TE Bvwg Beschluss 2019/10/25 W194 2116811-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.10.2019
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Entscheidungsdatum

25.10.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §16
BFA-VG §17
BFA-VG §17 Abs1 Z1
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z2

Spruch

W1942116811-2/3E

W194 2191615-2/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Daniela Sabetzer im Verfahren über die Beschwerde von 1. XXXX , und

2. XXXX , StA. Afghanistan, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Helmut Blum, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.09.2019, Zlen. 1031587604-190895034 und 1132535109-190894941:

A)

I. Der Beschwerde wird gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

II. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird gemäß den §§ 16, 17 BFA-VG zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und relevanter Sachverhalt:

Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer sind verheiratet. Sie sind afghanische Staatsbürger und gehören der Volksgruppe der Hazara an.

1. Erster Antrag auf internationalen Schutz:

Zum Erstbeschwerdeführer:

Der Erstbeschwerdeführer stellte am 18.09.2014 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Mit Bescheid vom 16.10.2015, Zl. 1031587604 - 14984388, wies die belangte Behörde diesen Antrag des Erstbeschwerdeführers gemäß § 3 Abs. 1 sowie § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 52 Abs. 9 FPG zulässig sei und die Frist für seine freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt IV.).

Zur Zweitbeschwerdeführerin:

Die Zweitbeschwerdeführerin stellte am 16.10.2016 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Mit Bescheid vom 08.03.2018, Zl. 1132535109 - 161422043, wies die belangte Behörde diesen Antrag der Zweitbeschwerdeführerin gemäß § 3 Abs. 1 sowie § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte ihr keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III.), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.), stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 52 Abs. 9 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und die Frist für ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Zum weiteren Verfahren:

Die gegen die Bescheide der belangten Behörde vom 16.10.2015 und 08.03.2018 erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.01.2019, GZ W242 2116811-1/21E und W242 2191615-1/14E, als unbegründet abgewiesen.

Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 12.06.2019, E 768-769/2019-9, wurde die Behandlung der von den Beschwerdeführern gegen das Erkenntnis des Bundeverwaltungsgerichtes erhobenen Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Eine von den Beschwerdeführern erhobene Revision ist beim Bundesverwaltungsgericht nicht aktenkundig.

2. Zweiter Antrag auf internationalen Schutz (erster Folgeantrag):

Am 02.09.2019 stellten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin den hier gegenständlichen zweiten Antrag (erster Folgeantrag) auf internationalen Schutz. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes begründete der Erstbeschwerdeführer seinen Antrag damit, dass er vor ca. vier bis fünf Monaten zum Christentum konvertiert sei und bald getauft werde. Seine Fluchtgründe seien gleichgeblieben. Die Zweitbeschwerdeführerin gab im Rahmen ihrer Erstbefragung an, dass ihre Fluchtgründe aufrecht blieben und dazu komme, dass sie in Österreich zum Christentum konvertiert sei; getauft sei sie noch nicht.

Am 12.09.2019 wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin vor der belangten Behörde einvernommen. Der Erstbeschwerdeführer gab zusammengefasst an, dass die Fluchtgründe aus dem Erstverfahren noch aufrecht seien und er in Afghanistan befürchte, getötet zu werden, da er seinen Glauben gewechselt habe. Die Zweitbeschwerdeführerin führte im Wesentlichen aus, dass sie und ihr Mann nicht nach Afghanistan zurückkehren könnten, da sie zum Christentum konvertiert seien. Wenn jemand konvertiere, sei man zum Tode verurteilt. Zudem würden die "alten Gründe" noch gelten. Die Beschwerdeführer legten dazu jeweils Bestätigungen eines Pfarrers vom 19.08.2019 über einen geplanten Taufkurs sowie der Bezirkshauptmannschaft vom 12.08.2019 über ihren Austritt aus der islamischen Glaubensgemeinschaft vor. Die Zweitbeschwerdeführerin legte zudem eine Stellungnahme vom 06.08.2019 hinsichtlich ihrer klinisch-psychologischen Behandlung bei der XXXX vor.

Mit den angefochtenen Bescheiden, die den Beschwerdeführern jeweils am 02.10.2019 zugestellt wurden, wies die belangte Behörde die gegenständlichen Anträge vom 02.09.2019 hinsichtlich des Status der Asylberechtigten und des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I. und II.), erteilte ihnen keine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III.), erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.), stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Afghanistan gemäß § 52 Abs. 9 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt V).).

Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass das Vorbringen einer Konversion zum Christentum keinen glaubhaften Kern aufweise. Es könne nicht feststellt werden, dass der christliche Glaube wesentlicher Bestandteil der Identität der Beschwerdeführer geworden sei und sie ihrem derzeitigen Interesse für den christlichen Glauben im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan weiter nachkommen bzw. dieses nach außen zur Schau tragen würden. Auch könne nicht festgestellt werden, dass bei den Beschwerdeführern schwere psychische Störungen und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestehen würden.

Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer durch ihren Rechtsanwalt am 11.10.2019 gemeinsam Beschwerde und beantragten, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Abfall vom Islam aus Überzeugung erfolgt sei. Es könne bei korrekter Beurteilung kein ernsthafter Zweifel bestehen, dass der Beschwerdeführer sich aus innerer Überzeugung und mit ganzem Herzen dem Christentum zugewendet hätten. Dieses Vorbringen sei neu und glaubhaft; der Asylantrag sei schon aus diesem Grund zuzulassen. Hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin bestehe der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung; die durchzuführenden Behandlungen stünden in Afghanistan nicht zur Verfügung. Der Beschwerde waren Unterlagen des Taufkurses sowie die bereits vor der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen angeschlossen.

Die belangte Behörde übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht mit hg. am 18.10.2019 eingelangter Beschwerdevorlage die verfahrensgegenständlichen Verwaltungsakten, deren Einlangen mit Mitteilung gemäß § 16 Abs. 4 BFA-VG vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A)

1. Zur Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt I.):

Gemäß § 16 Abs. 2 Z 1 BFA-VG kommt einer Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist, die aufschiebende Wirkung nicht zu, es sei denn, sie wird vom Bundesverwaltungsgericht zuerkannt.

§ 17 BFA-VG lautet:

"Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 17. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und

1. diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist oder

2. eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht

sowie der Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG jeweils binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(2) Über eine Beschwerde gegen eine zurückweisende Entscheidung nach Abs. 1 oder gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.

(3) Bei der Entscheidung, ob einer Beschwerde gegen eine Anordnung zur Außerlandesbringung die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird, ist auch auf die unionsrechtlichen Grundsätze der Art. 26 Abs. 2 und 27 Abs. 1 der Dublin-Verordnung und die Notwendigkeit der effektiven Umsetzung des Unionsrechtes Bedacht zu nehmen.

(4) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 1 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen."

Der Beschwerde gegen die Zurückweisung des Folgeantrags ist gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weil derzeit nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass eine Abschiebung der Beschwerdeführer eine reale Gefahr der Verletzung von Bestimmungen der EMRK bedeuten würde, zumal die Beschwerdeführer vorgebracht haben, sie seien zum Christentum konvertiert, und es drohe ihnen im Herkunftsstaat aus diesem Grund der Tod.

2. Zur Zurückweisung des Antrages, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (Spruchpunkt II.):

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sehen die maßgeblichen Vorschriften des § 16 Abs. 2 und Abs. 4 sowie des § 17 BFA-VG weder ein Antragsrecht des Asylwerbers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vor (die gerichtliche Überprüfung hat vielmehr von Amts wegen stattzufinden), noch muss das Verwaltungsgericht darüber einen Beschluss fassen, dass die aufschiebende Wirkung nicht gewährt wird (vgl. zB VwGH 24.10.2018, Ra 2018/14/0133).

Über einen trotzdem gestellten aber somit unzulässigen Antrag hat das Verwaltungsgericht - zumindest bis zur Erlassung seiner Entscheidung in der Hauptsache - in Form einer Zurückweisung zu entscheiden, wobei dafür die Entscheidungsfrist von sechs Monaten nach § 34 Abs. 1 VwGVG zur Verfügung steht (vgl. VwGH 21.02.2017, Fr 2016/18/0024).

Der Antrag der Beschwerdeführer, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, war folglich zurückzuweisen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist nicht zulässig.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die vorliegende Entscheidung stellt auf den konkreten Einzelfall ab und folgt der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Antragsrecht, aufschiebende Wirkung, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W194.2116811.2.00

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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