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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AufG 1992 §6 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der 1979 geborenen VM in Wien, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Februar 1996, Zl. 305.142/3-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 188,33 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin verfügte nach der Aktenlage über gewöhnliche Sichtvermerke in den Zeiträumen vom 14. Dezember 1987 bis 29. November 1988 und vom 12. November 1991 bis 3. März 1993. Mit ihrer am 12. Oktober 1995 überreichten Eingabe beantragte sie die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Februar 1996 wurde dieser Antrag - unter anderem - gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 6 Abs. 2 AufG sei der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor der Einreise nach Österreich zu stellen. Der Antrag auf Verlängerung könne auch vom Inland aus gestellt werden. Die Beschwerdeführerin habe den gegenständlichen Antrag jedoch nicht vor ihrer Einreise nach Österreich vom Ausland aus gestellt. Sie halte sich vielmehr unberechtigt im Bundesgebiet auf. Damit sei der Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG nicht Genüge getan. Ein Fall einer bloß kurzfristigen Versäumung der Frist zur Antragstellung im Sinn des § 6 Abs. 2 letzter Satz AufG liege nicht vor. Eine analoge Heranziehung der für Verlängerungsanträge geltenden Bestimmung des § 6 Abs. 2 letzter Satz AufG sei ausgeschlossen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 6 Abs. 2 und § 13 Abs. 1 AufG lauteten (auszugsweise):
"§ 6. ...
(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. ... Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: ...; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältige Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden.
§ 13. (1) Die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen."
Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (2. März 1996) ist für seine Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof die Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, maßgebend. § 4 Z. 4 dieser Verordnung lautete:
"§ 4. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:
...
4. Personen, für die eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt ist, und deren Familienangehörigen im Sinne des § 3 des Aufenthaltsgesetzes, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten."
§ 113 Abs. 6 und 7 FrG 1997 lauten:
"(6) Rechtskräftige Bescheide, mit denen die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (§ 6 AufG) versagt wurde oder mit denen der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 AufG) verfügt wurde, treten mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes außer Kraft, sofern der Betroffene sie beim Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof angefochten und dieser die Entscheidung noch nicht getroffen hat. In diesen Fällen ist die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren ohne vorherige Anhörung des Beschwerdeführers einzustellen. Mit dem Beschluß über die Gegenstandslosigkeit der Bescheide tritt auch der Bescheid erster Instanz außer Kraft.
(7) Als Bescheide nach Abs. 6, die unter den dort festgelegten Voraussetzungen außer Kraft treten, gelten auch rechtskräftige Bescheide, mit denen auf Dauer niedergelassenen Fremden die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung versagt wurde, die deshalb beantragt wurde, weil die Fremden entweder die Frist für den Antrag auf Verlängerung versäumt hatten oder trotz rechtmäßiger Niederlassung zuvor keiner Aufenthaltsbewilligung bedurften."
Die Beschwerde erschöpft sich in Ausführungen darüber, daß die Versagung der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung an die Mutter der Beschwerdeführerin zu Unrecht erfolgt sei, weil diese - entgegen der Annahme der belangten Behörde in dem betreffenden Bescheid - keine Scheinehe eingegangen sei.
Für die Beschwerdeführerin war niemals eine Aufenthaltsbewilligung ausgestellt. Sie verfügte auch am 1. Juli 1993, dem Tag des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes, nicht über eine Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet. Sie war daher nach dem Gesetzeswortlaut des Aufenthaltsgesetzes weder berechtigt, einen Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung, noch einen solchen auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften gemäß § 13 Abs. 1 AufG zu stellen.
Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 16. Juni 1995, Slg. Nr. 14.148, ausgesprochen, daß aus dem Grunde des Art. 8 MRK Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung von Fremden, die sich seit vielen Jahren bzw. sogar seit der Geburt rechtmäßig (insbesondere aufgrund von gewöhnlichen Sichtvermerken) in Österreich aufgehalten haben und die aus welchen Gründen immer im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes über keine Berechtigung zum Aufenthalt (mehr) verfügen, im Falle des Verstreichens einer relativ kurzen Zeitspanne zwischen dem Ablauf der letzten Berechtigung zum Aufenthalt und der Antragstellung auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im Hinblick auf das Gebot verfassungskonformer Auslegung des zu § 6 Abs. 2 AufG (in seiner Fassung vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. Nr. 351/1995) geschaffenen Regelungssystems dem zweiten Satz der zuletzt genannten Vorschrift zu unterstellen sind. Das heißt, daß solche Bewilligungsanträge als rechtzeitig gestellte Anträge auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung zu werten sind. Dieser Rechtsansicht hat sich der Verwaltungsgerichtshof auch für die Rechtslage nach Inkrafttreten der Novelle zum Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 351/1995, angeschlossen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 95/19/1475).
Damit ist aber für die Beschwerdeführerin nichts gewonnen, weil sie weder auf einen "viele Jahre" dauernden rechtmäßigen Aufenthalt zurückblicken kann, noch von einer bloß relativ kurzen Zeitspanne zwischen dem Ablauf ihrer letzten Berechtigung zum Aufenthalt und der gegenständlichen Antragstellung gesprochen werden kann.
Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde den vorliegenden Antrag als Erstantrag beurteilte. Daraus folgt zunächst, daß der angefochtene Bescheid nicht gemäß § 113 Abs. 6 FrG 1997 mit 1. Jänner 1998 außer Kraft getreten ist. Auch ein Fall des § 113 Abs. 7 FrG 1997 liegt nicht vor, weil eine Frist zur Stellung eines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung (auch unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften) in Ansehung von Berechtigungen zum Aufenthalt, welche vor Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes endeten, nicht existierte. Der angefochtene Bescheid blieb daher vom Inkrafttreten des FrG 1997 unberührt.
Weiters folgt aus der Qualifikation des vorliegenden Antrages als "Erstantrag", daß dieser gemäß § 6 Abs. 2 AufG vor der Einreise der Beschwerdeführerin in das Bundesgebiet vom Ausland aus zu stellen gewesen wäre. Ein Fall einer ausnahmsweisen Antragstellung im Inland liegt nicht vor. Unter die Bestimmung des § 4 Z. 4 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996, BGBl. Nr. 854/1995, fällt die Beschwerdeführerin schon deshalb nicht, weil sie nicht über eine Bewilligung gemäß § 1 Abs. 1 AufG verfügte. Die für die Beschwerdeführerin ausgestellten gewöhnlichen Sichtvermerke gehören nicht dazu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1998, Zl. 96/19/3491).
Die Beschwerdeführerin tritt der Annahme der belangten Behörde, sie habe den gegenständlichen Antrag nicht vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet vom Ausland aus gestellt, nicht entgegen. Durch die gegenständliche Antragstellung wurde daher dem § 6 Abs. 2 AufG nicht Genüge getan. Bei dem dort umschriebenen Erfordernis handelt es sich um eine Voraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung des Antrages nach sich zieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010).
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des insgesamt gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1996191014.X00Im RIS seit
02.05.2001