Entscheidungsdatum
29.11.2019Norm
AsylG 2005 §10Spruch
W235 2128101-1/16E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Demokratische Republik Kongo, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.05.2016, Zl. 1053049503-150241442, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.11.2019 zu Recht erkannt:
A)
I. Das Verfahren über die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides wird wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
II. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. und IV. wird stattgegeben und festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG iVm § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig ist. XXXX wird gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 und § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Die Beschwerdeführerin ist eine Staatsangehörige der Demokratischen Republik Kongo. Nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet stellte sie am 06.03.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
1.2. Aus einer im Verwaltungsakt erliegenden VIS-Abfrage ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführerin am XXXX .01.2015 von der griechischen Botschaft in Kinshasa ein Schengen-Visum mit einer Gültigkeit vom XXXX .02.2015 bis zum XXXX .02.2015 ausgestellt wurde (vgl. AS 131).
2. Der Antrag auf internationalen Schutz wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens (Erstbefragung, zweimalige Einvernahme der Beschwerdeführerin, Einholung einer Sprachenanalyse) mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Demokratische Republik Kongo gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ferner wurde der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Demokratische Republik Kongo gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Weiters wurde unter Spruchpunkt IV. festgehalten, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.
3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin am 10.06.2016 im Wege ihrer bevollmächtigten Vertretung fristgerecht Beschwerde wegen unrichtiger Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung.
4. In den Verfahren vor dem Bundesamt sowie vor dem Bundesverwaltungsgericht wurden nachstehende, die Beschwerdeführerin betreffende, verfahrensrelevante Unterlagen vorgelegt:
* Heiratsurkunde zwischen der Beschwerdeführerin und Herrn XXXX , geb. XXXX , derzufolge die Eheschließung am XXXX 2018 vor dem Standesamt XXXX stattgefunden hat (Nr. XXXX );
* Auszug aus dem Heiratseintrag vom XXXX 2018 betreffend die Eheschließung der Beschwerdeführerin und Herrn XXXX ;
* Auszug aus dem Zentralen Melderegister betreffend die Beschwerdeführerin vom XXXX 2018, demzufolge die Beschwerdeführerin seit XXXX 2018 in XXXX hauptgemeldet ist;
* Auszug aus dem Zentralen Melderegister betreffend Herrn XXXX vom XXXX 2017, demzufolge dieser seit XXXX 2017 in XXXX hauptgemeldet ist;
* Schreiben des Ehegatten der Beschwerdeführerin an die bevollmächtigte Vertretung, dass die Eheschließung am XXXX 2018 erfolgt ist;
* Abschrift aus dem Geburtenbuch des Standesamtes der Stadt Kinshasa, Gemeinde von XXXX vom XXXX 2018 betreffend die Beschwerdeführerin (sowohl in Französisch als auch in beglaubigter deutscher Übersetzung vorgelegt);
* Geburtsurkunde der Beschwerdeführerin (sowohl in Französisch als auch in beglaubigter deutscher Übersetzung vorgelegt);
* Ledigenbescheinigung betreffend die Beschwerdeführerin vom XXXX 2018, ausgestellt vom Standesamt der Stadt Kinshasa, Gemeinde von XXXX (sowohl in Französisch als auch in beglaubigter deutscher Übersetzung vorgelegt);
* ÖSD Zertifikat A1 vom XXXX .05.2017 mit der Beurteilung "bestanden";
* undatierte Teilnahmebestätigung "Gesprächsgruppe Deutsch als Zweitsprache für Frauen";
* Bestätigung der Mitgliedschaft im Kirchenmusikverein/Kirchenchor XXXX vom XXXX .05.2016 und
* Empfehlungsschreiben vom XXXX .07.2016
5. Am 20.11.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Französisch statt, an der die Beschwerdeführerin in Begleitung ihres Ehegatten als Vertrauensperson teilnahm. Weder die Vertretung der Beschwerdeführerin noch ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist erschienen; allerdings hat sich das Bundesamt mit E-Mail vom 10.10.2019 für die Teilnahme an der Verhandlung entschuldigt.
Eingangs der Verhandlung gab die Beschwerdeführerin an, dass sie mit ihrer Vertretung Kontakt gehabt habe und ihr der heutige Verhandlungstermin mitgeteilt worden sei. Aus welchen Gründen niemand von Seiten der Vertretung in der Verhandlung anwesend sei, wisse sie nicht. Auch wenn die Vertretung nicht anwesend sei, wolle die Beschwerdeführerin, dass die Verhandlung heute stattfinde; sie verzichte auf die Teilnahme der Vertretung. Die Vollmacht bleibe jedenfalls aufrecht.
Weiters brachte die Beschwerdeführerin im Zuge der Verhandlung verfahrenswesentlich vor, dass sie Staatsangehörige der Demokratischen Republik Kongo, Zugehörige der Volksgruppe der Murega und katholischen Glaubens sei. Weiters gab sie an, dass sie nunmehr verheiratet sei. Bei der Ausreise aus der D.R. Kongo sei sie verwitwet gewesen, da ihr Mann am XXXX 2012 verstorben sei. Dazu wolle sie jedoch angeben, dass die Eheschließung mit diesem Mann, der auch der Vater ihrer leiblichen Kinder sei, keine offizielle Eheschließung gewesen sei. Sie seien nicht beim Standesamt gewesen, sondern seien einfach zusammengeblieben. Dann sei ihr Mann zu ihrer Familie gegangen und habe gesagt, dass er die Beschwerdeführerin liebe. Daraufhin habe es eine kleine Feier gegeben. Die Beschwerdeführerin habe vier leibliche Kinder - drei Söhne und eine Tochter - und einen Adoptivsohn. Ihre Söhne namens XXXX und XXXX sowie ihr Adoptivsohn würden noch in der D.R. Kongo leben. Ihr Sohn namens XXXX und ihre Tochter namens XXXX seien in Österreich. Diese beiden Kinder seien schon lange vor ihr nach Österreich gekommen. Es stimme, dass sie XXXX und XXXX vor dem Bundesamt nicht erwähnt habe; die Beschwerdeführerin habe nur über ihre Situation im Heimatland gesprochen. Sie habe damals auch Angst gehabt. Ihre beiden Kinder XXXX und XXXX seien im Kindesalter gemeinsam über eine Organisation nach Österreich gekommen. Nunmehr hätten sie bereits die österreichische Staatsbürgerschaft. Sie habe auch drei Enkelkinder.
Es stimme, dass die Beschwerdeführerin am XXXX 2018 den österreichischen Staatsangehörigen XXXX geheiratet habe. Diese Ehe sei aufrecht und sie lebe mit ihrem Ehemann im gemeinsamen Haushalt. Ihr Ehemann sei Pensionist und sie würden im gemeinsamen kleinen Haus leben. Sie hätten nicht viel Geld und würden von der Pension ihres Ehegattens leben. Manchmal würden sie spazieren gehen, aber nicht allzu häufig, da ihr Ehemann Probleme mit seinem Bein habe. Sie seien viel zu Hause und würden manchmal auch gemeinsam kochen. Sie würden "ganz normal" leben. Die Beschwerdeführerin und ihr Mann hätten sich im Internet kennen gelernt. Das erste persönliche Treffen habe im November 2017 stattgefunden. Damals habe die Beschwerdeführerin ihren späteren Mann bei ihm zu Hause besucht. Als sie sich zum ersten Mal gesehen hätten, sei es beiden gut gegangen. Ihr (späterer) Mann habe ihr gesagt, dass er nicht viel Geld habe, aber das Geld, das er habe, wolle er mit ihr teilen. Die Beschwerdeführerin habe ihm gesagt, dass sie Geld nicht interessiere, sondern sie mit einem Partner zusammen sein wolle. Ihr Ehemann habe drei Kinder, zwei Töchter, einen Sohn und auch eine Enkelin. Die Kinder würden oft zu Besuch kommen. Von seiner ersten Frau sei er geschieden. In der Folge gab die Beschwerdeführerin Auskunft über die Vorlieben ihres Mannes und beschrieb die Hochzeit sowie die Hochzeitsfeier. Die Beschwerdeführerin sei mit ihrem Mann sehr glücklich; sie sei froh, dass sie jemanden gefunden habe, mit dem sie sich austauschen und unterhalten könne. Es sei ja ihre erste "richtige" Heirat, da die erste Verbindung "nur so" gewesen sei.
Die Beschwerdeführerin besuche einen Deutschkurs und gehe in die Kirche, wo sie im Chor singe. Sie habe ein A1-Zertifikat und besuche den Kurs A2. Aktuell habe sie keine Arbeit, aber sie habe in der Vergangenheit versucht, Arbeit in einem Altenheim zu finden. Dort habe man aber Nachweise über eine Ausbildung verlangt. In Österreich werde sie von ihrem Ehemann versorgt. Lockere Bekanntschaften habe sie durch den Chor. Die Beschwerdeführerin habe eine Bindung zu Österreich, da sie hier ihren Ehemann, zwei ihrer Kinder und drei Enkelkinder habe. Ihr Sohn habe zwei Töchter und ihre Tochter habe ebenfalls ein Mädchen. Sie sei nicht gerichtlich verurteilt worden.
Am Ende der Verhandlung zog die Beschwerdeführerin nach mehrfacher Belehrung und mehrfacher Übersetzung der Belehrung durch die anwesende Dolmetscherin die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. (Asyl) und II. (subsidiärer Schutz) zurück. Aufrecht blieb sohin lediglich die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. (und damit zusammenhängend Spruchpunkt IV.) des angefochtenen Bescheides.
Neben dem bereits vorgelegten ÖSD Zertifikat A1 legte die Beschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung nachstehende Unterlagen vor:
* Bestätigung der Teilnahme an einem Deutschkurs A1/A2 an einem Bundesgymnasium vom XXXX .10.2019 und
* Bestätigung des Pfarrers der katholischen Pfarre XXXX vom XXXX .10.2019, dass die Beschwerdeführerin seit über einem Jahr im Pfarrgebiet lebt und am Pfarrleben teilnimmt
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Demokratischen Republik Kongo, Zugehörige der Volksgruppe der Murega und bekennt sich zum katholischen Glauben. Sie reiste in Besitz eines von der griechischen Botschaft in Kinshasa ausgestellten Schengen-Visums mit einer Gültigkeit von XXXX .02.2015 bis XXXX .02.2015 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 06.03.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Seither befindet sich die Beschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet.
1.2. Infolge der Zurückziehung der Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides ist gegenständlich lediglich über die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. und IV. abzusprechen.
1.3. Die im Jahr XXXX geborene Beschwerdeführerin hat am XXXX 2018 den österreichischen Staatsangehörigen XXXX , geb. XXXX , vor dem Standesamt XXXX geheiratet und führt mit diesem eine aufrechte Ehe. Sie lebt mit ihrem Ehegatten im gemeinsamen Haushalt und wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Ehegatten ein aufrechtes Ehe- bzw. Familienleben führt. Darüber hinaus leben in Österreich zwei volljährige Kinder der Beschwerdeführerin und drei Enkeltöchter. Der Ehegatte der Beschwerdeführerin hat drei Kinder und eine Enkelin in Österreich, sodass festgestellt wird, dass es dem Ehegatten der Beschwerdeführerin aufgrund seiner familiären Bindungen zu seinen Kindern sowie aufgrund seiner Verwurzelung in Österreich nicht zugemutet werden kann, zur Aufrechterhaltung des Ehelebens mit der Beschwerdeführerin einen Aufenthalt bzw. Wohnsitz in der Demokratischen Republik Kongo zu begründen. Sowohl zu ihren eigenen, in Österreich lebenden Kindern und Enkelkindern als auch zu jenen ihres Ehegatten besteht aufrechter Kontakt in der Form von Besuchen. Die Beschwerdeführerin kann sich in einfachen Worten in Deutsch verständigen und hat die Niveaustufe A1 in Deutsch erlangt. Aktuell besucht sie einen Deutschkurs A1/A2. In Österreich besucht sie regelmäßig die Kirche, nimmt aktiv am Pfarrleben der Pfarre XXXX teil und singt dort auch im Chor. Über diesen Kirchenchor hat die Beschwerdeführerin auch einen Bekanntenkreis. Sie ist strafrechtlich unbescholten.
Weiters wird festgestellt, dass eine Rückkehrentscheidung gegen die Beschwerdeführerin aufgrund ihres bestehenden, aufrechten Familienlebens zu ihrem österreichischen Ehegatten einen ungerechtfertigten Eingriff in ihr Familien- und Privatleben darstellt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin (Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit, religiöses Bekenntnis sowie Geburtsjahr), zu ihrer Einreise in das österreichische Bundesgebiet sowie zu ihrem Aufenthalt in Österreich und zur Stellung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Akteninhalt sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin. Darüber hinaus gründet die Feststellung zu dem von der griechischen Botschaft in Kinshasa ausgestellten Schengen-Visum auf der vom Bundesamt eingeholten VIS-Abfrage, der zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführerin am XXXX .01.2015 ein griechisches Visum mit der Nummer XXXX und einer Gültigkeit von XXXX .02.2015 bis XXXX .02.2015 ausgestellt worden war (vgl. AS 131).
2.2. Die Feststellung zur Zurückziehung der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides ergibt sich aus ihren - nach mehrfacher Belehrung sowie nach mehrfacher Erörterung in französischer Sprache - getätigten Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2019 (vgl. Verhandlungsschrift Seite 18).
2.3. Die Feststellung zur Eheschließung der Beschwerdeführerin mit Herrn XXXX ergibt sich aus dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin und aus der vorgelegten Heiratsurkunde des Standesamtes XXXX vom XXXX 2018 (Nr. XXXX ) sowie aus dem Auszug aus dem Heiratseintrag vom selben Tag. Die Feststellung zum gemeinsamen Haushalt gründet - neben den glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung - auf den vorgelegten Auszügen aus dem Zentralen Melderegister betreffend die Beschwerdeführerin und ihren Ehegatten. Dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Ehegatten ein aufrechtes Ehe- bzw. Familienleben führt, ergibt sich zum einen aus den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die Beschwerdeführerin schilderte ausführlich und unter verschiedenen Aspekten ihre Beziehung zu ihrem Ehegatten. Sie berichtete über das Kennenlernen, über den gemeinsamen Alltag, über die Hochzeitsfeierlichkeiten und auch über die Person ihres Ehegatten (vgl. Verhandlungsschrift Seiten 14 und 15). Zum andern gründet diese Feststellung auf dem persönlichen Eindruck, den sich die erkennende Richterin im Zuge der mündlichen Verhandlung von der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten machen konnte. Vorauszuschicken ist, dass der Ehegatte die Beschwerdeführerin zur mündlichen Verhandlung begleitet und als Vertrauensperson anwesend war. Aus der - zum Teil auch nonverbalen - Interaktion der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten sowie aus der Art und Weise wie die Beschwerdeführerin ihre Beziehung zu ihrem Ehemann schilderte, war ersichtlich, dass zwischen den Ehepartnern eine tiefe emotionale Beziehung besteht, die durch gegenseitigen Respekt und Zuneigung gezeichnet ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat keinen Zweifel daran, dass die Ehe der Beschwerdeführerin auf der Grundlage einer tatsächlich bestehenden, tiefen inneren Verbundenheit zwischen den Partnern gegründet ist. Für die Annahme einer Schein- oder Aufenthaltsehe gibt es keinerlei Hinweise.
Die Feststellung, dass zwei volljährige Kinder und drei Enkeltöchter der Beschwerdeführerin ebenfalls in Österreich leben, ergibt sich aus dem diesbezüglichen Vorbringen der Beschwerdeführerin vor dem Bundesverwaltungsgericht. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass es mehr als eigenartig wirkt, dass die Beschwerdeführerin die Anwesenheit von zwei ihrer Kinder im österreichischen Bundesgebiet nicht bereits im Verfahren vor dem Bundesamt vorbrachte, führt dies aber zum einen darauf zurück, dass die Beschwerdeführerin aus Angst vor negativen Konsequenzen hierzu keine Angaben tätigte. Zum anderen ist darauf zu verweisen, dass die Beschwerdeführerin im Verfahren vor dem Bundesamt - insbesondere in der Einvernahme vom 29.04.2016 - unvertreten war (vgl. AS 105) und ihr daher die Wichtigkeit dieses - für sie vorteilhaften - Vorbringenteils nicht bewusst war. Nur am Rande wird darauf hingewiesen, dass die in der Folge beauftragte Vertretung die Vertretung der Beschwerdeführerin wohl nicht sonderlich sorgfältig wahrgenommen hat, zumal sie ja auch unentschuldigt der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ferngeblieben ist. Hinzu kommt, dass die anwesende Vertrauensperson die Existenz dieser beiden Kinder in der Verhandlung bestätigt hat.
Ebenso ergibt sich die Feststellung zu den Familienangehörigen des Ehegatten der Beschwerdeführerin sowie zum Kontakt zwischen der Beschwerdeführerin, ihrem Ehegatten und sowohl ihren als auch seinen Kindern und Enkelkindern aus ihrer diesbezüglichen Aussage in der mündlichen Verhandlung. Dass dem Ehegatten der Beschwerdeführerin eine Wohnsitznahme in der Demokratischen Republik Kongo zur Aufrechterhaltung des Ehelebens nicht zugemutet werden kann, gründet im Wesentlichen darin, dass dieser in Österreich Familienangehörige (drei Kinder und eine Enkelin) hat und in seiner Verwurzelung im Bundesgebiet. Der beinahe 70 Jahre alte Ehegatte der Beschwerdeführerin ist Pensionist und hat leichte gesundheitliche Beschwerden (vgl. Verhandlungsschrift Seite 14: "... Er ist ein
Pensionist. ... aber er hat auch ein Problem mit seinem Bein und
kann nicht so viel gehen."), sodass eine Übersiedlung in ein vollkommen fremdes Land mit anderer Kultur und niedrigerem Lebensstandard diesem nicht zugemutet werden kann.
Davon, dass sich die Beschwerdeführerin in einfachen Worten in Deutsch verständigen kann, konnte sich die erkennende Einzelrichterin im Rahmen der Beschwerdeverhandlung am 20.11.2019 selbst überzeugen. Die Feststellung zum Erreichen der Niveaustufe A1 ergibt sich aus dem vorgelegten ÖSD Zertifikat A1 vom XXXX .05.2017, jene zum Besuch des Deutschkurses A1/A2 aus der Teilnahmebestätigung eines Bundesgymnasiums vom XXXX .11.2019. Dass die Beschwerdeführerin regelmäßig die Kirche besucht, aktiv am Pfarrleben teilnimmt, im Kirchenchor singt und über Bekanntschaften verfügt, ergibt sich aus ihren eigenen Angaben und aus der Bestätigung des Pfarrers der Pfarrkirche XXXX vom XXXX .10.2019. Letztlich gründet die Feststellung zur strafrechtlichen Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin auf den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauszug vom 18.11.2019.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.
Die Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.
3.2. Zu A)
3.2.1. Zur Zurückziehung der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides:
§ 7 Abs. 2 VwGVG normiert, dass eine Beschwerde nicht mehr zulässig ist, wenn die Partei nach Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.
Eine Zurückziehung der Beschwerde durch den Beschwerdeführer ist in jeder Lage des Verfahrens ab Einbringung der Beschwerde bis zur Erlassung der Entscheidung möglich (vgl. "Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte" K6 zu § 7 VwGVG, Seite 37).
In der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2019 zog die Beschwerdeführerin nach wiederholter Belehrung durch die erkennende Einzelrichterin und nach mehrfacher Erörterung in französischer Sprache durch die anwesende Dolmetscherin die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.05.2016, Zl. 1053049503-150241442, zurück. Mit der Zurückziehung der Beschwerde in diesen beiden Spruchpunkten ist das Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin betreffend die Spruchpunkte I. und II. weggefallen, wodurch einer Sachentscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht die Grundlage entzogen wurde. Somit war das gegenständliche Beschwerdeverfahren im Ausmaß der Zurückziehung einzustellen.
Damit ist die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Demokratische Republik Kongo (Spruchpunkt II.) rechtskräftig.
3.2.2. Zur Rückkehrentscheidung:
3.2.2.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitender Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
Die Beschwerdeführerin befindet sich seit ihrer Antragstellung am 06.03.2015 durchgehend im Bundesgebiet. Ihr Aufenthalt ist jedoch nicht im Sinne der soeben dargelegten Bestimmung geduldet. Sie ist auch nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und ebenso wenig ein Opfer von Gewalt. Die formellen Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen daher im Fall der Beschwerdeführerin nicht vor und werden in der Beschwerde auch nicht behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz ist der Beschwerdeführerin daher nicht zuzuerkennen.
3.2.2.2. Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab-gewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Die Beschwerdeführerin ist weder eine begünstigte Drittstaatsangehörige noch kommt ihr ein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine
Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Im Hinblick auf § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG (früher: § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 38/2011) ist festzuhalten, dass bei jeder Rückkehrentscheidung auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Asylwerbers nach Art. 8 Abs. 1 EMRK Bedacht zu nehmen ist, wobei in diesem Zusammenhang Art. 8 Abs. 2 EMRK eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs erfordert und somit eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen verlangt (vgl. VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).
3.2.2.3. Gemäß Art 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach Art 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von straf-baren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (vgl. EGMR Kroon sowie VfGH vom 28.06.2003, G 78/00). Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (vgl. EGMR Marckx, EGMR vom 23.04.1997, X u.a.).
Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EuGRZ 2006, 554, Sisojeva ua. gegen Lettland). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessensabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt.
Bei dieser Interessensabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007 sowie VwGH vom 03.04.2009, Zl. 2008/22/0592; vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216; vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479 und vom 26.01.2006, Zl. 2002/20/0423).
3.2.2.4. Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen sowie der in § 9 Abs. 2 BFA-VG normierten Integrationstatbestände, die zur Beurteilung eines schützenswerten Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK zu berücksichtigen sind, ist im gegenständlichen Fall der Eingriff in das Privat- und Familienlebens der Beschwerdeführerin nicht durch die in Art. 8 Abs. 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen gerechtfertigt. Dies aus folgenden Gründen:
Wie festgestellt führt die Beschwerdeführerin eine aufrechte Ehe mit dem österreichischen Staatsangehörigen XXXX , geb. XXXX , und lebt mit diesem auch im gemeinsamen Haushalt. Darüber, dass zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten ein aufrechtes Ehe- bzw. Familienleben besteht, welches durch eine intensive emotionale Bindung gekennzeichnet ist, besteht für die erkennende Einzelrichterin kein Zweifel, wie auch den Ausführungen in der Beweiswürdigung zu entnehmen ist. Abgesehen vom Ehegatten befinden sich noch zwei volljährige Kinder und drei Enkeltöchter der Beschwerdeführerin im österreichischen Bundesgebiet, zu denen Kontakt besteht. Auch der Ehegatte der Beschwerdeführerin hat drei in Österreich lebende Kinder sowie eine Enkelin und ist im Bundesgebiet verwurzelt. Wie der Beweiswürdigung zu entnehmen ist, ist es dem beinahe 70jährigen Ehegatten der Beschwerdeführerin nicht zumutbar, zur Aufrechterhaltung der Ehe mit der Beschwerdeführerin in die Demokratische Republik Kongo zu ziehen bzw. dort einen Wohnsitz zu begründen. Die Beschwerdeführerin befindet sich seit fast fünf Jahren im österreichischen Bundesgebiet und ist ihr die Dauer des Verfahrens nicht anzulasten. Weiters ist die Beschwerdeführerin in der Lage, sich in einfachen Worten in Deutsch zu verständigen und hat die Niveaustufe A1 erreicht. Aktuell besucht sie einen Deutschkurs A1/A2. Darüber hinaus besucht die Beschwerdeführerin regelmäßig die Kirche, nimmt aktiv an Pfarrleben der Pfarre XXXX teil und singt dort auch im Kirchenchor, aus dem sich ihr Bekanntenkreis zusammensetzt. Die Beschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten.
Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) zwar grundsätzlich ein hoher Stellenwert zu (vgl. etwa VfGH vom 01.07.2009, U992/08 sowie VwGH vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216; vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479; vom 16.01.2007, Zl. 2006/18/0453; vom 08.11.2006, Zl. 2006/18/0336 bzw. 2006/18/0316; vom 22.06.2006, Zl. 2006/21/0109 und vom 20.09.2006, Zl. 2005/01/0699), im gegenständlichen Fall überwiegen aber aufgrund der dargestellten Umstände in einer Gesamtabwägung dennoch die privaten - im vorliegenden Fall insbesondere die familiären - Interessen der Beschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung, für die sich in der vorliegenden Konstellation keine begründete Rechtfertigung erkennen lässt (vgl. VfSlg. 17.457/2005 sowie VwGH vom 26.03.2007, Zl. 2006/01/0595 und vom 22.02.2005, Zl. 2003/21/0096).
Vor diesem Hintergrund ist die vom Bundesamt im angefochtenen Bescheid verfügte Rückkehrentscheidung in die Demokratische Republik Kongo angesichts der vorliegenden familiären Bindungen zu ihrem österreichischen Ehegatten sowie zu den in Österreich aufhältigen weiteren Familienangehörigen (zwei volljährige Kinder und drei Enkelkinder) unverhältnismäßig im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK.
Da im gegenständlichen Fall die drohenden Verletzungen des Familien- und Privatlebens der Beschwerdeführerin auf Umständen beruhen, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind, war der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. (und damit zusammenhängend auch gegen Spruchpunkt IV.) des angefochtenen Bescheides stattzugeben und festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.
3.2.2.5. Gemäß § 58 Abs.2 AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §55 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG ist einem im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl I Nr. 189/1955) erreicht wird.
Liegt gemäß Abs. 2 leg. cit. nur die die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.
Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen werden gemäß § 54 Abs. 1 AsylG Drittstaatsangehörigen erteilt als:
1. "Aufenthaltsberechtigung plus", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeit gemäß § 17 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 berechtigt;
2. "Aufenthaltsberechtigung", die zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet und zur Ausübung einer selbständigen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, für die eine entsprechende Berechtigung nach dem AuslBG Voraussetzung ist, berechtigt;
3. [...]
Gemäß § 54 Abs. 2 AsylG ist eine "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen.
Da die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG im Fall der Beschwerdeführerin in Folge des Ausspruches der dauerhaften Unzulässigkeit einer sie betreffenden Rückkehrentscheidung gegeben sind, es im Fall der Beschwerdeführerin jedoch an der Voraussetzung des § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG mangelt, ist nach § 55 Abs. 2 AsylG vorzugehen und der Beschwerdeführerin eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen. Die faktische Ausstellung der entsprechenden Karte fällt unter die Kompetenz des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die unter Punkt 3.2. angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts-frage vor. Darüber hinaus kann sich das Bundesverwaltungsgericht bei den erheblichen Rechtsfragen - insbesondere den hier vorliegenden Eingriff in das Recht auf Familien- und Privatleben der Beschwerdeführerin durch die vom Bundesamt getroffene Rückkehrentscheidung - auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
4. Daher war nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Aufenthaltsberechtigung, Ehe, Interessenabwägung, Privat- undEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W235.2128101.1.00Zuletzt aktualisiert am
03.03.2020