Entscheidungsdatum
29.11.2019Norm
ASVG §67 Abs10Spruch
G312 2220728-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Manuela WILD als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, gegen den Bescheid der XXXX Gebietskrankenkasse vom 15.03.2019, GZ: XXXX zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid der XXXX Gebietskrankenkasse (im Folgenden: belangte Behörde) vom 15.03.2019, GZ: XXXX wurde ausgesprochen, dass Herr XXXX, geb. XXXX (im Folgenden: BF) als ehemaliger Geschäftsführer der XXXX, FN XXXX (im Folgenden: Primärschuldnerin) gemäß § 67 Abs. 10 iVm § 58 Abs. 5 und § 83 ASVG der belangten Behörde für aushaftende Sozialversicherungsbeiträge auf dem Beitragskonto Nr. XXXX den Betrag von EUR 18.144,87 zuzüglich Verzugszinsen in dem gemäß § 59 Abs. 1 ASVG gültigen Satz von 3.38 % p.a. aus EUR 12.724,77 schulde und verpflichtet sei, diese Schuld binnen 15 Tagen zu bezahlen.
Gegen diesen Bescheid erhob der BF fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass er die Höhe der Haftungsbeiträge bestreite und ein verschuldeter Säumnisfall nicht vorliege. Die Beibringung von Unterlagen, welche die Gleichbehandlung der Gläubiger darlege, sei untunlich, als es sich um mehr als 1500 Buchungen pro Monat gehandelt habe und die Aufstellung einen enormen Aufwand nach sich ziehen würde. Die Verrechnung von Zinsen, Spesen, Beitragszuschlägen und Nebengebühren sei gesetzeswidrig und scheine die Quotenzahlung durch den Masseverwalter von 10 % nicht auf. Ein Meldeverstoß liege nicht vor und sei die Gleichbehandlung der Gläubiger auch im Zusammenhang mit dem Konkursverfahren vom Masseverwalter geprüft worden.
Die gegenständliche Beschwerde und der maßgebliche Verwaltungsakt wurden von der belangten Behörde am 03.07.2019 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und der Gerichtsabteilung G312 zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF war ab 11.03.2009 handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin.
Mit Beschluss des Handelsgerichts XXXX vom 30.07.2015, XXXX wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet und galt die Primärschuldnerin damit als aufgelöst. Mit Beschluss des Handelsgerichts XXXX vom 24.10.2018 wurde der Konkurs nach Schlussverteilung mit einer Quote von 10,84 % aufgehoben und die Firma am 16.01.2019 infolge Vermögenslosigkeit aus dem Firmenbuch gelöscht.
Der Masseverwalter der Primärschuldnerin hat die Forderung der belangten Behörde anerkannt.
Auf dem Beitragskonto der Primärschuldnerin bestand am 15.03.2019 nach Abzug der Konkursquote und der Zahlung gemäß IESG ein Rückstand von Sozialversicherungsbeiträgen für den Zeitraum Dezember 2011, September 2013 bis Jänner 2014 sowie Februar 2015 samt Beitragszuschlägen, Nebengebühren und Verzugszinsen gerechnet bis 14.03.2019 in Höhe von EUR 18.144,87.
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 05.12.2018 wurde der BF über seine Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG für rückständige Sozialversicherungsbeiträge informiert und aufgefordert, einen rechnerischen Entlastungsbeweis oder Einwände, die gegen seine persönliche Haftung sprechen, fristgerecht darzulegen. Gleichzeitig wurde dem BF eine Rückstandsaufstellung gemäß § 64 ASVG der Primärschuldnerin übermittelt.
Der BF legte keine Nachweise für die finanzielle Situation der Primärschuldnerin während der Zeit seiner Geschäftsführung und ebenso wenig einen rechnerischen Entlastungsnachweis zur Überprüfung der Gleichbehandlung vor.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang sowie die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts der belangten Behörde.
Die Höhe der aushaftenden Beträge ergeben sich aus der Rückstandsaufstellung vom 15.03.2019 der belangten Behörde zum Beitragskonto XXXX. Die Konkursquote von 10,84 % und die Zahlung gemäß IESG wurden bereits berücksichtigt.
Die Feststellungen zur Geschäftsführertätigkeit des BF und zum Konkursverfahren der Primärschuldnerin beruhen auf dem Firmenbuchauszug zu FN XXXX sowie dem Auszug der Ediksdatei zu XXXX.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtet das bisherige Ermittlungsverfahren als hinreichend, um den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. Aus den angeführten Gründen konnte der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Akteninhalt dem gegenständlichen Erkenntnis im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden. Die Ausführungen in der Beschwerde beziehen sich auf die rechtliche Beurteilung.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den, durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträgen insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Nach § 58 Abs. 5 ASVG in der Fassung nach der Novelle BGBl I 2010/62 haben die VertreterInnen juristischer Personen, die gesetzlichen VertreterInnen natürlicher Personen und die VermögensverwalterInnen (§ 80 BAO) alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Beiträge jeweils bei Fälligkeit aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden. Die Novellierung dieser Gesetzesbestimmung führte zu einer Reaktivierung der Vertreterhaftung des § 67 Abs. 10 ASVG unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung. Damit ist zur bisherigen Haftung für nicht abgeführte Dienstnehmerbeiträge und Meldeverstöße (gleichrangig) eine neue Haftung wegen Ungleichbehandlung (von Gläubigern) hinzugetreten (Derntl in Sonntag (Hrsg), ASVG8 (2017) § 67 Rz 77a).
Voraussetzung für die Haftung eines Vertreters nach § 67 Abs. 10 ASVG ist die objektive, gänzliche oder zumindest teilweise Uneinbringlichkeit der betreffenden Beiträge beim Primärschuldner. Steht noch nicht einmal eine teilweise ziffernmäßig bestimmbare Uneinbringlichkeit fest, kommt eine Geltendmachung der Haftung noch nicht in Betracht (VwGH 20.06.2018, Ra 2018/08/0039).
Weitere Voraussetzungen für die Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG sind neben der Uneinbringlichkeit der Beitragsschulden bei der Beitragsschuldnerin auch deren ziffernmäßige Bestimmtheit der Höhe nach, schuldhafte und rechtswidrige Verletzungen der sozialversicherungsrechtlichen Pflichten durch den Vertreter und die Kausalität der schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters für die Uneinbringlichkeit (vgl VwGH 11.04.2018, Ra 2015/08/0038).
3.2. Im gegenständlichen Fall sind die Voraussetzungen der Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG erfüllt:
3.2.1. Uneinbringlichkeit ist bereits anzunehmen, sobald im Lauf des Insolvenzverfahrens feststeht, dass die Beitragsforderung im Konkurs mangels ausreichenden Vermögens nicht oder zumindest nur zum Teil wird befriedigt werden können (VwGH 20.06.2018, Ra 2018/08/0039).
Mit Beschluss des Handelsgerichts XXXX vom 24.10.2018, XXXX wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der Primärschuldnerin mit einer Quote von 10,84 % beendet. Die darüber hinaus bestehende Forderung der belangten Behörde ist somit als uneinbringlich zu qualifizieren.
3.2.2. Zu den im § 67 Abs. 10 ASVG genannten "zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen" gehören auch die Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (vgl. u. a. VwGH vom 19.09.1989, Zl. 88/08/0283).
Der BF war, wie sich aus dem Auszug aus dem österreichischen Firmenbuch ergibt, im haftungsrelevanten Zeitraum, nämlich ab 11.03.2009 durchgehend handelsrechtlicher Geschäftsführer und kann somit grundsätzlich zu einer Haftung wegen Ungleichbehandlung für die im gegenständlichen Zeitraum (Dezember 2011, September 2013 bis Jänner 2014 sowie Februar 2015) entstandene Beitragsschuld herangezogen werden. Somit ist zu untersuchen, ob der BF infolge schuldhafter Pflichtverletzung für die nicht einbringlichen Beitragsforderungen der belangten Behörde haftet.
Die Haftung des Geschäftsführers nach § 67 Abs. 10 ASVG ist ihrem Wesen nach eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung, die den Geschäftsführer deshalb trifft, weil er seine gesetzliche Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung von Beiträgen schuldhaft (leichte Fahrlässigkeit genügt) verletzt hat. Eine solche Pflichtverletzung kann darin liegen, dass der Geschäftsführer die fälligen Beiträge (ohne rechtliche Grundlage) insoweit schlechter behandelt als sonstige Gesellschaftsschulden, als er diese bedient, jene aber unberichtigt lässt, bzw. - im Falle des Fehlens ausreichender Mittel - nicht für eine zumindest anteilige Befriedigung auch der Forderungen der Gebietskrankenkasse Sorge trägt. Der Geschäftsführer wäre nur dann exkulpiert, wenn er entweder nachweist, im fraglichen Zeitraum, in dem die Beiträge fällig geworden sind, insgesamt über keine Mittel verfügt und daher keine Zahlungen geleistet zu haben, oder zwar über Mittel verfügt zu haben, aber wegen der gebotenen Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern die Beitragsschuldigkeiten - ebenso wie die Forderungen aller anderen Gläubiger - nicht oder nur zum Teil beglichen zu haben, die Beitragsschuldigkeiten also nicht in Benachteiligung der Gebietskrankenkasse in einem geringeren Ausmaß beglichen zu haben als die Forderungen anderer Gläubiger (VwGH 20.06.2018, Ra 2018/08/0039).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertritt, trifft ungeachtet der grundsätzlichen amtswegigen Ermittlungspflicht den Vertreter die besondere Verpflichtung darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung der Verpflichtungen unmöglich war, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden kann. Stellt er dabei nicht bloß ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete sachbezogene Behauptungen auf, so ist er zur weiteren Präzisierung und Konkretisierung des Vorbringens aufzufordern, wenn auf Grund dessen - nach allfälliger Durchführung eines danach erforderlichen Ermittlungsverfahrens - die Beurteilung des Bestehens einer Haftung möglich ist. Kommt er dieser Aufforderung nicht nach, so bleibt die Behörde zur Annahme berechtigt, dass er seiner Pflicht schuldhaft nicht entsprochen hat. Der Vertreter haftet dann für die Beitragsschulden zur Gänze, weil ohne entsprechende Mitwirkung auch der durch sein schuldhaftes Verhalten uneinbringlich gewordene Anteil nicht festgestellt werden kann (VwGH 11.04.2018, Ra 2015/08/0038).
Allerdings darf diese besondere Behauptungslast und Beweislast einerseits nicht überspannt, andererseits nicht so aufgefaßt werden, daß die Behörde jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre (VwGH 12.10.2017, Ra 2017/08/0070).
Jedem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht (oder nicht zur Gänze) entrichten kann, ist schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, sich - spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushaften - jene Informationen zu sichern, die ihm im Fall der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen. Die Beendigung der Geschäftsführertätigkeit enthebt den Vertreter nicht von dieser Darlegungspflicht (vgl. VwGH 28.10.1998, 97/14/0160).
Der VwGH hat in seiner Entscheidung vom 11.04.2018, Ra 2015/08/0038, dargelegt, dass der Revisionswerber - ausgehend von den oben angeführten Grundsätzen - nicht nur allgemein dartun hätte müssen, dass er dem Benachteiligungsverbot Rechnung getragen hat. Vielmehr hätte er die im Beurteilungszeitraum fälligen unberichtigten Beitragsschulden und die fälligen offenen Gesamtverbindlichkeiten sowie die darauf jeweils geleisteten Zahlungen darlegen müssen.
In subjektiver Hinsicht reicht für die Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG leichte Fahrlässigkeit aus (VwGH vom 12.10.2017, Ra 2017/08/00070). Eine solche ist schon dann anzunehmen, wenn der Geschäftsführer keine Gründe anzugeben vermag, wonach ihm die Erfüllung seiner Verpflichtung, für die Beitragsentrichtung zu sorgen, unmöglich war (VwGH 29.06.1999, 99/08/0075).
Im vorliegenden Fall hat der BF weder im behördlichen Verfahren noch in der Beschwerde trotz mehrfacher Aufforderung und Gewährung einer Fristerstreckung weder subtantiierte Behauptungen noch taugliche Nachweise zur Gläubigergleichbehandlung noch diesbezüglich konkrete sachbezogene Behauptungen aufgestellt.
In seiner Stellungnahme vom 09.01.2019 führte der BF bloß allgemein aus, dass keine Ungleichbehandlung von Gläubigern stattgefunden habe und begründete dies, dass der Masseverwalter alle Anfechtungsansprüche geprüft habe und die Zahlungen der Gesellschaft nicht aus Gesellschaftsvermögen, sondern von dritter Seite vorgenommen worden seien. Diese Einwände des BF und jene in der Beschwerdeschrift, wonach die Beibringung von Unterlagen einen enormen Aufwand darstelle, entbinden den BF im Sinne der oben zitierten Judikatur jedenfalls nicht davon, entsprechende Nachweise, wie beispielsweise Saldenlisten und Kontoblätter zur Überprüfung der vorgebrachten Gleichbehandlung, vorzulegen.
Es gab auch keine Hinweise, dass die Beweislast des BF überspannt wurde. Vielmehr stellte die belangte Behörde dem BF ein Berechnungsblatt zur Verfügung, welches vom BF jedoch nicht ausgefüllt wurde.
Davon ausgehend ist der BF seiner besonderen Mitwirkungspflicht im Verfahren trotz Aufforderung nicht nachgekommen. Im Hinblick darauf kann nach der oben aufgezeigten Rechtsprechung ohne weitere Ermittlungen eine schuldhafte (fahrlässige) Pflichtverletzung angenommen werden.
3.3. Die Kausalität der dem BF anzulastenden Pflichtverletzungen für die Uneinbringlichkeit und der Rechtswidrigkeitszusammenhang sind mangels eines stichhaltigen Bestreitungsvorbringens bzw. gegenteiliger Anhaltspunkte ebenso zu bejahen.
3.3.1. Was die ziffernmäßige Bestimmtheit der Höhe des Haftungsbetrages anbelangt, so legte die belangte Behörde ihrem Bescheid einen Rückstandsausweis vom 15.03.2019 zugrunde, welcher entgegen dem Vorbringen des BF die Quote des Konkursverfahrens bereits berücksichtigt.
Der Haftungsbetrag wurde im Rückstandsausweis näher aufgegliedert. Die Aufschlüsselung entsprach den Vorgaben des § 64 Abs. 2 ASVG, wonach der rückständige Betrag, die Art des Rückstandes samt Nebengebühren, der Zeitraum, auf den die rückständigen Beiträge entfallen, allenfalls vorgeschriebene Verzugszinsen, Beitragszuschläge und sonstige Nebengebühren anzuführen sind. Der Rückstandsausweis ist eine öffentliche Urkunde und begründet nach § 292 ZPO vollen Beweis über seinen Inhalt, also die Abgabenschuld (VwGH, 12.01.2016, Ra 2014/08/0028). Aufgrund des Vorliegens des Rückstandsausweises ist sohin hinreichend bestimmt, welche ziffernmäßige Höhe der Haftungsbetrag aufweist und wie sich die Forderung konkret zusammensetzt.
Es bedarf - wie der VwGH in seiner Entscheidung vom 11.04.2018, Ra 2015/08/0038 ausgeführt hat - auch keiner weiteren Klarstellung, wie sich der Haftungsbetrag im Einzelnen zusammensetzt. Die im Bescheid enthaltene Aufgliederung in Teilbeträge für bestimmte Zeiträume zuzüglich Verzugszinsen ist für das gegenständliche Verfahren hinreichend.
Die Haftung des BF erstreckt sich nach dem oben Gesagten auf die Beitragsschulden zur Gänze. Der BF bestreitet in der Beschwerde die Höhe der Haftungsbeiträge und wendet ein, dass die Verrechnung von Zinsen, Beitragszuschlägen und Nebengebühren gesetzeswidrig sei. Entgegen diesem Vorbringen wird auf § 83 ASVG verwiesen, wonach die Bestimmungen über die Haftung auch für Verzugszinsen und Verwaltungskostenersätze gelten.
3.3.2. § 68 Abs. 1 ASVG lautet wie folgt:
Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt bei Beitragsschuldnern und Beitragsmithaftenden binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Hat der Dienstgeber Angaben über Versicherte bzw. über deren Entgelt nicht innerhalb der in Betracht kommenden Meldefristen gemacht, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dem Tage der Meldung zu laufen. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Dienstgeber oder eine sonstige meldepflichtige Person (§ 36) keine oder unrichtige Angaben bzw. Änderungsmeldungen über die bei ihm beschäftigten Personen bzw. über deren jeweiliges Entgelt (auch Sonderzahlungen im Sinne des § 49 Abs. 2) gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als notwendig oder unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist."
Die im Konkursverfahren der Primärschuldnerin angemeldeten Forderungen wurden unstrittig vom Masseverwalter anerkannt. Eine Bestreitung der Forderung durch den BF ist nicht ersichtlich. Damit gilt die Forderung nach § 109 Abs. 1 IO als festgestellt, sodass die mit der Anmeldung der Forderung unterbrochene Verjährungsfrist mit dem Ablauf des Tages der Rechtskraft des Beschlusses der Konkursaufhebung von neuem zu laufen begonnen hat (VwGH 13.11.2013, 2011/08/0214).
Dass die Mitbeteiligte die von der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt angemeldeten Forderungen im Konkursverfahren ausdrücklich bestritten hätte, behauptet sie selbst nicht. Eine derartige Bestreitung, welche nach § 109 Abs. 2 KO im Anmeldungsverzeichnis anzumerken wäre, ist auch aus der in den Verwaltungsakten erliegenden Kopie des Anmeldungsverzeichnisses nicht ersichtlich. Durch das Nichtbestreiten der Forderung durch den Gemeinschuldner erhält die konkursinterne Forderungsfeststellung auch konkursexterne Wirkungen (§§ 60 f KO); der Gläubiger erhält ein Entscheidungssurrogat über seine Forderung (vgl. Jelinek/Nunner-Krautgasser, in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze, §§ 60, 61 KO, Rz 27; Konecny in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze, § 109 KO, Rz 3).
Aus dem Tatbestandsmoment der Uneinbringlichkeit der Beitragsforderung beim Primärschuldner (GmbH) folgt nach der Rechtsprechung des VwGH (Zl. 2001/08/0209), dass die Verjährungsfrist für den haftungspflichtigen Vertreter (zumindest) nicht früher ablaufen kann als die Haftung entstanden ist, dh. als feststeht, dass die Uneinbringlichkeit der Beitragsforderung eingetreten ist; dabei kann von Uneinbringlichkeit der Beitragsforderung in dem in § 67 Abs. 10 gemeinten Sinn nur dann gesprochen werden, wenn im Zeitpunkt der Feststellbarkeit der Uneinbringlichkeit (frühestens also mit deren objektivem Eintritt) die Beitragsforderung gegenüber dem Primärschuldner nicht verjährt (und damit schon wegen Fristablaufs "uneinbringlich" geworden) ist.
Im gegenständlichen Fall wurde mit Beschluss des Handelsgerichts XXXX vom 30.07.2015, XXXX wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet und mit Beschluss vom 24.10.2018 der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben. Ab diesem Zeitpunkt war die Schuld der Primärschuldnerin als uneinbringlich zu qualifizieren und konnte der BF erst ab diesem Zeitpunkt zur Haftung herangezogen werden. Die Mitteilung der belangten Behörde vom 05.12.2018, mit welcher der BF über die Einleitung des Haftungsverfahrens informiert und zur Vorlage entsprechender Unterlagen aufgefordert wurde, erfolgte somit innerhalb der Verjährungsfrist.
3.4. Aus den dargelegten Gründen war die Haftung des BF im gegenständlichen Fall zu bejahen und spruchgemäß zu entscheiden.
3.5. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Gemäß Abs. 5 kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen und wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. Die belangte Behörde ist ihrer Ermittlungspflicht durch detaillierte Recherche nachgekommen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung festgestellt.
Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen. Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Beitragsrückstand, Geschäftsführer, Gleichbehandlung, Haftung,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G312.2220728.1.00Zuletzt aktualisiert am
03.03.2020