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58 Berg- und EnergierechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags eines Erdgasproduzenten aufAufhebung von Bestimmungen der Gas-Systemnutzungstarife-Verordnungen2004 und 2005 betreffend die Verpflichtung zur Leistung vonNetznutzungsentgelten als Einspeiser infolge Zumutbarkeit derAnrufung der Energie-Control Kommission und in weiterer Folge desGerichtesSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die antragstellende Gesellschaft produziert Erdgas und speist dieses in das Netz der Oberösterreichischen Ferngas AG mit einem Druck von 10-25 bar ein. Sie bekämpft (Bestimmungen) folgende(r) Verordnungen, die sie zur Leistung von Netznutzungsentgelt als Einspeiser verpflichten:
* Verordnung der Energie-Control Kommission, mit der die
Tarife für die Systemnutzung in der Gaswirtschaft bestimmt werden (Gas-Systemnutzungstarife-Verordnung, GSNT-VO 2004) vom 19. Mai 2004, kundgemacht im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 101 vom 26. Mai 2004 (in der Folge: GSNT-VO 2004)
* Verordnung der Energie-Control Kommission, mit der die
Tarife für die Systemnutzung in der Gaswirtschaft bestimmt werden (Gas-Systemnutzungstarife-Verordnung, GSNT-VO 2004) in der Fassung der "Gas-Systemnutzungstarife-Verordnung-Novelle 2005", Z K SNT G 001-043/04, kundgemacht im Amtblatt zur Wiener Zeitung Nr. 212 vom 29. Oktober 2005 (im Folgenden: GSNT-VO 2005).
2. Die antragstellende Gesellschaft begehrt gemäß Art139 B-VG im Einzelnen die Aufhebung folgender Bestimmungen wegen Gesetzwidrigkeit:
"§5 Abs8 Z2 litd der GSNT-VO 2004 ... in dem gesamten Umfang, der lautet 'd) Bereich Oberösterreich: 615.772,- €', sowie §5 Abs8 Z4 litd [GSNT-VO 2005] in dem gesamten Umfang, der lautet 'd) Bereich Oberösterreich: 1.446.145,- € Für die Einspeisung in das Netz der Oberösterreichischen Ferngas AG hat die Rohöl-Aufsuchungs AG diesen Betrag an die Oberösterreichische Ferngas AG zu entrichten';
in eventu §5 Abs8 Z2 litd der GSNT-VO 2004 ... hinsichtlich
der Wortfolge '615.772,- €' sowie §5 Abs8 Z4 litd der [GSNT-VO 2005] hinsichtlich der Wortfolge '1.446.145,- €';
in eventu den gesamten §5 Abs8 Z2 der GSNT-VO 2004 ... sowie
den gesamten §5 Abs8 Z4 der [GSNT-VO 2005];
in eventu den gesamten §5 Abs8 Z1 litd, Z2 sowie Z3 litd der
GSNT-VO 2004 ... sowie den gesamten §5 Abs8 Z1 litd, Z2 litd sowie Z4
der [GSNT-VO 2005]
in eventu den gesamten §5 Abs8 Z2 der GSNT-VO 2004 ... sowie
den gesamten §5 Abs8 Z4 der [GSNT-VO 2005] iVm der Wortfolge 'und
Einspeiser aus inländischer Produktion' in §5 Abs1 der GSNT-VO 2004
... sowie idF der [GSNT-VO 2005]
in eventu den gesamten §5 Abs8 Z1 litd, Z2 sowie Z3 litd der
GSNT-VO 2004 ... sowie den gesamten §5 Abs8 Z1 litd, Z2 litd sowie Z4
der [GSNT-VO 2005] iVm der Wortfolge 'und Einspeiser aus inländischer
Produktion' in §5 Abs1 der GSNT-VO 2004 ... sowie idF der [GSNT-VO
2005];
in eventu den gesamten §5 Abs8 Z1 litd, Z2 sowie Z3 litd der
GSNT-VO 2004 ... sowie den gesamten §5 Abs8 Z1 litd, Z2 litd sowie Z4
der [GSNT-VO 2005] iVm der Wortfolge 'und Einspeiser aus inländischer
Produktion' in §5 Abs1 sowie iVm §7 der GSNT-VO 2004 ... sowie idF
der [GSNT-VO 2005];
in eventu §5 Abs8 Z4 litd der [GSNT-VO 2005] in dem gesamten Umfang, der lautet 'd) Bereich Oberösterreich: 1.446.145,- € Für die Einspeisung in das Netz der Oberösterreichischen Ferngas AG hat die Rohöl-Aufsuchungs AG diesen Betrag an die Oberösterreichische Ferngas AG zu entrichten';
in eventu §5 Abs8 Z4 litd der [GSNT-VO 2005] hinsichtlich der Wortfolge '1,446.145,- €';
in eventu den gesamten §5 Abs8 Z4 der [GSNT-VO 2005];
in eventu den gesamten §5 Abs8 Z1 litd, Z2 litd sowie Z4 der [GSNT-VO 2005];
in eventu den gesamten §5 Abs8 Z4 der [GSNT-VO 2005] iVm der Wortfolge 'und Einspeiser aus inländischer Produktion' in §5 Abs1 der [GSNT-VO 2005];
in eventu den gesamten §5 Abs8 Z1 litd, Z2 litd sowie Z4 der [GSNT-VO 2005] iVm der Wortfolge 'und Einspeiser aus inländischer Produktion' in §5 Abs1 der [GSNT-VO 2005];
in eventu den gesamten §5 Abs8 Z1 litd, Z2 litd sowie Z4 der [GSNT-VO 2005] iVm der Wortfolge 'und Einspeiser aus inländischer Produktion' in §5 Abs1 sowie iVm §7 der [GSNT-VO 2005];
in eventu die gesamte [GSNT-VO 2005]."
Damit bekämpft die antragstellende Gesellschaft folgende
Bestimmungen:
Aus der GSNT-VO 2004:
§5 Abs1:
"Für das Netznutzungsentgelt für Entnehmer und Einspeiser aus inländischer Produktion werden in Abs8 Preisansätze bestimmt, wobei die Preisansätze, sofern nicht besonders ausgewiesen, in Cent/kWh für den Arbeitspreis bzw. Cent/kWh/h pro Jahr für den Leistungspreis oder als Pauschale in Cent/Monat angegeben werden. Arbeit und Leistung sind auf der Faktura in kWh und kWh/h anzugeben."
§5 Abs8 Z1, Z2, Z3 sowie §7:
[AUS TECHNISCHEN GRÜNDEN NICHT DARSTELLBAR !!!]
Aus der GSNT-VO 2005:
§5 Abs1 blieb gegenüber der GSNT-VO 2004 unverändert.
§5 Abs8 Z1, Z2, Z4 sowie §7:
[AUS TECHNISCHEN GRÜNDEN NICHT DARSTELLBAR !!!]
3. Ihre Antragslegitimation begründet die antragstellende Gesellschaft wie folgt:
"Die Bestimmungen der GSNT-VO 2004 idF der GSNT-VO Novelle 2005 greifen in die Rechtssphäre der Antragstellerin ein, indem diese verpflichtet wird, aus ihrem geldwerten Vermögen € 1.446.145,00 pro Jahr an die OÖF zu entrichten. ...
Der durch §5 Abs8 Z4 GSNT-VO 2004 idF der GSNT-VO Novelle
2005 bewirkte Eingriff in die Rechtssphäre der Antragstellerin ist
auch nach Art und Umfang eindeutig bestimmt und erfolgt unmittelbar,
ohne Dazwischentreten eines Vertrages oder sonstigen Rechtsakts. Die
Antragstellerin ist nämlich Normadressatin der Bestimmungen und damit
bereits aufgrund der Verordnung zur Zahlung von € 1.446.145,00 pro
Jahr verpflichtet. Ein Bescheid zur Konkretisierung der Verpflichtung
ist nicht erforderlich, weil die Zahlungsverpflichtung - anders als
etwa die Verpflichtung von Kunden zur Zahlung eines Tarifes nach §5
Abs3 der GSNT-VO 2004 idF der GSNT-VO Novelle 2005 - unabhängig von
Faktoren wie etwa der in das Netz der OÖF eingespeisten Gasmenge
besteht. ... Die Rechtsposition der Antragstellerin entspricht damit
vom Ausmaß der rechtlichen Betroffenheit der Rechtsposition von
Netzbetreibern bzw. geht darüber noch hinaus. Netzbetreiber erfüllen
nach der Judikatur die Prozessvoraussetzungen zur Anfechtung von
Systemnutzungstarifverordnungen. ... Die Antragstellerin ist darüber
hinaus auch durch die ... angefochtenen Bestimmungen der GSNT-VO 2004
weiterhin unmittelbar betroffen.
[Es ist] ... davon auszugehen, dass auch der bereits
novellierte §5 Abs8 Z2 GSNT-VO 2004 auf während seines Geltungszeitraums verwirklichte Sachverhalte weiterhin anzuwenden ist und deshalb die Antragstellerin auch von dieser Bestimmung weiterhin aktuell und unmittelbar betroffen ist, auch wenn dieser bereits außer Kraft getreten ist. ...
Es steht der Antragstellerin kein zumutbarer Umweg zur Verfügung, um die durch §5 Abs8 Z4 GSNT-VO 2004 idF der GSNT-VO Novelle 2005 auferlegte Verpflichtung zur Zahlung von € 1.446.145,00 zu bekämpfen ... . Ebenso steht der Antragstellerin kein zumutbarer Umweg zur Bekämpfung der durch §5 Abs8 Z2 GSNT-VO 2004 auferlegten Zahlungsverpflichtung zur Verfügung. Die Antragstellerin hätte ausschließlich die Möglichkeit, die genannten Zahlungsverpflichtungen zu verweigern und damit einen Zivilprozess durch rechtswidriges Verhalten zu provozieren. Diese Möglichkeit ist nach der ständigen Judikatur des VfGH jedoch kein zumutbarer Umweg, weil nur aktive Wege zur Bekämpfung einen solchen Umweg begründen.
Eine aktive Möglichkeit zur Klagsführung oder Antragstellung in einem Streitbeilegungsverfahren mit nachfolgender sukzessiver Kompetenz an die ordentlichen Gerichte steht der Antragstellerin - anders als etwa Elektrizitätserzeugern, denen eine solche Antragstellung gemäß §21 Abs2 ElWOG iVm §16 Abs3 E-RBG nach der Judikatur des VfGH zumutbar ist - nicht zur Verfügung. Eine mit §21 Abs2 ElWOG vergleichbare Bestimmung ist im Bereich des Gaswirtschaftsrechts nicht vorgesehen. ..."
4. Die verordnungserlassende Behörde erstattete eine Äußerung, in der sie u.a. ausführt:
"Der Antragstellerin ist ... nicht zuzustimmen, dass kein
zumutbarer Weg zur Verfügung steht, die Normbedenken gegen die im
Verfahren anzuwendenden Rechtsvorschriften an den
Verfassungsgerichthof heranzutragen. ... In seinem Beschluss
VfSlg 16.920/2003 hat der Verfassungsgerichtshof, in dem er sich mit Individualanträgen von Kraftwerksbetreibern befassen musste, ausgesprochen, dass die Streitbeilegungskompetenz gem §21 Abs2 ElWOG iVm §16 Abs1 Z5 E-RBG einen zumutbaren Weg zur Abwehr des - behaupteter Weise - rechtswidrigen Eingriffes bietet.
...
Durch das Energie-Versorgungssicherheitsgesetz 2006 BGBl I Nr 106/2006 wurde mit dem novellierten §21 Abs2 GWG iVm §16 Abs1 Z20 E-RBG die gleiche Streitschlichtungskompetenz der Energie-Control Kommission auch im Gasbereich eingeführt. Die Antragstellerin ist als Erdgasproduzentin, die in ein öffentliches Netz Erdgas einspeist, mit einem Betreiber von Elektrizitätserzeugungsanlagen durchaus vergleichbar. Die angeführte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ist angesichts der parallelen Ausgestaltung der Streitschlichtungskompetenz im ElWOG wohl auf die Rechtslage im GWG übertragbar. Der Antragstellerin steht somit ein zumutbarer Weg zur Verfügung, der Antrag ist daher mangels Legitimation unzulässig."
5. Auch die Oberösterreichische Ferngas AG erstattete eine Äußerung, in der sie die Zurückweisung, in eventu Abweisung des Antrags begehrt.
6. Die Antragstellerin replizierte auszugsweise folgender Maßen:
"Es mag zwar richtig sein, dass mit BGBl I Nr 106/2006 in §21 Abs2 GWG ein Streitschlichtungsverfahren auch im Bereich des Gaswirtschaftsrechts normiert wurde. Im vorliegenden Fall wäre ein solcher Rechtsweg allerdings nicht zumutbar. Die Bedenken der Antragstellerin bestehen nämlich ausschließlich darin, dass die angefochtenen Verordnungen gesetz- und verfassungswidrig sind und daher vom Verfassungsgerichtshof aufzuheben sein werden. Die Gesetz- und Verfassungswidrigkeit folgt dabei bereits aus der Verordnung selbst, da die Verordnung einen konkreten Betrag zur Bezahlung durch die Antragstellerin vorschreibt.
Würde die Antragstellerin einen Streitschlichtungsantrag gemäß §21 Abs2 GWG stellen, so wäre die angerufene erstinstanzliche Behörde Energie-Control Kommission gar nicht berechtigt, die Verordnung dem Verfassungsgerichtshof zur Prüfung vorzulegen. Die Energie-Control Kommission hätte im Gegenteil die strittige Verordnung jedenfalls anzuwenden und würde daher jedenfalls zu Ungunsten der Antragstellerin entscheiden.
Gegen diese Entscheidung der Energie-Control Kommission könnte die Antragstellerin gemäß §16 Abs3a E-RBG zwar eine Klage an die Zivilgerichte richten. Diese Klage müsste eine negative Feststellungsklage sein, in der die Antragstellerin die Entscheidung begehren würde, dass sie aufgrund der Gesetz- und Verfassungswidrigkeit der Verordnung keine Leistungspflicht trifft. Durch einen Streitschlichtungsantrag könnte die Antragstellerin daher letztlich nur ein gerichtliches Feststellungsverfahren einleiten, um die bereits aus der Verordnung ableitbare Verfassungs- bzw. Gesetzwidrigkeit der Verordnung zu bekämpfen. ...
Die vorliegende Angelegenheit unterscheidet sich damit wesentlich von der Rechtssache VfSlg. 16.920/2003, die die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei zur Begründung der Unzulässigkeit des Individualantrages heranziehen. In diesem Verfahren wurde die Zahlungsverpflichtung der Antragsteller gerade nicht ziffernmäßig in der Verordnung vorgeschrieben. Gegenstand des Gerichtsverfahrens war daher - anders als im vorliegenden Verfahren - die Frage, ob der Netzbetreiber überhaupt die Verordnung verfassungs- und gesetzeskonform ausgelegt hat bzw. ob er die strittige Verordnung korrekt angewendet hat. Der 'Umweg' über ein gerichtliches Verfahren war daher in diesem Verfahren - anders als im vorliegenden - zumutbar. Dieses Erkenntnis ist daher im vorliegenden Fall nicht einschlägig. ..."
II. Der Antrag ist unzulässig:
1. Rechtslage:
Das Gaswirtschaftsgesetz (in der Folge: GWG), BGBl. I 121/2000, lautet in der Fassung BGBl. I 106/2006 auszugsweise:
"Begriffsbestimmungen
§6. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bezeichnet der Ausdruck
...
35. 'Netzzugang' die Nutzung eines Netzsystems durch Kunden, Erzeuger von biogenen Gasen und Produzenten von Erdgas;
36. 'Netzzugangsberechtigte' Kunden, Erzeuger von biogenen Gasen, die ein Recht auf Netzzugang haben und Produzenten von Erdgas, die ein Recht auf Netzzugang haben sowie Netzbetreiber und Regelzonenführer, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist;
...
Streitbeilegungsverfahren
§21. (1) In Streitigkeiten zwischen Netzzugangsberechtigten und Netzbetreibern über die Rechtmäßigkeit der Verweigerung des Netzzuganges entscheidet - sofern keine Zuständigkeit des Kartellgerichtes (§43 Kartellgesetz 1988, BGBl. Nr. 600) vorliegt - die Energie-Control Kommission.
(2) In allen übrigen Streitigkeiten zwischen Netzzugangsberechtigten und Netzbetreibern über die aus diesem Verhältnis entspringenden Verpflichtungen, insbesondere die anzuwendenden Bedingungen und Systemnutzungstarife, entscheiden die Gerichte. Eine Klage eines Netzzugangsberechtigten kann erst nach Zustellung des Bescheides der Energie-Control Kommission im Streitschlichtungsverfahren gemäß §16 Abs1 Z20 E-RBG innerhalb der in §16 Abs3a E-RBG vorgesehenen Frist eingebracht werden.
(3) ..."
Das Energie-Regulierungsbehördengesetz (in der Folge: E-RBG), BGBl. I 121/2000, lautet in der Fassung BGBl. I 106/2006 auszugsweise:
"Aufgaben der Energie-Control Kommission
§16. (1) (Verfassungsbestimmung) Der Energie-Control Kommission sind folgende Aufgaben zugewiesen:
...
5. die Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Marktteilnehmern in jenen Fällen, in denen der Netzzugangsberechtigte Ansprüche gegen den Netzbetreiber geltend macht (§21 ElWOG);
...
20. die Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Marktteilnehmern in jenen Fällen, in denen der Netzzugangsberechtigte Ansprüche gegen den Netzbetreiber geltend macht (§21 GWG);
...
(3) Die Energie-Control Kommission hat in den Fällen des Abs1 Z ... 3 bis 15, ... 19 bis 22 ... bescheidmäßig innerhalb von zwei Monaten zu entscheiden. Diese Frist kann um zwei Monate verlängert werden, wenn die Energie-Control Kommission zusätzliche Informationen anfordert. Eine weitere Verlängerung ist nur mit Zustimmung der am Verfahren beteiligten Parteien möglich. Auf Leistung, Unterlassung oder Untersagung gerichtete Bescheide bilden einen Exekutionstitel im Sinne des §1 der Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896 in der jeweils geltenden Fassung.
(3a) (Verfassungsbestimmung) Die Partei, die sich mit Entscheidungen gemäß Abs1 Z5, 6 und 20 nicht zufrieden gibt, kann die Sache innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheides bei Gericht anhängig machen. Mit der rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts tritt die Entscheidung der Energie-Control Kommission außer Kraft. Die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung gegen den Ablauf der Anrufungsfrist obliegt dem Gericht; der Wiedereinsetzungsantrag ist unmittelbar bei Gericht einzubringen.
..."
2. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung bzw. das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit bzw. dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung bzw. das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung bzw. das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit bzw. seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung bzw. das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung bzw. das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (vgl. VfSlg. 11.726/1988, 13.944/1994).
3. Der Antrag ist unzulässig, weil der antragstellenden Gesellschaft ein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung steht, die Bedenken gegen die angefochtene Verordnung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.
Die antragstellende Gesellschaft selbst räumt in ihrer Replik ein, dass mit dem Bundesgesetz BGBl I 106/2006 in §21 Abs2 GWG und §16 E-RBG ein Verfahren eingeführt wurde, das ihr die Möglichkeit gibt, als Netzzugangsberechtigte durch einen Streitschlichtungsantrag zunächst die Energie-Control Kommission mit der Frage ihrer Verpflichtungen gegenüber der Oberösterreichischen Ferngas AG als Netzbetreiber, "insbesondere betreffend die anzuwendenden Systemnutzungstarife" (vgl. §21 Abs2 GWG), zu befassen. Der antragstellenden Gesellschaft steht es in weiterer Folge frei, sich mit der Entscheidung der Energie-Control Kommission "nicht zufrieden zu geben" und "die Sache bei Gericht anhängig" zu machen (vgl. §16 Abs3a E-RBG).
Der Verfassungsgerichtshof (VfSlg. 16.920/2003) hat in einem solchen Vorgehen für die vergleichbare Rechtslage betreffend den Elektrizitätsbereich auch einen zumutbaren Weg gesehen, Bedenken gegen die im Verfahren anzuwendenden Rechtsvorschriften an den Verfassungsgerichthof heranzutragen. Der gegenteiligen Ansicht der antragstellenden Gesellschaft ist mit den dortigen Ausführungen und damit zu entgegnen, dass für die Frage, ob ein zumutbarer Weg zur Abwehr eines rechtwidrigen Eingriffes zur Verfügung steht, das zu erwartende Ergebnis des Verwaltungsverfahrens irrelevant ist (vgl. VfSlg. 14.297/1995); es kommt auch nicht auf die Erfolgschancen der antragstellenden Gesellschaft im Gerichtsverfahren, sondern bloß darauf an, dass sich im Zuge eines derartigen Verfahrens Gelegenheit bietet, Bedenken gegen präjudizielle Vorschriften über die ordentlichen Gerichte an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (vgl. VfSlg. 9170/1981, 9285/1981, 10.592/1985, 11.889/1988, 15.030/1997). An der Zumutbarkeit des Weges ändert angesichts der Verfassungsbestimmung des §16 Abs3a E-RBG auch nichts, dass der Bescheid der Energie-Control Kommission erst nach der rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts außer Kraft tritt.
Der Antrag war daher zurückzuweisen.
4. Dieser Beschluss konnte in nichtöffentlicher Sitzung gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung gefasst werden.
Schlagworte
Energierecht, Gasrecht, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2007:V35.2006Zuletzt aktualisiert am
30.01.2009