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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §2 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des WH in W, vertreten durch Mag. Dr. Martin Deuretsbacher, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Oppolzergasse 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 10. September 1997, Zl. UVS-07/A/06/00324/97, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.220,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem Straferkenntnis der Behörde erster Instanz vom 14. April 1997 wurde der Beschwerdeführer wegen folgender Übertretung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für schuldig erkannt:
"Sie haben als Arbeitgeber und Betriebsinhaber der Firma WH, mit Standort in Wien, S-Straße, zu verantworten, daß am 13.1.1997 auf der Baustelle in Wien 22, W-Straße, folgende ausländische Staatsbürger mit Deckenmontagearbeiten beschäftigt wurden, ohne daß eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch Arbeitserlaubnis oder Befreiungsschein ausgestellt worden wären:
1)
S, geb. 10.6.1968, Staatsangehörigkeit: Polen;
2)
D, geb. 22.3.1977, Staatsangehörigkeit: Polen."
In der dagegen erhobenen Berufung bestritt der Beschwerdeführer unter anderem die Beschäftigung der genannten Ausländer. Er habe niemanden beauftragt, irgendwelche Hilfskräfte für irgendwelche Arbeiten heranzuziehen, die Leistungen seien von in seinem Unternehmen beschäftigten, mit allen Bewilligungen ausgestatteten Dienstnehmern hergestellt worden. Nach Bekanntwerden des Vorfalles und sofortiger Rücksprache mit einem seiner Dienstnehmer habe dieser zugegeben, daß er ohne das Wissen oder Bewilligung des Beschwerdeführers zwei polnische Freunde, welche ihm angeblich Geld schuldeten, zu Aufräumarbeiten herangezogen habe.
Die belangte Behörde führte eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. In dieser präzisierte der Beschwerdeführer sein Berufungsvorbringen. Sein als Zeuge einvernommener Dienstnehmer gab im wesentlichen an, er habe einen polnischen Bekannten am Kontrolltag mit seinem Privatauto auf die Baustelle mitgenommen. Der Pole habe sich Geld ausborgen wollen (Benzingeld für seine Fahrt nach Polen), der Arbeitnehmer des Beschwerdeführers habe die polnische Adresse nicht gewußt, weshalb er Sorge gehabt habe, das Geld nicht mehr zurückzubekommen. Deshalb habe er den Polen auf die Baustelle mitgenommen, daß er dort Arbeiten ausführe. Diese Arbeiten hätte der Arbeitnehmer ansonsten selbst machen müssen. Die Tätigkeit des Polen und eines von ihm mitgenommenen Kollegen hätte sich finanziell beim Arbeitnehmer des Beschwerdeführers nicht ausgewirkt. Er habe "der Firma" keine Information über die Mithilfe der beiden Ausländer gegeben.
Die belangte Behörde begründete im nunmehr angefochtenen Bescheid, mit welchem der Berufung nur hinsichtlich der Strafhöhe Folge gegeben worden ist, nach Zitierung des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 sowie des § 2 Abs. 3 lit. a AuslBG die Beschäftigung der beiden Polen folgendermaßen:
"1. Die Beschäftigung der beiden im STE genannten Ausländer zur Tatzeit im Auftrags- und Leistungsbereich des BW als Arbeitgeber ist durch die Anzeige, den persönlichen Wahrnehmungen der Kontrollorgane zur Tatzeit am Tatort und die beiden Zeugenaussagen vor dem UVS Wien erwiesen.
2. Die Fakten der konkreten Tätigkeit im Leistungsbereich des BW haben die beiden ausländischen Arbeiter auch selbst schriftlich im mehrsprachigen Personenblatt festgehalten. Auch die Identität und Ausländereigenschaft iS des AuslBG der beiden Ausländer steht zweifelsfrei fest.
...
4. In freier Beweiswürdigung war daher der Anzeige, den beiden Zeugenaussagen und den Ermittlungsergebnissen eher zu folgen, als den bestreitenden Behauptungen des BW."
Die übrigen Wiedergaben der Beweisergebnisse der mündlichen Verhandlung beschäftigen sich mit dem aufgrund mangelnder Kontrolle als erwiesen angesehenen Verschulden des Beschwerdeführers für die Beschäftigung der Ausländer sowie mit der Strafbemessung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm aber von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach dem gemäß § 67 AVG auch von der Berufungsbehörde anzuwendenden § 60 leg. cit. sind in der Begründung des Berufungsbescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muß in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangte, daß gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, I2, S. 1044, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).
Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt. Nach § 2 Abs. 2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis, in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird, in einem Ausbildungsverhältnis, etc. Maßgebend für die Einordnung in den Beschäftigungsbegriff ist, daß die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Arbeitnehmerähnlichkeit ist dadurch gekennzeichnet, daß an sich ein Arbeits(Vertrags)verhältnis nicht vorliegt, das heißt, daß die für den Arbeitnehmertypus charakteristischen Merkmale der persönlichen Abhängigkeit zu gering ausgeprägt sind um daraus ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis ableiten zu können, jedoch in einem gewissen Umfang gegeben sind. Lehre und Rechtsprechung haben die Kriterien für die Verwendung unter bestimmten Umständen, die als Beschäftigung im Sinne des AuslBG anzusehen sind, und die Arbeitnehmerähnlichkeit umfangreiche Abgrenzungsmerkmale entwickelt (vgl. Bachler, Ausländerbeschäftigung, 1995, Seite 8 ff, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Zur Abgrenzung kommt es regelmäßig auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt an. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat die Aussagen des Beschwerdeführers und seines Arbeitnehmers nicht als unwahr gewürdigt, sondern diesen folgend auf eine Beschäftigung der beiden verfahrensgegenständlichen Polen im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG geschlossen.
Aus der oben wiedergegebenen Begründung ist nicht zu ersehen, warum die belangte Behörde zur Ansicht gelangte, es habe sich um eine Beschäftigung der beiden Polen im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG gehandelt, zumal keines der Abgrenzungskriterien erwähnt ist. Lediglich unter der Begründung betreffend die unterlassene Kontrolle durch den Beschwerdeführer findet sich die Passage, daß "in einem solchen Fall unkontrollierter Zeitstrecken ein Bediensteter des Beschwerdeführers zwecks eigener Arbeitsentlastung Mithilfen - aus welchen Motiven immer (z.B. um früher mit seinen Arbeiten fertig zu sein) - engagiert und den Beschwerdeführer somit indirekt einen Haftungserfolg zuwendet", kann alleine für sich nicht darlegen, daß die beiden Polen im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG vom Beschwerdeführer beschäftigt wurden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits entschieden, daß der Umstand, daß in wirtschaftlicher Hinsicht die Tätigkeit eines Ausländers einem Arbeitgeber zugutegekommen ist, für sich allein nicht dessen Arbeitgebereigenschaft und damit dessen strafrechtliche Verantwortlichkeit begründen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1993, Zl. 92/09/0075).
Im konkreten Fall hat die belangte Behörde nicht einmal konkret begründet, weshalb sie zur Auffassung gelangte, daß die Tätigkeiten der beiden Polen dem Beschwerdeführer zugute kommen sollten, das genannte Beispiel, "um früher mit seinen Arbeiten fertig zu sein", ist angesichts der Aussagen des Beschwerdeführers und dessen Arbeitnehmers in der öffentlichen mündlichen Verhandlung auch nicht offensichtlich nachvollziehbar. Die belangte Behörde ist von der Glaubwürdigkeit aller Aussagen anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung - trotz einiger Widersprüche zwischen der Aussage des Beschwerdeführers und dessen Arbeitnehmer, wie z. B. zur Organisation der Arbeitspartien (laut Beschwerdeführer vier Zweierpartien, lt. Arbeitnehmer drei Zweierpartien sowie er allein arbeitend) und der Art der Abrechnung (laut Beschwerdeführer ein vorausberechneter zugesicherter Quadratmeterlohn, laut Arbeitnehmer Monatslohn bzw. Bruttostundenlohn) - ausgegangen.
Den Erfordernissen an eine ordnungsgemäße Begründung wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht, weil ihm trotz der Angaben des Arbeitnehmers des Beschwerdeführers, er habe die beiden Polen als persönliche Hilfe als "Sicherstellung für auszuborgendes bzw. bereits ausgeborgtes Benzingeld" des einen Polen mitgenommen, um Arbeiten durchzuführen, welche der Arbeitnehmer des Beschwerdeführers selbst hätte durchführen sollen, nicht entnommen werden kann, aus welchen Gründen die belangte Behörde zur Ansicht gelangte, es liege eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG vor, hinsichtlich der der Beschwerdeführer als Arbeitgeber bzw. als eine dem Arbeitgeber im Sinne des § 2 Abs. 3 AuslBG gleichzuhaltende Person anzusehen sei.
Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997090363.X00Im RIS seit
20.11.2000