Entscheidungsdatum
28.11.2019Norm
AsylG 2005 §55 Abs1Spruch
I406 2225218-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL, als Einzelrichter über den Antrag von XXXX, geb. XXXX, StA. IRAK, vertreten durch RA Mag. Andreas REICHENBACH, ihm im Beschwerdeverfahren gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.10.2019, Zl. XXXX, unentgeltlich einen Verfahrenshelfer beizugeben, zu Recht erkannt:
A)
Der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe wird gemäß § 8a VwGVG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.10.2019, Zl. XXXX wurde dem Antragsteller der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs 1 Z. 2 AsylG aberkannt, gemäß § 7 Abs 4 AsylG festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I.), ihm gemäß § 8 Abs 1 Z. 2 AsylG der Status des subsidär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG gemäß § 9 Abs 2 und 3 BFA-VG als auf Dauer unzulässig erklärt und ihm gemäß § 58 Abs 2 und 3 AsylG iVm § 57 und 55 AsylG eine Aufenthaltsberechtigung plus gemäß § 55 Abs 1 AsylG erteilt (Spruchpunkt IV.).
Mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 07.11.2019 stellte der Antragsteller beim Bundesverwaltungsgericht einen Antrag auf Verfahrenshilfe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang wird zu den Feststellungen erhoben.
Mit Verfahrensanordnung vom 10.10.2019 stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Antragsteller für ein Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, als Mitglied der ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48, 1170 Wien, amtswegig als Rechtsberater zur Seite.
2. Beweiswürdigung:
Das Bundesverwaltungsgericht geht vom oben dargelegten unstrittigen Sachverhalt aus, der unmittelbar auf Grund der Aktenlage festgestellt werden konnte.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:
3.1.1. § 8a VwGVG idF BGBl. I Nr. 24/2017 lautet:
(1) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ist einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten tritt.
(2) Soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist, sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung zu beurteilen. Die Bewilligung der Verfahrenshilfe schließt das Recht ein, dass der Partei ohne weiteres Begehren zur Abfassung und Einbringung der Beschwerde, des Vorlageantrags, des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder zur Vertretung bei der Verhandlung ein Rechtsanwalt beigegeben wird.
(3) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist schriftlich zu stellen. Er ist bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Für Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ist der Antrag unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen.
(4) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe kann ab Erlassung des Bescheides bzw. ab dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, gestellt werden. Wird die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer Säumnisbeschwerde beantragt, kann dieser Antrag erst nach Ablauf der Entscheidungsfrist gestellt werden. Sobald eine Partei Säumnisbeschwerde erhoben hat, kann der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe auch von den anderen Parteien gestellt werden.
(5) In dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist die Rechtssache bestimmt zu bezeichnen, für die die Bewilligung der Verfahrenshilfe begehrt wird.
(6) Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und die Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Hat das Verwaltungsgericht die Bewilligung der Verfahrenshilfe beschlossen, so hat es den Ausschuss der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu benachrichtigen, damit der Ausschuss einen Rechtsanwalt zum Vertreter bestelle. Dabei hat der Ausschuss Wünschen der Partei zur Auswahl der Person des Vertreters im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen.
(7) Hat die Partei innerhalb der Beschwerdefrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt, so beginnt für sie die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei zu laufen. Entsprechendes gilt für die Fristen, die sich auf die sonstigen in Abs. 2 genannten Anträge beziehen.
(8) Die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter erlischt mit dem Einschreiten eines Bevollmächtigten.
(9) In Verfahrenshilfesachen ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig.
(10) Der Aufwand ist von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen das Verwaltungsgericht in der Angelegenheit handelt.
3.1.2. § 52 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:
(1) Das Bundesamt hat den Fremden oder Asylwerber bei Erlassung einer Entscheidung, ausgenommen Entscheidungen nach § 53 BFA-VG und §§ 76 bis 78 AVG, oder einer Aktenvorlage gemäß § 16 Abs. 2 VwGVG mittels Verfahrensanordnung darüber zu informieren, dass ihm kostenlos ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt wird. Zugleich hat das Bundesamt den bestellten Rechtsberater oder die betraute juristische Person davon in Kenntnis zu setzen.
(2) Rechtsberater unterstützen und beraten Fremde oder Asylwerber jedenfalls beim Einbringen einer Beschwerde und im Beschwerdeverfahren gemäß Abs. 1 vor dem Bundesverwaltungsgericht, sowie bei der Beschaffung eines Dolmetschers. Rechtsberater haben den Beratenen die Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde darzulegen. Auf deren Ersuchen haben sie die betreffenden Fremden oder Asylwerber auch im Verfahren, einschließlich einer mündlichen Verhandlung, zu vertreten.
(3) Der Bundeskanzler verordnet die Höhe der Entschädigung der Rechtsberater für den Zeit- und Arbeitsaufwand. Ist eine juristische Person mit der Rechtsberatung vor dem Bundesverwaltungsgericht betraut, verordnet der Bundeskanzler die Höhe der Entschädigung für den Zeit- und Arbeitsaufwand für die Rechtsberatung einschließlich der Dolmetscherkosten in Form von Pauschalbeträgen pro beratenem Fremden oder Asylwerber. Die Entschädigung hat sich am zuvor eingeholten Angebot der betrauten juristischen Person zu orientieren.
Zu A) 3.2. Abweisung des Verfahrenshilfeantrages
Mit Verfahrensanordnung vom 10.10.2019 stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Antragsteller für ein Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht amtswegig einen Rechtsberater zur Seite.
Weder aus § 40 VwGVG, noch aus § 52 BFA-VG (auch vor dem Hintergrund der dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 09.03.2016, Zl. G 447-449/2015-13, zugrundeliegenden Erwägungen) oder aus unionsrechtlichen Bestimmungen ist ein Anspruch auf die Bestellung eines weiteren Verfahrenshelfers ableitbar. Um nämlich ein den Grundrechten entsprechendes Verfahren zu gewährleisten, werden die Interessen durch den von Amts wegen bestellten Rechtsberater ausreichend wahrgenommen. Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt ist im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht notwendig, auch seitens des Antragstellers wurde nicht dargelegt, weshalb diese in concreto die (zusätzliche) Vertretung durch einen Rechtsanwalt für erforderlich erachtet, vielmehr findet der Antrag auf Bestellung eines Verfahrenshelfers keinerlei nähere Begründung und waren im gegenständlichen Verfahren überdies auch von Amts wegen keine komplexen (prozess-) rechtlichen Konstellationen ersichtlich, welche eine solche allenfalls aus rechtschutzrechtlichen Erwägungen (auch im Sinne unmittelbar anwendbaren Unionsrechts) als erforderlich erscheinen ließen. In den Erläuterungen zum durch BGBl I Nr. 24/2017 neu eingeführten und die Verfahrenshilfe vor dem Verwaltungsgericht regelnden § 8a VwGVG wird sinngemäß ausgeführt, dass es sich bei § 8a Abs. 1 VwGVG um eine subsidiäre Bestimmung handelt, die nur dann zur Anwendung gelangen soll, wenn durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, also dann, wenn das sogenannte "Materiengesetz" keine Regelung enthält, deren Gegenstand der Verfahrenshilfe entspricht. So sieht etwa § 52 des BFA-Verfahrensgesetzes - BFA VG, BGBl. I Nr. 87/2012 vor, dass einem Fremden oder Asylwerber in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren in bestimmten Angelegenheiten ein Rechtsberater beigegeben wird; diese Bestimmung entspricht den Vorgaben des Art. 47 GRC. Dem Antragsteller wurde, wie bereits mehrfach erwähnt, gemäß § 52 BFA-VG von Amts wegen ein kostenloser Rechtsberater zur Seite gestellt.
Auch im Sinne des Urteils des EGMR, 09.10.1979, Fall Airey, lag im Falle des Beschwerdeführers, dem eine Rechtsberaterin beigegeben war, die für ihn die Beschwerde einbrachte und der er zudem Vertretungsvollmacht erteilte, kein Fall vor, indem mangels der unentgeltlicher Beigebung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Prozesskostenhilfe die Einlegung eines wirksamen Rechtsbehelfs nicht gewährleistet gewesen wäre. Hat eine Partei in einem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einen Rechtsanspruch auf Vertretung durch einen Rechtsberater (§ 52 Abs. 1 BFA-VG 2014), dann besteht kein Anspruch auf einen Verfahrenshilfeverteidiger (VwGH 26.04.2016, Ra 2016/20/0043).
Daher bietet die innerstaatliche Rechtsordnung im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. das Urteil vom 9.10.1979, Rs Airey, Appl. 6289/73; siehe auch VfGH 9.3.2016, Zl. G 447-449/2015-13) ausreichende Komplementärmechanismen im Sinne gesetzlicher Vorkehrungen, welche einen effektiven Zugang zum Gericht im Sinne des Art. 47 Abs 3 GRC auch ohne Beistellung eines unentgeltlichen Verfahrenshelfers gewährleisten.
Somit liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenshilfe für die unentgeltliche Beigebung eines Rechtsanwalts im Rahmen der unionsrechtlichen Prozesskostenhilfe nicht vor.
Zu Spruchteil B) - Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen und konnte sich das Bundesverwaltungsgericht bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A unter Punkt 3.2. wiedergegeben.
Schlagworte
Aberkennung des Status des Asylberechtigten, Asylverfahren,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I406.2225218.1.00Zuletzt aktualisiert am
04.03.2020