Entscheidungsdatum
18.11.2019Norm
ASVG §113 Abs1 Z1Spruch
G305 2216720-1/5E
SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 11.11.2019 MÜNDLICH VERKÜNDETEN
ERKENNTNISSES
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS über die Beschwerde der Firma XXXX, vertreten durch die XXXX, gegen den Bescheid der XXXX Gebietskrankenkasse vom 29.01.2019, Zl. XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Mit Bescheid vom 29.01.2019, Zl. XXXX, stellte die XXXX Gebietskrankenkasse (in der Folge: belangte Behörde oder kurz: StGKK) gegenüber der Firma XXXX (in der Folge: Beschwerdeführerin oder kurz: BF) fest, dass diese es verabsäumt habe,XXXX, VSNR: XXXX
(in der Folge: Erstmitbeteiligter oder kurz: MB1), XXXX, VSNR: XXXX
(in der Folge: Zweitmitbeteiligter oder kurz: MB2) und XXXX, VSNR:
XXXX (in der Folge: Drittmitbeteiligte oder kurz: MB3) vor Arbeitsbeginn am 21.12.2018, 21:00 Uhr, bei der XXXXGKK zur Pflichtversicherung anzumelden, weshalb ihr wegen dieses Meldevergehens gemäß § 113 Abs. 1 und 2 ASVG ein Beitragszuschlag in Höhe von EUR 2.300,00 vorgeschrieben werde.
2. Gegen diesen Bescheid richtete sich die (fristgerecht eingebrachte) Beschwerde der BF, die sie auf den Beschwerdegrund "Rechtswidrigkeit des Inhalts" stützte und mit den Anträgen auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und ersatzlose Aufhebung des bekämpften Bescheides verband.
3. Am 11.11.2019 wurde eine mündliche Verhandlung im Beisein des Geschäftsführers und der Gesellschafterin der BF, des Vertreters der belangten Behörde sowie des Erstmitbeteiligten und der Drittmitbeteiligten durchgeführt, die anlässlich dieser Verhandlung einvernommen wurden. Nach Schließen der Verhandlung erfolgte die mündliche Verkündung des Erkenntnisses.
4. Mit Schriftsatz vom 18.11.2019 begehrte die BF eine schriftliche Ausfertigung des am 11.11.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Anlässlich einer am 21.12.2018 ab 21:45 Uhr im Betrieb der BF am Standort XXXX, mit den Betriebsarten Pizzeria und Diskothek, durchgeführten Amtshandlung trafen Organe der Finanzpolizei Team XXXX des Finanzamtes XXXX den Erstmitbeteiligten, den Zweitmitbeteiligten und die Drittmitbeteiligte dienstnehmerhaft beschäftigt an.
1.2. Bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme durch die Organe der Finanzpolizei (der MB1 wurde am 21.12.2018 um 22:00 Uhr, der MB2 am 21.12.2018 um 22:00 Uhr und die MB3 am 21.12.2018 um 21:45 Uhr) hatten die Mitbeteiligten bereits den Dienst angetreten. Bei ihrer Betretung trugen diese je ein T-Shirt mit dem Logo der Betriebe der BF, das sie als Beschäftigte der BF kennzeichnete. Zudem hatten die Mitbeteiligten Arbeitsanweisungen erhalten.
Eine Woche vor dem 21.12.2018 fand bezüglich der Arbeitsaufnahme eine Besprechung zwischen den Vertretern der Dienstgeberin und dem MB1 sowie dem MB2 statt. Mit der MB3 fand eine solche Besprechung zwei Wochen vor dem 21.12.2018 statt.
1.3. Der Geschäftsführer der BF übermittelte der XXXXGKK noch am selben Abend, nach der Einvernahme der Mitbeteiligten durch die Organe der Finanzpolizei, je eine Mindestanmeldung.
Die Mindestanmeldung für den MB1 übermittelte er der XXXXGKK am 18.12.2018 um 22:15:12 Uhr, für den MB2 am 18.12.2018 um 22:18:40 Uhr und für die MB3 am 18.12.2018 um 22:15:12 Uhr.
1.4. Am 09.01.2019 übermittelte die steuerliche Vertretung der BF nach dem Ende ihres Weihnachtsurlaubs dem Sozialversicherungsträger die noch fehlenden Angaben mit den monatlichen Beitragsgrundlagenmeldungen für den an die Beschäftigungsaufnahme durch die Mitbeteiligten anschließenden Zeitraum (Vollanmeldung).
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und aus den Angaben des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin sowie den Angaben der als Zeugen einvernommenen Erst- und Drittmitbeteiligten in der vor dem Bundesverwaltungsgericht stattgehabten mündlichen Verhandlung, sowie aus den ELDA-Protokollen über die am 18.12.2018 stattgehabte Mindestangabenmeldung und die am 09.01.2018 im Wege der steuerlichen Vertretung der BF vorgenommene Übermittlung der noch fehlenden Angaben mit der monatlichen Beitragsgrundlagenmeldung für den Beitragszeitraum, für den die Beschäftigung aufgenommen wurde.
Die Konstatierung, dass die Mitbeteiligten bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme durch die Organe der Finanzpolizei (der MB1 wurde am 21.12.2018 um 22:00 Uhr, der MB2 am 21.12.2018 um 22:00 Uhr und die MB3 am 21.12.2018 um 21:45 Uhr) je ein T-Shirt mit dem Logo der Betriebe der BF trugen, das diese als Beschäftigte der BF kennzeichnete und dass sie bereits Arbeitsanweisungen empfangen hatten, war auf der Grundlage der Angaben des MB1 und der MB3 anlässlich ihrer Einvernahme vor dem BVwG zu treffen.
Die Feststellungen zum Zeitpunkt der Anmeldung der jeweiligen Dienstnehmer war auf der Grundlage der ELDA-Protokolle zu treffen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchteil A):
3.1.1 Gemäß § 10 ASVG beginnt die Pflichtversicherung der Dienstnehmer, der Personen hinsichtlich einer geringfügigen Beschäftigung mit dem Tag des Beginnes einer Beschäftigung.
Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherung anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An-(Ab-)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.
Die zeitraumbezogen maßgebliche Fassung des § 33 Abs. 1 a ASVG hatte nachstehenden Wortlaut:
"(1a) Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar
1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben-Anmeldung) und
2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung)."
Die zeitraumbezogen maßgebliche Fassung des § 113 ASVG hatte folgenden Wortlaut:
"Beitragszuschläge
§ 113. (1) Den in § 111 Abs. 1 genannten Personen (Stellen) können Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde.
(2) Der Beitragszuschlag nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a setzt sich aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf 400 € je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf 600 €.
(3) Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz auf bis zu 300 € herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen."
Bei den in § 111 Abs. 1 genannten Personen handelt es sich um solche, die Anmeldungen zur Pflichtversicherung oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet haben.
3.1.2. Zum Zeitpunkt der Verpflichtung der Anmeldung führen die Gesetzesmaterialien aus, dass diese vor Arbeitsantritt, spätestens jedoch unmittelbar bei Arbeitsantritt zu erfolgen hat (EB zur RV 1111 BlgNR XXII.GP). Dabei kommt es auf den tatsächlichen, nicht jedoch auf den vereinbarten Arbeitsantritt an (VwGH vom 19.12.2012, Zl. 2012/08/0260). Es obliegt dem Dienstgeber, sicherzustellen, dass der Arbeitsantritt nicht vor der Anmeldung erfolgt (VwGH vom 11.12.2013, Zl. 2011/08/0154).
Der Arbeitsantritt ist schon mit dem Zeitpunkt anzunehmen, zu dem der Dienstnehmer vereinbarungsgemäß am Arbeitsort erscheint und dem Dienstgeber seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Darauf, ob mit der konkreten Tätigkeit sogleich begonnen wird oder zunächst etwa administrative Angelegenheiten erledigt werden, kommt es nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht an (VwGH vom 04.09.2013, Zl. 2013/08/0156).
Die Auferlegung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 1 ASVG ist nicht als Verwaltungsstrafe zu werten, weshalb die Frage des subjektiven Verschuldens des Dienstgebers nicht zu untersuchen ist (VwGH vom 20.11.2002, Zl. 2000/08/0186). Das Fehlen der subjektiven Vorwerfbarkeit des Meldeverstoßes schließt die Verhängung eines Beitragszuschlages nicht aus (VwGH vom 13.06.1989, Zl. 89/08/0042), sondern kommt es vielmehr darauf an, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklich wurde, gleichgültig aus welchen Gründen (VwGH vom 26.01.2005, Zl. 2004/08/0141). Voraussetzung für das Vorschreiben eines Beitragszuschlages ist das Vorliegen einer konkreten Meldepflichtverletzung.
Zu beachten ist weiter, dass dem Sozialversicherungsträger im Fall eines Meldeverstoßes kein Wahlrecht zukommt, ob er nur Verzugszinsen iSd. § 59 Abs. 1 oder einen Beitragszuschlag vorschreibt; vielmehr ist er verpflichtet, von der Bestimmung des § 113 Abs. 1 leg. cit. Gebrauch zu machen (VwGH vom 24.04.1990, Zl. 89/08/0172).
3.1.3. Umgelegt auf den verfahrensgegenständlichen Sachverhalt ergibt sich daraus, dass die Mitbeteiligten die im Zeitpunkt der Betretung durch die Organe der Finanzpolizei bereits das sie als Dienstnehmer kennzeichnende T-Shirt mit dem Logo der BF trugen und die Arbeitsanweisungen empfangen hatten, bereits mit ihrer dienstnehmerhaften Tätigkeit als Kellner begonnen hatten. Wenn es in der Beschwerdeschrift heißt, dass die Mitbeteiligten im Lokal zwar anwesend gewesen wären, ihr Dienstbeginn jedoch erst um 23:00 Uhr gewesen sei, so ist das mit der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur nicht in Einklang zu bringen, dass es nicht darauf ankommt, ob mit der konkreten Tätigkeit sogleich begonnen wird oder zunächst etwa administrative Angelegenheiten erledigt werden. Dies wird zusätzlich dadurch unterstrichen, dass die Mitbeteiligten bereits ein T-Shirt mit dem Logo der BF trugen, das sie als deren Dienstnehmer kennzeichnete und sie die Arbeitsanweisungen bereits erhalten hatten.
Vor diesem Hintergrund erweist sich schon die Mindestangabenmeldungen für die drei Mitbeteiligten, die der XXXXGKK durch den Geschäftsführer der BF im Fall des MB1 am 21.12.2018 um 22:00 Uhr, des MB2 am 21.12.2018 um 22:00 Uhr und der MB3 am 21.12.2018 um 21:45 Uhr übermittelt wurden, als verspätet.
Damit wurde objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht.
Es ist unbeachtlich, dass die im Wege der steuerlichen Vertretung vorgenommene Vollanmeldung wegen ihres Weihnachtsurlaubs erst am 09.01.2019 übermittelt wurde; eine nähere Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des Weihnachtsurlaubes der steuerlichen Vertretung auf die Rechtzeitigkeit der Übermittlung der Meldung kann daher außer Betracht bleiben.
3.2. Aus den angeführten Gründen erweist sich die Verhängung des Beitragszuschlages als berechtigt. Da die Höhe des Beitragszuschlages nicht in Zweifel gezogen wurde, erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf diese Thematik.
3.3. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH vertritt eine eindeutige und einheitliche Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Schlagworte
Beitragszuschlag, MeldeverstoßEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G305.2216720.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.03.2020