TE Bvwg Beschluss 2019/12/9 L511 2003989-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.12.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

09.12.2019

Norm

ASVG §410
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz 2

Spruch

L511 2003989-2/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag.a JICHA als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Rechtsanwältin Mag.a WINTERHELLER, gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse vom 15.10.2012, XXXX :

A)

In Erledigung der Beschwerden wird der Bescheid vom 15.10.2012, Zahl: XXXX , behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Salzburger Gebietskrankenkasse zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Verfahrensinhalt

1. Verfahrensgegenständliches Beitragsnachverrechnungsverfahren

1.1. Mit Beitragsnachverrechnungsbescheid [NVB] vom 15.10.2012, XXXX , verpflichtete die SGKK die beschwerdeführende Partei [im Folgenden auch: Schischule] die mit Beitragsvorschreibung vom 22.03.2011 nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge samt Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG in einer Gesamthöhe von EUR 84.216,22 zu entrichten.

Der NVB stützt sich auf den Versicherungspflichtbescheid vom selben Tag, XXXX , und die Ergebnisse der GPLA.

1.2. Mit Schreiben vom 15.11.2012 wurde von der Schischule gegen den Beitragsnachverrechnungsbescheid fristgerecht Beschwerde [Bsw] erhoben.

2. Verfahren zur Feststellung Versicherungspflichtverfahren

2.1. Mit Versicherungspflichtbescheid [VPflB] vom 15.10.2012, GZ XXXX , stellte die SGKK fest, dass die Mitbeteiligten XXXX [MA],

XXXX [GM], XXXX [KS], XXXX [KD], XXXX [LM], XXXX [PS], XXXX [SG],

XXXX [SS], XXXX [WT] und XXXX [WM] zu den in Anlage 1 zum Bescheid angegebenen Beschäftigungszeiten aufgrund der für die Schischule in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit entgeltlich ausgeübten Tätigkeit der Pflichtversicherung in der Vollversicherung (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) gemäß § 4 Abs. 1 und 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit.a AlVG unterlagen.

2.2. Mit Schreiben vom 15.11.2012 wurde von der Schischule und von XXXX [ML] gegen den Versicherungspflichtbescheid fristgerecht Beschwerde [Bsw] erhoben.

Die weiteren mitbeteiligten Verfahrensparteien erhoben keine Einsprüche.

3. Mit Wirksamkeit vom 01.01.2014 ging die Zuständigkeit zur Weiterführung beider zum 31.12.2013 beim BMASK anhängig gewesenen Verfahren gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das nunmehr zuständige BVwG über (OZ 1).

3.1. Das BVwG gab mit Entscheidung vom heutigen Tag, GZ L511 2003989-1/23E, den Beschwerden teilweise statt und stellte in Spruchpunkt I fest, dass XXXX aufgrund der im Zeitraum 01.02.2006 bis 28.02.2006 und im Zeitraum 09.01.2007 bis 10.03.2007 für die XXXX ausgeübten Tätigkeiten als Dienstnehmer der XXXX der Vollversicherung (Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) gemäß § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), sowie der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs.1 lit.a Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) unterlag. Mit Spruchpunkt II stellte das BVwG fest, dass die Mitbeteiligten XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX in den in der Anlage 1 zum zitierten Bescheid gelisteten Zeiträumen, sowie WINKLER Manfred in den in der Anlage 1 zum zitierten Bescheid gelisteten von Spruchpunkt I nicht umfassten Zeiträumen NICHT der Vollversicherung (Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) gemäß § 4 Abs. 1 und Abs. 2 ASVG sowie der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs.1 lit.a Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) und auch NICHT der Vollversicherung gemäß § 4 Abs. 4 ASVG unterlagen.

3.2. Im Hinblick auf den detaillierteren Verfahrensgang und die Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die im RIS abrufbare hg. Entscheidungen L511 2003989-1/23E verwiesen.

II. Zu A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. entscheidungswesentliche Feststellungen

1.1. Die verfahrensgegenständliche Beitragsnachverrechnung basiert auf der Feststellung der Vollversicherungspflicht der Mitbeteiligten über das bereits bestehende geringfügige Dienstverhältnis hinaus, sowie auf der grundsätzlichen Einbeziehung von MW in die Versicherungspflicht in den Zeiträumen 01.01.2006 bis 28.02.2006 und 09.01.2007 bis 10.03.2007. Darüber hinaus wurden auch Sachbezüge bei einem über den Versicherungspflichtbescheid hinausgehenden Personenkreis nachversichert.

In der Beitragsnachverrechnung sind nicht alle nachverrechneten Beiträge unmittelbar einzelnen Person bzw. einzelnen Vertragsverhältnissen zurechenbar.

1.2. Das BVwG hat mit Entscheidung vom heutigen Tag, GZ L511 2003989-1, den zu Grunde liegenden Versicherungspflichtbescheid teilweise behoben und teilweise bestätigt.

2. Beweisaufnahme und Beweiswürdigung

2.1. Die Beweisaufnahme erfolgte durch Einsicht in die im Folgenden gelisteten von den Verfahrensparteien vorgelegten oder vom BVwG erhobenen Dokumente und Unterlagen, sowie durch die mündliche Verhandlung vom 20.11.2019 [VHS] (GZ 2003989-1: OZ 21), darunter insbesondere

* GPLA Prüfbericht vom 24.03.2011

* Bescheide [VPFLB und NVB]

2.2. Die Feststellungen ergeben sich unmittelbar ohne weitere Interpretation aus den vorliegenden Aktenteilen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch Einzelrichterin ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 414 Abs. 1 und Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz [ASVG]. Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die GKK im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).

3.1.2. Die Beschwerde ist rechtzeitig und zulässig.

3.2. Behebung des bekämpften Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG

3.2.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z2). Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes [VwGH] zu § 28 VwGVG verlangt es das in § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 17.03.2016, Ra 2015/11/0127; 29.04.2015, Ra 2015/20/0038; 26.06.2014, Ro 2014/03/0063 RS29).

3.2.2. Das Bundesverwaltungsgericht hat den zu Grunde liegenden Versicherungspflichtbescheid teilweise bestätigt, teilweise behoben. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird zur detaillierten Begründung, welche auch für das gegenständliche Verfahren gilt, auf GZ L511 2003989-1/23E verwiesen.

3.2.3. Das BVwG legte seiner Entscheidung im Versicherungspflichtverfahren teilweise eine andere Beurteilung zu Grunde als die SGKK. Da sich die Höhen der einzelnen Beitragsgrundlagen nicht eindeutig aus der Beitragsnachverrechnung ergeben, und die Höhen der sich aus der Feststellung der Geringfügigkeit anstelle der Vollversicherungspflicht ergebenden Entgelte mitentscheidend sein werden für die pauschalierte Dienstgeberabgabe bei Beschäftigung von mehreren geringfügigen Beschäftigen, liegt diesbezüglich ein mangelhafter Sachverhalt im Sinne des Erkenntnisses des VwGH vom 26.06.2014, Ro2014/03/0063 vor.

3.2.4. Von diesen Überlegungen ausgehend ist im gegenständlichen Fall das dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG eingeräumte Ermessen im Sinne einer kassatorischen Entscheidung auszuüben und das Verfahren spruchgemäß an die Salzburger Gebietskrankenkasse zur Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen

4. Entfall der mündlichen Verhandlung

Aufgrund der Behebung des angefochtenen Bescheides konnte eine Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

III. ad B) Unzulässigkeit der Revision

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG). Die Revision ist (mit einer hier nicht zum Tragen kommenden Ausnahme) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Die gegenständliche Entscheidung stützt sich auf die umfangreiche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. 3 VwGVG und bewegt sich im vom VwGH eng gesetzten Rahmen der Zulässigkeit einer Zurückverweisung. Etwa jüngst zur Zulässigkeit einer zurückverweisenden Entscheidung bei Fehlen jeglicher Ermittlungstätigkeit der belangten Behörde VwGH 30.03.2017, Ra 2014/08/0050; 09.03.2016, Ra 2015/08/0025 und VwGH 17.03.2016, Ra 2015/11/0127 sowie grundlegend VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063.

Der Entfall der mündlichen Verhandlung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.

Schlagworte

Beitragsgrundlagen, Beitragsnachverrechnung, Ermittlungspflicht,
Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L511.2003989.2.00

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten