TE Vwgh Erkenntnis 1998/6/30 94/05/0358

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Veröffentlicht am 30.06.1998
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §41 Abs1;
AVG §41 Abs2;
AVG §42 Abs1;
AVG §8;
BauO Wr §101;
BauO Wr §134 Abs3 idF 1987/028;
BauO Wr §60 Abs1 litb;
BauO Wr §76 Abs8;
BauO Wr §97;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Johann Hofbauer in Wien, vertreten durch Dr. Josef W. Deitzer, Rechtsanwalt in Schwechat,

Wiener Straße 36-38, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 6. Oktober 1994, Zl. MD-VfR - B XI - 9/94, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei:

GSG Gesellschaft für Stadtentwicklung und Stadterneuerung Gesellschaft m.b.H in Wien, vertreten durch

Dr. Diethard Schimmer, Rechtsanwalt in Wien XIII, Auhofstraße 1), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der Mitbeteiligten in der Höhe von S 11.480,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren der Mitbeteiligten wird abgewiesen.

Begründung

Die Mitbeteiligte begehrte mit Ansuchen vom 18. September 1992 die Erteilung der Baubewilligung für ein aus zwei im Keller miteinander verbundenen Teilen bestehendes Wohnhaus (Haus 1 und Haus 2) mit 23 Wohnungen auf ihrem Grundstück in Wien XI, Klebindergasse 2. Dem Beschwerdeführer gehört die östlich angrenzende Liegenschaft Klebindergasse 4. Die Ostseite des Hauses 2 soll an der Grundgrenze zur Liegenschaft des Beschwerdeführers angebaut werden. Beide Liegenschaften liegen im gemischten Baugebiet, es ist geschlossene Bauweise festgelegt.

Aufgrund der Ladung zur Bauverhandlung am 6. November 1992 erklärte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom selben Tag:

"Ich, ..... bin gegen die Errichtung der Wohnhausanlage ... da durch meinen Betrieb (bestehend über 60 Jahre) Geräusche, Abgase, Gefahren, Erschütterungen entstehen und dadurch die Wohnqualität unzumutbar beeinträchtigt wird."

Dieses Schreiben wurde als Beilage 1 zur Verhandlungsschrift zum Akt genommen.

Mit Schreiben vom 2. März 1993 teilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 36, über Ersuchen der Magistratsabteilung 37 (Baubehörde) dieser mit, daß die Schlosserei des Beschwerdeführers mit näher bezeichneten Bescheiden gewerberechtlich als Betriebsanlage genehmigt sei. Soweit bei der Überprüfung augenscheinlich festgestellt werden konnte, werde die Schlosserei im Umfang der Genehmigungsbescheide betrieben. Bei einem Anbau an die Werkstätte seien durch die betriebstypischen Störgeräusche einer Schlosserei, wie z.B. Arbeiten mit Trennschleifer, Kreissägen, Schlagwerkzeugen etc. in den dann angrenzenden Wohnungen Lärmbelästigungen zu erwarten, würden nicht besondere Schalldämmaßnahmen vorgesehen werden. Insbesondere seien auch durch die im Bereich der Feuermauer aufgestellte Schlagschere (Blechschneidemaschine für Bleche bis 6,5 mm) Körperschallübertragungen in den angrenzenden Baugrund nicht auszuschließen.

Das von der Mitbeteiligten vorgelegte technische Gutachten des Ing. L., eines Sachverständigen für Lärmschutz, vom 5. April 1993 über die durch betriebliche Tätigkeiten der Schlosserei des Beschwerdeführers im Bereich der nächsten Wohnungen der projektierten Wohnhausanlage zu erwartenden Lärm- und Erschütterungsimmissionen befürwortet einen aktiven Schall- und Erschütterungsschutz durch Reduzierung der Körperschall- und Schwingungseinleitung in den Boden bzw. in die Betriebshalle. Der aktive Schutz wäre durch die Aufstellung der Schlagschere auf ein eigenes, speziell abgestimmtes Fundament zu bewerkstelligen.

Die Magistratsabteilung 22-Umweltschutz teilte der Baubehörde mit Schreiben vom 21. Mai 1993 u.a. mit, daß sowohl hinsichtlich Erschütterungen als auch hinsichtlich Lärmbelästigungen deutlich über das Widmungsmaß bzw. die ortsüblichen Immissionen hinausgehende Einwirkungen zu erwarten seien. Es werde daher in einem allfällig zu errichtenden Gebäude zu Immissionen kommen, welche deutlich höher sein würden, als es das in § 6 der Bauordnung für Wien normierte Ausmaß zulasse.

Mit Schreiben vom 2. Juni 1993 hielt die Baubehörde der Mitbeteiligten vor, daß sich nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens das Bauvorhaben als unzulässig erweise. Die Mitbeteiligte wurde eingeladen, ein modifziertes Projekt vorzulegen.

Im von der Mitbeteiligten vorgelegten Gutachten des Dipl. Ing. D., eines Zivilingenieurs für technische Physik, vom 7. Juli 1993 über schwingungstechnische Untersuchungen auf dem Areal des Beschwerdeführers wird dargelegt, daß sich die von der Schlagschere hervorgerufenen Schwingungen primär horizontal ausbreiteten. Es werden folgende Maßnahme zur Herabsetzung der Schwingungsübertragung in das zu errichtende Gebäude vorgeschlagen: Zwischen dem Erdreich bzw. der Produktionshalle und dem geplanten Wohnhaus solle auf drei Seiten eine ca. 10 cm breite Baufuge hergestellt werden, die ein Anliegen des Erdreiches an die Fundamente und an das Kellermauerwerk verhindere. Mit dieser Maßnahme würde ein Weiterleiten von horizontalen Schwingungen in das Mauerwerk des zu errichtenden Gebäudes nur mehr in sehr geringem Maße möglich sein.

Bei der Verhandlung vom 28. Juli 1993 hielt der Beschwerdeführer seine schriftlichen Einwendungen vom 6. November 1992 aufrecht. Der Verhandlungsleiter erklärte, daß durch technische Maßnahmen die Unterschreitung eines Schalldruckpegels von 45 dBA erreicht werden müsse.

Im von der Mitbeteiligten eingeholten Gutachten vom 11. Oktober 1993 über Schallschutzmaßnahmen schlug

Dipl. Ing. D. unter Bezugnahme auf das Gutachten des Ing. L vom 5. April 1993 vor, vor der Hallenwand auf dem Grundstück des Beschwerdeführers eine Schallschutzwand auf dem Baugrundstück in Fortsetzung der Seitenfront des Wohngebäudes zu errichten. Die Höhe der Schallschutzwand sei so zu bemessen, daß sie das bestehende Werkstättengebäude um 1 m überrage. Die Schallschutzwand solle aus einem nach statischen Erfordernissen dimensionierten Fundament bestehen, welches zum Werkstättengebäude einen Abstand von 25 cm aufweisen müsse. Die Schallschutzwand solle im wesentlichen aus in Gummimatten eingekleideten Holzbohlen bestehen.

In der Folge (wann die mit "November 1993" datierten Pläne bei der Baubehörde einlangten, läßt sich aus dem Akt nicht entnehmen) ergänzte die Mitbeteiligte die Einreichpläne im wesentlichen dahingehend, daß nunmehr überdies die Errichtung einer Bohrpfahlwand zwischen Wohngebäude und Grundgrenze und einer Schallschutzwand in Fortsetzung der seitlichen Gebäudeflucht in einer Bauplatztiefe von ca. 15 m vorgesehen wurde. Die 8,5 m hohe und über 13 m lange Schallschutzwand wurde in einem Abstand von ca. 20 cm zur Liegenschaft des Beschwerdeführers geplant und sollte südlich des Hauses 2 (in einem Abstand von 7 cm zu diesem) errichtet werden.

Nach positiven Stellungnahmen der Magistratsabteilungen 22 (Umweltschutz) und 15 (Gesundheitswesen) beraumte die Baubehörde mit Verständigung vom 8. Februar 1994 eine mündliche Verhandlung für den 21. Februar 1994 zum Gegenstand "Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnhausanlage" an. In der Ausfertigung der Ladung, die auch an den Beschwerdeführer erging, heißt es: "Sie können in folgende Pläne und sonstige Behelfe Einsicht nehmen: Ort der Einsichtnahme:

MA 37/11-Enkplatz 2 Zimmer 235 Zeit: Dienstag und Donnerstag 8-12".

    Dem handschriftlichen Protokoll über die Verhandlung vom

21. Februar 1994 ist u.a. folgendes zu entnehmen: "... Die

geänderten Pläne (betreffend Schallschutzmauer) und die

eingeholten Gutachten werden" (möglicherweise heißt dieses Wort

auch: wurden) "vorgelegt ... Das geänderte Projekt

(Schallschutzmauer) und die vorgelegten Gutachten werden besprochen und erläutert".

Der Beschwerdeführer legte einen vorbereiteten Schriftsatz vor, der zunächst gleichlautend war wie die seinerzeitigen Einwendungen und außerdem folgende Ergänzung enthielt:

"Die geplante Wohnhausanlage ist nur ca 1 m von meinem Werkstättendach der großen Halle entfernt, durch das, arbeitsbedingt Geräusche und Erschütterungen nach außen dringen. Da keine Ziegel- oder Betondecke vorhanden ist (Dachstuhl, Holzbrettelbinder, oben Welleternit unten 2,5 cm Heraklith verputzt als Feuerschutz). Die angrenzenden Mieter würden mich daher dauernd anzeigen. Außerdem ist die Werkstättenmauer auch nur 25 cm dick."

Mit Bescheid vom 1. März 1994 erteilte die Baubehörde antragsgemäß die Bewilligung zur Errichtung des Wohnhauses, der Bohrpfahlwand und der Schallschutzwand nach Maßgabe der mit dem Sichtvermerk versehenen Pläne und wies die in der Verhandlung vom 21. Februar 1994 erhobenen Einwendungen des Beschwerdeführers deswegen als im Gesetz nicht begründet ab, weil ihnen durch die besondere Projektgestaltung entsprochen worden sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers heißt es wörtlich:

"Bei der vorgesehenen Schallschutzwand lt. Bauplan 8,5 m hoch, nur 25 cm Abstand von meiner Feuermauer der Werkstätte u. Halle aus Holzbalken, ist für meine Werkstätte + Halle ein Bauschaden bzw. Gebäudeschaden zu erwarten und auch "f e u e r g e f ä h r l i c h"

    ... Es ist unmöglich bei 25 cm Abstand in Zukunft eine

Sanierung vorzunehmen. Laut Auskunft des Gebietsgruppenleiters

Hr. Senatsrat ... MA 37/10, ist bei geschlossener Bauweise kein

Abstand zulässig.

Ich berufe gegen den Bescheid bzw. die Errichtung der Wohnhausanlage, da durch die Errichtung der Schallschutzwand lt. Plan meine Feuermauer bzw. Gebäude verrotten würden. "E x i s t e n z g e f a h r"

Bei der Bauverhandlung am 21.2.94, wo mich Hr. ... (GSG) um Vorschläge ersucht hat, habe ich am 1.3.94 meine Vorschläge schriftlich unterbreitet, bei deren Ausführungen ich für die Errichtung der Wohnhausanlage wäre."

In der von der belangten Behörde durchgeführten Berufungsverhandlung hielt der Beschwerdeführer seine Einwendungen aufrecht und wies insbesondere darauf hin, daß sich seine Einwände gegen den Abstand (nur 25 cm) der frei zu errichtenden Schallschutzbohlenwand richteten. Er befürchte nach wie vor, daß in diesem Zwischenraum Feuchtigkeit seine Feuermauer in Mitleidenschaft ziehen könnte. Desgleichen könnte dieser Zwischenraum durch hineingewehte Blätter und sonstige hineingeworfene Gegenstände teilweise ausgefüllt werden, wobei es zur Fäulung und sonstiger Verrottung kommen könnte.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. In den Planunterlagen sei an der Baulinie Klebindergasse zur Liegenschaft Klebindergasse 4 ein Zwischenraum von über 20 cm dargestellt gewesen. Eine derartige Bauausführung hätte das Gebot der geschlossenen Bauweise verletzt. Dieser Fehler sei nunmehr berichtigt und das Bauwerk werde entlang der Baulinie in geschlossener Bauweise errichtet. Die Einwendungen des Beschwerdeführers richteten sich lediglich gegen die Errichtung der Schallschutzwand im Anschluß an das Haus 2 entlang der Grenze zur Liegenschaft des Beschwerdeführers. Das Projekt in der derzeitigen Form habe dem Beschwerdeführer, da er an der Verhandlung vom 28. Juli 1993 teilgenommen habe, bekannt sein müssen. Er habe jedoch diesbezüglich keine Einwendungen erhoben. Seine Einwendungen hätten lediglich die Errichtung der Wohnhausanlage betroffen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie die Mitbeteiligte, eine Gegenschrift.

Gemäß Art. IV der Bauordnungsnovelle LGBl. Nr. 34/1992 ist auf das vorliegende, vor dem 1. Oktober 1992 eingeleitete Bauverfahren die Bauordnung für Wien in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 28/1987 (im folgenden: BO) anzuwenden. Gemäß § 134 Abs. 3 dritter und vierter Satz BO sind die Eigentümer (Miteigentümer) der benachbarten Liegenschaften dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre in diesem Gesetz festgelegten subjektiv-öffentlichen Recht berühren. Solche Rechte werden durch jene Bestimmungen begründet, die dem Schutz der Nachbarn dienen; hiezu zählen jedenfalls alle Bestimmungen des Bebauungsplanes für die Bebauung der Liegenschaft sowie alle jene Bestimmungen, die Rechte zum Schutz vor Gefahren und Belästigungen, die sich auf die Nachbargrundstücke erstrecken können, zum Inhalt haben.

Der Beschwerdeführer wehrt sich zunächst dagegen, daß hinsichtlich der Schallschutzwand Präklusion angenommen wurde; weiters macht er geltend, daß die Schallschutzwand bei geschlossener Bauweise nicht in einer Entfernung von 25 cm von seiner Feuermauer errichtet werden dürfe.

Gegenüber einer gemäß § 41 Abs. 1 AVG ordnungsgemäß geladenen Partei tritt Präklusion dann ein, wenn sie nicht spätestens während der Verhandlung Einwendungen gegen das Projekt erhebt (§ 42 Abs.1 AVG). Wurde bei einer Bauverhandlung das Projekt geändert, liegt diesbezüglich eine Präklusion allerdings nicht vor (siehe Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 284, E. 36a zu § 42 Abs. 1 und 2 AVG). Hat sich ein Nachbar bei der Bauverhandlung - trotz mangelhafter Kundmachung - in den Verhandlungsgegenstand eingelassen, ohne einen Vertagungsantrag zu stellen, so ist eine Verletzung des Parteiengehörs nicht eingetreten. Allerdings ist in einem solchen Fall Präklusion nicht gegeben (hg. Erkenntnis vom 23. April 1987, Zl. 87/06/0002, BauSlg. Nr. 916, m.w.N.).

Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführer in der Ladung auf die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Pläne ausdrücklich aufmerksam gemacht. Es kann aber dem Akt nicht zweifelsfrei entnommen werden, ob die das (korrigierte) Datum "November 1993" enthaltenden Pläne schon vor dieser Verhandlung vorlagen; das handschriftliche (schwer lesbare) Protokoll deutet eher darauf hin, daß die neuen Pläne erst in der Verhandlung vorgelegt wurden. Im Zweifel kann daher dem Beschwerdeführer keine Präklusion entgegengehalten werden, wenn er sich noch nicht in der Verhandlung, sondern erst in der Berufung gegen die Schallschutzwand ausgesprochen hat.

Die Vorschriften einer Bauordnung, die die Art der Verbauung regeln, dienen nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn (hg. Erkenntnis vom 30. April 1956, Slg. Nr. 4.056/A). Der Beschwerdeführer macht in der Berufung im wesentlichen geltend, (auch) hinsichtlich der Schallschutzwand sei die Festsetzung der geschlossenen Bauweise zu beachten. Bei Nichteinhaltung dieser Verpflichtung drohen nun für seine Werkstätte und Halle (näher bezeichnete) Schäden.

§ 76 Abs. 8 BO lautet:

"(8) In der geschlossenen Bauweise müssen die Gebäude an Baulinien, Straßenfluchtlinien oder Verkehrsfluchtlinien oder dort, wo gegen die Verkehrsflächen Baufluchtlinien festgesetzt sind, an diesen von der einen seitlichen Bauplatzgrenze zu der anderen durchgehend errichtet werden. ..."

§ 76 Abs. 8 BO regelt somit die Anordnung von Gebäuden und legt fest, daß in der geschlossenen Bauweise u.a. an der Baulinie durchgehend von Bauplatzgrenze zu Bauplatzgrenze zu bauen ist.

Allerdings wird die vorliegende Schallschutzwand nicht an der Baulinie errichtet, sondern bildet, was sich aus dem festgestellten Abstand von 7 cm zum an der Baulinie gelegenen und die geschlossene Bauweise einhaltenden Wohngebäude ergibt, einen (von der Straßenfront aus gesehen hinter dem auf dem Grundstück bewilligten Wohngebäude projektierten) selbständigen Baukörper, sodaß von einer Errichtung "an der Baulinie" im Sinne des § 76 Abs. 8 BO keine Rede sein kann. Aus dieser Bestimmung kann daher nicht die Verpflichtung abgeleitet werden, daß die gegenständliche Schallschutzwand an der Grenze errichtet wird, weshalb der Beschwerdeführer kein Recht darauf hat, daß die Schallschutzwand nicht in einem Abstand von 25 cm zur Grundgrenze errichtet wird.

Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung auch gerügt, daß die Schallschutzwand, die im wesentlichen aus Holz ausgeführt wird, "feuergefährlich" sei. Der Verwaltungsgerichtshof hat hinsichtlich der hier noch anwendbaren Rechtslage ein Nachbarrecht auf Brandschutz grundsätzlich bejaht (siehe zuletzt das hg. Erkenntnis vom 2. Dezember 1997, Zl. 94/05/0354, m.w.N.). Insbesondere wurde betont, daß § 101 BO, eine Bestimmung über Feuer- und Brandmauern, zu jenen gehört, die dem Schutz der Nachbarn dienen. § 101 BO bezieht sich allerdings nur auf Gebäude und nicht auf sonstige bauliche Anlagen im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. b BO. Auch aus § 97 BO kann eine Unzulässigkeit des Baustoffes "Holz" nicht abgeleitet werden. Daher wird selbst dadurch, daß die Schallschutzwand im wesentlichen aus Holz errichtet wird, in keine Nachbarrechte eingegriffen.

Schließlich bezeichnet der Beschwerdeführer das Verfahren als mangelhaft, da die Einholung eines schalltechnischen Gutachtens hinsichtlich passiver Schall- und Erschütterungsmaßnahmen unterblieben sei. Der Beschwerdeführer hat aber konkrete Hinweise unterlassen, was er im Falle der Einholung und Erörterung eines solchen (weiteren) Gutachtens vorgebracht hätte und daß ein solches Vorbringen geeignet gewesen wäre, einen anderen Bescheid herbeizuführen. Damit legt er die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels nicht dar.

Somit erweist sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994. Die von der Mitbeteiligten begehrte Umsatzsteuer ist im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten.

Schlagworte

Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar Diverses BauRallg5/2 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Abstandsvorschriften BauRallg5/1/1 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Brandschutz (Bestimmungen feuerpolizeilichen Charakters) BauRallg5/1/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1994050358.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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