Entscheidungsdatum
10.10.2019Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §49Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch den Richter Ing. Mag. Dionysius Viehhauser über die Beschwerden von Herrn AB AA, AF 369/2, AD AE, vertreten durch die AG Rechtsanwalts GmbH, AJ 2/9, AH AI, gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg (belangte Behörde) vom 24.07.2019, Zahl xxx-2019, und vom 23.07.2019, Zahl yyy-2019,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit den angefochtenen Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg vom 24.07.2019, Zahl xxx-2019, und vom 23.07.2019, Zahl yyy-2019 wurden die Einsprüche des Beschuldigten, vertreten durch die nunmehrige Beschwerdeführervertretung gegen die verfahrensgegenständlich voraus ergangenen Strafverfügungen der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg gemäß § 49 Abs 1 VStG als verspätet eingebracht zurückgewiesen.
Gegen diese Bescheide wurde das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht und im Wesentlichen begründet, dass aus bisheriger Übung die Beschwerdeführervertretung habe darauf vertrauen können, auch außerhalb der Amtszeiten Rechtsmittel einbringen zu können und im übrigen die einschlägige Kundmachung der belangten Behörde in Frage gestellt werde.
Durch das Landesverwaltungsgericht wurde im Wege des Landesmedienzentrums die Bestätigung eingeholt, dass jedenfalls seit 15.11.2018 die entsprechende Internetseite der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg nicht geändert wurde und demnach jedenfalls seit dieser Zeit der aktuelle Hinweis hinsichtlich der Amtsstunden und der Beschränkungen zum gültigen Einbringen außerhalb dieser enthalten ist.
Auf den Vorhalt der diesbezüglichen Verspätung durch das Landesverwaltungsgericht hat die Vertreterin des Beschwerdeführers folgende Stellungnahme abgegeben:
„Unter Bezugnahme auf das Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes vom 24.10.2019, erstattet der Beschwerdeführer nunmehr zum übermittelten E-Mail vom 24.09.2019 fristgerecht nachstehende
STELLUNGNAHME:
1.
a) Interessanterweise geht aus dem nunmehr eingeholten E-Mail hervor, dass eine letztmalige Aktualisierung der Homepage der belangten Behörde betreffend der Anführung, der für die Einbringung von schriftlichen Eingaben geltenden Amtsstunden am 15.11.2018 vorgenommen worden ist, wobei davon auszugehen ist, dass sich auch davor ein entsprechender Vermerk hierauf befunden hat.
Wann die Homepage der belangten Behörde um den gegenständlichen Vermerk ergänzt worden ist, entzieht sich leider der Kenntnis des Beschwerdeführers bzw. seiner rechtsfreundlichen Vertretung, da hierauf weder vorab, noch im Zuge der in den letzten Jahren geführten Verwaltungsverfahren hingewiesen worden ist.
b) Die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers hat bereits ausführlich dargetan, dass es ungeachtet des sich auf der Homepage befindlichen Vermerks nicht ersichtlich ist, dass die belangte Behörde eine organisatorische Beschränkung im Sinne des AVG vorgenommen hat, insbesondere in den letzten Jahren des Öfteren diverse Eingaben am letzten Tag der Frist (außerhalb der Amtsstunden) übermittelt worden sind, jedoch zu keiner Zeit eine Verspätung (in welcher Art und Weise auch immer) gerügt worden ist, weshalb sich diese verständlicherweise auch darauf verlassen hat, dass eine dementsprechende Einbringung (wie sie in der Vergangenheit regelmäßig gehandhabt worden ist) nach wie vor zulässig und fristwahrend möglich ist.
Es stellt sich daher die berechtigte Frage, ob ein, sich nur auf der findender Vermerk für eine organisatorische Beschränkung überhaupt ausreichend ist, da ein diesbezüglicher schriftlicher Aushang in den Räumlichkeiten der belangten Behörde fehlt bzw. nicht offenkundig aufgeschlagen ist und sich auch kein entsprechender Passus in deren Rechtsmittelbelehrung findet [hierin wird lediglich darauf hingewiesen wird, dass der Absender die mit jeder Übermittlungsart verbundenen Risken (zB Übertragungsfehler, Verlust des Schriftstückes) trägt] und vor allem von deren Mitarbeitern auch nicht entsprechend gehandhabt worden ist.
Aus all diesen Gründen wird daher noch einmal darauf hingewiesen, dass der bloße Hinweis auf Amtsstunden auch nicht ausreicht, um Anbringen als verspätet zurückweisen zu können und stellt sich aufgrund der bisherigen Handhabung daher die berechtigte Frage, ob der von der belangten Behörde angeführte Passus überhaupt eine rechtsgültige Erreichbarkeitskundmachung darstellt.
Eine Übermittlung, wie auch in den gegenständlichen Verwaltungsrechtsverfahren, ist insbesondere in nachstehenden Verfahren vorgenommen worden (wobei lediglich jene Verfahren, welche bei der belangten Behörde anhängig waren, angeführt werden), gerne können die diesbezüglichen Nachweise auch schriftlich erbracht werden, sollte dies seitens der belangten Behörde nicht bestätigt werden:
- Stellungnahme im Verfahren der BH Tamsweg, GZ aaa, welche am 04.07.2016, damit am letzten Tag der Frist, um 18:35 Uhr, per Telefax eingebracht worden ist;
- Stellungnahme im Verfahren der BH Tamsweg, GZ bbb, welche am 29.07.2016 (Freitag), damit am letzten Tag der Frist, um 15:41 Uhr, per Telefax übermittelt wurde;
- Stellungnahme im Verfahren der BH Tamsweg, GZ ccc, welche am 16.10.2017, damit am letzten Tag der Frist, um 18:45 Uhr, per Telefax eingebracht worden ist;
- Beschwerde im Verfahren der BH Tamsweg, GZ ddd, welche am 03.08.2018 (Freitag), damit am letzten Tag der Frist, um 14:06 Uhr, per Telefax übermittelt wurde.
c) Die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers ist daher auch in den gegenständlichen Verwaltungsrechtsangelegenheiten berechtigt davon ausgegangen, dass eine organisatorische Beschränkung nicht vorgenommen wurde und fristwahrende Übermittlungen auch außerhalb der Amtsstunden möglich sind, daher nur am selben Tage vorgenommen werden müssen, ansonsten sie in der Vergangenheit (in welcher Form auch immer) hierauf hingewiesen worden wäre bzw. hätten dann ebenfalls Schriftsätze wegen Verspätung zurückgewiesen werden müssen.
Nachdem ein derartiger Hinweis in der Vergangenheit nicht erfolgt ist, widersprechen die gegenständlichen Zurückweisungen daher jedenfalls dem Grundsatz der Rechtsicherheit und des Vertrauensschutzes und ist die rechtsfreundliche Vertretung des Beschwerdeführers (sollte eine Erreichbarkeitskundmachung tatsächlich rechtsgültige vorgenommen worden sein) wenn überhaupt nur einem Rechtsirrtum erlegen, welcher unter den gegebenen Umständen kein bzw. kein über einen minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden begründet.
Beweis: Wie bisher;
im Bestreitungsfall vorzulegende Unterlagen;
im Bestreitungsfall einzuvernehmende Zeugin Mag. AZ AG,
Geschäftsführerin der AG Rechtsanwalts GmbH;
wBv.
2.
Aus all diesen Gründen werden die gestellten Anträge daher nach wie vor aufrechterhalten.“
Hiezu stellt das Landesverwaltungsgericht in einer gemäß § 2 VwGVG durch einen Einzelrichter zu treffenden Entscheidung fest:
Gemäß § 49 Abs 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben.
Im vorliegenden Fall wurden dem Beschwerdeführer die angefochtenen Strafverfügungen der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg laut ausgewiesenen Rückscheinen jeweils am 21.6.2019 zugestellt. Die oa Einspruchsfrist ist daher mit 5.7.2019 abgelaufen. Die Einsprüche dagegen wurden mit E-Mail vom 5.7.2019 um 20:13 bzw 20:20 Uhr der Behörde übermittelt.
Auf der Internetseite der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg (http://www.salzburg.gv.at/
dienststellen/bezirke/bh-tamsweg) sind die entsprechenden Amtsstunden (Montag bis Donnerstag: 7:30 Uhr bis 16:15 Uhr, Freitag 7:30 Uhr bis 12:00 Uhr) angeführt und ist auch der Hinweis „Ein außerhalb der Amtsstunden übermitteltes Anbringen gilt erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als eingelangt!“ enthalten.
Zum oben wiedergegebenen Hinweis des Beschwerdeführervertreters auf den Vorhalt der Verspätung ist dieser auf die diesbezügliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen: demnach ist eine Kundmachung im Internet von (u.a.) organisatorischen Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen Behörden und Beteiligten in § 13 Abs. 2 zweiter Satz AVG ausdrücklich vorgesehen; unter organisatorischen Beschränkungen sind nach den Erläuterungen zum Verwaltungsverfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetz 2007 (294 BlgNR 23. GP, 10) auch Beschränkungen für außerhalb der Amtsstunden einlangende elektronische Anbringen zu verstehen. Damit kann die Behörde ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der Amtsstunden mit der Wirkung bekunden, dass sie auch dann, wenn sie bereits in ihren elektronischen Verfügungsbereich gelangt sind, erst zu einem späteren Zeitpunkt - mit Wiederbeginn der Amtsstunden - als eingebracht und eingelangt gelten (vgl. abermals die Erläuterungen 294 BlgNR 23. GP, 11). Darin liegt keine dem Gesetzgeber nicht zusinnbare Erschwerung des Zugangs zum Rechtsschutz, ist doch durch die Kundmachung im Internet sichergestellt, dass sich die Parteien über die Voraussetzungen für ein rechtzeitiges Einlangen ihrer Anbringen umfassend informieren können (VwGH vom 23.5.2012, 2012/08/0102).
Wann eine Berufung, die nicht zur Post gegeben wird, per E-Mail oder Fax übermittelt werden muss, um noch als am selben Tag eingebracht und eingelangt zu gelten, ist nicht in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben, sondern ergibt sich aus einer allfälligen Kundmachung im Internet gemäß § 13 Abs. 2 AVG (VwGH, ebenda).
Bezogen auf den vorliegenden Fall hat die Bezirkshauptmannschaft Tamsweg auf ihrer Internetseite den Hinweis angebracht, dass „ein außerhalb der Amtsstunden übermitteltes Anbringen erst mit dem Wiederbeginn der Amtsstunden als eingelangt gilt“.
Damit ist von einer Einspruchseinbringung jenseits der diesbezüglichen Rechtsmittelfrist auszugehen. Inwieweit dies in anderen Verfahren, wie beschwerdeführerseits behauptet, ohne einschlägige Konsequenz geblieben ist, ist Sache der do. Verfahren und vermag ein allfälliger diesbezüglicher Mangel keine Auswirkung auf die vorliegend zu treffende Entscheidung zu entfalten.
Die Umstände und Ursachen der Verspätung sind in der Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Einspruchseinbringung nicht zu berücksichtigen, dabei ist allein der zeitliche Fristenlauf maßgeblich. Der Umstand des Ablaufes der Einspruchsfrist und damit die Verspätung der Einspruchseinbringung ist aus den vorstehenden Ausführungen evident, somit an der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung nicht zu zweifeln und waren die angefochtenen Bescheide daher zu bestätigen.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 3 Z 4 VwGVG unterbleiben.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen o.a. Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage in dem Sinne vor, als sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (VwGH vom 11.9.2014, Ra 2014/16/0009).
Schlagworte
Einspruch, Verspätung, AmtsstundenAnmerkung
ao Revision; VwGH vom 11.12.2019, Ra 2019/02/0228-4, ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGSA:2019:405.4.2885.1.5.2019.Zuletzt aktualisiert am
25.02.2020