TE OGH 2020/1/21 1Ob236/19s

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Veröffentlicht am 21.01.2020
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** GmbH, *****, vertreten durch die KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH, Wien, gegen die beklagte Partei Z*****, d.d., *****, Slowenien, vertreten durch die ScherbaumSeebacher Rechtsanwälte GmbH, Graz, wegen Feststellung, infolge des „außerordentlichen“ Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 18. November 2019, GZ 6 R 22/19f-65, mit dem der als Urteil bezeichnete Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 31. Juli 2019, GZ 29 Cg 70/15k-60, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Rekursgericht mit dem Auftrag übermittelt, die angefochtene Entscheidung durch einen Bewertungsausspruch gemäß § 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 2 Z 1 ZPO zu ergänzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass der Beklagten im Zusammenhang mit einem bestimmten Hochwasserereignis keine Ansprüche – aus welchem Rechtsgrund auch immer – zustehen. Sie erhob weiters ein ebenfalls auf Feststellung gerichtetes Eventualbegehren, nicht zum (Rück-)Ersatz von Entschädigungszahlungen und von der Beklagten als Versicherer [an Dritte] erbrachten Leistungen im Zusammenhang mit diesem Hochwasserereignis verpflichtet zu sein.

Das Erstgericht wies über Einrede der Beklagten sowohl das Haupt- als auch das Eventualbegehren mangels Vorliegens der internationalen Zuständigkeit zurück.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin Folge und änderte die erstinstanzliche Entscheidung dahin ab, dass es die Einrede der mangelnden internationalen Zuständigkeit verwarf. Es erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs – ohne Bewertung des Entscheidungsgegenstands – für nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Ob der Oberste Gerichtshof zur Entscheidung über den ihm direkt vorgelegten „außerordentlichen“ Revisionsrekurs der Beklagten funktionell zuständig ist, kann noch nicht beurteilt werden:

Gemäß § 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 2 Z 1 ZPO hat das Rekursgericht bei einem nicht ausschließlich in einem Geldbetrag bestehenden Streitgegenstand auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR übersteigt, bejahendenfalls ob er auch 30.000 EUR übersteigt. Die Klägerin bewertete zwar ihr Feststellungsbegehren mit 250.000 EUR. Der Bewertungsausspruch nach § 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 2 Z 1 ZPO wird aber durch eine von der Klägerin gemäß § 56 Abs 2 JN vorgenommene Angabe des Werts des Streitgegenstands nicht ersetzt (RIS-Justiz RS0042296) und das Gericht zweiter Instanz ist daran auch nicht gebunden (RS0043252 [T1]).

Zwar ist das Begehren auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer bestimmten Geldforderung grundsätzlich nicht nach § 56 Abs 2 JN zu bewerten, weil ein geldgleicher Anspruch Streitgegenstand ist und der Streitwert den dem Feststellungsbegehren zugrunde liegenden Geldbetrag entspricht (RS0042439 [T1, T2, T3]; RS0114182 [T1]). Im vorliegenden Fall liegen den Feststellungsbegehren aber keine ziffernmäßig bestimmten Forderungen zugrunde, beziehen sich doch sowohl das Haupt- als auch das Eventualbegehren (dessen Zurückweisung das Rekursgericht aufhob und dessen Streitwert daher ebenfalls maßgeblich ist: vgl RS0039370; RS0042305 [T2, T5, T10]) auf die negative Feststellung zur Haftung der Klägerin für Ansprüche oder Zahlungen der Beklagten ohne Bezugnahme auf eine bestimmte Geldforderung (vgl auch RS0114182 [T2, T3]). Eine Bewertung durch das Rekursgericht ist daher unumgänglich; das Fehlen eines solchen Ausspruchs führt zum Auftrag einer entsprechenden Ergänzung (RS0114386).

Sollte das Rekursgericht aussprechen, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR, läge ein Fall des § 528 Abs 2 Z 1a ZPO vor. Diesfalls hätte das Rekursgericht gemäß § 528 Abs 2a iVm § 508 Abs 3 und 4 ZPO zu entscheiden. Das gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist und wenn der Rechtsmittelwerber im Schriftsatz nicht im Sinn des § 528 Abs 2a iVm § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil ein solcher Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserbar wäre (RS0109623). Sollte das Rekursgericht in seinem nachzuholenden Bewertungsausspruch gemäß § 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO den Entscheidungsgegenstand mit mehr als 30.000 EUR bewerten, wäre das Rechtsmittel neuerlich dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen.

Aus den genannten Erwägungen ist der Akt dem Rekursgericht zurückzustellen.

Textnummer

E127458

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0010OB00236.19S.0121.000

Im RIS seit

04.03.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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