TE Vwgh Erkenntnis 1998/7/2 96/20/0005

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Veröffentlicht am 02.07.1998
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1968 §1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Grubner, über die Beschwerde des M B in Salzburg, geboren am 2. Dezember 1973, vertreten durch Dr. Johann Buchner und Mag. Ingeborg Haller, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Paris Lodron-Straße 17/1/14, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. November 1995, Zl. 4.337.622/2-III/13/92, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Türkei, reiste am 18. März 1992 unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 26. März 1992 schriftlich den Antrag, ihm Asyl zu gewähren. Diesen Antrag begründete er wie folgt:

"Ich habe für die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) Veranstaltungen bzw. Treffen mit Jugendlichen in meinem Haus organisiert. Ein Schullehrer hat mich beim Militär angezeigt.

Die PKK ist illegal. Präsident Demirel hat offiziell zuletzt vor ca. 10 Tagen den Kampf gegen die Partei ausgerufen. Ich habe die Parteizeitung der PKK namens "ULKE" abonniert und hatte verbotene kurdische Kassetten und Bücher in meinem Haus. Am 15.8.1991 kam ich für eine Woche in das Militärgefängnis in C, ich wurde dort geschlagen und nur deshalb wieder ausgelassen, weil meine Verwandten Schmiergeld an die Militärs bezahlt hatten. Ich bin dann wieder nach Hause gegangen und habe weiterhin für junge Leute Treffen für die PKK organisiert. Am 20.12.1991 hat das Militär mein Haus durchsucht und die Zeitung der PKK und verbotene Kassetten gefunden. Ich bin dann nicht mehr nach Hause zurück, sondern am 20.12.1991 nach Bulgarien geflüchtet.

Am 18.3.1992 bin ich in Österreich eingereist. Wenn ich in die Türkei zurück müßte, wäre mein Leben in Gefahr. Anläßlich des kurdischen Neujahrstages am 21.3.1992 haben die Militärs in Cizre 50 Kurden getötet, darunter Mitglieder der PKK. Als Beweis für meine Verfolgung lege ich einen Bericht von AI bei, der deutlich zeigt, wie die türkische Regierung mit der kurdischen Bevölkerung verfährt.

Bei seiner Einvernahme vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg am 7. Mai 1992 gab er zu seinen Fluchtgründen lediglich folgendes an:

"Ich gebe an, daß ich der kurdischen Volksgruppe in der TR angehöre. Wie bekannt ist, wird diese von den Türken benachteiligt und unterdrückt.

In meinem Heimatdorf Y habe ich zusammen mit jungen Leuten eine Gruppe gebildet und wir haben Treffen gemacht, wobei das problemreiche Leben der Kurden in der TR behandelt wurde. Wir haben auch Lesungen durchgeführt, die sich mit der Herkunft und der Geschichte der Kurden befaßten.

Deshalb habe ich die Zeitschrift "Yeni Ülke" abonniert gehabt. Der Name bedeutet "Neue Heimat". Es handelt sich dabei um eine legale Wochenzeitschrift, aber jede Ausgabe wird verboten.

Am 15.8.1991 fand durch türk. Gendarmerieangehörige eine Durchsuchung unseres Dorfes statt. Dabei wurden ich und auch einige Freunde von mir inhaftiert und in das Gefängnis von C eingeliefert. Inhaftiert wurde ich wegen des Besitzes der vorgenannten Zeitschrift und wegen "separatistischer" Tätigkeit. Angezeigt wurde ich von dem Lehrer des Dorfes namens

V D. Dieser ist ein türkischer Rassist und führte mit uns immer Streitgespräche. Er wollte sogar in unserem Dorf die kurdische Sprache verbieten.

Im Gefängnis wurde ich mit einem Stock geschlagen, sichtbare Verletzungen habe ich nicht.

Die vernehmenden Beamten wollten immer Verbindungen erfahren, die wir angeblich zur PKK hatten. Direkte Verbindung dazu hatte ich nicht. Ich habe aber immer die Politik dieser Organisation unterstützt, weil diese die Interessen des kurdischen Volkes vertritt. Manchmal kamen Leute dieser Organisation in unser Dorf und brachten Zeitschriften, Bücher und Kassetten.

Nach meinem Aufenthalt im Gefängnis ging ich zu meinen Eltern zurück. Das Abonnement der Zeitschrift "Yeni Ülke" habe ich abbestellt. Dorfdurchsuchungen fanden immer wieder statt. Jedesmal wurden wir gewarnt, die Zeitschrift ja nicht mehr zu beziehen. Schlußendlich habe ich zusammen mit A K, der nunmehr zusammen mit mir in S wh. ist, die TR verlassen.

18. Fluchtweg:

Von Istanbul fuhren wir am 21.12.1991 in einem LKW auf der Ladefläche versteckt nach Bukarest (über Bulgarien). ...."

Mit Bescheid vom 27. Juli 1992 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg fest, der Beschwerdeführer sei nicht Flüchtling und sei gemäß § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes (1968) nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Die Behörde erster Instanz begründete dies im wesentlichen mit der Unglaubwürdigkeit seiner Angaben.

In seiner gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung betonte der Beschwerdeführer neuerlich, am 20. Dezember 1991 habe das Militär sein Haus durchsucht und die Zeitung der PKK und verbotene Kassetten gefunden. Er sei nicht mehr nach Hause zurückgekehrt, sondern sofort geflüchtet. Hinsichtlich dieser Umstände sei er bei seiner Erstvernehmung nicht befragt worden, obwohl dies Umstände seien, die seine sofortige Flucht begründet hätten und die auch seine Furcht vor drohender Verfolgung begründeten. Die Kassetten hätten politischen Inhalt gehabt, es sei das Gedankengut der PKK dargestellt worden. Daß er in seinem Heimatland noch verfolgt werde, wisse er von seinem Vater, der ihm anläßlich eines Telefonates im Juli 1992 mitgeteilt habe, daß nach ihm gefahndet werde. Er werde versuchen, die schriftlichen Fahndungsunterlagen beizubringen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und sprach aus, der Beschwerdeführer sei nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes (1968). Nach Darstellung des Verfahrensganges und der von ihr in Anwendung gebrachten Rechtslage führte sie aus, Asylwerber machten erfahrungsgemäß gerade bei der ersten Befragung spontan jene Angaben, die der Wahrheit am nächsten kämen. Demnach hätten zwischen dem Beschwerdeführer und Mitgliedern der PKK nie Verbindungen bestanden, er sei vielmehr im Zuge der Durchsuchung des gesamten Heimatdorfes durch das türkische Militär wegen des Besitzes der Zeitschrift "Yeni Ülke" festgenommen und nach einer Woche wieder freigelassen worden. Anschließend habe er die besagte Zeitschrift nicht mehr bezogen und sich auch nicht mehr politisch betätigt bzw. eine solche Tätigkeit nicht darzustellen vermocht. Er sei am 21. Dezember 1991 aus der Türkei ausgereist. Dagegen müsse dem übrigen Vorbringen im schriftlichen Asylantrag bzw. in der Berufungsschrift die Glaubwürdigkeit abgesprochen werden, weil der Beschwerdeführer dabei eine völlig divergierende Darstellung der seiner Meinung nach asylbegründenden, angeblich stattgefundenen Ereignissse glaubhaft zu machen getrachtet habe. Er stelle nämlich die Behauptung auf, er habe sehr wohl Kontakte zur PKK gehabt ("Veranstaltungen für die PKK"), zu seiner Entlassung sei es lediglich durch Bezahlung von Schmiergeldern gekommen. Er habe aber vor allem behauptet, daß es am 20. Dezember 1991 zu einer Hausdurchsuchung in seiner Abwesenheit gekommen sei und er noch am selben Tag, d.h. am 20. Dezember 1991, ausgereist sei. Auf Grund der Widersprüchlichkeit in diesen Angaben zu den Angaben in der Niederschrift könne dem über letztere hinausgehenden Vorbringen keine Glaubwürdigkeit zukommen. Auch habe er es bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides unterlassen, die in seiner Berufung erwähnten schriftlichen Unterlagen beizubringen, was den Schluß zulasse, daß derartige Unterlagen gar nicht existierten; dies sei ein weiteres Indiz für die Unglaubwürdigkeit seiner Angaben. Die bloße Behauptung, daß in der Türkei nach ihm gefahndet werde, ohne daß der Beschwerdeführer ein schlüssiges Motiv der türkischen Behörde hiefür hätte angeben können, müsse ebenfalls als unglaubwürdig qualifiziert werden. Ausgehend von dem Vorbringen anläßlich seiner Ersteinvernahme bleibe aber lediglich das ins Treffen geführte Ereignis vom 15. August 1991 - 7 Tage Haft auf Grund des Besitzes einer verbotenen Zeitschrift und "separatistischer Tätigkeit" - welches seiner Einmaligkeit wegen und der damit im Zusammenhang stehenden ungenügenden Intensität keinen derart gravierenden Nachteil darstelle, daß er sich dem lediglich durch die Ausreise hätte entziehen können. Daraus und aus der konsequenzlosen Entlassung sowie der Tatsache, daß er bis zu seiner Ausreise aus seinem Heimatstaat offensichtlich keinerlei Verfolgungshandlungen mehr ausgesetzt gewesen sei, ergebe sich überdies ein mangelnder zeitlicher Zusammenhang zwischen den von ihm ins Treffen geführten Verfolgungshandlungen und seiner Ausreise. Für den Zeitraum August bis Dezember 1991 habe er auch keinerlei Tätigkeiten darstellen können, die geeignet gewesen wären, ein Interesse der türkischen Behörden an einer aslyrelevanten Verfolgung seiner Person plausibel erscheinen zu lassen oder seine politische Exponiertheit zu indizieren.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auszugehen ist zunächst davon, daß infolge der im angefochtenen Bescheid zutreffend erfolgten Anwendung des Asylgesetzes 1968 kein Fall des Außerkrafttretens gemäß § 44 Abs. 2 AsylG 1997 vorliegt.

Gemäß § 1 des Asylgesetzes 1968, BGBl. Nr. 126, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 796/1974, ist ein Fremder Flüchtling, wenn nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 der Genfer Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, (im folgenden: FlKonv) unter Bedachtnahme auf das Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, erfüllt, und bei ihm kein Ausschließungsgrund nach Art. 1 Abschnitt C oder F FlKonv vorliegt. Nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 FlKonv ist Flüchtling, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Die belangte Behörde beurteilte die vom Beschwerdeführer im schriftlichen Asylantrag sowie in seiner Berufung dargelegten Fluchtgründe, insoweit sie über die Ergebnisse seiner Ersteinvernahme hinausgingen, als unglaubwürdig und unterzog lediglich letztere einer rechtlichen Beurteilung. In diesem Zusammenhang rügt der Beschwerdeführer aber zu Recht, die Behörde wäre von Beginn an verpflichtet gewesen, dem Gebot der materiellen Wahrheitsfindung sowie dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens zu entsprechen. Die belangte Behörde hätte die von ihr erstmals im angefochtenen Bescheid aufgegriffenen angeblichen Widersprüche durch eine ergänzende Einvernahme aufklären und den Beschwerdeführer damit konfrontieren müssen. Er rügt damit insbesondere die Unvollständigkeit der von der Behörde beweiswürdigend herangezogenen Sachverhaltsgrundlage.

Gemäß § 45 Abs. 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtgigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Gemäß § 41 Abs. 1 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof, soweit er nicht Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gegeben findet (§ 42 Abs. 2 Z. 2 und 3 VwGG) den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte (§ 28 Abs. 1 Z. 4) zu überprüfen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser durch die genannte Bestimmung auf eine Schlüssigkeitsprüfung der von der Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung beschränkt; da der Verwaltungsgerichtshof nur eine nachprüfende Kontrolle auszuüben, keinesfalls aber eine Sachentscheidung zu fällen hat, kann die Beweiswürdigung nur insoweit überprüft werden, als es sich um die Feststellung handelt, ob der Denkvorgang der Behörde zu einem den Denkgesetzen entsprechenden Ergebnis geführt hat bzw. ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt wurde, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1973, Slg. Nr. 8489/A). Schlüssig sind aber solche Erwägungen nur dann, wenn sie u.a. den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut, entsprechen (vgl. die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, u.a. das Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. Nr. 8619/A, und die bei Dolp,

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 549, zitierte Judikatur).

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung im Sinne des § 45 Abs. 2 AVG bedeutet lediglich, daß - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist - die Würdigung der Beweise keinen anderen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Ob sodann der Akt einer Beweiswürdigung richtig in dem Sinne ist, daß z.B. eine den Beschwerdeführer belastende Darstellung und nicht dessen Verantwortung den Tatsachen entspricht, kann der Verwaltungsgerichtshof auf Grund seiner - dargestellten eingeschränkten - Prüfungsbefugnis in einem Verfahren über eine Bescheidbeschwerde nicht überprüfen.

Der Beschwerdeführer zeigt in diesem Zusammenhang aber zutreffend auf, daß die von der belangten Behörde herangezogenen Argumente zur Beweiswürdigung nicht schlüssig sind, zumal Widersprüche durch die belangte Behörde nicht aufgeklärt wurden. Sie selbst führt im angefochtenen Bescheid aus, daß "Asylwerber erfahrungsgemäß gerade bei der ersten Befragung spontan jene Angaben machen, die der Wahrheit am nächsten kommen". In diesem Sinne ist es nicht einzusehen, weshalb die belangte Behörde die chronologisch

erste Darstellung des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen im schriftlichen Asylantrag dennoch als nicht der Wahrheit entsprechend wertet. Das weitere von der belangten Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung herangezogene sinngemäße Zitat der Angaben des Beschwerdeführers, es hätten "nie" Verbindungen zwischen ihm und Mitgliedern der PKK bestanden, wird dem Inhalt der Aussage nicht gerecht, da der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang anläßlich seiner Einvernahme am 7. Mai 1992 nur angegeben hatte:

"Die vernehmenden Beamten wollten immer Verbindungen erfahren, die wir angeblich zur PKK hatten. Direkte Verbindung dazu hatte ich nicht. Ich habe aber immer die Politik dieser Organisation unterstützt...." (Anm.: Unterstreichung nicht im Original).

Auch der von der belangten Behörde herangezogene angebliche Widerspruch hinsichtlich des genauen Datums des Fluchtbeginns hätte einer Aufklärung bedurft, zumal sich die Angaben des Beschwerdeführers miteinander in Einklang bringen lassen, wenn man annimmt, daß am 20. Dezember 1991 die Flucht von seinem Heimatort (Y, Provinz C) begann und erst am darauffolgenden Tag von Istanbul aus die Reise mit dem LKW nach Bukarest fortgesetzt hat.

Auch die Annahme der belangten Behörde, die vom Beschwerdeführer angebotenen "Unterlagen" über die gegen ihn laufende Fahndung in seinem Heimatland existierten gar nicht, ist hier nicht schlüssig, ob der Beschwerdeführer nur angeboten hatte zu versuchen, Unterlagen zu beschaffen, und dabei möglicherweise auf Hindernisse gestoßen ist.

Nicht nachzuvollziehen ist ferner die Überlegung der belangten Behörde, die Behauptung des Beschwerdeführers, nach ihm werde in der Türkei gefahndet, sei deswegen unglaubwürdig, weil er () ein schlüssiges Motiv der türkischen Behörden dafür nicht habe angeben können, ergibt sich dieses doch bereits aus den von ihm genannten Fluchtgründen (Auffinden verbotener Zeitschriften, verbotener Kassetten mit Gedankengut der PKK und Unterstellung "separatistischer Tätigkeit").

Ginge man jedoch davon aus, daß die vom Beschwerdeführer im gesamten Verwaltungsverfahren vorgetragenen Fluchtgründe in ihrer Gesamtheit glaubwürdig wären, hätte die belangte Behörde auch den zeitlichen Zusammenhang zwischen der letzten, vom Beschwerdeführer behaupteten Verfolgungshandlung (am 20. Dezember 1991) und seiner noch am selben Tag begonnenen Flucht erkennen müssen. Daß aber eine drohende Verhaftung des Beschwerdeführers unter dem Verdacht "separatistischer Tätigkeit" auch die Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung im Sinne der FlKonv in sich birgt, liegt auf der Hand.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet hat, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996200005.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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