TE Lvwg Erkenntnis 2019/12/19 LVwG-AV-608/001-2019

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Veröffentlicht am 19.12.2019
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Entscheidungsdatum

19.12.2019

Norm

AWG 2002 §2 Abs5
AWG 2002 §6 Abs7 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch MMag. Horrer als Einzelrichter über die Beschwerde der Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 22. Februar 2019, Zl. ***, betreffend einen Feststellungsbescheid nach § 6 Abs. 7 Z. 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und der Antrag vom 17. Jänner 2019 der A GmbH auf Feststellung gemäß § 6 Abs. 7 Z. 2 AWG 2002 zurückgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG eine ordentliche Revision im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Aus dem von der Landeshauptfrau von Niederösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) vorgelegten Verwaltungsakt, dem Akt des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich sowie aus den Ergebnissen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 28. November 2019 ergibt sich für das Beschwerdeverfahren im Wesentlichen folgender relevanter Sachverhalt:

Der B gesmbH. wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 26. März 2009, Zl. ***, die abfallrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Behandlungsanlage zur Behandlung von Abfällen, nämlich zur Verfestigung bzw. Stabilisierung von Flugasche aus Abfallverbrennungsanlagen (Schlüsselnummer 31309) auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, erteilt.

Mit Bescheid der NÖ Landesregierung als UVP-Behörde vom 16. Oktober 2012, Zl. ***, wurde der B gesmbH. die Änderung bzw. Erweiterung der bestehenden verfahrensgegenständlichen Abfallbehandlungsanlage durch die Erweiterung der Behandlungskapazität der bestehenden und genehmigten Verfestigungsanlage/Stabilisierungsanlage auf 90.000 t/a bzw. 500 t/d und das Hinzufügen der Errichtung und den Betrieb einer Entmetallisierunganlage mit einer Behandlungskapazität von 250.000 t/a bzw. 1.500 t/d genehmigt.

Weiters wurden auch die in dieser Anlage behandelten gefährlichen und nicht gefährlichen Abfallarten durch Hinzufügen der entsprechenden Schlüsselnummern im Schlüsselnummernkatalog erweitert.

Auch wurde im Spruch dieses Bescheides u.a. festgehalten, dass diese Genehmigung entsprechend den mit anzuwendenden materienrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen insofern konkretisiert wird, als nach Punkt I.1.2.1 (Behandelte Abfallarten in der Verfestigungsanlage/Stabilisierungsanlage) dieses Bescheides in der Verfestigungsanlage/Stabilisierungsanlage auch Abfallarten mit der Schlüsselnummer 31205, Leichtmetallkrätze, aluminiumhaltig, GTIN 9008390012871, und mit der Schlüsselnummer 31205, Sp 91, Leichtmetallkrätze, aluminiumhaltig, verfestigt oder stabilisiert, GTIN 9008390012895, behandelt werden dürfen.

Nach Punkt I.1.3 (Behandlungsverfahren) werden als Behandlungsverfahren sowohl in der Verfestigungsanlage/Stabilisierungsanlage als auch in der Entmetallisierungsanlage die Beseitigungsverfahren D1 – Ablagerungen in oder auf dem Boden (z.B. Deponien) - und D9 – Chemisch-physikalische Behandlung, die nicht an anderer Stelle in diesem Anhang beschrieben ist und durch die Endverbindungen oder Gemische entstehen, die mit einem der unter D1 bis D12 aufgeführten Verfahren entsorgt werden (z.B. Verdampfen, Trocknen, Kalzinieren usw.) - festgelegt. Als Verwertungsverfahren in der Entmetallisierungsanlage wird in diesem Punkt das Verwertungsverfahren R4 Recycling/Rückgewinnung von Metallen und Metallverbindungen festgelegt.

Gemäß Punkt 6.2.6 wird die Verfestigungs-/Stabilisierungsanlage - wie auch die Entmetallisierungsanlage - so betrieben, dass die gesamten aus dieser Behandlung entstehenden Sekundärabfälle am Standort in der genehmigten Reststoffdeponie deponiert werden, soweit es sich nicht um aus der Entmetallisierung gewonnenen Wertstoffe handelt.

Wie diesem Bescheid (Punkt 6.2.8) weiters zu entnehmen ist, dient die Verfestigungs-/Stabilisierungsanlage der dauerhaften Einbindung von Abfällen in eine Matrix, die im unbehandelten Zustand die Annahmekriterien der DVO 2008 für Reststoffdeponien nicht erfüllen können.

Diese Anlage wird von der A GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) betrieben, wobei diese als befugte Abfallsammlerin und -behandlerin gemäß § 24a AWG 2002 regelmäßig (Flug-)Aschen und Stäube aus Verbrennungs- und Mitverbrennungsanlagen übernimmt. Diese werden in der verfahrensgegenständlichen Abfallbehandlungsanlage durch Behandlung mit Zement, Stützkorn und Wasser stabilisiert, um sie in weiterer Folge in der von ihr betriebenen Deponie *** konsensgemäß ablagern zu können. Als Stützkorn wird dabei Kies verwendet, der technisch als „feines Wandmaterial“ zu klassifizieren ist (Körnung von 0 mm bis 4 mm bzw. 4 mm bis 8 mm) und ansonsten üblicherweise für die Betonerzeugung eingesetzt wird. Diese Anlage zur Stabilisierung der übernommenen (Flug-)Aschen und Stäube aus Verbrennungs- und Mitverbrennungsanlagen am Standort *** verfügt über entsprechende technische Einrichtungen (Silos) zur Zwischenlagerung der Flugaschen, des Zements, des Stützkorns, des Wassers etc. Zur Wasserversorgung sind Stahltanks vorgesehen. Die Beschickung der Anlage mit dem Stützkorn erfolgt über eine eigene Fördereinrichtung. Zur Beschickung der Mischanlage, in der die Komponenten vermischt und erdfeucht zur Deponierung abtransportiert werden, dienen Lagereinrichtungen.

Die Antragstellerin stellte sodann mit Schreiben vom 17. Jänner 2019 bei der belangten Behörde den folgenden, wörtlich wiedergegebenen Antrag auf Feststellung gemäß § 6 Abs. 7 Z. 2 AWG 2002: „Die Landeshauptfrau von Niederösterreich als AWG-Behörde möge feststellen, dass die Substitution von Stützkorn und Zement durch Aluminiumkrätzestäube mit der Schlüsselnummer 31205 im Rahmen der Stabilisierung von Abfällen am Standort *** als stoffliche Verwertungsmaßnahme dem Verfahren R5 gemäß Anhang 2 AWG 2002 zuzuordnen ist.“

Begründend führte sie hiezu im Wesentlichen aus, dass für den Stabilisierungsprozess Stützkorn, Bindemittel und Wasser eingesetzt würden, um bei der Betonerzeugung eine Zementmatrix zu erzeugen, die in ihrer Deponie deponiert werden dürfe. Dieses Verfahren solle nun insofern adaptiert werden, als das Stützkorn und das Produkt Zement durch die als Abfall zu qualifizierenden Aluminiumkrätzestäube (SN 31205) teilweise subsituiert werden sollen. Wie sich aus den von ihr eingeholten Untersuchungen der C GmbH in *** (im Folgenden: C) ergebe, ließe sich durch die vorgesehene Substitution der Einsatz von Zement und Stützkorn signifikant verringern, ohne dass es zu einer Verschlechterung des Stabilisierungsproduktes komme.

Aus den Untersuchungsergebnissen der C gehe in Bezug auf das Stabilisierungsprodukt u.a. hervor, dass bei Ersatz des Naturprodukts Stützkorn bzw. Zement durch die Aluminiumkrätzestäube natürliche Ressourcen geschont und Bindemittel reduziert würden sowie ein gleichwertiges Produkt mit verbesserten Eigenschaften (höhere Druckfestigkeit, geringere Durchlässigkeit, geringere Eluierbarkeit) hergestellt werden könne. Weiters seien nach diesen Untersuchungen keine nachteiligen Beeinträchtigungen zu erwarten, es würden die Vorgaben von Anhang 5 DVO 2008 eingehalten und es werde der Stofftransport im Deponiekörper minimiert und die Tragfähigkeit deutlich verbessert.

Im gegenständlichen Fall solle durch den Feststellungsantrag nunmehr festgestellt werden, dass der Einsatz der Aluminiumkrätzestäube anstatt der konventionellen Produkte Zement und Stützkorn im Rahmen der Herstellung des Stabilisierungsprodukts eine stoffliche Verwertung darstelle, so die Antragstellerin. Dass § 6 Abs. 7 Z. 2 AWG 2002 nicht explizit auf die Feststellung der Behandlungsverfahren verweise, schade dabei nicht, da die Antragsgrundlage dazu diene, den Umfang einer abfallrechtlichen Genehmigung festzustellen, zu der eben auch die Behandlungsverfahren zählen würden. Zudem sei mit der Formulierung „insbesondere“ klargestellt worden, dass die Antragsgrundlage nicht auf Mengen, Kapazitäten und Abfallarten eingeschränkt sein müsse.

Zu beurteilen sei im gegenständlichen Feststellungsverfahren, wie die Substitution von Stützkorn und Zement durch Aluminiumkrätzestäube am Anlagenstandort *** abfallrechtlich zu qualifizieren sei, wobei es sich dabei ihrer Meinung nach um eine Verwertung im Sinne des § 2 Abs. 5 Z. 5 AWG 2002 sowie um eine stoffliche Verwertung im Sinne des § 2 Abs. 5 Z. 2 AWG 2002 bzw. der entsprechenden europarechtlichen Grundlagen handle.

Die Stabilisierung der Flugaschen erfolge bisher mit dem Hintergrund, diese deponierfähig zu machen und stelle daher per se eine Vorbehandlung vor der Deponierung dar. Demgegenüber erfolge die Substitution des Stützkorns und des Zements zu einem gänzlich anderen Zweck, nämlich der Einsparung von Rohstoffen bzw. Produkten durch den Einsatz von Abfällen. Daher würden die Aluminiumkrätzestäube gerade nicht mit dem Zweck behandelt, um deponiert zu werden.

Aufgrund des Urteils des EuGH vom 3. April 2003 in der Rechtssache C-116/01 (SITA) sei der Substitutionsprozess des Stützkorns und des Zements unabhängig vom nachfolgenden Stabilisierungsprozess, also vom Mischvorgang zur Stabilisierung zur Deponierung, zu beurteilen, da es sich bei der Substitution des Stützkorns und des Zements um einen gesonderten Prozess, und somit um einen eigenständigen Abfallbehandlungsschritt, handle, auch wenn beide Prozesse in einer gemeinsamen Mischanlage erfolgen würden. Dafür spreche vor allem der Umstand, dass die Stabilisierung (als Ganzes) und die Substitution des Stützkorns und des Zements völlig unterschiedliche Zwecke haben würden.

Der EuGH habe in seinem Urteil vom 3. April 2003 ausgeführt, dass ein Abfallbehandlungsverfahren in der Praxis mehrere aufeinanderfolgende Abschnitte der Verwertung oder Beseitigung umfassen könne und dieses daher in einem solchen Fall nicht als ein einziger Vorgang betrachtet werden dürfe, sondern dass jeder Abschnitt einzeln eingestuft werden müsse, wenn er selbst einen gesonderten Vorgang darstellen würde. Folglich müssten Verfahren, die in der Praxis in tatsächlicher Hinsicht einen Vorgang darstellen würden, rechtlich auf die einzelnen Abschnitte der Abfallbehandlung aufgeteilt und diese Abschnitte eigenständig hinsichtlich des Vorliegens einer Verwertung/Beseitigung beurteilt werden.

Der Einsatz der Aluminiumkrätzestäube zur Stabilisierung von (Flug-)Aschen und Stäuben stelle ihrer Ansicht nach deshalb eine Verwertung dar, weil die Substitution einem entsprechenden Zweck diene. Durch den vorgesehenen Einsatz von Aluminiumkrätzestäuben würden Rohstoffe bzw. aus Rohstoffen hergestellte Baustoffe substituiert, die ansonsten für diesen Zweck eingesetzt werden müssten. Damit würden die Aluminiumkrätzestäube unmittelbar einem sinnvollen Zweck zugeführt, da sie andere Materialien ersetzen würden, die sonst dafür verwendet werden müssten, und würde die Maßnahme auch ohne Vorliegen der Abfälle durchgeführt werden, da das Material für die nachfolgende Herstellung des Stabilisierungsprodukts erforderlich sei.

Weiters würde die Materialqualität eingehalten, da die Aluminiumkrätzestäube, wie aus den Untersuchungen der C hervorgehe, für den vorgesehenen Einsatz auch geeignet seien. Die Untersuchungen würden aufzeigen, dass die Verwendung von Aluminiumkrätzestäuben als Ersatz für Stützkorn und Zement zur Herstellung des Stabilisierungsprodukts sogar zu einer Erhöhung der Druckfestigkeit des Probekörpers führe. Im Zuge der Verwertung würden auch keine Schutzgüter beeinträchtigt, da keine nachteiligen Beeinträchtigungen beim geplanten Einsatz zu erwarten seien, und sei die Eluierbarkeit mit dem Einsatz der Aluminiumkrätzestäube geringer, weshalb die eingesetzten Abfälle daher wie die bisher eingesetzten Rohstoffe und Produkte auch geeignet seien.

Schließlich stehe die Maßnahme auch im Einklang mit der Rechtsordnung, da es sich um eine zulässige Verwertung in einer bereits genehmigten Verfestigungs-/ Stabilisierungsanlage handle, in der auch schon bisher die Abfallart SN 31205 (Leichtmetallkrätze, aluminiumhaltig) eingesetzt hätte werden dürfen, weshalb der Einsatz der einzelnen Materialien in den Mischanlagen daher zulässig sei.

Somit sei die vorgesehene Maßnahme der Substitution von Stützkorn und Zement im Rahmen der Herstellung eines Stabilisierungsproduktes gemäß § 2 Abs. 5 Z. 5 AWG 2002 als Verwertungsmaßnahme einzustufen.

Aus ihrer Sicht stelle der Einsatz der Aluminiumkrätzestäube aber auch eine stoffliche Verwertung dar und sei als Verwertungsverfahren R5 gemäß Anhang 2 AWG 2002 zu qualifizieren, zumal eine Nutzung der stofflichen Eigenschaften sowie eine unmittelbare Substitution vorliegen würde.

Bei dem zu substituierenden Stützkorn handle es sich um einen Primärrohstoff, der ersetzt werde, während Zement ein aus Primärrohstoffen unter hohem Energieaufwand und hohem Emissionsaustoß (CO2) erzeugtes Produkt darstelle. Die Aluminiumkrätzestäube würden in physikalischer Hinsicht vergleichbare Eigenschaften wie die substituierten Materialien aufweisen, da keine bzw. nur geringfügige Unterschiede zwischen einem aus den ursprünglichen Materialien hergestellten Probenkörper und den Probenkörpern mit Aluminiumkrätzestäuben festgestellt hätte werden können. Zudem würden die Untersuchungen der C nachweisen, dass die ersetzten Rohstoffe aus mineralogisch-(chemischer) oder physikalischer Sicht mit der Aluminiumkrätze vergleichbar seien. Die Aluminiumkrätzestäube würden daher ähnliche Eigenschaften wie die ersetzten Materialien aufweisen, weshalb von einer stofflichen Verwertung auszugehen sei.

Im gegenständlichen Fall sei auch das Vorliegen der unmittelbaren Substitution beim Einsatz der Aluminiumkrätzestäube in die Stabilisierungsanlage *** zu bejahen, da ab dem Zeitpunkt des Einblasens in die Lagereinrichtung das Stützkorn bzw. der Zement unmittelbar substituiert würden.

Somit sei die vorgesehene Maßnahme der Substitution von Stützkorn und Zement als stoffliche Verwertungsmaßnahme gemäß § 2 Abs. 5 Z. 2 AWG 2002 einzustufen. Darüber hinaus sei festzuhalten, dass nach der Substitutionsmaßnahme und der Aufgabe der Aluminiumkrätzestäube in die Mischanlage keine weiteren Behandlungsschritte mehr vorgenommen würden und die Verwertungsmaßnahme somit abgeschlossen sei.

In der Folge führte die belangte Behörde am 6. Februar 2019 eine Verhandlung durch und führte in dieser die von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige für Abfallchemie im Wesentlichen aus, dass aus den vorgelegten Unterlagen, erstellt von der C, hervorgehe, dass durch die vorgesehene Substitution der Einsatz von Zement und Stützkorn signifikant verringert werde. Weiters werde darin deutlich, dass die Stabilisierung durch die Substitution von Aluminiumkrätzestäube nicht beeinträchtigt werde. Aus dem Bericht werde deutlich, dass Versuche mit verschiedenen Rezepturen erarbeitet worden seien, die letztendlich durch den Einsatz von behandelten Aluminiumkrätzestäuben und daraus reduzierte Zementgehalte resultieren würden, die die Herstellung von Stabilisierungsprodukten ermöglicht hätten. Letztendlich sei die Rezeptur in den Versuchen schrittweise erhöht worden, sodass bei rund 25% des Zements und bis zu 30% des Stützkorns durch behandelte Aluminiumkrätzestäube die Herstellung eines stabilisierten Abfalls ermöglicht worden sei. Das Abbindeverhalten sei geprüft und dabei festgestellt worden, dass die chemischen Eigenschaften durch die Substitution bis zu einem Teilersatz von rund 25% bzw. bis zu 30% keine anderen Abbindereaktionen als die bisher eingesetzten Komponenten zeigen würden. Weiters seien ausgewählte Aluminiumkrätzestäube-Fraktionen verwendet worden, um die Kornverteilung für Zement zur hydraulischen Bindung zu optimieren. Auf Grund der ähnlichen chemischen-mineralogischen Eigenschaften zum Tonerdezement bestehe eine entsprechende Widerstandsfähigkeit gegen Temperatur und chemischen Auslaugungen. Auch eine verringerte Durchlässigkeit sei gegeben.

Aus chemisch-technischer Sicht sei festzuhalten, dass die geprüften Materialeigenschaften der Aluminiumkrätzestäube keine nachteiligen Beeinträchtigungen bei der Herstellung und dem Einsatz sowie der Ablagerung als Stabilisierungsprodukt erwarten lassen würden. Mit der Substitution würden positive Effekte durch die nachgewiesene Reduktion von Zement erzeugt. Auf Grund der chemischen Eigenschaften der behandelten Aluminiumkrätzestäube durch eine entsprechend ablaufende hydraulische Bindung würden die Eigenschaften des Stabilisierungsproduktes zur Deponierung durch eine entsprechende Durchlässigkeit, Druckfestigkeit und damit geringere Eluierbarkeit optimiert. Durch die vorgesehene Substitution werde der Einsatz von Zement und Stützkorn derart verringert und führe dies zu keiner Verschlechterung des Stabilisierungsproduktes. Natürliche Ressourcen würden geschont und Bindemittel reduziert, um letztendlich ein gleichwertiges Stabilisierungsprodukt mit den entsprechenden Eigenschaften nach einschlägigen Normen und Regelwerken zu erzeugen.

Die Vorgaben gemäß Anhang 5 DVO 2008, insbesondere die Eignungsprüfung für stabilisierte Abfälle, würden zugrunde gelegt und entsprechende Untersuchungen sowie Analysen auf maßgebliche relevante Parameter durchgeführt. Die in den Versuchen evaluierten stofflichen Eigenschaften, auch erzeugt durch verschiedene Mischungsverhältnisse, würden zeigen, dass Aluminiumkrätzestäube zur unmittelbaren Substitution von Rohstoffen geeignet und die chemischen Eigenschaften mit den konventionellen Komponenten vergleichbar seien.

Zusammenfassend werde aus fachlicher Sicht die Auffassung vertreten, dass der Einsatz der Aluminiumkrätzestäube anstatt der konventionellen Produkte Zement und Stützkorn im Rahmen der Herstellung des Stabilisierungsproduktes eine stoffliche Verwertung darstelle. Das Verwertungsverfahren könne als Verfahren R5 gemäß Anhang 2 AWG 2002 zugeordnet werden.

Der Amtssachverständige für technische Chemie und Verfahrenstechnik hielt in seiner in dieser Verhandlung abgegebenen Stellungnahme im Wesentlichen fest, dass die beabsichtigte Verfahrensweise ein geeignetes Verfahren zum Verfahren zur Verwertung von nicht gefährlichen Abfällen darstelle. Die prinzipiell bestehende und genehmigte Anlage zur Verfestigung-/Stabilisierung von Abfällen würde eine geeignete verfahrenstechnische Anlage darstellen. Der Einsatz der Aluminiumkrätzestäube könne als unmittelbarer direkter Ersatz für Zuschlagsstoffe bzw. in der feinkörnigen Form für Zement gesehen werden.

Im Spruchpunkt A) des Bescheides der belangten Behörde vom 22. Februar 2019, Zl. ***, stellte diese sodann gemäß § 6 Abs. 7 Z. 2 AWG 2002 fest, dass die bei der Behandlung von Abfällen (Stabilisierung) in der Verfestigungs-/Stabilisierungsanlage in der KG *** durchgeführte Substitution von Stützkorn und Zement durch Abfall - Aluminiumkrätzestäube mit der Schlüsselnummer 31205 - eine stoffliche Verwertung ist, die dem Verfahren R5 gemäß Anhang 2 AWG 2002 zuzuordnen ist. Im Spruchpunkt B) wurden der Antragstellerin eine Verwaltungsabgabe in der Höhe von € 6,50 sowie die Vergebührung des Antrages in der Höhe von € 14,30 vorgeschrieben.

Nach Darstellung des verfahrensgegenständlichen Sachverhaltes und der angewendeten Rechtsvorschriften wurde im Wesentlichen begründend ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall beantragt worden sei festzustellen, dass durch den Einsatz einer bestimmten Abfallart in der genehmigten Behandlungsanlage eine stoffliche Verwertung vorliege. Da offensichtlich begründete Zweifel hinsichtlich des Umfangs der Genehmigung vorliegen würden, - es sei relevant, ob in einer Anlage eine stoffliche Verwertung durchgeführt werde und seien an diese Zuordnung Rechtsfolgen geknüpft -, sei dieser Antrag zulässigerweise eingebracht worden und könne entsprechend der Bestimmung des § 6 Abs. 7 AWG 2002 mit Bescheid darüber abgesprochen werden. Dazu seien von der Amtssachverständigen für Abfallchemie und vom Amtssachverständigen für technische Chemie und Verfahrenstechnik Stellungnahmen abgegeben worden. Aus diesen Gutachten sei ersichtlich, dass im Rahmen der Behandlung für den Stabilisierungsprozess Stützkorn, Bindemittel und Wasser eingesetzt werde, um eine Zementmatrix zu erzeugen. Durch Ersetzen der Rohstoffe Stützkorn und Zement durch die als Abfall einzustufenden Aluminiumkrätzestäube mit der Schlüsselnummer 31205 erfolge eine Verwertungsmaßnahme. Auf Grund der Nutzung der stofflichen Eigenschaften der eingesetzten Abfälle werde die unmittelbare Substitution von Rohstoffen (Stützkorn und Zement) erzielt, und sei jedenfalls von einer stofflichen Verwertung auszugehen. Durch die vorgesehene Substitution von Rohstoffen werde der Einsatz von Zement und Stützkorn deutlich verringert, es führe dies zu keiner Verschlechterung des Stabilisierungsprodukts, es würden dadurch natürliche Ressourcen geschont und Bindemittel reduziert und werde ein gleichwertiges Stabilisierungsprodukt mit den entsprechenden Eigenschaften nach einschlägigen Normen und Regelwerken erzeugt. Dieser Einsatz von Abfällen in der genehmigten Behandlungsanlage sei daher ein unmittelbarer direkter Ersatz von Zusatzstoffen (Rohstoffen). Die anlagenrechtlichen Genehmigungen für diese Maßnahmen würden vorliegen und es würden Qualitätskriterien bestehen, die das Ergebnis des Prozesses bestimmen würden. Es liege eine zulässige stoffliche Verwertungsmaßnahme vor, die zu keiner höheren Umweltbelastung und keinem höheren Umweltrisiko führe. Entsprechend dem Antrag vom 17. Jänner 2019, den Gutachten der Amtssachverständigen und dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens sei daher spruchgemäß festzustellen, dass der Einsatz von Aluminiumkrätzestäuben zur Substitution von Stützkorn und Zement eine stoffliche Verwertung darstelle, die dem Behandlungsverfahren R5 zuzuordnen sei. Die Kostenentscheidung beruhe auf den angeführten Gesetzesstellen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit des Bescheides und brachte diese darin im Wesentlichen vor, dass durch das Anführen der Beseitigungsverfahren D9 und D1 im Bescheidspruch des Bescheides vom 16. Oktober 2012 der NÖ Landesregierung im Sinne des § 47 Abs. 1 Z. 1 AWG 2002 keinerlei Zweifel über die von der Anlagengenehmigung umfassten Behandlungsverfahren bestehen würden. Da im gegenständlichen Fall keine begründete Zweifel über den Umfang der Anlagengenehmigung bestehen würden und daher kein Feststellungsbescheid gemäß § 6 Abs. 7 Z. 2 AWG 2002 erlassen werden könne, habe die belangte Behörde daher durch die Erlassung des verfahrensgegenständlichen Feststellungsbescheides eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nicht zukomme, und sei durch diesen Feststellungsbescheid in rechtswidriger Weise eine Änderung des Anlagenkonsenses durch die Aufnahme des zusätzlichen Behandlungsverfahrens R5 vorgenommen worden.

Nur der Vollständigkeit halber sei zu erwähnen, dass die Verfestigung bzw. Stabilisierung von Abfällen jedenfalls eine Vorbehandlung zu deren Deponierung darstelle und daher der Umstand, dass diese Abfälle (hier: Flugaschen aus Abfallverbrennungsanlagen der Schlüsselnummer 31309) zu diesem Zweck nicht ausschließlich mit Zement, sondern mit zusätzlichen Abfällen (hier: Aluminiumkrätzestäube der Schlüsselnummer 31205) vermischt würden, nicht dazu führen könne, dass diese als Beseitigungsverfahren eingestufte Vorbehandlung zur Deponierung plötzlich ein (die Abfalleigenschaft beendendes) stoffliches Verwertungsverfahren (R5 Recycling/Rückgewinnung von anderen anorganischen Stoffen) darstelle.

Auch würden die Aluminiumkrätzestäube nicht die spezifischen Produkteigenschaften von Zement (z.B. Druckfestigkeit, geringe Wasserdurchlässigkeit und Schadstoffbindung) erfüllen, weshalb sie Zement auch nur im Ausmaß von höchstens 25% ersetzen könnten und könne somit keinesfalls von einer Rohstoffsubstitution ausgegangen werden.

Am 28. November 2019 führte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu der die Gerichtsparteien ordnungsgemäß geladen wurden und haben diese an dieser Verhandlung auch teilgenommen.

In der Niederschrift über diese öffentliche mündliche Verhandlung wurde betreffend das Beweisverfahren wörtlich festgehalten:

„…

Die Vertreterin der Bundesministerin gibt bekannt, dass das rechtliche Problem darin liegt, dass im gegenständlichen Verfahren im Gegensatz zur Anlage in ***, welche in der Verhandlung am 06.02.2019 gemeinsam behandelt worden ist, keine Änderungsanzeige erfolgt ist. Vielmehr wird in diesem Verfahren über ein Feststellungsverfahren versucht, einen Zweifel über den Umfang der gegenständlichen Genehmigung zu konstruieren, obwohl aus dem UVP-Bescheid des Jahres 2012 die Behandlungsverfahren, und zwar mit D1 und D9, eindeutig hervorgehen, sodass diesbezüglich keine Zweifel bestehen. Durch diese Änderung und Aufnahme des Verwertungsverfahrens R5 wird die Ansicht vertreten, dass es dadurch zu einer Änderung und zur Erweiterung des Anlagenkonsenses gekommen ist.

Der Vertreter der Landeshauptfrau verweist darauf, dass über den Feststellungsantrag, der gestellt worden ist, entschieden worden ist. Es stellt sich in diesem Verfahren nicht die Frage, ob eine Änderungsanzeige von Nöten wäre oder nicht, zumal eine solche Änderungsanzeige nicht gestellt worden ist.

Der Vertreter der A GmbH gibt bekannt, dass sich der verfahrensgegenständliche Feststellungsantrag lediglich auf den Substitutionsprozess bezieht, in welchem die Aluminiumkrätzestäube Zement und das Stützkorn ersetzen, und berührt dieser Substitutionsprozess den Stabilisierungsprozess mit den beiden Verfahren D1 und D9 nicht. Es handelt sich beim Feststellungsantrag somit lediglich um einen Teilaspekt der Gesamtanlage.

Auf die Frage des Gerichts gibt der Vertreter der A GmbH bekannt, dass die Meinung vertreten wird, dass das Verwertungsverfahren R5 bereits von der Genehmigung der Anlage umfasst ist, sodass es durch den angefochtenen Bescheid zu keiner Erweiterung der Anlage gekommen ist.

Die Vertreterin der Bundesministerin verweist im Hinblick auf diese Ausführungen darauf, dass der Substitutionsprozess weiterhin ein Substitutionsprozess bleibt, und zwar durch Einsetzen der Abfälle mit den Schlüsselnummern 31205 und 31309, und führt dieser Vermischungsprozess durch Einsatz der Aluminiumkrätzestäube nicht dazu, dass ein Stabilisierungsprozess, welcher eine Vorbehandlung zur Deponierung darstellt, plötzlich ein abfalleigenschaftsbeendendes stoffliches Verwertungsverfahren, nämlich R5, wird, sodass das Verwertungsverfahren R5 nicht Bestandteil der Genehmigung der verfahrensgegenständlichen Anlage sein kann.

Der Amtssachverständige der Bundesministerin führt zum gegenständlichen Vorgang aus, dass die Stabilisierung an sich die Verfestigung mit einem hydraulischen Bindemittel ist. Die Gehalte der Bindemittel hängen von den Abfällen ab, die verfestigt werden. Für bestimmte Abfälle gibt es bestimmte Rezepturen. Die so hergestellten Produkte müssen eine gewisse Prüfung nach der Deponieverordnung bestehen. Wenn nun Bindemittel durch andere Abfälle ersetzt werden, so handelt es sich nur um eine neue Rezeptur. Insbesondere sind die Aluminiumkrätzestäube, die in dieser Anlage verwendet werden dürfen, bereits in dieser Anlage als Abfall enthalten. Das Gutachten, das die Gleichwertigkeit dieser Rezeptur bestätigt, beinhaltet nicht die grundlegenden Daten, um dies überprüfen zu können.

Auf die Frage des Gerichts, ob es einen Unterschied hinsichtlich der Bewertung des Verfahrens betreffend den Stabilisierungsprozess und das Verwertungsverfahren macht, ob nun Bindemittel gänzlich oder nur teilweise ersetzt werden, geben der Amtssachverständige sowie die Vertreterin der Bundesministerin bekannt, dass unabhängig davon, welche Rezeptur angewendet bzw. welche Substitution vorgenommen wird, es auf jeden Fall ein Stabilisierungsverfahren zur Deponierung und kein Verwertungsverfahren ist, sodass auch durch den Einsatz der verfahrensgegenständlichen Aluminiumkrätzestäube kein Verwertungsverfahren R5 stattfinden kann.

In der Folge wird vom Verhandlungsleiter das Gutachten der Amtssachverständigen für Abfallchemie vom 6. Februar 2019 wörtlich vorgelesen und teilt der Amtssachverständige der Bundesministerin mit, dass für ihn diese Aussagen nicht schlüssig sind, zumal die Grundlagen ebenfalls dazu nicht schlüssig sind.

Auf die Frage des Gerichts, ob der Amtssachverständige der Bundesministerin zur gleichen Auffassung kommt, dass es sich um ein Verwertungsverfahren R5 handelt, wenn er davon ausgeht, dass sowohl die Unterlagen als auch die beiden Gutachten vom 6. Februar 2019 schlüssig sind und er diesen folgen kann, so gibt er bekannt, dass er selbst unter dieser Annahme zur Auffassung kommt, dass die verfahrensgegenständliche Substitution noch immer im Stabilisierungsverfahren D9 verbleibt, zumal hier lediglich eine Rezeptur gegen eine andere Rezeptur ausgetauscht wird.

Der Vertreter der A GmbH verweist darauf, dass sich die Aussagen des Amtssachverständigen der Bundesministerin lediglich auf das Stabilisierungsverfahren beziehen. Er weist darauf hin, dass die Verfahren aber zu unterteilen sind (Verweis auf die EuGH-Entscheidung im Antrag enthalten), dass ein Behandlungsprozess in verschiedene Teilschritte zerlegt werden kann, die jeweils ein unterschiedliches rechtliches Schicksal haben können. Dementsprechend wurde durch die Substitution des Zements und Stützkorns durch die Aluminiumkrätzestäube nachgewiesen, dass diese eine stoffliche Verwertung ist und daher ein Verwertungsverfahren nach R5 gegeben ist. Über die danach folgende Stabilisierung und rechtliche Qualifikation wurde dann nicht abgesprochen.

Auf die Frage des Gerichts, ob der Vertreter der A GmbH die Substitution als Erweiterung der Genehmigung sieht, gibt er bekannt, dass eine solche Erweiterung nicht vorliegt. Die Aluminiumkrätzestäube dürfen in die Anlage auch eingebracht werden, die UVP-Behörde hat sich aber im Jahr 2012 in ihrem Bescheid nicht damit auseinandergesetzt, welche rechtliche Qualifikation im Sinne eines Behandlungsverfahrens der Einsatz der Aluminiumkrätzestäube als Substitution für Zement und Stützkorn hat. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die Seite 162 des UVP-Bescheides. Aus dem Punkt 10.7.2 ist ersichtlich, dass sich die UVP-Behörde lediglich mit dem eigentlichen Verfestigungs- und Stabilisierungsprozess auseinandergesetzt hat, nicht aber hinsichtlich der Substitution der Aluminiumkrätzestäube für andere Produkte.

Die Vertreterin der Beschwerdeführerin gibt hiezu bekannt, dass Abfälle der bekannten Schlüsselnummern in die Verfestigungsanlage eingebracht werden dürfen und kommen in dieser Verfestigungsanlage die Verfahren D1 und D9 zur Anwendung. Das Verwertungsverfahren R5 ist darin nicht enthalten und stellt die Aufnahme des Verwertungsverfahrens R5 daher eine Erweiterung der Genehmigung dar.

Der Vertreter der A GmbH verweist hiezu auf das bisher Vorgebrachte.

Weiters bringt der Vertreter der A GmbH hinsichtlich der Ausführungen des Amtssachverständigen der Bundesministerin betreffend die Rezeptur vor, dass die Änderung der Rezeptur ein neutraler Begriff ist, aus dem nicht abgeleitet werden kann, ob es sich hier um ein Verwertungsverfahren oder um ein Stabilisierungsverfahren handelt. Im gegenständlichen Fall wurde bereits im Antrag nachgewiesen, welche Voraussetzungen für ein Verwertungsverfahren vorliegen müssen und dass die verfahrensgegenständliche Substitution diesen Voraussetzungen entspricht, sodass es sich hiebei um ein Verwertungsverfahren handelt. Verwiesen wird noch darauf, dass dieser Substitutionsprozess dahingehend optimiert worden ist, dass Zement und Stützkorn in gewissen Prozentzahlen durch Aluminiumkrätzestäube ersetzt worden sind. Die Aluminiumkrätzestäube weisen diese physikalischen und chemischen Eigenschaften auf, um Stützkorn und Zement zu ersetzen.

Der Vertreter der A GmbH führt weiters aus, dass es unbestritten ist, dass die Schlüsselnummer 31205 Bestandteil der Genehmigung ist. Dementsprechend darf die Schlüsselnummer 31205 auch zur Substitution anderer Produkte verwendet werden. Die angeführten Behandlungsverfahren D1 und D9 im UVP-Bescheid aus dem Jahr 2012 beziehen sich rein auf den Verfestigungs- und Stabilisierungsprozess im engeren Sinn.

Den Parteien wird Gelegenheit gegeben, Weiteres vorzubringen. Sie bringen nichts Weiteres vor.

…“

Mit Schreiben vom 28. November 2019 wurde den Gerichtsparteien die Niederschrift über diese öffentliche mündliche Verhandlung zur Kenntnis übermittelt und wiederholte die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 2. Dezember 2019 zum übermittelten verfahrensgegenständlichen Feststellungsantrag ihre in der öffentlichen mündlichen Verhandlung hiezu getätigten Ausführungen. Ebenso wiederholte die Antragstellerin in ihrer Stellungnahme vom 6. Dezember 2019 ihr bisheriges Vorbringen.

Das Landesverwaltungsgericht hält zu diesem Sachverhalt rechtlich folgendes fest:

Zu Spruchpunkt 1.

Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen; andernfalls zufolge § 31 Abs. 1 VwGVG mit Beschluss.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.         der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.   die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z. 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

In seinem Verfahren hat das Verwaltungsgericht – soweit sich nicht aus dem VwGVG anderes ergibt – die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, in Verwaltungsstrafsachen jene des VStG mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§§ 17, 38 VwGVG).

Gemäß § 87c Abs. 2 AWG 2002 kann die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus innerhalb der gemäß § 7 Abs. 4 Z 4 VwGVG festgelegten Frist gegen Bescheide, mit denen Abweichungen gemäß § 43 Abs. 5 zugelassen wurden, Beschwerde an das Verwaltungsgericht erheben. Weiters kann die Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus zur Wahrung einer einheitlichen Handhabung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und der darauf beruhenden Verordnungen sowie der Einhaltung unionsrechtlicher Vorschriften und zwischenstaatlicher Vereinbarungen von der Verwaltungsbehörde die Zustellung eines auf der Grundlage dieses Bundesgesetzes erlassenen Bescheides binnen drei Monaten ab Erlassung verlangen und innerhalb der gemäß § 7 Abs. 4 Z 4 VwGVG festgelegten Frist Beschwerde an das Verwaltungsgericht erheben.

Gemäß Art. 102 Abs. 1 B-VG stellt der Landeshauptmann von Niederösterreich in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung eine dem Bundesminister untergeordnete Bundesverwaltungsbehörde dar.

Gemäß § 2 Abs. 5 Z. 2 AWG 2002 ist stoffliche Verwertung die ökologisch zweckmäßige Behandlung von Abfällen zur Nutzung der stofflichen Eigenschaften des Ausgangsmaterials mit dem Hauptzweck, die Abfälle oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe unmittelbar für die Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten zu verwenden, ausgenommen die Abfälle oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe werden einer thermischen Verwertung zugeführt.

Gemäß § 2 Abs. 5 Z. 5 AWG 2002 ist Verwertung jedes Verfahren, als deren Hauptergebnis Abfälle innerhalb der Anlage oder in der Wirtschaft in umweltgerechter Weise einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem

a)   sie andere Materialien ersetzen, die ansonsten zur Erfüllung einer bestimmten Funktion verwendet worden wären, oder

b)   – im Falle der Vorbereitung zur Wiederverwendung – die Abfälle so vorbereitet werden, dass sie diese Funktion erfüllen.

Als Verwertung gilt die Vorbereitung zur Wiederverwendung, das Recycling und jede sonstige Verwertung (zB die energetische Verwertung, die Aufbereitung von Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff bestimmt sind, oder die Verfüllung) einschließlich der Vorbehandlung vor diesen Maßnahmen. Anhang 2 Teil 1 enthält eine nicht erschöpfende Liste von Verwertungsverfahren.

Gemäß § 6 Abs. 7 Z. 2 AWG 2002 hat der Landeshauptmann auf Antrag des Inhabers der Berechtigung oder der Anlagengenehmigung oder von Amts wegen einen Feststellungsbescheid zu erlassen, wenn begründete Zweifel über den Umfang einer Genehmigung gemäß § 37, 52 oder 54, insbesondere hinsichtlich der Abfallarten, Abfallmengen oder der Anlagenkapazität, bestehen.

Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass die verfahrensgegenständliche Anlage als Behandlungsanlage für Abfälle unter die Bestimmungen gemäß § 37 ff AWG 2002 fällt.

Weiters steht unbestritten fest, dass die Antragstellerin die verfahrensgegenständliche Abfallbehandlungsanlage betreibt und diese somit im gegenständlichen Fall grundsätzlich zur Antragstellung nach § 6 Abs. 7 Z. 2 AWG 2002 berechtigt ist.

Im gegenständlichen Verfahren ist strittig, ob Zweifel im Sinne der Antragstellung über den Umfang der verfahrensgegenständlichen Genehmigungen betreffend die verfahrensgegenständliche Abfallbehandlungsanlage bestehen.

Während die Antragstellerin und die belangte Behörde die Meinung vertreten, dass die verfahrensgegenständlichen Genehmigungen nichts über Verwertungsverfahren in der verfahrensgegenständlichen Verfestigungs-/Stabilisierungsanlage aussagen und die teilweise Substitution von Stützkorn - zu 30% - und Zement - zu 25% - durch die Abfälle „Aluminiumkrätzestäube“ als ein eigenes stoffliches Verwertungsverfahren bereits Bestandteil der verfahrensgegenständlichen Genehmigungen sei, wobei aufgrund des Urteils des EuGH vom 3. April 2003 in der Rechtssache C-116/01 (SITA) in der verfahrensgegenständlichen Anlage zwischen einem eigenständigen Substitutionsprozess und dem darauf folgenden eigenständigen Stabilisierungsprozess zu unterscheiden sei, vertritt die Beschwerdeführerin wiederum die Ansicht, dass die verfahrensgegenständlichen Genehmigungen sämtliche Verwertungs- und Behandlungsverfahren der verfahrensgegenständlichen Abfallbehandlungsanlage benennen und ausweisen, wobei darin das von der Antragstellerin behauptete Verwertungsverfahren R5 gemäß Anhang 2 AWG 2002 nicht enthalten sei, sodass diesbezüglich keine Zweifel über den Umfang der verfahrensgegenständlichen Genehmigungen bestehen würden, weshalb der verfahrensgegenständliche Feststellungsantrag unzulässig sei, wobei sie die Ansicht vertritt, dass in der verfahrensgegenständlichen Abfallbehandlungsanlage nicht zwischen einem eigenständigen Substitutionsprozess und dem darauf folgenden Stabilisierungsprozess zu unterscheiden sei.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der verfahrensgegenständliche Feststellungsantrag bereits nach dem Wortlaut der vorhin zitierten Bestimmung des § 6 Abs. 7 AWG 2002 nur dann zulässig ist, wenn begründete Zweifel über den Umfang der verfahrensgegenständlichen Genehmigungen bestehen (vgl. u.a. auch VwGH vom 26. Juli 2012, Zl. 2011/07/0173 mwN, sowie VwGH vom 20. November 2014, Zl. 2011/07/0244).

Mit dem verfahrensgegenständlichen Antrag wurde um Feststellung angesucht, dass die Substitution von Stützkorn und Zement durch Aluminiumkrätzestäube mit der SN 31205 im Rahmen der Stabilisierung von Abfällen in der verfahrensgegenständlichen Behandlungsanlage eine stoffliche Verwertungsmaßnahme im Sinne der zuvor zitierten Bestimmungen darstellt und dem Verfahren R5 gemäß Anhang 2 AWG 2002 zuzuordnen ist.

Zum von der Antragstellerin angeführten Urteil des EuGH vom 3. April 2003 in der Rechtssache C-116/01 (SITA) ist zunächst festzuhalten, dass diesem Urteil der Sachverhalt zugrunde lag, dass ein niederländisches Unternehmen beabsichtigte, Abfälle in ein belgisches Zementwerk zu verbringen, wo diese als Brennstoff für die Zementerzeugung eingesetzt und die dadurch entstehenden Verbrennungsrückstände (Aschen) zur Klinkerherstellung im Zementwerk verwendet werden sollten. Gegenstand dieses Verfahren war schließlich die Auslegung der (alten) Verbringungsverordnung EWG Nr. 259/93 dahingehend, welches Verwertungs- und/oder Beseitigungsverfahren für die Behandlung von grenzüberschreitend verbrachten Abfällen und die nachfolgende Behandlung der bei diesem Prozess anfallenden Reststoffe am Notifzierungsformular als Behandlungsverfahren anzugeben ist. Der EuGH führte dazu zunächst grundsätzlich aus, dass jeder Vorgang der Abfallbehandlung als Beseitigung oder als Verwertung eingestuft werden können muss (Rz 40) und ein und dieselbe Handlung im Hinblick auf die Unterscheidung zwischen Verwertung und Beseitigung nur eine einzige Einstufung erfahren darf, jedoch ein Abfallbehandlungsverfahren in der Praxis mehrere aufeinander folgende Abschnitte der Verwertung oder Beseitigung umfassen kann (Rz 41). Letztlich kam er zu dem Schluss, dass auf einen als Abfallverwertung eingestuften Vorgang eine Beseitigung des nicht verwertbaren Teils der Abfälle erfolgen kann (Rz 43), aber nur die Einstufung des ersten Vorgangs, dem die Abfälle nach ihrer Verbringung zugeführt werden, maßgeblich dafür ist, welchem Zweck die Verbringung dient (Rz 45).

Im gegenständlichen Feststellungsverfahren geht es jedoch nicht um das Verhältnis zwischen einer bestimmten Abfallbehandlung und der nachfolgenden Behandlung der daraus resultierenden Rückstände, sondern darum, dass im Rahmen eines als Beseitigung (D9) genehmigten Stabilisierungsprozesses zum ausschließlichen Zweck der Ablagerung der stabilisierten Abfälle auf einer Deponie (Beseitigungsverfahren D1) die vorgesehene Mischung zur Stabilisierung aus Primärrohstoffen (Sand, Zement, Stützkorn) und genehmigten Abfällen so geändert wird, dass der Anteil an Zement und Stützkorn verringert und dafür der Anteil an den genehmigten Abfällen (konkret: Aluminiumkrätzestäube aus der Altlast N6) vergrößert wird.

Im Unterschied zu den voneinander getrennten Verfahrensabschnitten des Einsatzes von Abfällen als Brennstoff und dem darauffolgenden Ascheneinsatz zur Klinkerherstellung handelt es sich im gegenständlichen Fall nur um einen einzigen Behandlungsschritt, nämlich die Stabilisierung von Abfällen in der Verfestigungs- und Stabilisierungsanlage der Antragstellerin unter Beimischung von Hilfsstoffen. Die Herstellung einer Mischung zur Stabilisierung stellt zwangsläufig den ersten Schritt des Stabilisierungsvorgangs dar und die Entscheidung, welcher Prozentsatz an welchen Komponenten für die jeweilige Mischung zum Einsatz kommt, ist Teil dieses ersten Schrittes.

Zu Recht verweist die Beschwerdeführerin darauf, dass die Verfestigung bzw. Stabilisierung von Abfällen jedenfalls eine Vorbehandlung zu deren Deponierung darstellt und daher der Umstand, dass diese Abfälle (hier: Flugaschen aus Abfallverbrennungsanlagen der Schlüsselnummer 31309) zu diesem Zweck nicht ausschließlich mit Zement, sondern mit zusätzlichen Abfällen (hier: Aluminiumkrätzestäube der Schlüsselnummer 31205) vermischt werden, nicht dazu führen kann, dass diese als Beseitigungsverfahren eingestufte Vorbehandlung zur Deponierung plötzlich ein (die Abfalleigenschaft beendendes) stoffliches Verwertungsverfahren (R5 Recycling/Rückgewinnung von anderen anorganischen Stoffen) darstellt. Vielmehr verbleibt die verfahrensgegenständliche Substitution noch immer im Stabilisierungsverfahren D9, zumal hier lediglich eine Rezeptur abgeändert wird.

Auch erfüllen die Aluminiumkrätzestäube nicht die spezifischen Produkteigenschaften von Zement (z.B. Druckfestigkeit, geringe Wasserdurchlässigkeit und Schadstoffbindung) und von Stützkorn, weshalb sie Zement auch nur im Ausmaß von höchstens 25% und Stützkorn auch nur im Ausmaß von höchstens 30% ersetzen können.

Das erkennende Gericht vertritt daher die Ansicht, dass die teilweise Substitution von Primärrohstoffen durch einen erhöhten Abfallanteil im Rahmen der Mischrezeptur - wie von der Antragstellerin konstruiert - keinen eigenen (als Verwertung zu qualifizierenden) vorgelagerten Verfahrensabschnitt darstellt und der Misch- und Stabilisierungsvorgang im Sinne des zuvor genannten EuGH-Urteils mit der Beseitigung von daraus resultierenden Rückständen nicht zu vergleichen ist. Vielmehr handelt es sich ungeachtet der konkreten Rezeptur für die Stabilisierungsmischung um einen einheitlichen (als Beseitigung genehmigten) Prozess zur Stabilisierung von Abfällen, um diese auf einer Deponie ablagern zu können und hat die belangte Behörde durch den angefochtenen Feststellungsbescheid in rechtswidriger Weise eine Änderung des Anlagenkonsenses durch die Aufnahme des zusätzlichen Verwertungs- bzw. Behandlungsverfahrens R5 gemäß Anhang 2 AWG 2002 vorgenommen.

Durch die Anführung der konkreten Verwertungs- und Behandlungsverfahren in den verfahrensgegenständlichen Genehmigungen bestehen somit keine Zweifel im Sinne des verfahrensgegenständlichen Feststellungsantrages, sodass der Beschwerde Folge zu geben und der Feststellungsantrag aufgrund des Fehlens der von der Antragstellerin behaupteten Zweifel als unzulässig zurückzuweisen war.

Da gegenüber der Antragstellerin somit kein (Berechtigungs-)Bescheid erlassen worden ist und die Gebühr für die Vergebührung eines Antrages nicht mittels eines Bescheides vorgeschrieben werden darf, war auch der Spruchpunkt B) des angefochtenen Bescheides aufzuheben.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt 2.:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil die durchgeführte rechtliche Beurteilung aufgrund der vorhin zitierten, einheitlichen höchstgerichtlichen Rechtsprechung erfolgte. Die Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, eine solche Rechtsprechung fehlt auch nicht und wird die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch einheitlich beantwortet.

Darüber hinaus betrifft die durchgeführte rechtliche Beurteilung lediglich den gegenständlichen Fall.

Schlagworte

Umweltrecht; Abfallwirtschaft; Feststellung; Genehmigungsumfang; Vorbehandlung; Beseitigungsverfahren; Verwertungsverfahren;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.608.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

25.02.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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