TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/18 W109 2183699-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.10.2019
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Entscheidungsdatum

18.10.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W109 2173249-1/15E

W109 2183699-1/23E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. BÜCHELE über die Beschwerde von 1. XXXX (alias XXXX ), geb. XXXX , 2. XXXX , geb. XXXX , beide StA. Afghanistan, vertreten durch Verein We move together, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien, 1. vom 22.09.2017, Zl. XXXX - XXXX ,

2. Vom 05.12.2017, Zl. XXXX - XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.04.2019 und am 30.08.2019 zu Recht:

A) Den Beschwerden von XXXX und XXXX wird stattgegeben und diesen

gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX und XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 26.05.2015 stellte der damals minderjährige Erstbeschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen, nach Einreise unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 28.05.2015 gab der Erstbeschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung im Wesentlichen an, er sei afghanischer Staatsangehöriger, traditionell verheiratet und in XXXX , Provinz Takhar geboren. Einer seiner Brüder sei im Bundesgebiet aufhältig. Er habe keine Schule besucht und habe in einem Lebensmittelgeschäft gearbeitet. Zum Fluchtgrund befragt führte er aus, sein Vater sei bei Grundstücksstreitigkeiten getötet worden, seine Brüder seien wie er auf der Flucht. Auch der Bruder sei geschlagen worden. Vor vielen Jahren seien sie nach Pakistan geflohen, dort sei es unsicher.

Am 30.11.2015 stellte der Zweitbeschwerdeführer, der ältere Bruder des Erstbeschwerdeführers, ein afghanischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen, nach Einreise unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich erstmals im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 01.12.2015 gab der Zweitbeschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung im Wesentlichen an, er sei afghanischer Staatsangehöriger, traditionell verheiratet und komme aus XXXX , Provinz Takhar. Im Bundesgebiet seien zwei Brüder aufhältig. Zum Fluchtgrund gab er an, sie hätten in Afghanistan familiäre Konflikte gehabt und seien deswegen nach Pakistan geflüchtet.

Am 09.06.2017 gab der Zweitbeschwerdeführer in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, der älteste Bruder habe als Hirte und Landarbeiter gearbeitet, sie hätten Grundstücke gehabt. Bei der Bewässerung habe der Bruder Streit mit anderen Leuten gehabt, deshalb sei er sehr heftig auf den Kopf geschlagen worden. Der Vater sei daraufhin zu diesen Leuten gegangen und habe einen von ihnen erschossen. Er sei Kommandant bei der Regierung gewesen und nur alle drei oder vier Monate einmal nachhause gekommen. In der Nacht seien dann diese Leute gekommen, hätten den Vater getötet und das Haus in Brand gesteckt. Der Onkel mütterlicherseits habe sie dann nach Pakistan gebracht.

Am 13.06.2017 langte eine Stellungnahme des Zweitbeschwerdeführers bei der belangten Behörde ein

Am 30.08.2017 führte der Erstbeschwerdeführer in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu seinen Fluchtgründen auf das Wesentliche zusammengefasst aus, sie hätten Afghanistan verlassen, weil sie dort Feindschaften wegen Grundstücken gehabt hätten. Der älteste Bruder sei von den Feinden auf den Hinterkopf geschlagen worden, dann sei der Vater hingegangen und habe jemanden geschlagen. Danach sei der Vater von den Feinden getötet worden. Sie hätten gedroht, die ganze Familie zu vernichten. Der Onkel mütterlicherseits habe sie nach Pakistan gebracht. Er selbst sei etwa drei Jahre alt gewesen, als er Afghanistan verlassen habe.

Am 05.09.2017 langte eine Stellungnahme des Erstbeschwerdeführers bei der belangten Behörde ein.

2. Mit angefochtenem Bescheid vom 22.09.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Erstbeschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.), erteilte dem Erstbeschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Erstbeschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.). Begründend führte die belangte Behörde aus, die Angaben des Erstbeschwerdeführers zum Fluchtvorbringen seien vage und unsubstantiiert und daher unglaubhaft.

Am 05.10.2017 langte die vollumfängliche Beschwerde des Erstbeschwerdeführers gegen den oben dargestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.09.2017 bei der belangten Behörde ein in der im Wesentlichen ausgeführt wird, die Beweiswürdigung sei mangelhaft und das Fluchtvorbringen glaubhaft. Der Beschwerdeführer würde als verwestlicht angesehen werden und sei nicht nach der afghanischen Kultur sozialisiert. Der Beschwerdeführer habe kein soziales Netz.

Mit angefochtenem Bescheid vom 05.12.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Zweitbeschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.), erteilte dem Zweitbeschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Erstbeschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Begründend führte die belangte Behörde aus, die behauptete Verfolgung sei nicht glaubhaft. Auch sei der afghanische Staat schutzwillig und schutzfähig.

Am 11.01.2018 langte die vollumfängliche Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers gegen den oben dargestellten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.12.2017 bei der belangten Behörde ein, in der im Wesentlichen ausgeführt wird, die Beweiswürdigung sei nicht nachvollziehbar. Die afghanischen Behörden seien schutzunfähig. Die Sicherheitslage sei schlecht.

Am 08.04.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes öffentliche mündliche Verhandlungen durch, an denen die Beschwerdeführer, ihre bevollmächtigte Rechtsvertreterin, ein Vertreter der belangten Behörde und ein Dolmetscher für die Sprache Paschtu teilnahmen.

In den mündlichen Verhandlungen wurden die Beschwerdeführer zu ihren Fluchtgründen befragt und hielt das Vorbringen, sie würden im Herkunftsstaat wegen einer aus Grundstücksstreitigkeiten entstandenen Feindschaft verfolgt, aufrecht.

Am 30.08.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht erneut eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der die Beschwerdeführer, ihre bevollmächtigte Rechtsvertreterin, ein im Akt namentlich genannter Zeuge und ein Dolmetscher für die Sprache Paschtu teilnahmen und verband die Verfahren der Beschwerdeführer zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung. Die belangte Behörde nahm an diesem Verhandlungstermin nicht teil.

Am10.04.2019 langte eine Stellungnahme der belangten Behörde beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Der Erstbeschwerdeführer legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:

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Konvolut medizinischer Unterlagen

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Einige Empfehlungsschreiben

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Bestätigung über ehrenamtliche Arbeit

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Mehrere Deutschkursbestätigungen

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Teilnahmebestätigung für Werte- und Orientierungskurs

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ÖSD-Zertifikat A2 vom 26.06.2018

Der Zweitbeschwerdeführer legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:

-

Konvolut medizinischer Unterlagen

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Deutschkursbestätigung

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Einstellungszusage

-

Empfehlungsschreiben

-

Bestätigung über ehrenamtliche Arbeit

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu Person und Lebensumständen:

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Islamischen Republik Afghanistan und Angehörige der Volksgruppe der Paschtunen. Sie bekennen sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Ihre Muttersprache ist Paschtu. Der Erstbeschwerdeführer spricht außerdem Farsi und Englisch, sowie Deutsch auf dem Niveau A2 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen. Der Zweitbeschwerdeführer verfügt über Sprachkenntnisse in Farsi, Urdu bzw. Hindi und Punjabi.

Der Erstbeschwerdeführer wurde im Jahr XXXX in XXXX , Provinz Takhar, Afghanistan geboren und lebte dort bis zu seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat nach Pakistan im Alter von etwa drei Jahren. In Pakistan besuchte der Erstbeschwerdeführer einige Monate die Schule. Er arbeitete als Gemüseverkäufer. Der Erstbeschwerdeführer ist gesund.

Auch der Zweitbeschwerdeführer wurde im Jahr XXXX in XXXX , Provinz Takhar, Afghanistan geboren, wo bis zu seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat nach Pakistan im Alter von etwa acht Jahren lebte. Der Zweitbeschwerdeführer hat keine Schule besucht und arbeitete in Pakistan auf Baustellen sowie als Obst- und Gemüseverkäufer. Der Zweitbeschwerdeführer ist verheiratet und hat einen mittlerweile etwa fünfjährigen Sohn. Ehefrau und Sohn sind in Peshawar, Pakistan aufhältig.

Der Zweitbeschwerdeführer leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung mit dissoziativen Anfällen und autoaggressivem Verhalten. In den vergangenen Jahren waren wiederholt stationäre Aufenthalte in der psychiatrischen Abteilung eines Krankenhauses erforderlich. Der Zweitbeschwerdeführer steht in dauernder fachärztlicher Behandlung und nimmt täglich Medikamente (Duloxetin, Mirtazapin und Dominal).

Der Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführer sind Brüder. Ein weiterer älterer Bruder ist seit dem Jahr 2011 im Bundesgebiet aufhältig. Ihm wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 29.09.2011 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Sein Aberkennungsverfahren ist gegenwärtig zur Zahl W102 1421215-2 vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängig.

Die Mutter der Beschwerdeführer, ein weiterer jüngerer Bruder sowie eine jüngere Schwester sind in Peshawar, Pakistan aufhältig, wo sie mit dem Onkel mütterlicherseits im gemeinsamen Haushalt leben. Im selben Haushalt leben auch Ehefrau und Tochter (mit der der Erstbeschwerdeführer verlobt ist) des zweiten verstorbenen Onkels väterlicherseits sowie Ehefrau und Sohn des Zweitbeschwerdeführers. Zu den Angehörigen in Pakistan besteht regelmäßiger Kontakt.

Der Vater der Beschwerdeführer ist seit langem verstorben.

Im Herkunftsstaat lebt noch ein Onkel väterlicherseits in Jalalabad, zu ihm besteht seit langem kein Kontakt. Von seiner Seite können die Beschwerdeführer Unterstützung nicht erwarten.

Die Beschwerdeführer sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zu den Fluchtgründen:

Aufgrund von Grundstücksstreitigkeiten wurde der ältere Bruder der Beschwerdeführer als er auf dem Feld arbeitete attackiert und dabei auch am Kopf geschlagen, wodurch er schwere Kopfverletzungen davontrug. Als der Vater der Beschwerdeführer davon erfuhr, suchte der Vater die Gegenseite auf und es kam zu einem Streit und einem Schusswechsel, wodurch eine Person der Gegenseite getötet wurde. Einige Tage später kamen die Gegner nachts zum Haus der Familie, töteten den Vater und setzten das Haus in Brand. Die übrige Familie flüchtete zum im gleichen Ort wohnhaften Onkel mütterlicherseits, der die Familie aufnahm und nach Pakistan brachte.

Das vom Streit betroffene Grundstück wird nun von den Gegnern des Vaters bewirtschaftet.

Die Beschwerdeführer sind im Herkunftsstaat in eine Blutfehde verwickelt. Im Fall der Rückkehr in die Herkunftsregion drohen den Beschwerdeführer Übergriffe bis hin zur Tötung durch die Gegner des Vaters.

Dass die afghanischen Behörden den Beschwerdeführern vor Übergriffen durch die Gegner des Vaters Schutz bieten, ist nicht zu erwarten.

Eine Einmischung der Taliban in die Blutfehde kann nicht festgestellt werden.

Dass den Beschwerdeführern auch im Fall einer Niederlassung in Herat (Stadt) oder Mazar-e Sharif Übergriffe durch die Gegner des Vaters drohen, kann nicht festgestellt werden.

Afghanistan ist von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt zwischen der afghanischen Regierung und Aufständischen betroffen. Die Betroffenheit von Kampfhandlungen sowie deren Auswirkungen für die Zivilbevölkerung sind regional unterschiedlich.

Die Städte Mazar-e Sharif und Herat sind vom Konflikt relativ wenig betroffen und stehen unter Regierungskontrolle. Beide Städte verfügen über einen internationalen Flughafen, über den sie sicher erreicht werden können.

Für den Fall einer Niederlassung der Beschwerdeführer in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat kann nicht festgestellt werden, dass ihnen die Gefahr droht, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Angriffe Aufständischer zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.

Den Beschwerdeführern wäre es im Fall einer Niederlassung in Mazar-e Sharif oder Herat nicht möglich, Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härte zu führen, so wie es auch ihre Landsleute führen können. Im Fall einer dortigen Ansiedlung liefen sie Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Unterkunft und Kleidung nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose Situation zu geraten. Insbesondere die Behandlung der psychischen Erkrankung des Zweitbeschwerdeführers wäre nicht gewährleistet.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu Person und Lebensumständen:

Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführer, ihrer Staats- und Volksgruppenangehörigkeit, Religionszugehörigkeit und ihrem Lebenswandel im Herkunftsstaat und in Pakistan ergeben sich aus ihren gleichbleibenden und plausiblen Angaben, die auch in Zusammenschau ein konsistentes Bild ergeben. Die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen beruhen auf den Angaben der Beschwerdeführer in den mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht am 08.04.2019, wobei der Erstbeschwerdeführer zu seinen Deutschkenntnissen ein ÖSD-Zertifikat in Vorlage gebracht hat.

Zur Feststellung, dass der Erstbeschwerdeführer gesund ist, ist auszuführen, dass dieser zwar umfangreiche Unterlagen zu notwendigen medizinischen Behandlungen seiner Ohren vorgelegt hat und diesbezüglich auch operiert werden musste, um die Gehörgänge zu öffnen und seine Hörleistung zu verbessern. Im Zuge der mündlichen Verhandlung am 08.04.2019 wurde jedoch angegeben, dass der Erstbeschwerdeführer nun besser hört und es wurde auch am 30.08.2019 nochmals bestätigt, dass gegenwärtig alles in Ordnung sei (Verhandlungsprotokoll S. 3). Folglich wurde festgestellt, dass der Erstbeschwerdeführer gesund ist.

Die Feststellungen zu Frau und Sohn des Zweitbeschwerdeführers beruhen auf dessen gleichbleibenden Angaben im gesamten Verfahren.

Die Feststellungen zur psychischen Erkrankung des Zweitbeschwerdeführers beruhen auf den vorgelegten umfassenden medizinischen Unterlagen, wobei sich die aktuelle Medikation aus dem jüngsten Kurzarztbrief vom 26.08.2019 ergibt.

Zum festgestellten Verwandtschaftsverhältnis der Beschwerdeführer zueinander sowie zum bereits seit dem Jahr 2011 im Bundesgebiet aufhältigen Bruder ist auszuführen, dass bereits der älteste Bruder in seiner Niederschrift vor dem Bundesasylamt vom 17.08.2011 den Erst- und den Zweitbeschwerdeführer namentlich angibt (AS 13), sowie, dass diese in Pakistan aufhältig sind (AS 55 f.). Alle drei Brüder bleiben sodann in ihren Verfahren beim festgestellten Verwandtschaftsverhältnis. Insbesondere nahm der älteste Bruder den damals minderjährigen Erstbeschwerdeführer bald nach dessen Ankunft im Bundesgebiet in seinen Haushalt, wie sich aus dem Melderegister entnehmen lässt und wurde mit dessen Pflege und Erziehung betraut (AS. 45 im Akt zum Verfahren des Erstbeschwerdeführers). Damit sind im Lauf der Verfahren keine Zweifel am Verwandtschaftsverhältnis aufgekommen und wurde dieses entsprechend festgestellt.

Die Feststellungen zu Verfahren und Aufenthaltsstatus des ältesten Bruders ergibt sich aus dessen im Zuge der mündlichen Verhandlung am 30.08.2019 vor dem Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingeführten Verfahrensakt, Zl. W102 1421215-2.

Die Feststellungen zum Verbleib der übrigen Angehörigen der Beschwerdeführer beruht auf deren plausiblen und gleichbleibenden Angaben. Die Feststellung zur Verlobung des Erstbeschwerdeführers beruhen auf den Angaben des Erstbeschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 08.04.2019, wo er ausführlich und lebhaft erläuterte, wie es zur Verlobung mit der Tochter des verstorbenen Onkels gekommen ist und dass er sie erst später heiraten solle (Verhandlungsprotokoll S. 7). In der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde vom 30.08.2017 ist hingegen lediglich protokolliert, der Beschwerdeführer sei traditionell verheiratet mit einer namentlich genannten Person. Das Bundesverwaltungsgericht geht hierbei aber nicht davon aus, dass der auch in der mündlichen Verhandlung anwesende Einvernahmeleiter die Antwort des Beschwerdeführers verfälscht oder fehlerhaft protokolliert hätte. Angesichts der Jugend des Beschwerdeführers und seiner Erklärung in der mündlichen Verhandlung scheint es dennoch als plausibel, dass es im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde auf seiner Seite zu einem Missverständnis gekommen sein könnte. Insbesondere ist für den Erstbeschwerdeführer nichts daraus gewonnen, dass festgestellt wird, er sei lediglich verlobt. Folglich ist auch nicht ersichtlich, warum der Beschwerdeführer diese Angaben unwahrheitsgemäß abändern sollte, wobei diese Richtigstellung auch zum ansonsten gewissenhaften Eindruck passt, den der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht vermittelte.

Dass zu den Angehörigen in Pakistan regelmäßig Kontakt besteht, haben die Beschwerdeführer übereinstimmend und durchgehend angegeben.

Die Feststellung zum Tod des Vaters beruhen auf den gleichbleibenden Angaben der Beschwerdeführer, wobei eine Beweiswürdigung im Detail unten unter 2.2. erfolgen wird.

Die Feststellung zum Onkel väterlicherseits in Jalalabad beruht auf den Angaben des Zweitbeschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Einvernahmeprotokoll S. 5, AS 103) sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 08.04.2019 (Verhandlungsprotokoll S. 5), wobei einerseits angesichts der lange zurückliegenden Ausreise sowie des vom Zweitbeschwerdeführer angegebenen Umstandes, dass dieser Onkel damals nicht geholfen habe, plausibel erscheint, dass Kontakt nicht besteht. Insbesondere speist sich auch die Feststellung, dass von Seiten dieses Onkel Unterstützung nicht zu erwarten ist, daraus, dass er seiner familiären Unterstützungspflicht bereits in der Vergangenheit nicht nachgekommen ist, sowie daraus, dass seit langem kein Kontakt besteht.

Die Feststellung zur Unbescholtenheit beruht auf den im jeweiligen Akt einliegenden aktuellen Auszügen aus dem Strafregister.

2.2. Zu den Fluchtgründen:

Die Feststellungen zum fluchtauslösenden Vorfall stützen sich im Wesentlichen auf die von den Beschwerdeführern und ihrem Bruder vor dem Bundesasylamt, dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und in den mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht am 08.04.2019 und am 30.08.2019 getroffenen Aussagen. So gaben alle Brüder bereits in ihren Erstbefragungen zum Grund für die Ausreise aus Afghanistan im Wesentlichen übereinstimmend an, dass es Grundstücksstreitigkeiten gegeben habe und der Vater ermordet worden sei (Erstbeschwerdeführer im Erstbefragungsprotokoll S. 6, AS 11, Bruder im Erstbefragungsprotokoll S. 4, AS 23) bzw. dass die Flucht wegen familiärer Konflikte erfolgte (Zweitbeschwerdeführer im Erstbefragungsprotokoll S. 6, AS 15), wobei nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere der verschiedene verwendete Wortlaut zur Charakterisierung der Problematik darauf hindeutet, dass es sich nicht um eine einstudierte Geschichte handelt. Die familiären Konflikte erklärt der Zweitbeschwerdeführer in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dann insofern, als zunächst ein Angriff auf den ältesten Bruder erfolgt sei, woraufhin der Vater "zu diesen Leuten" ging und einen erschoss. In der Folge sei dann der Vater in der Nacht erschossen und das Haus in Brand gesteckt worden (Einvernahmeprotkoll S. 8, AS 109), wobei er auch angibt, man könne die Narben am Kopf des Bruders heute noch sehen. Damit übereinstimmend schilderte auch der ältere Bruder, dass er zunächst angegriffen wurde und der Vater sodann jemanden erschossen und schließlich selbst getötet worden sei (Einvernahmeprotokoll S. 8 ff. AS 61 ff.), wobei auch er angibt, dass auch das Haus zerstört worden sei. So geben beide Brüder in zeitlichem Abstand von sechs Jahren im Wesentlichen denselben Ereignisablauf an. Auch die Angaben des Erstbeschwerdeführers stimmen damit im Wesentlichen überein, wobei hier zu berücksichtigen ist, dass der Erstbeschwerdeführer damals etwa drei Jahre alt war und nicht aus eigener Erinnerung, sondern vom Hörensagen berichtet. Insgesamt ergibt sich eine stringente, im Kern übereinstimmende und gleichbleibende Erzählung. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass der Zweitbeschwerdeführer und sein älterer Bruder im Zeitpunkt des fluchtauslösenden Vorfalles selbst noch unmündige Minderjährige waren, ein Umstand, der nach der eine besonders sorgfältige Beurteilung erforderlich macht. So darf nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Dichte des Vorbringens nicht mit "normalen Maßstäben" gemessen werden und es muss darauf Bedacht genommen werden, aus welchem Blickwinkel die Schilderung der Fluchtgründe erfolgte. Hierauf ist beweiswürdigend einzugehen (zuletzt VwGH 06.09.2018, Ra 2018/18/0150). Daher stützt das Bundesverwaltungsgericht seine Einschätzung der Glaubhaftigkeit weniger auf die Detaildichte der Schilderungen, als auf den Eindruck hoher persönlicher Glaubwürdigkeit, den der Zeuge und ältere Bruder der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 30.08.2019 machte. Insbesondere war der Zeuge während der mündlichen Verhandlung sichtlich aufgeregt und konnte sich zunächst kaum klar artikulieren. Schließlich schilderte er in deutlicher Gemütsbewegung im Wesentlichen nochmals, was er bereits acht Jahre zuvor im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt zu Protokoll gegeben hatte. Auch zeigte er die mehrfach erwähnten Narben, die er selbst aus den Streitigkeiten davongetragen hatte, vor.

Auch vor dem Hintergrund der Länderberichte erscheint das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer plausibel. Die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 (in der Folge UNHCR-Richtlinien; Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel 14. In Blutfehden verwickelte Personen, S. 110 ff.) berichten von der paschtunischen Tradition der Blutfehde, die unter anderem im Fall von ungelösten Streitigkeiten wegen Land, Zugang zu Wasser oder Eigentum ausgelöst werden können und zu langanhaltenden Kreisläufen aus Gewalt und Vergeltung führen können. Auch die vom Bundesverwaltungsgericht im Zuge der mündlichen Verhandlung am 30.08.2019 in das Verfahren eingebrachte Schnellrecherche der SFH-Länderanalyse vom 07.06.2017 zu Afghanistan: Blutrache und Blutfehde (in der Folge SFH-Schnellrecherche) beschreibt diese traditionelle Praxis. Der EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Afghanistan:

Gezielte Gewalt gegen Individuen aufgrund gesellschaftlicher und rechtlicher Normen von Dezember 2017, den das Bundesverwaltungsgericht im Zuge der mündlichen Verhandlung am 30.08.2019 in das Verfahren eingebracht hat, bestätigt, dass die Gewaltbereitschaft im Zusammenhang mit Grundstücksstreitigkeiten in Afghanistan hoch ist, wobei berichtet wird, dass etwa 25 % der Landstreitigkeiten Feindseligkeiten und Blutfehden nach sich ziehen (Kapitel 6. Landstreitigkeiten, Unterkapitel 6.1 Gewaltbereitschaft, S. 82 f.).

Der ältere Bruder der Beschwerdeführer gibt in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt auch an, es habe - dem traditionellen Streitbeilegungsmechanismus entsprechend (siehe den bereits zitierten EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Afghanistan: Gezielte Gewalt gegen Individuen aufgrund gesellschaftlicher und rechtlicher Normen von Dezember 2017, Kapitel

6. Landstreitigkeiten, Kapitel 6.4 Beilegung von Landstreitigkeiten, Unterkapitel 6.4.2. Gewohnheitsrechtliche und traditionelle Mechanismen, S. 87 ff.) - eine Jirga stattfinden sollen, die der Vater aber abgelehnt habe (Einvernahmeprotokoll S. 13, AS 71). Die SFH-Schnellrecherche berichtet ebenso von einer förmlichen Beendigung durch einen Versöhnungsprozess, bei dem etwa Blutgeld gezahlt wird (S. 3).

Die SFH-Schnellrecherche berichtet weiter, dass mächtige Familien Vergeltung üben würden, während weniger mächtige und Arme Familien in der Regel Verhandlungen und Versöhnung etc. akzeptieren, wobei Verhandlungen mit der Täterfamilie als Schwäche und als Zeichen ausgelegt würden, dass die Familie nicht stark genug sei, ihre Ehre zu verteidigen. Der Familienverband des Opfers habe eine kollektive Verantwortung, Vergeltung zu üben und die Ehre wiederherzustellen (S. 2). Demnach hat der Vater der Beschwerdeführer nach dem Angriff auf seinen Sohn den Weg der Rache durch einen Angriff bzw. Mord gewählt und so eine Blutfehde in Gang gesetzt, der er schließlich selbst zum Opfer fiel und in die seine Söhne als Racheverpflichtete nach dem Vater nunmehr verwickelt sind. Insbesondere ergibt sich aus der SFH-Schnellrecherche auch, dass das Recht auf Rache und die Erwartung einer Vergeltung zentral für das nichtstaatliche Rechtssystem des Paschtunwali ist (S. 1). Demnach besteht den Länderberichten zufolge auch die Erwartung der Mörder des Vaters, dass die Beschwerdeführer Rache für den Tod des Vaters üben, sowie die auf das umstrittene Grundstück gerichtete Forderung der Familie gewaltsam durchsetzen werden. Blutrache kann der Berichtslage zufolge auch über mehrere Jahrzehnte aufgeschoben werden (SFH-Schnellrecherche, S. 3), weswegen davon auszugehen ist, dass die Gefahr für den Fall der Rückkehr der Beschwerdeführer ins Herkunftsdorf nach wie vor aufrecht ist.

Der zitierten EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Afghanistan: Gezielte Gewalt gegen Individuen aufgrund gesellschaftlicher und rechtlicher Normen von Dezember 2017, Kapitel

7. Blutfehden und Rachemorde, Unterkapitel 7.4 Zusammenhänge mit dem in Afghanistan herrschenden Konflikt sowie mit Landstreitigkeiten, persönlichen Konflikten und anderen wechselseitig abhängigen Motiven, S. 96 ff.) beschreibt konkret, dass es zu Fällen kommt, wo Landstreitigkeiten in Gewalt umschlagen und eine Person ermordet wird, deren Tod gerächt werden müsse. Kleinere Vorfälle könnten schnell eskalieren, weil die Polizei untätig bleibe, wobei die Blutfehde nicht zwingend wegen des Landes selbst, sondern wegen Morden, zu denen es infolge der Auseinandersetzung komme. Die verschränkten Beweggründe könnten jedoch nur schwer entwirrt werden.

Insgesamt greifen Schilderungen der Beschwerdeführer und des Zeugen und Länderberichte plausibel und konsistent ineinander und ergibt sich damit auch vor dem Hintergrund der Länderberichte, dass die von den Beschwerdeführern geäußerte Rückkehrbefürchtung einer Tötung bzw. eines Angriffes durch die Gegner des Vaters plausibel erscheint und wurden entsprechende Feststellungen getroffen.

Zur Feststellung, dass die Beschwerdeführer Schutz der afghanischen Behörden vor Übergriffen durch die Gegner des Vaters nicht zu erwarten hat, ist abermals auf die SFH-Schnellrecherche zu verweisen, die berichtet, dass Urheber von Menschenrechtsverletzungen allgemein kaum bestraft werden sowie von einer hohen Betroffenheit aller polizeilichen und justiziellen Ebenen von Korruption (S. 6). Diese Darstellung findet im Übrigen auch im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Stand 29.06.2018, letzte Kurzinformation eingefügt am 04.06.2019 (in der Folge: Länderinformationsblatt), Bestätigung (Kapitel 4. Rechtsschutz/Justizwesen und Kapitel 10. Allgemeine Menschenrechtslage). Zum konkreten Schutz vor Blutrache lässt sich der SFH-Schnellrecherche entnehmen, dass es sogar zusätzlich zum grundsätzlichen Problem, dass bedingt durch die verbreitete Korruption der Zugang zu staatlichem Schutz von finanziellen Mitteln und dem Einfluss der betroffenen Familie abhängt, es sogar möglich sei, dass Richter und Polizeiangehörige Blutrache als legitime weil traditionelle Vorgehensweise betrachten (S. 6 - 7).

Eine Einmischung der Taliban in die Blutfehde konnte nicht festgestellt werden, weil sich eine solche aus den diesbezüglich allgemein gehaltenen Angaben im Lauf des Verfahrens nicht ergibt. So gab der Zeuge etwa in der mündlichen Verhandlung an, die Feinde des Vaters seien mächtige Personen aus dem Dorf gewesen, welche auch die Taliban unterstützt hätten. Hieraus ergibt sich allerdings noch nicht, dass eine konkrete Einmischung der Taliban auf Seiten der Gegner stattgefunden hat bzw. im Fall der Rückkehr stattfinden würde. Insbesondere ist eine solche Einmischung den Schilderungen der Beschwerdeführer und des Zeugen nicht zu entnehmen und stellt der Berichtslage zufolge auch nicht der Regelfall dar. So wird etwa hinsichtlich Landstreitigkeiten berichtet, dass die Taliban Beilegungsmechanissmen zur Verfügung stellen und ihre Entscheidungen mitunter auch gewaltsam durchsetzen (EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Afghanistan: Gezielte Gewalt gegen Individuen aufgrund gesellschaftlicher und rechtlicher Normen von Dezember 2017, Kapitel 6. Landstreitigkeiten, Kapitel 6.4 Beilegung von Landstreitigkeiten, 6.4.5 Einbeziehung der Taliban in Landstreitigkeiten, S. 92 f.), sowie, dass sich Parteien einer Blutfehde mitunter in einem bewaffneten Konflikt auf die eine oder andere Seite schlagen, um vor persönlichen Angriffen geschützt zu sein (EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Afghanistan:

Gezielte Gewalt gegen Individuen aufgrund gesellschaftlicher und rechtlicher Normen von Dezember 2017, Kapitel 7. Blutfehden und Rachemorde, Unterkapitel 7.4 Zusammenhänge mit dem in Afghanistan herrschenden Konflikt sowie mit Landstreitigkeiten, persönlichen Konflikten und anderen wechselseitig abhängigen Motiven, S. 96 f.). Eine Verwicklung der Taliban wurde dennoch nicht konkret dargelegt.

Dass den Beschwerdeführern auch im Fall einer Niederlassung in Herat (Stadt) oder Mazar-e Sharif Übergriffe durch die Gegner des Vaters drohen, kann nicht festgestellt werden, weil sich die diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerdeführer und des Zeugen auf allgemeine Aussagen beschränken. So gab der Zeuge in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 30.08.2019 lediglich an, die Personen seien mächtig. Der Zweitbeschwerdeführer dagegen beschränkt seine Rückkehrbefürchtung im Wesentlichen auf die Herkunftsprovinz, wenn er angibt, im Fall einer Rückkehr ins Dorf, würden sie erkannt und umgebracht werden. Im Zusammenhang mit einer Niederlassung in Kabul oder Jalalabad gibt er jedoch lediglich an, er habe dort keine Unterkunft (Verhandlungsprotokoll S. 7). Dem EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Afghanistan: Gezielte Gewalt gegen Individuen aufgrund gesellschaftlicher und rechtlicher Normen von Dezember 2017, Kapitel 7. Blutfehden und Rachemorde, Unterkapitel 7.7.4 Umzug oder Flucht in eine andere Gegend oder in ein Ballungsgebiet wie Kabul, S. 102 ff.) ist zu entnehmen, dass ein Umzug zwar keine grundsätzlich zuverlässige Möglichkeit darstellt, einer Blutfehde zu entgehen. Allerdings hänge dies von den Gegebenheiten des Einzelfalles ab, nämlich die Ressourcen und Verbindungen der betroffenen Person, die Intensität der Fehde sowie Macht und Einfluss der anderen Parteien. Verfolger würden, wenn sie über die notwendigen Mittel verfügen, auch folgen, wenn eine Person in einen anderen Landesteil umziehe. Zu Ressourcen und Intensität der Verfolgungsmotivation konnten die Beschwerdeführer allerdings keine Angaben machen und beschränkte sich auch der Zeuge - wie bereits ausgeführt - auf die allgemeine Angabe, die Personen seien mächtig. Zwar ist verständlich, dass die Beschwerdeführer und der Zeuge angesichts ihres damaligen jungen Alters wenig über Macht und Ressourcen der Gegenpartei wissen. Dies ändert allerdings nichts daran, dass Anhaltspunkte dafür, dass die Gegner sie landesweit aufspüren könnten, nicht hervorgekommen sind.

Die Feststellung zum innerstaatlichen bewaffneten Konflikt in Afghanistan basiert auf der UNHCR-Richtlinie (siehe insbesondere Kapitel II. Überblick, Unterkapitel A. Die wichtigsten Entwicklungen in Afghanistan, S. 13 f. und Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel B. Flüchtlingsstatus nach den weitergehenden Kriterien gemäß dem UNHCR-Mandat oder nach regionalen Instrumenten und Schutz nach ergänzenden Schutzformen, Unterkapitel

2. Subsidiärer Schutz nach der Qualifikationsrichtlinie der EU [Richtlinie 2011/95/EU], S. 117 f.) und findet Bestätigung im Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage. Insbesondere die UNHCR-Richtlinien betonen die uneinheitliche Betroffenheit der unterschiedlichen Gebiete vom innerstaatlichen Konflikt. Diese lässt sich auch aus den Erläuterungen des Länderinformationsblattes zu den einzelnen Provinzen gut nachvollziehen.

Hinsichtlich der geringen Konfliktbetroffenheit von Mazar-e Sharif und Herat ist auf die EASO Country Guidance: Afghanistan von Juni 2019 (in der Folge: EASO Country Guidance) zu verweisen, die die beiden Städte als relativ sicher einstuft und von einem geringen Gewaltniveau berichtet (Abschnitt Guidance note: Afghanistan, Kapitel III. Subsidiary protection, S. 28 ff.). Die Feststellung zu den internationalen Flughäfen basiert auf dem Länderinformationsblatt, Kapitel 3. Sicherheitslage, Unterkapitel

3.35. Erreichbarkeit, Abschnitt Internationale Flughäfen in Afghanistan).

Aufgrund der relativ geringen Konfliktbetroffenheit und weil im Lauf des Verfahrens keine Hinweise auf eine spezifische Betroffenheit der Beschwerdeführer hervorgekommen sind, konnte für den Fall einer Niederlassung der Beschwerdeführer in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat nicht festgestellt werden, dass diese die Gefahr droht, im Zuge von Kampfhandlungen oder durch Angriffe Aufständischer zu Tode zu kommen oder misshandelt oder verletzt zu werden.

Die Feststellung zu den Folgen einer Niederlassung der Beschwerdeführer in Mazar-e Sharif oder Herat (Stadt) ergibt sich insbesondere aus einer Zusammenschau der individuellen Umstände und Merkmale der Beschwerdeführer.

Maßgebliche Faktoren für die Frage, ob sich die Beschwerdeführer im Fall einer Rückführung nach Herat (Stadt) oder Mazar-e Sharif eine Lebensgrundlage werden aufbauen können, sind insbesondere Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, ethnischer und sprachlicher Hintergrund, Religion, das Vorhandensein von Identitätsdokumenten, Kenntnisse der lokalen Gegebenheiten, sozialer und ökonomischer Hintergrund, Bildungshintergrund, Zugang zu einem sozialen Unterstützungsnetzwerk und Religion (EASO Country Guidance, Abschnitt Common analysis: Afghanistan, Kapitel V. Internal protection alternative, Unterabschnitt Reasonableness to settle, S. 135 ff.). Damit übereinstimmend stellen nach den UNHCR-Richtlinien insbesondere Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Behinderungen, Verwandtschaftsverhältnisse sowie Bildungs- und Berufshintergrund (UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe a) Die persönlichen Umstände des Antragstellers, S. 122) relevante Faktoren dar, wobei neben der Berücksichtigung dieser spezifischen persönlichen Umstände den UNHCR-Richtlinien zufolge auch darauf Bedacht zu nehmen ist, ob der Betreffende seine grundlegenden Menschenrechte wird ausüben können sowie ob er im für die Neuansiedelung in Betracht gezogenen Gebiet Möglichkeiten für ein wirtschaftliches Überleben (Zugang zu Unterkunft, Verfügbarkeit grundlegender Infrastruktur [Trinkwasser, sanitäre Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und Bildung], Lebensgrundlage) unter würdigen Bedingungen vorfindet (UNHCR-Richtlinien, Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe c) Achtung der Menschenrechte und wirtschaftliches Überleben, S. 123 f.).

Beim Erstbeschwerdeführer handelt es sich zweifellos um einen jungen, gesunden Mann ohne zusätzliche Verantwortung für andere Personen. Folglich sind unter den Aspekten Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand spezifische Schwierigkeiten bei der Wiederansiedelung nicht zu erwarten. Hinsichtlich der sprachlichen und ethnischen Komponente lässt sich der EASO Country Guidance entnehmen, dass die Städte Herat, Mazar-e Sharif und Kabul von allen afghanischen Ethnien und Sprachgruppen bewohnt werden. Kenntnisse der Sprachen Dari oder Paschtu würden für eine Niederlassung ausreichen (S. 135-136). Der Erstbeschwerdeführer spricht eigenen Angaben zufolge Paschtu und Farsi (Verhandlungsprotokoll vom 08.04.2019, S. 2) und gehört als Paschtune der größten Volksgruppe im Herkunftsstaat an (Länderinformationsblatt, Kapitel 16. Ethnische Minderheiten, Unterkapitel 16.1. Paschtunen). Mit an der Volksgruppenzugehörigkeit anknüpfenden Schwierigkeiten oder einer Sprachbarriere ist folglich nicht zu rechnen.

Gleiches gilt hinsichtlich Alter, Geschlecht sowie sprachlicher und ethnischer Aspekte auch für den Zweitbeschwerdeführer. Der Zweitbeschwerdeführer hat jedoch Sorgepflichten für seine in Pakistan aufhältige Ehefrau und seinen ebenso dort aufhältigen minderjährigen Sohn zu tragen und deren Versorgung sicherzustellen. Weiter leidet der Beschwerdeführer an einer psychischen Erkrankung und deshalb bereits mehrmals im Krankenhaus aufhältig war, in ständiger fachärztlicher Behandlung weiter steht und tätlich Medikamente einnehmen muss. Deren Behandlung ist im Fall der Rückkehr der Berichtslage zufolge nicht sichergestellt. Dem Länderinformationsblatt ist zur medizinische Versorgung (Kapitel 22. Medizinische Versorgung) zu entnehmen, dass die primäre Gesundheitsversorgung prinzipiell wenn auch nicht flächendeckend und von variierender Qualität kostenfrei verfügbar ist. Zudem besteht die Möglichkeit privater Behandlung. Auch von einer Verbesserung der Flächendeckung und Fortschritten der Versorgung wird berichtet. Behandlungsmöglichkeiten für psychisch erkrankte Personen sind dem Länderinformationsblatt zufolge ebenfalls verfügbar. Insbesondere in den Städten existieren psychiatrische Kliniken, wobei ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus für Mazar-e Sharif explizit Erwähnung findet (Kapitel 22. Medizinische Versorgung, Abschnitt Beispiele für Behandlung psychisch erkrankter Personen in Afghanistan). Allerdings wird im Länderinformationsblatt auch berichtet, dass unter anderem psychisch Erkrankte in Afghanistan als schutzbedürftig betrachtet und als Teil der Familie genauso wie Kranke und Alte gepflegt werden. Es müsse eine starke familiäre und gemeinschaftliche Unterstützung sichergestellt werden. Mit einem solchen starken familiären Rückhalt ist angesichts der Abwesenheit aller Angehöriger der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr für den Zweitbeschwerdeführer im Fall seiner Niederlassung in Herat (Stadt) oder Mazar-e Sharif nicht zu rechnen und ist damit die Behandlung seiner Erkrankung nicht gewährleistet.

Den UNHCR-Richtlinien ist zudem zu entnehmen, dass psychisch Erkrankte im Herkunftssaat Misshandlungen ausgesetzt sein können, diskriminiert werden und auch ihr Zugang zu Erwerbstätigkeit, Bildung und angemessener medizinischer Betreuung eingeschränkt ist. Die Erkrankung würde als "Strafe Gottes" betrachtet (Abschnitt III. Internationaler Schutzbedarf, Kapitel A. Risikoprofile, Unterkapitel

9. Personen mit Behinderung, insbesondere geistiger Behinderung, und Personen, die an einer psychischen Erkrankung leiden, S. 91-92). Auch die EASO-Country Guidance berichtet von mangelnder Gesundheitsversorgung für psychisch Erkrankte, sowie von deren Stigmatisierung und Diskriminierung. Die Auskunft der SFH-Länderanalyse: Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung vom 05.04.2017 berichtet ebenso von Stigmatisierung, Diskriminierung, mangelnden Behandlungsangeboten, fehlendem Fachpersonal und einem fehlenden Bewusstsein in der afghanischen Gesellschaft (S. 3). Auch berichtet wird, dass die Medikamentenkosten meist selbst vom Patienten getragen werden müssen und die Medikamente häufig von schlechter Qualität seien (S. 4).

Freilich haben sich im Verfahren keine konkreten Hinweise ergeben, dass der Beschwerdeführer im Rückkehrfall Übergriffen durch konkrete Akteure ausgesetzt wäre, die asylrelevante Intensität erreichen. Dennoch ist angesichts der inadäquaten medizinischen Versorgung und der zu erwartenden Diskriminierung und Stigmatisierung damit zu rechnen, dass die Reintegration des Beschwerdeführers sowie der Aufbau seiner Existenzgrundlage dadurch erheblich behindert werden.

Beide Beschwerdeführer verfügen weiter nicht über eine Berufsausbildung und im Wesentlichen auch nicht über Schulbildung. Soweit ersichtlich hat der Zweitbeschwerdeführer nie eine Schule besucht, während der Erstbeschwerdeführer in Pakistan einige Monate die Schule besucht hat und sich nunmehr im Bundesgebiet durch die Teilnahme an Bildungsangeboten bemüht, seinen Bildungsstand zu verbessern. Dennoch ist für beide Beschwerdeführer nicht von einem nennenswerten Bildungs- bzw. Ausbildungsstand auszugehen. Zur Berufserfahrung des Erstbeschwerdeführers ist weiter anzumerken, dass er diese vor seiner Einreise in das Bundesgebiet und damit im Alter von maximal 15 Jahren erworben hat, weswegen von wesentlicher Berufserfahrung nicht auszugehen ist. Der Zweitbeschwerdeführer verfügt dagegen über mehrjährige Berufserfahrung auf Baustellen und als Verkäufer.

Beide Beschwerdeführer sind im Wesentlichen außerhalb Afghanistans aufgewachsen und waren seit dem Alter von drei bzw. acht Jahren nicht mehr dort aufhältig, weswegen nicht davon ausgegangen werden kann, dass sie mit den dortigen örtlichen und intrastrukturellen Gegebenheiten sowie den Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen vertraut sind. Beide haben die prägenden Jahre ihrer Sozialisation in Pakistan verbracht. Folglich kann, trotzdem die Beschwerdeführer im Familienverband von Onkel und Mutter aufgewachsen sind, nicht davon ausgegangen werden, dass ihnen die afghanischen Gebräuche und Traditionen ausreichend vermittelt und der Bezug zur afghanischen Kultur, Lebensgewohnheiten und Gegebenheiten so weit aufrechterhalten werden konnte, dass den Beschwerdeführern ein Einblick in deren aktuell gelebte Form im Herkunftsstaat vermittelt hätte werden können. Damit wären die Beschwerdeführer im Fall ihrer Rückkehr gezwungen, sich als Fremde im eigenen Land ohne Kenntnisse der lokalen Gegebenheiten niederzulassen und hätte aufgrund dessen mit Diskriminierung und Stigmatisierung zu rechnen. Insbesondere betont die EASO Country Guidance unter dem Profil Applicants who were born and/or lived outside Afghanistan for a very long period of time (S. 139), dass unter anderem Antragsteller, die für lange Zeit außerhalb Afghanistans gelebt haben - wie auch die Beschwerdeführer - auf ein Unterstützungsnetzwerk angewiesen seien. Die EASO Country Guidance betont auch, dass Rückkehrer insbesondere, um Zugang zum Arbeitsmarkt sowie zu Wohnraum zu erhalten, auf ein soziales Netzwerk - insbesondere die erweiterte Familie oder andere Bekanntschaften (Schule, Ausbildung, Arbeit) - angewiesen sind (Unterabschnitt Means of basic subsistence, S.134).

Auch von den UNHCR-Richtlinien wird insbesondere die Bedeutung der Verfügbarkeit und des Zugangs zu sozialen Netzen, bestehend aus der erweiterten Familie oder aus Mitgliedern der ethnischen Gemeinschaft zur Sicherung des wirtschaftlichen Überlebens (Kapitel III. Internationaler Schutzbedarf, Unterkapitel C. Interne Flucht-, Neuansiedlungs- oder Schutzalternative, Unterkapitel 2. Analyse der Zumutbarkeit, Buchstabe c) Achtung der Menschenrechte und wirtschaftliches Überleben, S. 123 f.). Eine Unterstützung durch Mitglieder der ethnischen Gemeinschaft würde in der Regel konkrete früherer gesellschaftliche Beziehungen zu einzelnen Mitgliedern der betreffenden ethnischen Gemeinschaft voraussetzen. Die Prüfung müsse auch im Lichte der Stigmatisierung und Diskriminierung von Personen, die nach einem Aufenthalt im Ausland nach Afghanistan zurückkehren erfolgen (S. 124). Auch dem Länderinformationsblatt ist zu entnehmen, dass das soziale Netzwerk für die Anpassung an das Leben in Afghanistan und das Überleben besonders ausschlaggebend ist (Kapitel 23. Rückkehr, Abschnitt Die Rolle unterschiedlicher Netzwerke für Rückkehrer/innen). Einzige Ausnahme vom Erfordernis der externen Unterstützung stellen den UNHCR-Richtlinien zufolge alleinstehende, leistungsfähige Männer ohne besondere Gefährdungsfaktoren dar (S. 125). Nachdem aber auf die Beschwerdeführer mehrere der von UNHCR beschriebenen Gefährdungsfaktoren zutreffen (Hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers mangelnde Schulbildung, Berufsausbildung und Berufserfahrung, fehlende Kenntnis der lokalen Gegebenheiten, mangelnde Vertrautheit mit den afghanischen "Gepflogenheiten" bedingt durch sein Aufwachsen in Pakistan; hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers mangelnde Schul- und Berufsausbildung, fehlende Kenntnis der lokalen Gegebenheiten, mangelnde Vertrautheit mit den afghanischen "Gepflogenheiten" bedingt durch sein Aufwachsen in Pakistan, Sorgepflichten für Ehefrau und Sohn, psychische Erkrankung), ist davon auszugehen, dass ihre Wiedereingliederung ohne ein Unterstützungsnetzwerk vor Ort nicht gelingt, insbesondere weil ihr Zugang zu Wohnraum und Arbeitsmarkt nicht gesichert ist und damit auch nicht gesichert ist, dass sie sich eine Lebensgrundlage erwirtschaften und eine Unterkunft werden finden können. Insbesondere kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführer von Pakistan aus durch ihren Onkel mütterlicherseits (der bereits zahlreiche Angehörige versorgt) oder den Onkel väterlicherseits in Jalalabad, zu dem kein Kontakt besteht, mit dauerhafter Unterstützung rechnen können.

Durch die Inanspruchnahme der nach den vorliegenden Länderinformationen grundsätzlich verfügbaren Rückkehrhilfe (Länderinformationsblatt, Kapitel 23. Rückkehr) könnten die Beschwerdeführer höchstens sehr kurzfristig das Auslangen finden und wird insbesondere nur für Kabul berichtet, dass etwa Unterkünfte speziell für Rückkehrer verfügbar sind.

Hinzu kommt die allgemein prekäre - die alle afghanischen Staatsangehörigen, aber in besonderem Maße jene ohne familiären Rückhalt trifft - Versorgungslage vor allem im Hinblick auf den Zugang zu Arbeit und Wohnraum. Das Länderinformationsblatt berichtet in Kapitel 21. Grundversorgung und Wirtschaft von hoher Arbeitslosigkeit (über 40 % Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung) und Armutsgefährdung. Das Länderinformationsblatt berichtet in seinem Kapitel 20. Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge auch, dass unter Anderem Rückkehrende Nahrungsmittelhilfe benötigen, dass es zu Diskriminierungen kommt, kein Zugang zu angemessenen Sanitäranlagen und anderen grundlegenden Dienstleistungen besteht. Nachdem die Beschwerdeführer allein und ohne soziales Netzwerk sowie örtliche Kenntnisse erstmals in den Herkunftsstaat "zurückkehren" würden, erscheint eine besondere Betroffenheit dieser prekären Lebensverhältnisse in ihrem Fall als höchst wahrscheinlich.

Bedingt durch die besonderen Gefährdungsfaktoren wurde daher - insbesondere im Hinblick auf das EASO Risiko-Profil der Applicants who were born and/or lived outside Afghanistan for a very long period of time (S. 139) festgestellt, dass es den Beschwerdeführern im Fall einer Niederlassung in Mazar-e Sharif oder Herat (Stadt) nicht möglich wäre, Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härte zu führen, so wie es auch ihre Landsleute führen können sowie, dass sie im Fall einer dortigen Ansiedlung Gefahr liefe, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Unterkunft und Kleidung nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose Situation zu geraten. Zur Feststellung hinsichtlich der fehlenden Behandlung für die psychische Erkrankung des Zweitbeschwerdeführers siehe bereits oben.

Zur Plausibilität und Seriosität der herangezogenen Länderinformationen zur Lage im Herkunftsstaat ist auszuführen, dass die im Länderinformationsblatt zitierten Unterlagen von angesehen Einrichtungen stammen. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nach § 5 Abs. 2 BFA-VG verpflichtet ist, gesammelte Tatsachen nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten und in allgemeiner Form zu dokumentieren. Auch das European Asylum Support Office (EASO) ist nach Art. 4 lit. a Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 zur Einrichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen bei seiner Berichterstattung über Herkunftsländer zur transparent und unparteiisch erfolgende Sammlung von relevanten, zuverlässigen, genauen und aktuellen Informationen verpflichtet. Damit durchlaufen die länderkundlichen Informationen, die diese Einrichtungen zur Verfügung stellen, einen qualitätssichernden Objektivierungsprozess für die Gewinnung von Informationen zur Lage im Herkunftsstaat. Den UNHCR-Richtlinien ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besondere Beachtung zu schenken ("Indizwirkung"), wobei diese Verpflichtung ihr Fundament auch im einschlägigen Unionsrecht findet (Art. 10 Abs. 3 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU [Verfahrensrichtlinie] und Art. 8 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2011/95/EU [Statusrichtlinie]; VwGH 07.06.2019, Ra 2019/14/0114). Auch EASO wird in den vom Verwaltungsgerichtshof zitierten Normen durch explizite Nennung als Quelle für Herkunftslandinformationen besonders hervorgehoben. Das Bundesverwaltungsgericht stützt sich daher auf die angeführten Länderberichte, wobei eine beweiswürdigende Auseinandersetzung im Detail oben erfolgt ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zum Vorbringen einer asylrechtlich relevanten Verfolgung der Beschwerdeführer wegen der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie des Vaters:

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht, dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht einer Person, wenn sie sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes ist für den Flüchtlingsbegriff der GF

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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