen Bescheide im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
Die Bescheide werden aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit S 18.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien erkannte den Beschwerdeführer mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden vom 12. Februar 1996 jeweils einer Verwaltungsübertretung nach dem Öffnungszeitengesetzes 1991, Anlage 1 der Kundmachung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für wirtschaftliche Angelgenheiten, BGBl. 50/1992, (im folgenden: ÖZG 1991) für schuldig. Gemäß §2 Abs1 ÖZG 1991 dürften Verkaufsstellen nur an Werktagen von 6 Uhr bis - ausgenommen Samstag - 19.30 Uhr offen gehalten werden; der Beschwerdeführer habe es als Inhaber eines Betriebes zu verantworten, daß in diesem Betrieb durch eine in den Bescheiden namentlich genannte Person am Sonntag, dem 5. Juni 1994, um 11.20 Uhr bzw. am Donnerstag, dem 2. Juni 1994 (Fronleichnam), um 12.50 Uhr Obst und Gemüse und auch Wein und Bier zum Verkauf feilgehalten worden seien, wodurch er die Rechtsvorschriften des §2 Abs1 iVm §9 ÖZG 1991 iVm §368 Abs1 Z14 GewO 1994 verletzt habe. Über ihn wurde deshalb gemäß §9 ÖZG 1991 iVm §368 Einleitungssatz und Z14 GewO 1994 jeweils eine Geldstrafe von S 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden) verhängt.
2. Gegen diese Berufungsbescheide wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines gegen die Erwerbsfreiheit und den Gleichheitssatz verstoßenden Gesetzes (in concreto §2 Abs1 ÖZG 1991) behauptet sowie die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.
Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und beantragte, die Beschwerde abzuweisen; auf die Erstattung einer Gegenschrift hat er verzichtet.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Die angefochtenen Bescheide gründen sich expressis verbis und der Sache nach auf das ÖZG 1991, das die Öffnungszeiten von Verkaufsstellen an Werktagen regelt; demgegenüber trifft das Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz, BGBl. 129/1984, (im folgenden: BZG) Regelungen für die Betriebszeiten an Sonn- und Feiertagen, wobei es die Gewerbeausübung an diesen Tagen nur im beschränkten Umfang zuläßt. Auch Verstöße gegen dieses Gesetz sind verwaltungsstrafrechtlich zu ahnden, wobei jedoch der Strafrahmen (s. §4 Abs1 BZG) geringer ist als jener nach dem ÖZG 1991 iVm der GewO 1994.
Da dem Beschwerdeführer ein Offenhalten an einem Sonn- bzw. Feiertag vorgeworfen wird, könnte er allenfalls gegen die Bestimmungen des BZG, nicht aber gegen jene des ÖZG 1991 verstoßen haben. Die von der belangten Behörde vorgenommene Gesetzeshandhabung ist daher als qualifiziert unrichtig, nämlich als denkunmöglich, zu werten. Es liegt ein Fall vor, der mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen ist. Da die angefochtenen Bescheide infolge der Verhängung einer Geldstrafe in das Eigentumsrecht des Beschwerdeführers eingreifen, hat sohin im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 11650/1988, 13431/1993) eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums stattgefunden.
Die bekämpften Bescheide waren demnach aufzuheben, sodaß es sich erübrigte, auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen. Dies gilt insbesondere für die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage der Verfassungsmäßigkeit des §2 Abs1 ÖZG 1991, weil aus den obigen Darlegungen folgt, daß es auf diese Bestimmung nicht ankommt (vgl. dazu aber schon VfSlg. 13318/1992).
2. Diese Entscheidung kann gemäß §19 Abs4 Z2 VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer von S 3.000,-- enthalten.
Schlagworte
Gewerberecht, LadenschlußEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1996:B1169.1996Dokumentnummer
JFT_10039076_96B01169_2_00