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L24004 Gemeindebedienstete Oberösterreich;Norm
AVG §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des Univ. Doz. Dr. Wilhelm S in L, vertreten durch Dr. Günter Tews, Rechtsanwalt in Linz, Volksfeststraße 32, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission der Landeshauptstadt Linz (Disziplinarsenat I) vom 27. Oktober 1997, Zl. 020-5, betreffend Verweisungsbeschluß in einem Disziplinarverfahren nach dem oberösterreichischen Statutargemeinden-Beamtengesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Linz hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Statutarstadt Linz. Er war bis zu seiner Suspendierung als ärztlicher Direktor (Leiter) des allgemeinen Krankenhauses in Linz tätig.
Mit - in Anwesenheit des Disziplinaranwaltes in der nichtöffentlichen Sitzung am 11. Jänner 1994 gefaßten - Beschluß der Disziplinarkommission der Landeshauptstadt Linz (Disziplinarsenat I) vom 14. Jänner 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer "wegen des Verdachtes von Dienstpflichtverletzungen nach §§ 21 und 28 StGBG in Verbindung mit §§ 32, 45, 48, 70 und 72 der Geschäftsordnung für den Magistrat der Landeshauptstadt Linz, §§ 14 und 15 Landesbeamtengesetz (in Verbindung mit § 2 StGBG) sowie § 34a O.ö. Krankenanstaltengesetz und Punkt 1 der Gleitzeitregelung der Bediensteten der Landeshauptstadt Linz die Disziplinaruntersuchung gemäß § 84 Abs. 3 StGBG eingeleitet".
Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. April 1998, Zl. 94/09/0305, wurde der im Instanzenzug ergangene Bescheid (Berufungserkenntnis) der Disziplinaroberkommission der Landeshauptstadt Linz vom 22. September 1994 im Umfang der Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides der Disziplinarkommission des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 18. Jänner 1994 über die Enthebung des Beschwerdeführers vom Dienst mit sofortiger Wirkung und die Kürzung seiner Bezüge wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im übrigen wird (zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen) auf die Entscheidungsgründe dieses, zur Suspendierung des Beschwerdeführers ergangenen Erkenntnisses verwiesen.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 27. Oktober 1997 faßte die belangte Behörde "nach Anhörung des Disziplinaranwaltes" in nichtöffentlicher Sitzung am 23. Oktober 1997 einen Beschluß mit folgendem Spruch:
I. Das mit Beschluß des Disziplinarsenates I der Disziplinarkommission der Landeshauptstadt Linz vom 14. Jänner 1994 gegen Herrn SR Dr. S, AKh, gemäß § 84 Abs. 3 StGBG eingeleitete und mit Beschluß des Disziplinarsenates I der Disziplinarkommission der Landeshauptstadt Linz vom 25. April 1994 gemäß § 85 Abs. 3 StGBG ruhend gestellte Disziplinarverfahren wird nunmehr fortgeführt und die Sache gemäß § 87 Abs. 2 StGBG zur mündlichen Verhandlung, welche am 24. November 1997 im neuen Rathaus, Hauptstraße 1-5, Zi. 1001, ab 8.30 Uhr stattfindet, verwiesen.
II. Dem Beschuldigten, SR Dr. S AKh, wird zur Last gelegt, im Zeitraum seiner Bestellung zum ärztlichen leiter des AKh mit 1.1.1987 bis zur Suspendierung, die mit Beschluß des Disziplinarsenates I der Disziplinarkommission der Landeshauptstadt Linz vom 18.1.1994 ausgesprochen wurde, seine Pflichten als Direktor des AKh in folgenden Punkten verletzt zu haben:
1. Deckung des ungerechtfertigten Bezuges von Ärztehonoraranteilen durch den Verwaltungsdirektor des AKh Herrn Mag. Sk.
2. Nichteinschaltung des Rechtsträgers bei der Verteilung der Ärztehonorare nach § 34a O.ö. Krankenanstaltengesetz.
3. Erbringung medizinischer Leistungen trotz eines ausdrücklichen Verbotes durch den Magistratsdirektor. Der Beschuldigte war zumindest in der 1. Medizinischen Abteilung ("Diagnosen und Therapie von Herzrhytmusstörungen"), am Institut für medizinisch-chemische Labordiagnostik ("Qualitätssicherung und Plausibilitätsprüfungen") und für das Institut Nuklearmedizin ("beratendes Zurseitestehen") tätig.
4. Beeinträchtigung der Unbefangenheit gegenüber einzelnen Akh-Abteilungen und Annahme von Zahlungen von Unterstellten offensichtlich ohne Erbringung der entsprechenden medizinischen Leistungen. Der Beschuldigte dürfte beispielhaft maßgebliche Honorare aus der 1. Medizinischen Abteilung Prim. Dr. L) für seine diesbezügliche Abteilungstätigkeit im Zeitraum 1991 bis 1993 in Höhe von mindestens rd S 1 Mio sowie auch im Zeitraum Jänner bis November 1993 für "beratendes Zurseitestehen" auf dem Sektor Kardiologie für das Institut für Nuklearmedizin von Prim. Dr. M einen Betrag von mehr als S 100.000,-- erhalten haben.
5. Ungerechtfertigte Partizipation am Verteilungsschlüssel der Ärztehonorare im Bereich der Aufnahmeärzte in der Höhe von 20 %, manchmal sogar 50 % ohne angemessene Gegenleistung.
6. Versäumnis bei Geltendmachung von Ärztehonoraren; offensichtliche Nichtverrechnung der Anteile im Bereich der Logopädie, weshalb der Stadt Linz, also dem AKh, Ärztehonoraranteile verlorengegangen sind.
7. Verstöße im Zusammenhang mit der gleitenden Arbeitszeit. Der Beschuldigte hat trotz der bestehenden Verpflichtung dazu seine Dienstzeit nicht im Wege der gleitenden Arbeitszeit und der dazu ergangenen Regulative mit Hilfe der dafür geschaffenen Einrichtungen administriert.
8. Ungerechtfertigte Verrechnung und Inempfangnahme von Leistungen der Physiotherapie offensichtlich ohne Erbringung angemessener Gegenleistungen.
III. Gemäß § 88 Abs. 1 und 3 StGB wird das persönliche Erscheinen des Beschuldigten zur mündlichen Verhandlung angeordnet."
In der Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe es unterlassen, den Dienstgeber rechtzeitig von den ihm bekannten, rechtswidrigen Tätigkeiten des namentlich genannten Verwaltungsdirektors des allgemeinen Krankenhauses (Beteiligung am Turnusärztetopf) zu informieren; zu dieser Thematik werde auf die Einvernahme des Beschwerdeführers vom 17. Dezember 1993 "vor dem OA" verwiesen. Dem Beschwerdeführer werde diesbezüglich eine Verletzung der Bestimmungen der §§ 21 und 28 Abs. 1 StGBG vorgeworfen. Der Beschwerdeführer sei verpflichtet gewesen, allfällige bekannte Übelstände dem Dienstgeber umgehend bekanntzugeben bzw. an einer rechtzeitigen Information des Dienstgebers aktiv mitzuwirken. Hinsichtlich der Verteilung der Ärztehonorare habe der Beschwerdeführer keine Zustimmung des Rechtsträgers eingeholt, sondern sich selbst Honoraranteile (im Gesamtausmaß von offensichtlich mehr als 1,5 Mio Schilling) genehmigt. Selbst wenn der Beschwerdeführer für die Verteilung von Honoraren zuständig gewesen wäre, hätte diese Vorgangsweise eine Unvereinbarkeit bzw. Befangenheit hervorgerufen. Es sei auch eine Einigung mit den betroffenen Ärzten unterblieben. Nach den vorliegenden Fakten fehle die Leistungsbezogenheit zwischen Konsumierung, Honorar und erbrachter medizinischer Tätigkeit. Dies wäre als Verstoß gegen § 58 GOM, § 32 GOM sowie gegen § 28 StGBG zu werten. Für die Bestellung des Beschwerdeführers zum ärztlichen Leiter sei ausschlaggebend gewesen, daß sich die Stadt Linz für einen Bewerber entschieden habe, der die Funktion des Direktors als hauptamtlicher Leiter habe wahrnehmen können. Es sei von Anfang an von Seiten des Krankenhausträgers nicht gewünscht gewesen, daß der ärztliche Leiter neben den Administrationsaufgaben medizinische Tätigkeiten entfalte. Am 2. Oktober 1990 sei dem Beschwerdeführer unmißverständlich die Weisung erteilt worden, jedwede ärztliche Tätigkeit, mit Ausnahme von Notfällen, zu unterlassen; medizinische Tätigkeiten seien dem Beschwerdeführer ausdrücklich untersagt worden. Wie der Aktenlage zu entnehmen sei, sei dieses Verbot in der Form einer Weisung von Herrn MD offensichtlich nicht befolgt worden. Es bestehe der Verdacht, daß der Beschwerdeführer im Bereich der
1. Medizinischen Abteilung und an den beiden anderen genannten Instituten medizinische Aktivitäten entfaltet habe. Dies wäre als eine vorsätzliche Mißachtung einer Dienstanweisung zu werten und stelle einen Verstoß gegen § 21 Abs. 3 StGBG bzw. §§ 44 und 48 GOM dar. Nach den vorliegenden Untersuchungsergebnissen sei auffallend, daß die genannten Abteilungen, in deren Bereichen der Beschwerdeführer sich betätigt habe, im Vergleich zu anderen Abteilungen besonders hohe Investitionsbeträge erhalten hätten. Es bestehe der Verdacht, daß auf Grund von Honorarflüssen an den Beschwerdeführer dessen Objektivität und Unbefangenheit bei der Behandlung dieser Abteilungen beeinträchtigt gewesen sei. Diese Vorgangsweise stelle einen Verstoß gegen § 21 StGBG dar. Es bestehe nach der Aktenlage der Verdacht, daß der Beschwerdeführer der namentlich genannten Leiterin des Instituts für Nuklearmedizin seine Hilfe gegen Honorarbeteiligung angeboten und im festgestellten Zeitraum mehr als S 100.000,-- ohne adäquate Gegenleistung erhalten habe. Nach der Aktenlage habe der Beschwerdeführer im Bereich der Aufnahmeärzte einen Verteilungsschlüssel eingeführt und (in Höhe von 20 % bzw. 50 %) festgesetzt. Im Bereich der Ambulanz sei von den GR-Beschlüssen vom 2. Februar 1987 und 21. Jänner 1993 über die Höhe der Prozentschlüssel für ärztliche Honoraranteile nicht erfaßt worden. Der Beschwerdeführer hätte daher den Verteilungsschlüssel nicht erfinden und genehmigen dürfen. Im Bereich der logopädischen Leistungen habe es der Beschwerdeführer unterlassen, eine Regelung der Verrechnung von Ärztehonoraren herbeizuführen. In diesem Lichte sei der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung gemäß den §§ 21 StGBG, 70 Abs. 1 und 4 sowie 72 GOM zu sehen. Die Bestimmungen der Gleitzeitregelung würden auch für das allgemeine Krankenhaus gelten. Der Beschwerdeführer sei dem Verwaltungspersonal zuzurechnen und hätte seine Dienstzeit im Wege der gleitenden Arbeitszeit und der dazu ergangenen Regulative und mit Hilfe der dafür geschaffenen Einrichtungen administrieren müssen. Ein Zuwiderhandeln gegen die Gleitzeitregelung sei als Dienstpflichtverletzung gemäß § 21 StGBG einzustufen. Der Beschwerdeführer habe seit 1987 ohne formale Zustimmung des Rechtsträgers sämtliche Ärztehonorare aus dem Bereich Physiotherapie erhalten. Für die vom Beschwerdeführer insoweit behauptete Zustimmung liege keinerlei Nachweis vor. Auf diesem Gebiet habe der Beschwerdeführer nicht jene Leistungen in adäquatem Ausmaß erbracht, die er abgegolten erhalten habe. Die angebliche Tätigkeit des Beschwerdeführers auf dem Gebiet der Physiotherapie sei auch grundsätzlich mit dem Verbot des Herrn MD nicht in Einklang zu bringen. Hinsichtlich sämtlicher unter Punkt II. zur Last gelegter Verstöße sei anzumerken, daß die Erhebungen des OA und des KoA zumindest die dargestellten Verdachtsmomente begründen ließen. Die "verfahrensrechtlichen Anordnungen" seien in den zitierten Gesetzesstellen begründet. Die Disziplinarsache sei mit Zustimmung des Disziplinaranwaltes gemäß § 87 Abs. 2 StGBG zur mündlichen Verhandlung verwiesen worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, daß "bei der gegebenen Sach- und Rechtslage gegen ihn kein Disziplinarverfahren fortgeführt bzw. geführt wird". Er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der mit der Begründung, der angefochtene Verweisungsbeschluß sei kein vor den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts anfechtbarer Bescheid, die kostenpflichtige Zurückweisung und lediglich hilfsweise die Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Zu dem mit Berichterverfügung vom 2. Jänner 1998 unter Hinweis auf die Säumnisfolge des § 38 Abs. 2 VwGG erteilten Auftrag zur Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens erklärte die belangte Behörde, aus den in der Gegenschrift dargelegten Gründen auf Übermittlung der Akten des laufenden Disziplinarverfahrens zu verzichten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 84 des oberösterreichischen Statutargemeinden-Beamtengesetz (StGBG) regelt die Einleitung des Disziplinarverfahrens und bestimmt dazu in seiem Abs. 3, daß die Disziplinarkommission nach Anhören des Disziplinaranwaltes ohne mündliche Verhandlung beschließt, ob die Untersuchung einzuleiten sei oder nicht. Vor dieser Entscheidung kann sie die Vornahme von Erhebungen verfügen, die durch den Untersuchungskommissär durchzuführen sind.
Nach Abs. 5 dieser Gesetzesstelle kann die Disziplinarkommission mit Zustimmung des Disziplinaranwaltes anstelle des Beschlusses auf Einleitung der Disziplinaruntersuchung sofort die Verweisung der Sache zur mündlichen Verhandlung (§ 87) beschließen.
Gemäß § 84 Abs. 6 leg. cit. ist mit einer Beschlußfassung der Disziplinarkommission auf Einleitung der Disziplinaruntersuchung oder Vornahme von Erhebungen oder Verweisung zur mündlichen Verhandlung das Disziplinarverfahren eingeleitet.
Nach § 87 Abs. 2 StGBG beschließt die Disziplinarkommission ohne mündliche Verhandlung, ob die Sache zur mündlichen Verhandlung zu verweisen, eine Ergänzung der Untersuchung durchzuführen oder das Verfahren einzustellen ist.
Im Verweisungsbeschluß müssen nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle die dem Beschuldigten zur Last gelegten Pflichtverletzungen bestimmt angeführt und die Verfügungen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung bezeichnet werden.
Der Verweisungsbeschluß ist gemäß § 87 Abs. 4 leg. cit. dem Beschuldigten und dem Disziplinaranwalt spätestens mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung (§ 88) zuzustellen. Binnen einer Woche nach Zustellung des Verweisungsbeschlusses können der Beschuldigte und der Disziplinaranwalt weitere Änträge stellen, über die die Disziplinarkommission ohne Zulassung eines gesonderten Rechtsmittels entscheidet. Gegen den Verweisungsbeschluß ist kein Rechtsmittel zulässig.
Soweit in diesem Abschnitt (das ist der 6. Abschnitt über die Ahndung von Pflichtverletzungen) nichts anderes bestimmt ist, sind zufolge § 112 StGBG im Disziplinarverfahren die für das Verwaltungsstrafverfahren geltenden Vorschriften anzuwenden.
Nach ständiger Rechtsprechung beider Gerichtshöfe öffentlichen Rechts sind Einleitungsbeschluß und Verweisungsbeschluß (Verhandlungsbeschluß) nach vergleichbaren Bestimmungen der Dienstpragmatik bzw. dem BDG 1979 nicht bloß als prozessuale Verfügungen, sondern - im Hinblick auf die mit diesen Rechtsakten verbundenen Rechtswirkungen - als Bescheide zu qualifizieren (vgl. hiezu die hg. Erkenntnissen vom 13. November 1985, Zlen. 84/09/0151 und 84/09/0152, vom 5. April 1990, Zl. 89/09/0131, und vom 15. September 1994, Zl. 92/09/0382, sowie die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes in VfSlg. Nr. 7615 und Nr. 7907). Auch in einem Disziplinarverfahren nach dem oberösterreichischen Statutargemeinden-Beamtengesetz (StGBG) sind die Beschlußfassung der Disziplinarkommission auf Einleitung der Disziplinaruntersuchung (Einleitungsbeschluß) und der Verweisungsbeschluß (Verhandlungsbeschluß) auf Grund ihrer rechtlichen Wirkungen als Bescheide zu qualifizieren (vgl. hiezu auch das zum StGBG ergangene hg. Erkenntnis vom 24. November 1997, Zlen. 95/09/0201, 0202 und 0253).
Die belangte Behörde verkennt bei der Argumentation in ihrer Gegenschrift, daß der Bestimmung des § 87 Abs. 4 letzter Satz StGBG nur entnommen werden kann, daß mangels eines vom Gesetzgeber vorgesehenen Instanzenzuges dieser mit Erlassung des Verweisungsbeschlusses erschöpft ist. Daß allein aus diesem Grund gegen einen Verweisungsbeschluß die Beschwerdeerhebung an die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts unzulässig wäre, ergibt sich weder aus § 87 Abs. 4 leg. cit. noch aus anderen Bestimmungen des StGBG. Als bloß verfahrensrechtlicher Akt kann ein Verweisungsbeschluß nach dem StGBG aber nicht gewertet werden, weil dieser am Beginn der mündlichen Verhandlung zu verlesen ist (§ 89 Abs. 4 StGBG) und die Disziplinarkommission bei Fällung ihres - entweder auf Freispruch oder Schuldspruch lautenden - Erkenntnisses nur auf das Rücksicht nehmen darf, was in der mündlichen Verhandlung vorgebracht wurde (§ 92 StGBG). Dies bedeutet aber, daß auch im Disziplinarverfahren nach dem oberösterreichischen StGBG der Verweisungsbeschluß die sachliche Zuständigkeit der Disziplinarkommission bei Fällung ihres Disziplinarerkenntnisses begrenzt, weil sie über eine Tat, die im Verweisungsbeschluß nicht als Anschuldigungspunkt angeführt wurde, nicht urteilen soll (vgl. hiezu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes in VfSlg. Nr. 5694 sowie
G. Kucsko-Stadelmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten,
2. Auflage, Seite 425f).
Die Beschwerde erweist sich somit - entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde - als zulässig. Sie ist, soweit darin das Fehlen der inhaltlichen Mindestvoraussetzungen eines Verweisungsbeschlusses (Verhandlungsbeschluß) gerügt wird, aus folgenden Erwägungen auch im Ergebnis berechtigt:
Zunächst ist festzustellen, daß - ebenso wie im Suspendierungsverfahren des Beschwerdeführers - der den Beschwerdeführer betreffende Einleitungsbeschluß in Anwesenheit des Disziplinaranwaltes bei der nichtöffentlichen Sitzung und demnach von einem unrichtig zusammengesetzten Kollegialorgan gefaßt wurde. Dieses Einschreiten einer unzuständigen Behörde vgl. hiezu das den Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom 15. April 1998, Zl. 94/03/0305) und die mithin nicht mit der Rechtslage in Einklang stehende Einleitung des Disziplinarverfahrens führt - nach der im Beschwerdefall anzuwendenden Rechtslage - nicht bereits aus diesem Grund zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weil das oberösterreichische StGBG nach seinem § 84 Abs. 5 mit Zustimmung des Disziplinaranwaltes eine sofortige Verweisung der Sache zur mündlichen Verhandlung zuläßt und in einem solchen Fall dem Verweisungsbeschluß gemäß § 84 Abs. 6 StGBG dann (auch) die Wirkung eines Einleitungsbeschlusses zukommt. Daß im Beschwerdefall der angefochtene Verweisungsbeschluß ohne die erforderliche Zustimmung des Disziplinaranwaltes gefaßt worden wäre bzw. die im angefochtenen Bescheid über das Vorliegen einer solchen Zustimmung getroffene Feststellung unzutreffend sei, wird vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nicht behauptet (vgl. insoweit auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes in VfSlg. Nr. 7615).
Für den Verweisungsbeschluß nach dem § 87 StGBG kommen - gleichfalls wie für einen Verhandlungsbeschluß nach der im wesentlichen inhaltsgleichen Bestimmung des § 124 BDG 1979 im Bereich des Bundesdienstrechtes - die in Verbindung mit den §§ 112 StGBG und 24 VStG anzuwendenden Bestimmungen des § 58 Abs. 1 und 2 AVG insofern zur Anwendung, als er - neben der Rechtsmittelbelehrung - einen Spruch und eine Begründung zu enthalten hat. Nach § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch unter anderem die in Verhandlung stehende Angelegenheiten in möglichst getrennter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. In der Begründung wird insbesondere darzulegen sein, welche Beweise und Erhebungen dazu geführt haben, daß der Sachverhalt ausreichend geklärt erscheint. Im Spruch des Verweisungsbeschlusses sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen. Aus dem Begriff der Anschuldigung folgt, daß anzugeben ist, welche Dienstpflichten der beschuldigte Beamte im einzelnen durch welches Verhalten verletzt haben soll, also welchen gesetzlichen Bestimmungen der angeführte Sachverhalt zu unterstellen sein wird. Gegenstand und Grundlage eines Disziplinarerkenntnisses dürfen nur die Anschuldigungspunkte sein, die im Verhandlungsbeschluß dem Beamten als Dienstpflichtverletzungen zur Last gelegt wurden. Angesichts dieser Bedeutung des Verweisungsbeschlusses für den Gegenstand und die Entscheidungsgrundlagen des Disziplinarerkenntnisses kommt der "bestimmten" Darstellung der Tatsachen, in denen eine Dienstpflichtverletzung erblickt wird, rechtserhebliche Bedeutung zu: Der vorgeworfene Sachverhalt muß der Eigenart der Dienstpflichtverletzung entsprechend substantiiert dargestellt sein, also schlüssig alle Einzelumstände darstellen, die Voraussetzung für den Tatbestand der Dienstpflichtverletzung und für die Strafbemessung sind. Danach gehört zum notwendigen Inhalt eines Verweisungsbeschlusses die spruchmäßige Darstellung der Tatsachen, in denen eine Dienstpflichtverletzung gesehen wird. Er muß eine so hinreichende Substantiierung enthalten, daß dem Beamten eine sachgerechte Verteidigung möglich und die - an den Inhalt und Umfang der Anschuldigung gebundene - Disziplinarkommission in der Lage ist, den in bestimmter Hinsicht erhobenen Vorwürfen nachzugehen, ohne genötigt zu sein, aus einem allgemeinen Sachverhalt das herauszufiltern, was als konkrete Verletzung der Dienstpflichten in Betracht kommt (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 27. April 1989, Zl. 88/09/0004, vom 18. Oktober 1990, Zl. 90/09/0107, vom 16. Juli 1992, Zl. 92/09/0016, vom 24. November 1997, Zlen. 95/09/0201, 0202 und 0253, sowie vom 18. März 1998, Zl. 96/09/0145).
Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Bescheid nicht.
Im Spruch des angefochtenen Bescheides wurde nicht angegeben, welche konkreten Dienstpflichten der Beschwerdeführer verletzt habe. Die belangte Behörde begnügte sich in dieser Hinsicht mit der allgemein gehaltenen Formulierung, der Beschwerdeführer habe "seine Pflichten als Direktor des AKh" verletzt. Dies führte nicht nur dazu, daß im Spruch eine (vorläufige) Subsumtion, welchen gesetzlichen Bestimmungen ein angelasteter Sachverhalt voraussichtlich zu unterstellen sein wird, gänzlich unterblieben ist, sondern im Spruch des angefochtenen Bescheides fehlen zudem konkret umschriebene Taten, kann doch den mit unbestimmten Begriffen umschriebene Anschuldigungen ein ausreichend individualisierter Sachverhalt nicht entnommen werden. Die belangte Behörde verkennt dabei, daß - wie häufig im Disziplinarrecht anzutreffen - die als Pflichtverletzungen zu ahndenden Tatbestände auch im oberösterreichischen StGBG und in den weiteren, die Dienstpflichten derartiger Dienstverhältnisse regelnden Vorschriften nicht durch konkrete Übertretungstatbestände umschrieben werden, sondern durch zahlreiche unbestimmte Begriffe gekennzeichnet sind und damit einen erheblichen Spielraum einräumen, Verhaltensweisen als Dienstpflichtverletzungen zu qualifizieren. Solcherart ist es aber unumgänglich notwendig, im Verweisungsbeschluß unbestimmte Begriffe eines disziplinarrechtlich zu ahndenden Tatbestandes im Spruch des Verweisungsbeschlusses in den (bestimmt anzugebenden) Anschuldigungspunkten mit einem konkreten Sachverhalt zu erfüllen. Schon diese Mängel belasten den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Des weiteren hat die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides im Ergebnis das Erfordernis der Angabe von konkreten Tatzeiten dadurch umgangen, daß dem Beschwerdeführer pauschal die gesamte Zeit seines Dienstverhältnisses (ab 1. Jänner 1987) bis zu seiner Suspendierung als Tatzeit zur Last gelegt wurde. Für dieses Absehen von der Angabe konkreter Tatzeiten für die einzelnen Anschuldigungen wird im angefochtenen Bescheid keine Begründung gegeben. Diese zusammenfassende Umschreibung des Tatzeitraumes hätte aber in der Bescheidbegründung eine Auseinandersetzung damit erfordert, inwieweit und in welchem nach Art und Zahl bezeichneten Umfang der Beschwerdeführer - bezogen auf die einzelnen Anschuldigungen - im wesentlichen gleichartige Handlungen in dem angegebenen Tatzeitraum begangen habe. In diese Zusammenhang hätte die belangte Behörde auch den Lauf der Verfolgungsverjährungsfrist untersuchen und dazu Feststellungen treffen müssen. Dem angefochtenen Bescheid ist demnach auch nicht zu entnehmen, ob und inwieweit eine rechtzeitige, innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist gelegene disziplinarrechtliche Verfolgung des Beschwerdeführers stattgefunden hat. Dazu ist neuerlich darauf zu verweisen, daß im vorliegenden Fall der für die Verfolgungsverjährung bedeutsame Einleitungsbeschluß von einer unzuständigen Behörde erlassen wurde.
Der Mangel der fehlenden Subsumtion und nicht konkretisierten Tatumschreibung im Spruch kann im Beschwerdefall durch Heranziehung der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht mehr behoben werden, findet doch nach ständiger Rechtsprechung eine derartige Auslegung des Spruches ihre Grenze darin, daß die Ergänzung eines unvollständig gebliebenen (normativen) Spruches durch Hereinnahme von Begründungselementen unzulässig ist (vgl. dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I,
2. Auflage, Seite 983, E 52-54 wiedergegebene hg. Judikatur).
Dazu kommt, daß die hinsichtlich der Tatumschreibung - den § 58 Abs. 2 und 60 AVG in Verbindung mit den §§ 112 StBGB und 24 VStG nicht genügende - Bescheidbegründung nicht schlüssig (nachvollziehbar) darstellt, inwieweit und durch welches konkrete Verhalten der Beschwerdeführer die in der Begründung genannten gesetzlichen Bestimmungen verletzt haben soll. So kann etwa der Bescheidbegründung nicht ausreichend entnommen werden, aus welchem Grund der Bezug des Verwaltungsdirektors "ungerechtfertigt" gewesen sein soll bzw. welchen Sachverhalt der Beschwerdeführer in dieser Hinsicht "gedeckt" habe. Welche "medizinischen Leistungen" der Beschwerdeführer zu Unrecht erbracht, bzw. welche unzulässigen "medizinischen Aktivitäten" er entfaltet habe, ist der Bescheidbegründung nicht zu entnehmen. Des weiteren ist aus dieser nicht nachvollziehbar zu erkennen, welcher konkrete Sachverhalt zu der Annahme führte, der Beschwerdeführer habe einzelne Abteilungen des Krankenhauses unsachlich begünstigt. Für welche "medizinischen Leistungen" der Beschwerdeführer angeblich zu Unrecht honoriert worden sein soll, ist nach der Bescheidbegründung nicht zu erkennen. Auch die Beurteilung, der Beschwerdeführer sei dem Verwaltungspersonal zuzurechnen und habe demnach eine Gleitzeitregelung einzuhalten gehabt, wurde nicht begründet. Welche rechtlichen Grundlagen zu der Beurteilung geführt haben, der Beschwerdeführer habe am Verteilungsschlüssel "ungerechtfertigt" partizipiert, wird vor dem Hintergrund der Bescheidbegründung nicht ausreichend deutlich.
Der Beschwerdeführer rügt in seiner Beschwerde des weiteren im Ergebnis, daß die belangte Behörde den angefochtenen Verweisungsbeschluß noch nicht hätte fassen dürfen, weil zur ausreichenden Klärung der Sache eine Ergänzung der Disziplinaruntersuchung notwendig gewesen wäre. Er verweist in diesem Zusammenhang darauf, daß im Rahmen der Untersuchung zu von ihm erstatteten und in der Beschwerde wiedergegebenen Vorbringen keine Beweise aufgenommen worden seien.
Die belangte Behörde ist diesem Vorbringen in ihrer Gegenschrift nicht entgegengetreten. Da die Akten des Verwaltungsverfahrens von der belangten Behörde dem Verwaltungsgerichtshof nicht vorgelegt wurden, ist gemäß § 38 Abs. 2 VwGG in dieser Hinsicht von den Behauptungen des Beschwerdeführers auszugehen. Die demnach zugrundezulegende Behauptung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe in Verletzung der Bestimmung des § 80 Abs. 3 StGBG eine gemäß § 87 Abs. 2 leg. cit. vor Erlassung des angefochtenen Verweisungsbeschlusses notwendige Ergänzung der Untersuchung unterlassen, wird zudem auch dadurch erhärtet, daß der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht ausreichend deutlich zu entnehmen ist, welche Beweise und Erhebungen zur Annahme eines gegen den Beschwerdeführer bestehenden Verdachtes bzw. dazu geführt haben, daß die Sache als ausreichend geklärt anzusehen sei, um sie zur mündlichen Verhandlung zu verweisen. Welche Beweise und Erhebungen etwa mit der Formulierung "aus der Aktenlage" und "den durchgeführten Erhebungen des OA und des KoA" gemeint sind und welchen Inhalt diese haben, ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Der Verwaltungsgerichtshof ist somit durch die dargestellten Begründungsmängel auch darin gehindert, die inhaltliche Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides zu prüfen.
Da der angefochtene Bescheid den vom Gesetz verlangten Anforderungen nicht genügte, war er wegen dieser prävalierenden inhaltlichen Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die geltend gemachte Umsatzsteuer, die neben dem pauschalierten Schriftsatzaufwand nicht zuerkannt werden kann und die für Beilagen verzeichneten Barauslagen, da die gemäß § 24 Abs. 3 VwGG zu entrichtende Gebühr die Beilagen umfaßt.
Schlagworte
Einhaltung der FormvorschriftenRechtsmittelbelehrungOffenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Besondere Rechtsgebiete DienstrechtSpruch und BegründungBegründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelIndividuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997090365.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
31.10.2016