TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/23 W170 2197342-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.10.2019
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Entscheidungsdatum

23.10.2019

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W170 2197342-1/23E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch 1. MigrantInnenverein St. Marx und 2. ehem. Rechtsanwalt Dr. Lennart BINDER, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 08.05.2018, Zl. 1102280506-160080390/BMI-BFA_NOE_SP, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) I. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019, stattgegeben und XXXX der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 4 leg.cit. kommt XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter für drei Jahre zu. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

II. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte II. bis IV. gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, in Verbindung mit §§ 8, 10, 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019, § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 53/2019, und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, stattgegeben und diese Spruchpunkte ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

XXXX (in Folge: beschwerdeführende Partei), ein iranischer Staatsangehöriger, stellte am 15.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen des Administrativverfahrens brachte die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen vor, in Iran verfolgt zu werden, weil sie zum Christentum konvertiert sei und auch in Österreich als Christ zu leben und hier auch getauft worden zu sein, was in Iran zu einer Verfolgung führen würde.

Mit im Spruch bezeichneten Bescheid wurde der gegenständliche Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Unter einem wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen die beschwerdeführende Partei eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass deren Abschiebung nach Iran zulässig sei sowie eine Frist für deren freiwillige Ausreise bestimmt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Vorbringen sei nicht glaubhaft gemacht worden und handle es sich bei der Konversion zum Christentum um eine Scheinkonversion.

Der Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei am 14.05.2018 zugestellt.

Mit am 01.06.2018 bei der Behörde eingebrachtem Schriftsatz wurde gegen den Bescheid Beschwerde erhoben.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Vorbringen der Wahrheit entsprechen würde und der beschwerdeführenden Partei daher in Iran Verfolgung drohe.

Die Beschwerde wurde samt dem bezugnehmenden Verwaltungsakt am 05.06.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und - nach einer entsprechenden Abnahme - am 02.10.2018 der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugeteilt. Am 08.10.2019 wurde vom Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die beschwerdeführende Partei ist ein volljähriger iranischer Staatsangehöriger, deren Identität feststeht und die in Österreich unbescholten ist.

1.2. Die beschwerdeführende Partei hat am 15.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der mit im Spruch bezeichneten Bescheid hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde; unter einem wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des Genannten nach Iran zulässig sei. Schließlich wurde über die Frist für die freiwillige Ausreise entschieden. Der Bescheid wurde am 14.05.2018 zugestellt.

Dagegen richtet sich die am 01.06.2018 bei der Behörde eingebrachte Beschwerde.

1.3. Die beschwerdeführende Partei hat unter anderem angegeben, schon in Iran, aber vor allem in Österreich zum Christentum konvertiert zu sein, was in Iran zu einer Verfolgung führen würde. Letzteres Vorbringen ist glaubhaft, das heißt, die beschwerdeführende Partei hat glaubhaft gemacht, dass sie ernstlich und aus innerem Entschluss zum Christentum konvertiert ist. Die beschwerdeführende Partei würde auch im Falle der Rückkehr nach Iran an ihrem christlichen Glauben festhalten.

1.4. Zur Lage in Iran wird festgestellt, dass Iran eine islamische Republik ist, deren Verfassung islamische und demokratische Elemente kennt, eine demokratische Verfassung im europäischen Sinn besteht aber nicht.

Die allgemeine Sicherheitslage ist mit Ausnahme der Provinzen Sistan-Belutschistan, Kurdistan und West-Aserbaidschan, in denen es immer wieder zu Konflikten zwischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen und Anschlägen gegen die Sicherheitskräfte kommt, ruhig, wobei latente Spannungen bestehen.

Die Justiz untersteht in Einzelfällen massivem Einfluss der Sicherheitsbehörden, Gerichtsverfahren erfüllen internationale Standards nicht. Es kommt immer wieder zu willkürlichen Verhaftungen, insbesondere im Zusammenhang mit politischer Überzeugung und werden nach wie vor Körperstrafen, grausame und unmenschliche Strafen (zB. Peitschenhiebe, Amputationen) und die Todesstrafe angewandt.

Auffälliges Hören von (westlicher) Musik, die Äußerung einer eigenen Meinung zum Islam, gemeinsame Autofahrten junger nicht verheirateter Männer und Frauen, gemischtgeschlechtliche Partys oder das Verstoßen gegen Bekleidungsvorschriften kann den Unmut zufällig anwesender Basijs bzw. mit diesen sympathisierenden Personen hervorrufen. Es kann auch zu einem Verprügeln durch Basij kommen.

99% der Bevölkerung gehören dem Islam (Staatsreligion) an. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% Sunniten, der Rest Christen, Juden, Zoroastrier, Bahá'í, Sufis und kleinere religiöse Gruppen. Etwa 100.000 bis 300.000 - vornehmlich armenische - Christen leben in Iran, hauptsächlich in Teheran und Isfahan. Die in der iranischen Verfassung anerkannten "Buchreligionen" (Christen, Juden, Zoroastrier) dürfen ihren Glauben relativ frei ausüben, allerdings kann jegliche Missionstätigkeit als "mohareb" (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden und werden anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, armenische und assyrische Christen - diskriminiert, nicht anerkannte nicht-schiitische Gruppen (Bahá'í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi, Atheisten) in unterschiedlichem Grad verfolgt. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übergetreten waren, erhielten hohe Gefängnisstrafen (10 bis 15 Jahre). Es gab weiterhin Razzien in Hauskirchen. Personen, die sich zum Atheismus bekannten, konnten jederzeit willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und misshandelt werden. Sie liefen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden. Unter besonderer Beobachtung stehen hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden. Muslimische Konvertiten und Mitglieder protestantischer Freikirchen sind willkürlichen Verhaftungen und Schikanen ausgesetzt. Apostasie (Abtrünnigkeit vom Islam) ist verboten und mit langen Haftstrafen bis zur Todesstrafe bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Dabei folgen die Richter im Regelfall einer sehr strengen Auslegung auf Basis der Ansicht von konservativen Geistlichen wie Staatsgründer Ayatollah Khomenei, der für die Abkehr vom Islam die Todesstrafe verlangte. Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), "Verdorbenheit auf Erden", oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". Bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Christliche Konvertiten werden normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern solche Fälle als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und vor den Revolutionsgerichten verhandelt, Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Für Konversion wurde in den letzten zehn Jahren keine Todesstrafe ausgesprochen, allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt. Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter in Iran wegen Apostasie verfolgt wird, die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung; wenn der Konversion andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder Unterricht anderer Personen im Glauben, kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen. Auch konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, sind für die Behörden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von Interesse; wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, ist eine Rückkehr nach Iran kein Problem, wenn aber ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook, berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein wird nicht zu einer Verfolgung führen. Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, steht nicht fest.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Beweiswürdigung nimmt Bedacht auf die Beweiswürdigung des Bundesamtes im Bescheid vom 08.05.2018 und stützt sich auf die Aussagen der beschwerdeführenden Partei vor der Polizei (siehe Niederschrift der Erstbefragung vom 16.01.2016), dem Bundesamt (siehe Niederschrift der Einvernahme vom 28.09.2017 samt Beilagen) und dem Bundesverwaltungsgericht (siehe Niederschrift der Verhandlung vom 08.10.2019 samt Beilagen), auf die Beschwerde vom 01.06.2018 und die von der beschwerdeführenden Partei im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht abgegebene Stellungnahme (Stellungnahme vom 05.02.2019 an das Bundesverwaltungsgericht samt Beilagen) sowie auf folgende Beweismittel (nur diese sind für die gegenständliche Entscheidung relevant):

* die Zeugenaussage von Pfarrer XXXX in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 08.10.2019,

* Taufschein der Evangelikalen Gemeinde in Wien Floridsdorf,

* eine Bestätigung der Evangelikalen Gemeinde Floridsdorf vom 27.01.2019,

* die Bestätigung der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich über die Nichtmitgliedschaft des P,

* Ausdrucke der Homepage https://www.egfloridsdorf.at/,

* das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Iran, Gesamtaktualisierung am 14.06.2019, samt den darin genannten Quellen.

2.2. Die Feststellungen zu 1.1. ergeben sich aus der unbedenklichen Aktenlage und der vorgelegten iranischen Geburtsurkunde der beschwerdeführenden Partei sowie aus der in das Verfahren eingeführten Strafregisterauskunft.

2.3. Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus der diesbezüglich unbedenklichen Aktenlage.

2.4. Hinsichtlich des Vorbringens der beschwerdeführenden Partei ist auf die Aktenlage zu verweisen.

Hinsichtlich der Feststellung, die beschwerdeführende Partei habe die Konversion zum Christentum glaubhaft gemacht bzw. sie sei ernstlich und aus innerem Entschluss zum Christentum konvertiert, ist auf folgende Überlegungen zu verweisen:

Einleitend ist auf die rezente, hinsichtlich dieser Frage relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, der ausführt, dass bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion es auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten ankomme, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln sei (VwGH 26.03.2019, Ra 2018/19/0603; VwGH 22.02.2018, Ra 2017/18/0426; VwGH 23.05.2017, Ra 2017/18/0028). Etwa lasse sich allein mit der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens zur Ausreise nicht schlüssig begründen, dass alle im Zusammenhang mit dem neu erworbenen Glauben stehenden weiteren Aktivitäten eines Asylwerbers nur zum Schein mit dem (ausschließlichen) Ziel der Asylerlangung entfaltet worden seien. Für eine solche Einschätzung bedarf es vielmehr einer näheren Auseinandersetzung mit jenen Umständen, die die Konversion konkret betreffen (VwGH 26.03.2019, Ra 2018/19/0603; VwGH 2.9.2015, Ra 2015/19/0091). Auch greift es nach der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zu kurz, bei einem Konvertiten alleine das religiöse oder Bibelwissen abzufragen, wenn auch ein vertieftes Bibelwissen durchaus auf eine tiefgehende Befassung mit der Bibel schließen lässt.

Viel mehr misst das Bundesverwaltungsgericht den Fragen, ob die jeweilige beschwerdeführende Partei erklären kann, warum sie den Glauben gewechselt hat, ob diese die wesentlichen Grundlage ihres neuen Glaubens kennt, sie zumindest ihre Befassung mit der Bibel oder anderen relevanten Texten des neuen Glaubens glaubhaft machten kann und diese dartun kann, welche Auswirkung der Glaubenswechsel auf ihr Leben hat, was sich insbesondere, aber nicht nur, an der Teilnahme an Gottesdiensten darstellt, in einer Gesamtbetrachtung besondere Relevanz für die Glaubhaftmachung der ernstlichen und aus innerem Entschluss erfolgten Konversion zu.

Im gegenständlichen Fall hat die beschwerdeführende Partei glaubhaft gemacht, warum sie sich nunmehr zum Christentum hingezogen fühlt - was insbesondere der Aussicht auf ein Leben nach dem Tod geschuldet ist -, wie sie sich in der neuen Religion engagiere und wie sie religiöses Wissen erlangt hat bzw. zu erlangen beabsichtigt.

Auch war die beschwerdeführende Partei durchaus in der Lage, den Aufbau der Bibel, insbesondere des neuen Testamentes, und die Bedeutung der wesentlichen christlichen Feiertage zu erklären. Schließlich konnte die beschwerdeführende Partei ihre Lieblingsstelle in der Bibel im Zusammenhang erklären.

Dass die beschwerdeführende Partei regelmäßig an Gottesdiensten teilnimmt, ergibt sich schon aus der Schilderung des Zeugen Pfarrer XXXX , der auch angeben konnte, dass die beschwerdeführende Partei frei über ihren Glauben redet und diesen auch verteidigt. Auch konnte dieser Zeuge die Veränderungen in der Persönlichkeit der beschwerdeführenden Partei in einer Art beschreiben, die nahelegt, dass diese wirklich an die Vergebung von Sünden und Schwächen durch Christus glaubt. Die Aussagen des Zeugen sind glaubhaft und unter Strafandrohung ergangen, es gibt keinen Grund, an diesen zu zweifeln.

Bei seiner Beweiswürdigung übersieht das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass die beschwerdeführende Partei noch gewisse Lücken in ihrem theologischen Wissen hat; diese sind aber nicht hinreichend, um dem Vorbringen die Glaubwürdigkeit zu nehmen.

Das Bundesamt hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung lediglich auf seine Beweiswürdigung verwiesen, diese ist aber insbesondere hinsichtlich der Konversion der beschwerdeführenden Partei inzwischen nicht mehr aktuell, weil diese bereits über ein Jahr zurückliegt.

Beweiswürdigend hat die belangte Behörde im Bescheid darauf verwiesen, dass die beschwerdeführende Partei keine Details über den Mann nennen konnte, der sie in Iran zum Christentum bekehrt habe;

dies ist aber für die Frage, ob die beschwerdeführende Partei nunmehr ernstlich und innerlich Christ ist, nicht mehr relevant;

selbiges gilt dafür, dass die beschwerdeführende Partei erst in Österreich die Bibel gelesen habe. Warum die beschwerdeführende Partei vor dem Bundesamt ihr Taufdatum nicht nennen konnte, hat sie vor dem Bundesverwaltungsgericht nachvollziehbar erklärt; dass sie nicht seit Beginn ihres Aufenthalts in Österreich die Kirche besucht hat, ändert nichts daran, dass sie nunmehr ernstlich und innerlich zum christlichen Glauben konvertiert ist. Hinsichtlich des fehlenden Bibelwissens laut der Beweiswürdigung des Bundesamtes ist auf die mangelnde Relevanz vertieften religiösen Wissens zu verweisen.

Dass die beschwerdeführende Partei nachvollziehbare Gründe für die Zuwendung zum Christentum dargetan hat, ergibt sich aus der obigen Beweiswürdigung ebenso, wie dass die beschwerdeführende Partei nach dem Glauben lebt; für ein Leben nach dem Glauben sind nicht bestimmte Handlungen (wie etwa freiwillige Teilnahme an der Altenpflege) notwendig, sondern es muss sich in einer Gesamtbetrachtung ergeben, dass ein solches Leben vorliegt. Dies ist hier der Fall. Daher konnte auch der Verweis auf die Beweiswürdigung des Bescheides - unbeschadet der fehlenden Aktualität derselben - nicht dartun, dass hinsichtlich der beschwerdeführenden Partei nur eine Scheinkonversion vorliegen würde.

Dass die beschwerdeführende Partei auch im Falle der Rückkehr nach Iran an ihrem christlichen Glauben festhalten würde, ergibt sich aus der festgestellten ernstlichen und aus innerem Entschluss erfolgten Konversion zum Christentum.

2.5. Die Feststellungen zur Lage in Iran ergeben sich aus dem Länderinformationsblatt. Da dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, das in das Verfahren eingeführt wurde, diesbezüglich nicht entgegengetreten worden ist, waren die obigen Feststellungen zu treffen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

I. Zu Spruchpunkt I:

3.1. Gemäß § 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. BGBl. I Nr. 53/2019 (in Folge: AsylG), ist Asylwerbern auf Antrag der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesen im Herkunftsstaat - hier zweifellos Iran - Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in Folge: GFK), droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

3.2. Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; ebenso droht entsprechende Verfolgung einer Person, die staatenlos ist und sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren.

Hier ist einleitend darauf zu verweisen, dass, ausgehend von den obigen Länderfeststellungen, wonach christliche Konvertiten im Iran willkürlichen Verhaftungen und mitunter der Todesstrafe ausgesetzt sind, kein Zweifel daran besteht, dass der beschwerdeführenden Partei unter der Annahme einer echten, inneren Konversion jedenfalls eine asylrelevante Verfolgung im Iran droht (siehe auch VwGH 02.09.2015, Ra 2015/19/0091). Mit der Frage der asylrechtlichen Relevanz einer Konversion zum Christentum in Bezug auf den Iran hat sich der Verwaltungsgerichtshof wiederholt befasst (VwGH 24.10.2001, 99/20/0550; VwGH 17.09.2008, Zl. 2008/23/0675; VwGH 23.06.2015, Ra 2014/01/0210). Entscheidend ist demnach, ob der Fremde bei weiterer Ausführung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden. Ob die Konversion bereits - durch die Taufe - erfolgte oder bloß beabsichtigt ist, ist nicht entscheidend (VwGH 30.06.2005, Zl. 2003/20/0544). Gegenständlich wurde weiters festgestellt, dass die beschwerdeführende Partei ernstlich und aus innerem Entschluss zum Christentum konvertiert ist und auch im Falle der Rückkehr nach Iran an ihrem christlichen Glauben festhalten würde. Diese Judikatur ist einschlägig und daher für das Bundesverwaltungsgericht bindend. Anders verhält es sich mit der vom Bundesamt in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 29.12.2017, deren Rechtsfrage war, ob es zu einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK kommen würde, wenn man einen Konvertiten nach Iran abschieben würde. Einschlägig ist und bleibt daher die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Es droht der beschwerdeführenden Partei daher im Lichte der Feststellungen für den Fall einer Rückkehr nach Iran eine asylrelevante Verfolgung aus Gründen der Religion.

3.3. Da der Verfolger der beschwerdeführenden Partei der iranische Staat ist und es keine Gebiete in Iran gibt, wo die beschwerdeführende Partei diesem sicher und auf Dauer entkommen könnte, kommt eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht in Betracht.

3.4. Da darüber hinaus keine von der beschwerdeführenden Partei verwirklichten Asylausschluss- oder -endigungsgründe festzustellen waren, ist der Beschwerde stattzugeben, der beschwerdeführenden Partei der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen und auszusprechen, dass dieser somit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG kommt der beschwerdeführenden Partei damit eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu.

II. Zu Spruchpunkt II:

Durch die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ist die jeweilige rechtliche Voraussetzung für die Spruchpunkte II. bis IV. weggefallen und sind diese daher ersatzlos zu beheben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2019, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2019 (in Folge: B-VG) zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat unter A) die relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dargestellt und diese seiner Entscheidung zu Grunde gelegt; da darüber hinaus keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen waren, ist die Revision nicht zulässig.

Schlagworte

asylrechtlich relevante Verfolgung, befristete
Aufenthaltsberechtigung, ersatzlose Teilbehebung, gesamtes
Staatsgebiet, Konversion, Nachfluchtgründe, Religion, wohlbegründete
Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W170.2197342.1.00

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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