TE Pvak 2020/2/4 B8-PVAB/19

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Veröffentlicht am 04.02.2020
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Norm

PVG §28 Abs1
BDG 1979 §109 Abs1
PVG §41 Abs4

Schlagworte

Dienstrechtliche Verantwortung; Zustimmung des PVO, dem der PV angehört; Erhebungen zur vorläufigen Klarstellung des Sachverhalts

Text

B 8-PVAB/19

Prüfungsergebnis

Die Personalvertretungsaufsichtsbehörde hat durch ihre Mitglieder Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI als Vorsitzende sowie Dr.in Anita PLEYER als Vertreterin des Dienstgebers und Mag. Walter HIRSCH als Vertreter der Dienstnehmer/innen die im Wege des zuständigen Zentralausschusses beim Bundesministerium für Inneres (ZA) gemäß § 41 Abs. 5 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (PVG), BGBl. Nr. 133/1967, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 58/2019, eingebrachte Beschwerde des Dienststellenausschusses beim *** (DA) gegen das Organ des Dienstgebers A (DL) wegen behaupteter Verletzung des § 28 Abs. 1 PVG gemäß § 41 Abs. 4 PVG mit folgendem Ergebnis geprüft:

A hat in seiner Funktion als Organ des Dienstgebers (DL) in der in Beschwerde gezogenen Angelegenheit betreffend bestimmte Aussendungen eines Mandatars der Personalvertretung die Vorgaben des § 28 Abs. 1 PVG nicht verletzt.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 15. November 2019 legte der DA seine Beschwerde vom 4. November 2019 wegen behaupteter Verletzung des § 28 Abs. 1 PVG durch die Anordnung von Ermittlungen zu bestimmten Aussendungen eines Personalvertreters durch den DL in seiner Funktion als Organ des Dienstgebers dem ZA zur Weiterleitung an die PVAB vor.

Der ZA legte der PVAB die Beschwerde mit Schreiben vom 19. Dezember 2019 vor.

Nach § 41 Abs. 4 PVG kann sich ein Personalvertretungsorgan (PVO) wegen behaupteter Verletzung des PVG innerhalb des letzten Jahres durch ein Organ des DG bei der PVAB beschweren, wobei solche Beschwerden im Wege des zuständigen ZA einzubringen sind.

Nach ständiger Rechtsprechung der PVAK, an der auch die PVAB unverändert festhält, muss die behauptete Verletzung des PVG innerhalb des letzten Jahres vor dem Beschluss des PVO, der der Beschwerde an die PVAB zugrunde liegt, erfolgt sein (Schragel, PVG, § 41, Rz 33, mwN).

Die in Beschwerde gezogenen behaupteten Verletzungen des PVG ereigneten sich am 19. März 2019 und am 12. April 2019. Der DA beschloss am 4. November 2019, Beschwerde an die PVAB zu erheben. Der relevante Jahreszeitraum liegt zwischen 4. November 2018 und 4. November 2019. Die Beschwerde des DA über die behaupteten Verletzungen des PVG vom 19. März 2019 und vom 12. April 2019 erfolgte somit fristgerecht iSd § 41 Abs. 4 PVG.

Der Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein Mitglied des DA verschickte am 15. Jänner 2019 und am 4. März 2019 Aussendungen, in denen Vorwürfe gegen Organe des Dienstgebers erhoben wurden.

Die Personalabteilung der Dienststelle (gezeichnet von B „für den Abteilungsleiter“) ordnete zwecks dienstrechtlicher Beurteilung dieser Aussendungen am 19. März 2019 Ermittlungen zur Klärung des Sachverhalts an.

Mit Schreiben der Personalabteilung der Dienststelle vom 12. April 2019 (gezeichnet von C aufgrund einer Approbationsbefugnis) wurde im Rahmen einer dienst- bzw. disziplinarrechtlichen Überprüfung das betreffende Mitglied des DA zur Konkretisierung der in den Aussendungen enthaltenen Vorwürfe aufgefordert.

Der DA erblickt in diesen ohne Zustimmung des DA angeordneten Ermittlungen eine Verletzung des § 28 Abs. 1 PVG durch den DL.

Die prüfungsrelevanten Anordnungen der Ermittlungen vom 19. März 2019 und vom 12. April 2019 sind sowohl dem DL und dem Beschwerde führenden DA, als auch dem ZA in vollem Wortlaut bekannt. Deshalb erübrigte sich eine Übermittlung von Sachverhaltsfeststellungen der PVAB an die betroffenen PVO und den DL, gegen den sich die vorliegende Beschwerde richtet.

Der prüfungsrelevante Sachverhalt ergibt sich aus den im Verfahren vorgelegten Unterlagen, wurde vom DL in seiner Stellungnahme zum Beschwerdevorbringen vom 27. Jänner 2020 nicht bestritten und steht daher fest.

Rechtliche Beurteilung

Die ihre Funktion ausübenden Personalvertreter/innen dürfen hierfür dienstrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden. Der Begriff der dienstrechtlichen Verantwortung entstammt dem Dienstrecht (§ 91 Abs. 1 BDG 1979). Nicht eindeutig geklärt ist, welches Vorgehen bereits als dienstrechtliche Verantwortung anzusehen ist. Dienstrechtlich zur Verantwortung gezogen wird jede/r Bedienstete, gegen die/den auf Grund der einschlägigen dienstrechtlichen Vorschriften eine konkrete Maßnahme mit dem Ziel der Ahndung eines bestimmten Verhaltens ergriffen wird. Das geschieht durch bloße Erhebungen vor der eventuellen Erstattung einer Disziplinaranzeige (§ 109 Abs. 1 BDG 1979) noch nicht, jedoch sehr wohl durch die Einleitung eines Disziplinarverfahrens. Formell wird ein Disziplinarverfahren erst eingeleitet, wenn die Disziplinarkommission die Durchführung eines solchen beschließt. Schon zuvor können gegen eine/n Bedienstete/n gravierende Maßnahmen gesetzt werden. So kommt eine vorläufige Suspendierung vom Dienst (§ 112 BDG 1979) bzw. die Dienstenthebung eines Soldaten oder dessen vorläufige Festnahme in Betracht. Es kann aber auch bei Absehen von einer Disziplinaranzeige der/die Bedienstete belehrt oder ermahnt werden (§ 109 Abs. 2 BDG 1979), welche Maßnahme zumindest ein geringfügiges Verschulden voraussetzt, für den/die Bedienstete/n daher nachteilig sein kann und daher als dienstrechtliche Verantwortung gelten muss. Umso mehr gilt dies für die Erlassung einer Disziplinarverfügung durch die Dienstbehörde. Die Zustimmung des zuständigen PVO muss daher wesentlich früher als vor der formellen Einleitung eines Disziplinarverfahrens eingeholt und erteilt werden (Schragel, PVG, § 28, Rz 2, mwN).

Die Rechtsansicht, ein/e Bedienstete/r werde durch bloße Erhebungen zur vorläufigen Klarstellung des Sachverhalts vor der möglichen Erstattung einer Disziplinaranzeige noch nicht zur dienstrechtlichen Verantwortung gezogen, wird auch von der PVAB in ständiger Rechtsprechung vertreten.

Anders als vom Beschwerde führenden DA angenommen, werden durch solche Erhebungen, die vom Gesetzgeber in § 109 Abs. 1 BDG 1979 zwingend angeordnet werden, Bedienstete nicht zur dienstrechtlichen Verantwortung iSd § 28 Abs. 1 PVG gezogen. Nach § 109 Abs. 1 BDG 1979 hat der unmittelbar oder mittelbar zur Führung der Dienstaufsicht berufene Vorgesetzte (Dienstvorgesetzte) bei jedem begründeten Verdacht einer Dienstpflichtverletzung die zur vorläufigen Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen Erhebungen zu pflegen.

Diese zwingend vom Gesetzgeber vorgegebene Pflicht wurde von der Personalabteilung der Dienststelle wahrgenommen. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Erhebungen, wie vom DA in seiner Beschwerde vorausgesetzt, im Auftrag des DL vorgenommen wurden, obwohl die prüfungsrelevanten Aufträge vom 19. März 2019 und vom 12. April 2019 weder vom DL noch für ihn gezeichnet wurden.

Der DL hätte nämlich selbst dann keine Verletzung des § 28 Abs. 1 PVG zu verantworten, hätte er selbst die prüfungsrelevanten Erhebungsaufträge erteilt.

Aufgrund der gegebenen Sach- und Rechtslage hat der DL als Organ des Dienstgebers § 28 Abs. 1 PVG nicht verletzt. Die Beschwerde war nicht berechtigt.

 

Wien, am 4. Februar 2020

Die Vorsitzende:

Sektionschefin i.R. Prof.in Dr.in Eva-Elisabeth SZYMANSKI

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:PVAB:2020:B8.PVAB.19

Zuletzt aktualisiert am

25.02.2020
Quelle: Personalvertretungsaufsichtsbehörde Pvab, https://www.bundeskanzleramt.gv.at/personalvertretungsaufsichtsbehorde
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