TE Bvwg Beschluss 2019/12/13 W175 2225875-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.12.2019
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Entscheidungsdatum

13.12.2019

Norm

AsylG 2005 §35 Abs1
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W175 2225875-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Neumann nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 24.10.2019, GZ. Damaskus-ÖB/KONS/0619/2019, aufgrund des Vorlageantrags der XXXX , geb. XXXX , syrische Staatsangehörige, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Damaskus vom 25.07.2019:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der bekämpften Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung einer neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückverwiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin (BF), eine syrische Staatsangehörige, stellte gemeinsam mit ihrer Tochter am 25.06.2019 bei der Österreichischen Botschaft Damaskus (ÖB Damaskus) einen Antrag auf Ausstellung eines zur mehrfachen Einreise berechtigenden Schengen-Visums mit einer Gültigkeit von 88 Tagen. Als Hauptzweck der Reise wurde der "Besuch von Familienangehörigen oder Freunden" angegeben. Als geplantes Ankunftsdatum im Schengen-Raum wurde der 02.08.2019, als geplantes Abreisedatum aus dem Schengen-Raum der 28.10.2019 angegeben. Als einladende Person wurde der Bruder der BF beziehungsweise Onkel der Tochter der BF angeführt. Die Reisekosten und die Lebenshaltungskosten während des Aufenthalts würden vom Einlader getragen. Im Zuge der Antragstellung gab die BF an, als Yogalehrerin selbstständig erwerbstätig und geschieden zu sein.

Mit dem Antrag legte die BF folgende Dokumente vor:

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Kontoauszüge

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Kopie einer Reisekrankenversicherung für einen Zeitraum von 01.08.2019 bis 29.10.2019

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Kopien der Reisepässe inkl. Vorvisa

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Scheidungsurkunde aus 2018 betreffend die BF und den Vater der mitantragstellenden Tochter

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Auszug aus dem Zivilregister

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Auszug aus dem Familienstandregister

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Fahrzeugbrief betreffend den PKW der BF in Damaskus

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Grundbuchseintragung betreffend ein Grundstück inkl. Haus im Alleineigentum der BF

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Eigentumsnachweis über zwei Garagen und ein Ladenlokal in Damaskus

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Zwei Mietverträge betreffend eine Wohnung und ein Ladenlokal in Damaskus, in welchen die BF als Vermieterin aufscheint

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Yoga Zertifikate

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Empfehlungsschreiben der Arab Inter-Parliamentary Union und der IAEA aus 1993

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Deutschkurszeugnisse der Universität Wien aus 1993

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Flugreservierungen (Beirut-Doha am 01.08.2019 und Doha-Wien am 02.08.2019, Wien-Doha am 28.10.2019 und Doha-Beirut am 29.10.2019)

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elektronische Verpflichtungserklärungen (EVE) des Bruders der BF:

Österreichischer Staatsbürger, Bruder der Eingeladenen beziehungsweise Onkel der Tochter der BF, monatliches Nettoeinkommen: 3.670,- Euro, Sparkonto mit einer Einlage iHv 350.000,- Euro; keine Kreditverbindlichkeiten, 690,- Euro Miete; kein weiteres Haushaltseinkommen; Sorgepflichten für ein minderjähriges Kind; Einladungszeitraum 01.08.2019 bis 31.10.2019

Mit "Aufforderung zur Stellungnahme" vom 08.07.2019 wurde der BF seitens der ÖB Damaskus Parteiengehör eingeräumt und mitgeteilt, dass folgende Bedenken gegen die Erteilung des beantragten Visums bestünden:

"Sie haben den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthaltes nicht ausreichend begründet. Es bestehen begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Angaben des Antragstellers.

Nähere Begründung: Die Botschaft hegt Zweifel an Ihrer beruflichen Bindung im Heimatland und Sie reisen gemeinsam mit Ihrer Tochter, die weder einer beruflichen Tätigkeit nachgeht noch ein Studium besucht und von Ihnen finanziell vollkommen abhängig ist, daher erscheint es aus h.o. Sicht, dass Sie und Ihre Tochter den geplanten Familienbesuch zur Asylantragstellung im Bundesgebiet nutzen.

Ihre Absicht, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen, konnte nicht festgestellt werden. Es bestehen begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit Ihrer Angaben.

Genaue Begründung: Die Botschaft erwägt massive Zweifel an Ihrer Bereitschaft das Bundesgebiet vor Ablauf des Sichtvermerks zu verlassen, da Bedenken an Ihrer beruflichen Bindung im Heimatland im Raum stehen und Sie mit Ihrer Tochter, die im Heimatland nicht selbsterhaltungsfähig bzw. keine zukunftssicheren beruflichen Chancen in Aussicht hat, gemeinsam reisen."

Der BF wurde Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von einer Woche in schriftlicher Form und in deutscher Sprache diese Bedenken durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.

Am 11.07.2019 brachten die BF, deren Tochter und der Ex-Mann eine Stellungnahme ein. Darin wurde ausgeführt, dass die BF ihren in Österreich lebenden Bruder besuchen wolle. Sie habe bereits alle Unterlagen vorgelegt, die zeigen würden, dass sie wieder in ihr Heimatland zurückkehren werde. Sie sei Eigentümerin einer großen, vermieteten Wohnung in Damaskus, zweier Garagen in Damaskus, die sie seit 2010 als Yoga-Zentrum nutze, eines weiteren vermieteten Geschäfts in Damaskus und eines PKW. Sie arbeite als Yoga-Lehrerin in Damaskus; dies könne auch ihrer Facebook-Seite entnommen werden. Die Tochter der BF sei Studentin an der Akademie für angewandte Kunst. Sie wolle ihren Onkel und ihre Cousins in Österreich besuchen sowie Museen besichtigen. Ihr Vater sei der Direktor zweier Kunstgalerien und nach Abschluss ihres Studiums werde sie eine der Galerien übernehmen. Sie werde nach Ablauf des Visums in ihr Heimatland zurückkehren, da ihr Vater sie dringend brauche. Der Ex-Mann der BF sei ein Künstler und leite zwei Galerien. Er stimme der Reise seiner Tochter zu, da sie dadurch ihr Kunstwissen vertiefen und ihre Familienangehörigen in Österreich besuchen könne. Er werde seiner Tochter die Führung einer der zwei Kunstgalerien überlassen. Es sei richtig, dass in Syrien Krieg geherrscht habe. Die Familie sei davon jedoch nicht betroffen gewesen.

Mit E-Mail vom 23.07.2019 erkundigte die BF sich nach dem Stand des Verfahrens. Sie führte aus, dass sie ein Flugticket für den 01.08.2019 habe und dass sie ihr Yoga-Zentrum in keinem anderem Zeitraum verlassen könne. Die ÖB habe ihr telefonisch mitgeteilt, dass diese ihre Stellungnahme vom 11.07.2019 nicht erhalten habe, daher werde die Stellungnahme erneut übermittelt.

Mit angefochtenem Bescheid vom 25.07.2019, zugestellt am 26.07.2019, verweigerte die ÖB Damaskus die Erteilung des beantragten Visums mit folgender Begründung:

"Die vorgelegten Informationen über den Zweck und die Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts waren nicht glaubhaft.

Ihre Absicht, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen, konnte nicht festgestellt werden."

Gegen diesen Bescheid wurde am 25.08.2019, eingelangt bei der ÖB Damaskus am selben Tag, fristgerecht Beschwerde eingebracht und ausgeführt, dass die BF in der Vergangenheit schon drei Schengen-Visa erhalten habe. Sie sei immer rechtzeitig ausgereist. Trotz der schwierigen Bedingungen aufgrund des Krieges in Syrien seien die Lebensbedingungen der Familie während des Krieges sehr gut gewesen. Die BF habe arbeiten können und ihr Eigentum nicht verloren. Sie habe keinen Grund nach Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums in Österreich zu bleiben. Sie benötige jetzt nur noch ein Visum für zwei Monate, da sie nun schon ein Monat verloren habe und nach Ablauf des Visums Arbeitsverpflichtungen in ihrem Heimatstaat habe. Auch müsse ihre Tochter danach wieder an die Universität zurück. Die Tochter brauche noch zwei Jahre bis zum Abschluss ihres Studiums, auch diese werde daher rechtszeitig nach Syrien zurückkehren und danach mit ihrem Vater in der Kunstgalerie zusammenarbeiten. Der Bruder der BF werde für alle Kosten des Aufenthaltes aufkommen. Sie sei in Syrien finanziell und beruflich verwurzelt. Ihre Angaben könnten auf Facebook überprüft werden. Eine Bestätigung der Einzahlung der Konsulargebühren durch den einladenden Bruder betreffend die BF wurde vorgelegt.

In der Folge erließ die ÖB Damaskus am 24.10.2019, zugestellt am selben Tag, eine Beschwerdevorentscheidung, in welcher die Beschwerden gem. § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen wurden. Begründend führte die ÖB Damaskus aus, dass in der Beschwerde auch die Tochter der BF genannt werde, für diese sei jedoch keine Konsulargebühr einbezahlt worden, sodass deren Beschwerde nicht bearbeitet werde. Eine wirtschaftliche Verwurzelung der BF im Heimatstaat sei nicht ausreichend nachgewiesen worden. Sie habe keinen aktuellen Arbeitsnachweis vorgelegt. Auch seien die vorgelegten Empfehlungsschreiben - eines aus dem Jahr 1993 - nicht geeignet, eine wirtschaftliche Verwurzelung nachzuweisen. Betreffend die vorgelegten Eigentumsnachweise sei auf die Rechtsprechung des BVwG zu verweisen wonach ein Nachweis über den Besitz von Grundstücken nicht geeignet sei, eine Verwurzelung im Heimatstaat nachzuweisen. Die BF sei geschieden und habe eine volljährige Tochter. Eine Schwester und ein Bruder der BF würden in Österreich und eine andere Schwester in Frankreich leben. Somit seien nur schwache soziale und familiäre Bindungen an den Heimatstaat vorhanden. Es bestünden somit begründete Zweifel an der Absicht der BF, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen. Betreffend die drei Schengen-Vorvisa sei anzumerken, dass zwei aus dem Jahr 1993 und eines aus 2009 sei. 2015 sei der BF von der französischen Botschaft in Beirut ein Visum verweigert worden, da auch für diese Behörde die Verwurzelung der BF im Heimatstaat nicht ausreichend nachgewiesen worden sei.

Mit E-Mail von 02.11.2019 informierte die BF die ÖB Damaskus, dass ihre Tochter, die nach Österreich mitkommen habe wollen, beschlossen habe, das Verfahren nicht weiterzuführen.

Mit Schreiben vom 07.11.2019 wurde ein Vorlageantrag eingebracht. Darin wurde ausgeführt, dass die BF eine Tochter habe, welche in Syrien studiere. Auch genieße sie in Damaskus als Yogalehrerin ein erfülltes Berufsleben. Eine soziale und wirtschaftliche Verwurzelung liege daher vor. In Damaskus herrsche Frieden und könne die BF ein normales Leben führen. Betreffend die Geschwister der BF wurde ausgeführt, dass eine Schwester in Frankreich und ein Bruder in Österreich lebe. Eine weitere Schwester lebe in Damaskus.

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 26.11.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 28.11.2019, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Verwaltungsakt samt Vorlageantrag übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Stattgebung der Beschwerde und Zurückverweisung:

Mit 1.1.2014 ist das Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) idF BGBl. I Nr. 10/2013 in Kraft getreten.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG) idgF lauten wie folgt:

§ 2 Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).

Beschwerdevorentscheidung

§ 14 (1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Will die Behörde von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absehen, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

(3) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG hat die Behörde dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

Vorlageantrag

§ 15 (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Partei als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3), und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.

(2) Ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlageantrag hat aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde

1. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;

2. von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.

Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrags mitzuteilen.

(3) Verspätete und unzulässige Vorlageanträge sind von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.

Verfahren vor dem Verwaltungsgericht

Anzuwendendes Recht

§ 17 Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte."

Gemäß § 9 Abs. 3 FPG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen der Vertretungsbehörden.

§§ 11, 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lauten:

Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 sind Art. 9 Abs. 1 erster Satz und Art. 14 Abs. 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.

(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.

(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.

(9) Für Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§ 2 Abs. 4 Z 13) oder Praktikanten (§ 2 Abs. 4 Z 13a) ist Art. 23 Abs. 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Die Beschwerdeführerin hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des europäischen Parlaments und des Rates (Visakodex) lauten wie folgt:

Prüfung der Einreisevoraussetzungen und Risikobewertung

Art. 21 (1) Bei der Prüfung eines Antrags auf ein einheitliches Visum ist festzustellen, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c, d und e des Schengener Grenzkodexes erfüllt, und ist insbesondere zu beurteilen, ob bei ihm das Risiko der rechtswidrigen Einwanderung besteht, ob er eine Gefahr für die Sicherheit der Mitgliedstaaten darstellt und ob er beabsichtigt, vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des beantragten Visums das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu verlassen.

(2) Zu jedem Antrag wird das VIS gemäß Artikel 8 Absatz 2 und Artikel 15 der VIS-Verordnung abgefragt. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Suchkriterien gemäß Artikel 15 der VIS-Verordnung voll und ganz verwendet werden, um falsche Ablehnungen und Identifizierungen zu vermeiden.

(3) Bei der Kontrolle, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen erfüllt, prüft das Konsulat,

a) dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist;

b) ob die Angaben des Antragstellers zum Zweck und zu den Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts begründet sind und ob er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben;

c) ob der Antragsteller im Schengener Informationssystem (SIS) zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;

d) ob der Antragsteller keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von

Artikel 2 Nummer 19 des Schengener Grenzkodexes oder für die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt und ob er insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden ist;

e) ob der Antragsteller, soweit erforderlich, im Besitz einer angemessenen und gültigen Reisekrankenversicherung ist.

(4) Das Konsulat prüft gegebenenfalls anhand der Dauer früherer und geplanter Aufenthalte, ob der Antragsteller die zulässige Gesamtaufenthaltsdauer im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht überschritten hat, ungeachtet etwaiger rechtmäßiger Aufenthalte aufgrund eines nationalen Visums für den längerfristigen Aufenthalt oder eines von einem anderen Mitgliedstaat erteilten Aufenthaltstitels.

(5) Die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts während des geplanten Aufenthalts werden nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem/den betreffenden Mitgliedstaat(en) nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden; hierzu werden die von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 34 Absatz 1 Buchstabe c des Schengener Grenzkodexes festgesetzten Richtbeträge herangezogen. Der Nachweis einer Kostenübernahme und/oder einer privaten Unterkunft kann ebenfalls das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts belegen.

(6) Bei der Prüfung eines Antrags auf ein Visum für den Flughafentransit überprüft das Konsulat insbesondere Folgendes: a) dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist; b) den Ausgangs- und Zielort des betreffenden Drittstaatsangehörigen und die Kohärenz der geplanten Reiseroute und des Flughafentransits; c) den Nachweis der Weiterreise zum Endbestimmungsland.

(7) Die Prüfung eines Antrags stützt sich insbesondere auf die Echtheit und Vertrauenswürdigkeit der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen und den Wahrheitsgehalt und die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen.

Visumverweigerung

Art. 32 (1) Unbeschadet des Artikels 25 Absatz 1 wird das Visum verweigert,

a) wenn der Antragsteller:

i) ein Reisedokument vorlegt, das falsch, verfälscht oder gefälscht ist;

ii) den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts nicht begründet;

iii) nicht den Nachweis erbringt, dass er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des geplanten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt, bzw. nicht in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben;

iv) sich im laufenden Sechsmonatszeitraum bereits drei Monate im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines einheitlichen Visums oder eines Visums mit räumlich beschränkter Gültigkeit aufgehalten hat;

v) im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;

vi) als eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von Artikel 2 Absatz 19 des Schengener Grenzkodexes oder für die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats eingestuft wird, insbesondere wenn er in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden ist; oder

vii) nicht nachweist, dass er, soweit erforderlich, über eine angemessene und gültige Reisekrankenversicherung verfügt; oder

b) wenn begründete Zweifel an der Echtheit der von dem Antragsteller vorgelegten Belege oder am Wahrheitsgehalt ihres Inhalts, an der Glaubwürdigkeit seiner Aussagen oder der von ihm bekundeten Absicht bestehen, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen.

(2) Eine Entscheidung über die Verweigerung und die entsprechende Begründung werden dem Antragsteller unter Verwendung des Standardformulars in Anhang VI mitgeteilt.

(3) Antragstellern, deren Visumantrag abgelehnt wurde, steht ein Rechtsmittel zu. Die Rechtsmittel sind gegen den Mitgliedstaat, der endgültig über den Visumantrag entschieden hat, und in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht dieses Mitgliedstaats zu führen. Die Mitgliedstaaten informieren die Antragsteller über das im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels zu befolgende Verfahren nach Anhang VI.

[ ... ]"

Art. 32 Abs. 1 Visakodex ist dahin auszulegen, dass die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats nach Abschluss der Prüfung eines Antrags auf ein einheitliches Visum einem Antragsteller nur dann ein einheitliches Visum verweigern dürfen, wenn ihm einer der in diesen Bestimmungen aufgezählten Gründe für die Verweigerung des Visums entgegengehalten werden kann. Die betreffenden Behörden verfügen bei der Prüfung dieses Antrags über einen weiten Beurteilungsspielraum, der sich sowohl auf die Anwendungsvoraussetzungen dieser Vorschriften als auch auf die Würdigung der Tatsachen bezieht, die für die Feststellung maßgeblich sind, ob dem Antragsteller einer dieser Verweigerungsgründe entgegengehalten werden kann (EuGH C-84/12 vom 19.12.2013, Tenor).

Gleichwohl ist zu betonen, dass die Beurteilung der individuellen Situation eines Visumantragstellers im Hinblick auf die Feststellung, ob seinem Antrag ein Verweigerungsgrund entgegensteht, mit komplexen Bewertungen verbunden ist, die sich u. a. auf die Persönlichkeit dieses Antragstellers, seine Integration in dem Land, in dem er lebt, die politische, soziale und wirtschaftliche Lage dieses Landes sowie die mit der Einreise des Antragstellers möglicherweise verbundene Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats beziehen.

Solche komplexen Bewertungen erfordern eine Prognose über das voraussichtliche Verhalten des betreffenden Antragstellers und müssen u. a. auf einer vertieften Kenntnis seines Wohnsitzstaats sowie auf der Analyse verschiedener Dokumente, deren Echtheit und Wahrheitsgehalt zu überprüfen sind, und der Aussagen des Antragstellers, deren Glaubwürdigkeit zu beurteilen ist, beruhen, wie es Art. 21 Abs. 7 des Visakodex vorsieht.

§ 28 Abs. 1 bis 3 VwGVG lautet wie folgt:

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das

Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Die Regelung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes im Falle, dass die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.

Mit Erkenntnis vom 26.6.2014, Ro 2014/03/0063, hat der VwGH festgestellt, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen werde daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gelte, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden.

Im gegenständlichen Fall liegt eine Mangelhaftigkeit im Sinne des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vor:

Die BF, eine syrische Staatsangehörige, stellte am 25.06.2019 gemeinsam mit ihrer Tochter bei der ÖB Damaskus einen Antrag auf Ausstellung eines für 88 Tage und zur mehrfachen Einreise berechtigenden Visums "C" für den deklarierten Hauptzweck "Besuch von Familienangehörigen oder Freunden". Als geplantes Einreisedatum wurde der 02.08.2019 und als Ausreisedatum der 28.10.2019 angegeben. Als einladende Person ist im Visumsantrag der Bruder der BF angeführt. Die vorgelegte EVE wurde von der Behörde zu Recht als tragfähig eingestuft.

Die BF legte im Zuge der Antragstellung unter anderem diverse Eigentumsnachweise über Grundstücke beziehungsweise Immobilien in Damaskus vor. Darüber hinaus brachte sie vor, als Yogalehrerin selbstständig zu sein und legte diverse Nachweise über eine Ausbildung zur Yogalehrerin vor.

Mit Aufforderung zur Stellungnahme vom 08.07.2019 wurde der BF durch die ÖB Damaskus mitgeteilt, dass Bedenken gegen die Erteilung des Visums bestehen würden, da Zweifel an der beruflichen Bindung der BF im Heimatstaat bestünden. Darüber hinaus reise sie gemeinsam mit ihrer Tochter, die keiner beruflichen Tätigkeit nachgehe, finanziell von der BF abhängig und nicht selbsterhaltungsfähig sei. Es bestünden daher begründete Zweifel an der Absicht der BF vor Ablauf der Gültigkeit des Visums den Schengen-Raum zu verlassen.

Mit Bescheid vom 25.07.2019 verweigerte die ÖB Damaskus das beantrage Visum. Die Behörde stützte ihre Entscheidung erkennbar auf Art. 32 Abs. 1 lit. b Visakodex, wonach die die Absicht der BF, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen, nicht festgestellt werde haben können.

Zunächst ist auszuführen, dass die Tochter der BF keine Beschwerde gegen den Bescheid der ÖB erhoben hat. Die Argumentation der Behörde, die Wiederausreise der BF sei nicht gesichert, da diese mit ihrer Tochter reise, welche im Heimatstaat nicht berufstätig und selbsterhaltungsfähig sei, kommt sohin nicht mehr zum Tragen.

Mit Beschwerdevorentscheidung der ÖB Damaskus vom 24.10.2019 wurde die Beschwerde der BF als unbegründet abgewiesen, da eine wirtschaftliche, soziale und familiäre Verwurzelung der BF im Heimatstaat nicht nachgewiesen worden sei. Ein aktueller Arbeitsnachweis der BF sei nicht vorgelegt worden. Die in Syrien lebende Tochter sei volljährig. Alle Geschwister der BF seien in Österreich (ein Bruder und eine Schwester) beziehungsweise in Frankreich (eine Schwester) wohnhaft. Die drei Vorvisa für den Schengen-Raum seien aus den Jahren 1993 und 2009. 2015 sei der BF von Frankreich ein Visum aufgrund mangelnder Verwurzelung im Heimatstaat verwehrt worden.

Hierzu ist zunächst auszuführen, dass gemäß Art. 32 Abs. 1 lit. b Visakodex ein Visum unter anderem dann zu verweigern ist, wenn begründete Zweifel an der vom Antragsteller bekundeten Absicht bestehen, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen.

Schon das Abstellen auf "begründete Zweifel" in Art. 32 Abs. 1 lit. b Visakodex macht deutlich, dass nicht ohne weiteres - generell - unterstellt werden darf, dass Fremde unter Missachtung der fremdenrechtlichen Vorschriften im Anschluss an die Gültigkeitsdauer eines Visums weiterhin im Schengenraum (unrechtmäßig) aufhältig bleiben. Es wird daher konkreter Anhaltspunkte in diese Richtung bedürfen, und die Behörde kann die Versagung eines Visums nicht gleichsam mit einem "Generalverdacht" zu Lasten aller Fremden begründen. Regelmäßig wird daher, wenn nicht gegenteilige Indizien bekannt sind, davon auszugehen sein, dass der Fremde vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums wieder ausreisen wird (vgl. VwGH vom 29.9.2011, Zl. 2010/21/0344 mit Hinweis auf E 20. Dezember 2007, 2007/21/0104), wobei begründete Zweifel zu Lasten des Fremden gehen.

Nach dem Urteil des EuGH vom 19.12.2013, C-84/12 verlangt diese Bestimmung von der Behörde nicht, Gewissheit zu erlangen, ob der Antragsteller beabsichtigt, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen. Die Behörde hat vielmehr festzustellen, ob begründete Zweifel an dieser Absicht bestehen. Zu diesem Zweck hat die Behörde eine individuelle Prüfung des Antrages vorzunehmen. Dabei sind zum einen die allgemeinen Verhältnisse im Wohnsitzstaat des Antragstellers und zum anderen seine persönlichen Umstände - insbesondere seine familiäre, soziale und wirtschaftliche Situation, seine Bindungen im Wohnsitzstaat und in den Mitgliedstaaten - zu berücksichtigen.

Es obliegt dem Antragsteller, Unterlagen zur Beurteilung seiner Rückkehrabsicht vorzulegen und etwaige Zweifel zu entkräften.

Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.12.2007, 2007/21/0104 führt unmissverständlich aus, dass (im Gegensatz zur alten Rechtslage) die Visumerteilung positiv voraussetzt, dass die Wiederausreise des Fremden gesichert erscheint. War es bisher (alte Rechtslage) Sache der Behörde, Anhaltspunkte für ein Verbleiben des Fremden in Österreich über die Gültigkeitsdauer des Visums hinaus darzutun, andernfalls das beantragte Visum zu erteilen war, muss sich ein derartiges Verbleiben - soll es zu einer Visumerteilung kommen - als unwahrscheinlich erweisen. Zweifel gehen, anders als nach der alten Rechtslage, daher nunmehr zu Lasten des Fremden.

Nach dem Gesagten kann im gegenständlichen Fall nicht davon ausgegangen werden, es lägen begründete Anhaltspunkte für die Annahme eines Verbleibens der BF im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten über die Gültigkeitsdauer des Visums hinaus vor. Die BF weist drei Schengen-Vorvisa auf. Sie ist jeweils vor Ablauf der Gültigkeit des Visums - zuletzt 2009 - aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ausgereist.

Überdies gab die BF im Laufe des Verfahrens unter anderem an, ihre angegebene Berufstätigkeit als selbständige Yogalehrerin könne mit Hilfe sozialer Medien (Facebook) verifiziert werden. Die Behörde hat im vorliegenden Fall unterlassen, diesem Vorbringen der BF nachzugehen. Aus den angegebenen Konten in den sozialen Medien ist ersichtlich, dass die BF tatsächlich selbstständig erwerbstätig ist. Auch die Angaben betreffend ihren Ex-Mann und die gemeinsame Tochter konnten auf diesem Weg durch das Bundesverwaltungsgericht nachvollzogen werden. Auch wurden Eigentumsnachweise über diverse Immobilien und einen PKW in Damaskus sowie Mietverträge vorgelegt. Die BF lukriert zumindest Einnahmen aus den vorgelegten Mietverträgen. Eine berufliche beziehungsweise wirtschaftliche Verwurzelung der BF kann somit angenommen werden.

Betreffend die Ausführungen der Behörde, alle Geschwister der BF seien im Schengen-Raum (Österreich und Frankreich) aufhältig, ist auszuführen, dass eine Nachschau im Zentralen Melderegister durch das Bundesverwaltungsgericht ergeben hat, dass nur ein Bruder der BF (Einlader) aufrecht in Österreich gemeldet ist. Die Ausführungen der Behörde sind daher nicht nachvollziehbar. Es kann daher angenommen werden, dass die BF neben ihrer Tochter auch über eine Schwester in Damaskus verfügt. Überdies hat es die Behörde unterlassen, die Beziehung der BF zu ihrer Tochter genauer zu beleuchten. Die Tochter der BF ist Studentin und finanziell von der BF abhängig. Daher scheint auch die familiäre Verwurzelung der BF in ihrem Heimatstaat gegeben.

Im fortgesetzten Verfahren wird die Behörde weitere Ermittlungen betreffend die Verwurzelung der BF in ihrem Heimatstaat - vor allem hinsichtlich der Beziehung der BF zu ihrer Tochter - anzustellen haben.

Das Bundesverwaltungsgericht weist noch auf die Spezifika und die verfahrensrechtlichen Einschränkungen (siehe § 11a FPG) der gegenständlichen Beschwerdeverfahren hin, weshalb die Durchführung der notwendigen Ermittlungen nicht im Interesse der Effizienz, Raschheit und Kostenersparnis durch dieses selbst durchgeführt werden können.

Gemäß § 11a Abs. 2 FPG waren das Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, individuelle
Verhältnisse, Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W175.2225875.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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