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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AufG 1992 §6 Abs2 idF 1995/351;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des 1970 geborenen ZG in Wien, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Juni 1996, Zl. 306.179/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, dem ein gewöhnlicher Sichtvermerk gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) mit Gültigkeit vom 23. Oktober bis 31. Oktober 1995 ausgestellt wurde, beantragte am 24. Oktober 1995 die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Der Landeshauptmann von Wien wies mit Bescheid vom 25. März 1996 den Antrag mangels einer Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) unter Berücksichtigung der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem AufG für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, ab. Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er sich darauf berief, daß er aufgrund einer Rechtsauskunft eines "zuständigen Beamten" den Antrag in Österreich eingebracht habe.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28. Juni 1996 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 und § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ab. Die belangte Behörde stellte fest, der Beschwerdeführer habe den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem AufG direkt bei der Behörde erster Instanz eingereicht und habe sich nach der Antragstellung nachweislich im Bundesgebiet aufgehalten. Somit habe er das gesetzliche Erfordernis einer Antragstellung vom Ausland aus nicht erfüllt, weshalb der Antrag gemäß § 6 Abs. 2 AufG abzulehnen gewesen sei. Zudem könne sich der Beschwerdeführer als kroatischer Staatsangehöriger für die Dauer von drei Monaten sichtvermerksfrei in Österreich aufhalten. Nach diesen drei sichtvermerksfreien Monaten müsse er Österreich wieder verlassen, andernfalls würde er sich unrechtmäßig in Österreich aufhalten. Diese Möglichkeit des sichtvermerksfreien Aufenthaltes trete bei einer Erwerbstätigkeit außer Kraft. Mit dem Antrag vom 24. Oktober 1995 habe der Beschwerdeführer eine eindeutige Willenserklärung dahingehend abgegeben, daß er in Österreich seinen Hauptwohnsitz begründen und einer unselbständigen Erwerbstätigkeit als Kellner nachgehen wolle, bzw. auch nachgegangen sei. Der Beschwerdeführer sei bis zum 3. Februar 1996 sozialversichert und bei einem näher bezeichneten Unternehmen beschäftigt gewesen. Der Beschwerdeführer sei weiters in Österreich als Kickboxprofi tätig und sei regierender österreichischer Meister im "Mittelgewicht". Daraus ergebe sich, daß der Beschwerdeführer tatsächliche Aktivitäten in Österreich entwickle, welche mit einer sichtvermerksfreien Einreise im krassen Gegensatz stünden. Weil der Beschwerdeführer offensichtlich in Österreich einer Beschäftigung nachgehe, sei er zu einer sichtvermerksfreien Einreise nach Österreich nicht mehr berechtigt. Für die Berufungsbehörde stehe somit fest, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ein unrechtmäßiger gewesen sei. Bestätigt werde dieser Umstand noch dadurch, daß der Beschwerdeführer an einer Wiener Adresse wohnhaft sei. Mit dem unrechtmäßigen Aufenthalt gefährde der Beschwerdeführer aufgrund einer unerwünschten Beispielswirkung auf andere Fremde die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit. Damit werde der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG realisiert und dürfe dem Beschwerdeführer sohin gemäß § 5 Abs. 1 AufG eine Bewilligung nicht erteilt werden. Zu den persönlichen Verhältnissen sei zu sagen, daß nur die dargestellten Beziehungen - der Beschwerdeführer wolle sich wirtschaftlich bzw. sportlich-wirtschaftlich im Bundesgebiet etablieren - zu Österreich bestünden. Bei Abwägung der öffentlichen Interessen und der privaten im Rahmen des Art. 8 MRK sei aufgrund des angeführten Sachverhaltes den öffentlichen Interessen Priorität einzuräumen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
§ 6 Abs. 2 AufG lautete:
"§ 6. ...
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. .... Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: im Falle des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls oder des Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1; weiters in den Fällen des § 7 Abs. 2, des § 12 Abs. 4 und einer durch zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch eine Verordnung gemäß § 14 FrG ermöglichten Antragstellung nach Einreise; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z. 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszweckes kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden."
Der Beschwerdeführer verfügte weder nach seinem Vorbringen noch nach der Aktenlage jemals über eine Aufenthaltsbewilligung. Der dem Beschwerdeführer vom 23. Oktober 1995 bis 31. Oktober 1995 erteilte gewöhnliche Sichtvermerk ist einer Verlängerung durch die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht zugänglich. Die belangte Behörde wertete den Antrag des Beschwerdeführers somit zu Recht als Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, für dessen Beurteilung § 6 Abs. 2 erster Satz AufG heranzuziehen war.
Nach dieser Bestimmung ist der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist dieses Erfordernis nicht als bloße Formvorschrift zu werten, sondern als Voraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung eines Antrages nach sich zieht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010 sowie Zl. 95/19/0895). Nachdem u.a. aus den Gesetzesmaterialien erschließbaren Normzweck und dem Umstand, daß sich aus dem Gesetzeswortlaut jedenfalls nicht ergibt, daß es sich beim § 6 Abs. 2 AufG um eine bloße Formvorschrift handeln sollte, hat der Fremde die Entscheidung über seinen im Ausland zu stellenden Antrag auch vom Ausland aus abzuwarten (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 95/19/1703).
Der Beschwerdeführer stellte den verfahrensgegenständlichen Antrag am 24. Oktober 1995, also während der Gültigkeit des ihm erteilten gewöhnlichen Sichtvermerkes. Dies bedeutet nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, daß ihm zwar die Antragstellung vom Inland aus während der Gültigkeit dieses Sichtvermerkes gestattet war und ihm die Nichterfüllung der Vorschrift des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG allein deshalb nicht entgegengehalten werden darf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. September 1996, Zl. 95/19/0525). Der Beschwerdeführer wäre aber verpflichtet gewesen, mit Ablauf dieses gewöhnlichen Sichtvermerkes am 31. Oktober 1995 das Bundesgebiet wieder zu verlassen, weil er die Entscheidung über seinen Antrag im Ausland abzuwarten gehabt hätte.
Der Beschwerdeführer tritt der Feststellung der belangten Behörde, wonach er sich auch nach der Antragstellung und nach Ablauf des Sichtvermerkes nachweislich im Bundesgebiet aufgehalten habe, in der Beschwerde nicht entgegen. Der von der belangten Behörde geäußerten Rechtsansicht, im Fall des Beschwerdeführers liege wegen dessen Verweilen im Inland auch nach Ablauf des gewöhnlichen Sichtvermerkes der Abweisungsgrund des § 6 Abs. 2 AufG vor, könnte nur dann mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn der Beschwerdeführer zu jenem Personenkreis zählte, der aufgrund § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG oder einer darauf beruhenden Verordnung der Bundesregierung ausnahmsweise zur Inlandsantragstellung berechtigt gewesen wäre. Weder aus den vorgelegten Verwaltungsakten noch aus dem Beschwerdevorbringen ergeben sich jedoch Hinweise darauf, daß der Beschwerdeführer zu diesem Personenkreis zählt. Die belangte Behörde konnte den Antrag des Beschwerdeführers daher am § 6 Abs. 2 erster Satz AufG messen und den Antrag wegen Nichterfüllung dieser Voraussetzung abweisen.
Der Beschwerdeführer bringt schließlich vor, aufgrund einer falschen Rechtsauskunft eines Beamten der Behörde erster Instanz die Antragstellung vom Inland aus vorgenommen zu haben, weshalb ihm dieses Verhalten nicht angelastet werden könne. Dazu ist zu bemerken, daß sich die Auskunft der Behörde erster Instanz hinsichtlich der Zulässigkeit der Antragstellung vom Inland aus (während der Gültigkeit des Sichtvermerkes) - wie oben dargestellt - mit der Rechtslage deckt und insofern keine unrichtige Rechtsauskunft vorliegt. Sollte sich die "unrichtige Rechtsauskunft" aber auch auf die Zulässigkeit eines nach Ablauf des Sichtvermerks fortgesetzten Aufenthaltes bezogen haben, so ist für den Beschwerdeführer daraus nichts gewonnen, weil nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unrichtige Auskünfte behördlicher Organe die Nichtanwendung bindender gesetzlicher Regelungen nicht rechtfertigen (vgl. u. a. das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 1990, Zl. 89/16/0115).
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Angesichts dessen erübrigte sich ein weiteres Eingehen auf den ebenfalls von der belangten Behörde herangezogenen Abweisungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG und die darauf bezugnehmenden Beschwerdeausführungen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996192504.X00Im RIS seit
11.07.2001