TE Lvwg Erkenntnis 2020/1/9 LVwG-S-2454/001-2019

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Veröffentlicht am 09.01.2020
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Entscheidungsdatum

09.01.2020

Norm

AWG 2002 §15 Abs3
AWG 2002 §79

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Binder als Einzelrichterin über die Beschwerde des A, ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom 24. September 2019, Zl. ***, betreffend Bestrafungen nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) eingestellt.

2.   Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG werden dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht auferlegt.

3.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom 24. September 2019, Zl. ***, wurde der Beschwerdeführer wie folgt für schuldig befunden:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

Zeit:

zu 1. 15.07.2019

zu 2. u 3. 12.08.2019

Ort:

zu 1. u 2. ***, Grundstücksnummer ***

zu 3. ***, Grundstücksnummer ***

Tatbeschreibung:

1.   Durch Erhebungen der Gewässeraufsicht am 15.07.2019 wurde festgestellt, dass auf dem Grundstück mit der Grundstücksnummer *** in *** nicht gefährlicher Abfall abgelagert wurde, obwohl eine Ablagerung von Abfällen nur in hierfür genehmigten Deponien erfolgen darf. Abfälle dürfen außerhalb von hierfür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten weder gesammelt, gelagert oder behandelt werden.
Es wurde festgestellt, dass folgende Abfälle außerhalb der Einzäunung abgelagert wurden:
Ca. 0,5 m3 Bauschutt bzw. Mauerwerksabbruch in mehreren schwarzen Müllsäcken, ein E-Herd, 2 Autoreifen mit Felge der Marke AVON 205x65 R15, Hausmüll, wie Holzsteigen und Plastikflaschen, Holzbox befüllt mit diversen Holzabfällen (1 x 3 x 1 m).
Es wurde festgestellt, dass folgende Abfälle innerhalb der Einzäunung abgelagert wurden:
Ca. 10 – 15 orange Säcke befüllt mit Bauschutt, diverse Sperrmüll und geringe Mengen Baustellenabfälle.

2.   Durch Erhebungen der Gewässeraufsicht am 12.08.2019 wurde festgestellt, dass auf dem Grundstück mit der Grundstücksnummer *** in *** nicht gefährlicher Abfall abgelagert wurde, obwohl eine Ablagerung von Abfällen nur in hierfür genehmigten Deponien erfolgen darf. Abfälle dürfen außerhalb von hierfür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten weder gesammelt, gelagert oder behandelt werden.
Es wurde festgestellt, dass nun folgende Abfälle außerhalb der Einzäunung abgelagert wurden:
Holzbretter unbehandelt.
Es wurde festgestellt, dass nun folgende Abfälle innerhalb der Einzäunung abgelagert wurden:
Ca. 11 Autoreifen (abgedeckt), Holz- und Plastiksteigen für Obst und Gemüse, Holzbretter unbehandelt.

3.   Durch Erhebungen der Gewässeraufsicht am 12.08.2019 wurde festgestellt, dass auf dem Grundstück mit der Grundstücksnummer *** in *** gefährlicher Abfall abgelagert wurde, obwohl eine Ablagerung von Abfällen nur in hierfür genehmigten Deponien erfolgen darf. Abfälle dürfen außerhalb von hierfür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten weder gesammelt, gelagert oder behandelt werden.
Es wurde ein Pkw der Marke Ford Transit vorgefunden. Die weiße Plakette ist bereits 11/2017 abgelaufen. Das letztmalige Kennzeichen ist
auf der Plakette nicht mehr lesbar. Das Fahrzeug weist massive Rostschäden im Bereich der Radkästen auf und ist augenscheinlich auch seit längerer Zeit am gegenständlichen Bereich auf unbefestigten Boden abgestellt. Das Fahrzeug ist mit diversen Gegenständen vollständig befüllt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

zu 1.   § 15 Abs. 3 AWG 2002 i.V.m. § 79 Abs. 2 Z.3 AWG 2002

zu 2.   § 15 Abs. 3 AWG 2002 i.V.m. § 79 Abs. 2 Z.3 AWG 2002

zu 3.    § 15 Abs. 3 AWG 2002 i.V.m. § 79 Abs. 1 Z.1 AWG 2002

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafen von

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafen von

Gemäß

zu  600,00

48 Stunden

§ 79 Abs. 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002

zu  600,00

48 Stunden

§ 79 Abs. 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002

zu  1.000,00

16 Stunden

§ 79 Abs. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002“

 

 

 

Weiters wurde der Beschuldigte zum Tragen der Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens verpflichtet.

In ihrer Begründung verwies die belangte Behörde auf eine Anzeige, welche durch Erhebungen der Gewässeraufsicht bestätigt worden wäre. Weiters gab sie die Zeugeneinvernahme zweier nicht näher bezeichneter Zeugen wieder und führte aus, dass „die ihm zur Last gelegten Delikte ihm mit Schreiben vom 03.09.2019 zur Kenntnis gebracht“ worden wären und er diese Möglichkeit sich zu äußern nicht in Anspruch genommen habe.

Nach Wiedergabe der relevanten abfallrechtlichen Strafbestimmungen ging die Strafbehörde davon aus, dass die Verwaltungsübertretungen aufgrund der Angaben in der Anzeige, des Erhebungsberichtes der Gewässeraufsicht, sowie der Angaben der einvernommenen Zeugen als erwiesen anzusehen seien.

Zur Strafhöhe führte die belangte Behörde aus, dass keine Erschwerungs- und Milderungsgründe vorliegen würden und die verhängten Geldstrafen unter Berücksichtigung des § 19 VStG angemessen wären.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

In seiner rechtzeitig dagegen erhobenen Beschwerde beantragte der Beschwerdeführer die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses sowie die Einstellung des gegen ihn geführten Verwaltungsstrafverfahrens.

Begründet wurden diese Anträge insbesondere wie folgt:

„Sehr geehrte Bearbeiterin B,

hiermit lege ich Beschwerde gegen den Strafantrag von der BH Gänserndorf ein.

Durch den Tod unseres Sohnes C geb. *** gestorben *** ist leider dieser Berg an Sperrmüll entstanden. Wir haben unseren geliebten Sohn verloren, konnten Wochenlang das ehemalige Zimmer nicht betreten. Bis wir beschlossen hatten die ganzen Sachen aus Holz (Bett, Schrank, Kommoden, ...) zu entsorgen. Leider hatten wir zudem Zeitpunkt keine Möglichkeit die Sachen gleich zu entsorgen. Verwandte und Bekannte haben die Entrümpelten Sachen aus der Wohnung in den Garten gebracht. Im Herbst 2018 bekam ich Hilfe von einem Freund der mir mit dem Garten geholfen hat. Wir haben einen Teil in die ASA *** gebracht. Leider war mein Fahrzeug (Renault Scenic) nicht größer um alles wegbringen zu können. Daher beschloss ich im Außenbereich unseres Gartens ein 3mx1m aus Holz bestehendes Konstrukt zu bauen. ln dem befanden sich div. Sperrgutabfälle wie Bretter, Grünschnitt, alte Möbel keine Öle, Giftabfälle, gefährliche Stoffe.

Ford Transit

Der Ford Transit wurde im Jahr 08/2017 angeschafft und diente zum Transport unseres Sohnes C auf welchem das Fahrzeug auch zugelassen wurde, der in der Pflegestufe 7 war. Aufgrund seines Platzbedarfes und der Anzahl der Kinder (damals noch 6) war dieses Fahrzeug nötig. Das Fahrzeug wurde bis 03/2018 durchgehend bewegt. Nach dem Tod unseres Sohnes wurde das Fahrzeug nur für Fahrten zum Mechaniker (Juni 2018 bis August 2018) bewegt. Leider hatten wir nicht das nötige Geld mehr (anfallende Bestattungskosten) die wichtigen Reparaturen an den Seitenschwellern durchführen zu lassen. Das Fahrzeug hatte weder damals noch im Jahr 2019 einen erheblichen Ölverlust. Aufgrund des Plötzlichen Verlustes unseres Kindes war ich lange Zeit nicht in der Lage mein Leben so zu führen wie früher. Des Weiteren konnte das Fahrzeug auch nicht gleich verkauft werden, weil der Notar uns im September/Oktober 2018 zum Gespräch (Verlassenschaft ...) einberuft hat. Zudem Zeitpunkt war mein größter Wunsch dieses Fahrzeug noch weiterhin behalten und. wenn es finanziell klappen sollte wieder fahrtüchtig zu machen. Mit war damals nicht bewusst, dass man ein Fahrzeug das nicht zugelassen ist, auf Privatgrundabstellen darf.

Das Fahrzeug wurde beim 1. Besuch am 15.07.2019 weder erwähnt noch in irgendeiner Form beanstandet. Lediglich beim 1. Schreiben vom Anfang September wurde dies erwähnt und beanstandet. Ich habe dann umgehend das Fahrzeug zum Verkauf angeoboten welches Ende September stattgefunden hat. Die Auszahlung erfolgte am 2.10.2019 sowie die Typenscheinübergabe.

Die Anschuldigungen der Nachbarin (D) und Ihren Mann (E) die sich mit anderen aus dem gegenüberliegenden Haus verbündet haben um gegen mich vorzugehen sind nur erlogen. Die besagte Partei ist mit einem Fahrzeug der Make Opel Vetcra mit komplett durchgerosteten Türen, Schweller, Kofferraum weiterhin gefahren. Das besagte Fahrzeug steht jetzt in *** bei *** beim Mechaniker/Servicemonteur auf Gras bzw. Erde. Mir ist auch aufgefallen, dass diverse Autohändler Fahrzeug ohne Pickerl und mit Durchrostungen auf ähnlichen Untergründen verkaufen. Diese aber mehrere Monate stehen.

Aussagen der Nachbarn

Anscheinend störten der Frau D und den Herrn E der Sperrmüll in der Box 3mx1m so sehr, dass diese mich anzeigten. Diese wollten illegal Ihren Garten nach vorne verlegen obwohl dieser Bereich von jeden der Bewohner des Hauses ***, *** genutzt werden konnte. Im Nachhinein habe ich jetzt erfahren nachdem diese, fluchtartig Mitte August 2019 wieder die Wohnung verlassen haben was der Grund für den Streit der Grundstücksgrenzen waren. Das Drogendezernat ermittelt bereits in der Sache. Des weiteren liegen dort 10 Bauschuttsäcke, 100-200 Ziegelsteine, Div. Bäume die vorher gefällt wurden. Warum passiert bei denen nichts?? Weiters schuldet die Frau D uns 850,- für ein Fahrzeug welches verkauft wurde. Exekution gegen Sie wird bzw. wurde eingeleitet.

Leihtransporter

Im Februar 2019 wurde bei der ASA *** mit einem Leihtransporter ein Teil des Sperrmülls wegefahren. Es folgten weitere Sperrmüllabgaben im März. Leider darf mann pro Jahr nur 600 kg bei der ASA abgeben. Diese wurden bei uns fast überschritten. Im April wurde der Bauschutt immer mehr. Es erfolgten weitere Abgaben bei der Gemeinde, diese ist aber nur Samstag vormittag geöffnet. Im Mai mussten wir unseren Obststandl beim Kreisverkehr *** eröffnen. Aufgrund der Tatsache dass ich Samstags immer um 6 Uhr bereits außer Haus war, konnte ich in dem Zeitraum Anfang Mai bis Mitte Juli den Bauschutt als auch div. Holzreste, Sperrmüll … nicht abgeben. Am 19. Juli 2019 haben wir wieder einen Transporter ausgeliehen um den Bauschutt … auf die Gemeinde zu bringen. Leider sind wir noch nicht ganz fertig mit der Renovierung. Somit entsteht immer noch Bauschutt und Sperrmüll. Diese werden demnächst entsorgt.

Unbehandelte Holzbretter

Die unbehandelten Holzbretter stammen von unserem Obststandl. Die Holzbretter sind unbehandelt, giftfrei und haben keine Ablagerungen wie z.B. altöl,. Diese werden weiterhin benötigt.

Altreifen

Die Reifen sind von unserem Fahrzeug Toyota Previa. Die Stahlfelgen werden benötigt. Diese werden mit neuen Reifen beim Reifenmonteur bestückt. Die anderen Reifen stammen vom Ford Transit und vom Renault Scenic. Die Reifen haben noch 6-7mm Profil und sind 2-4 Jahre alt. Diese sind vom Regen geschützt und werden benötigt.

Holzkisten, Platikkisten

Die Holzkisten stammen vom Obststandl. Dieser wurde am 09.08.2019 abgebaut. Mitlerweile entsorgt. Die grünen Plastikisten sind Leihsteige, diese werden zum Transport für den Obsthandel nächstes Jahr wieder benötigt.

Plastikflaschen

Die gelben Säcke gehen uns leider manschmal aus. Daher werden diese in Kartons, bzw. Kisten gesammelt. Sobald wir wieder Säcke haben werden diese mittels Gelber Sack abholung 1 x im Monat von *** abgeholt.

Wasserschaden im Bad

Der ganze Bauschutt ist im März 2019 entstanden nachdem wir unsere Abwasserrohre tauschen mussten. Die alten Rohre waren löchrig, es entstanden immer wieder Wasserschäden. In der Hauptbauphase März bis Anfang April war aufgrund des Schadens und der Sanierung kein Abtransport des Bauschuttes möglich.

Finanzielle Probleme/Notlage

Wir hätten auch einen Baucontainer organisieren können, leider war das Geld durch die hohen Bestattungskosten nicht mehr da. Erschwerend war noch dass wir von Oktober 2018 bis Juni/Juli 2019 keine Familienbeihilfe für die 5 Kinder erhalten haben. Daher waren wir in einer finaziellen Notlage. Energiekosten konnten teilweise auch nicht beglichen werden. Aufgrund dessen war es leider nicht möglich Baucontainer, etc. zu finanzieren.“

3.   Feststellungen:

Herr A lagerte zumindest am 15. Juli 2019 auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, 0,5 m³ Bauschutt bzw. Mauerziegelbruch in mehreren schwarzen Säcken, einen E-Herd, zwei Autoreifen mit Felge der Marke AVON 205x65 R15, Holzsteigen und leere Plastikflaschen, sowie eine mit Holzabfällen befüllte Holzbox. Innerhalb der Umzäunung wurden auf diesem Grundstück mindestens zehn orange Säcke, befüllt mit Bauschutt, Sperrmüll und geringe Mengen an Baurestabfällen, gelagert.

Am 12. August 2019 wurde von der technischen Gewässeraufsicht der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf festgestellt, dass außerhalb der Einzäunung auf diesem Grundstück diverse unbehandelte Holzbretter abgestellt waren, sowie innerhalb der Umzäunung ca. 11 Autoreifen in abgedecktem Zustand.

Zur gleichen Zeit war der Pkw der Marke Ford Transit auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, abgestellt, dessen letzte Begutachtungsplakette mit 11/2017 abgelaufen ist. Das Fahrzeug wies zu diesem Zeitpunkt diverse Rostschäden im Bereich der Radkästen auf. Es kann nicht festgestellt werden, ob sich das Fahrzeug in einem verkehrs- und betriebssicheren Zustand zu dieser Zeit befunden hat. Das Fahrzeug wurde vormals für den Transport des schwerkranken Sohnes des Beschwerdeführers verwendet und wurde am vorgeworfenen Tatzeitpunkt am Tatort mit der Intension abgestellt, zu einem späteren Zeitpunkt die Seitenschweller reparieren zu lassen. Es kann nicht festgestellt werden, dass zu diesem Zeitpunkt ein Betriebsmittelaustritt stattgefunden hat.

Die unbehandelten Holzbretter stammen vom Obststand des Rechtsmittelwerbers und werden weiterhin verwendet. Die festgestellten Reifen stehen noch in bestimmungsgemäßer Verwendung. Die Plastikflaschen wurden auf dem Grundstück gelagert, weil die gelben Säcke zur Sammlung der Plastikflaschen ausgegangen waren und seitens des Beschwerdeführers nicht rechtzeitig neue besorgt wurden. Der Bauschutt und der Sperrmüll entstand im März 2019 bei der Sanierung der Abwasserrohre im Wohnhaus des Rechtsmittelwerbers. Jedenfalls war nicht beabsichtigt, dass die festgestellten Gegenstände am angeführten Tatort auf Dauer verbleiben sollen, vielmehr sollten sie ordnungsgemäß entsorgt, verwendet bzw. repariert werden.

4.   Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Akt der Verwaltungsbehörde, insbesondere aus dem Erhebungsbericht der technischen Gewässeraufsicht, welchem ein Lokalaugenschein am 15. Juli 2019 sowie am 12. August 2019 zugrunde liegt samt umfassender Fotodokumentation. Den Grund der Lagerungen der verfahrensgegenständlichen Gegenstände konnte der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeschrift glaubhaft vermitteln und legte er zur Untermauerung seiner Behauptungen diverse Beweismittel vor.

5.   Rechtslage:

Die Strafnorm des § 79 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 idF BGBl. I Nr. 103/2013 regelt Folgendes:

Wer gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 1, 3 oder 4 oder entgegen § 16 Abs. 1 sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs. 1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs. 2 vermischt oder vermengt, begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 850 € bis 41.200 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 4.200 € bedroht.

Die Strafnorm des § 79 Abs. 2 Z 3 AWG 2002 schreibt vor:

Wer nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 1, 3 oder 4 sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit nicht gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs. 1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder die Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs. 2 vermischt oder vermengt, begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 450 € bis 8 400 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 2 100 € bedroht.

Von der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer angelastet, dass er entgegen dem § 15 Abs. 3 AWG 2002 Abfälle abgelagert hat. Diese Norm lautet wie folgt:

„Abfälle dürfen außerhalb von

1. hiefür genehmigten Anlagen oder

2. für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.“

Gemäß § 2 Abs. 1 AWG 2002 sind Abfälle bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat (subjektiver Abfallbegriff), oder deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen im Sinne des § 1 Abs. 3 leg. cit. nicht zu beeinträchtigen (objektiver Abfallbegriff). Abfall liegt bereits dann vor, wenn entweder der objektive oder der subjektive Abfallbegriff erfüllt ist (VwGH 23.02.2012, 2008/07/0179). Der objektive Abfallbegriff ist erfüllt, wenn durch das Lagergut die in § 1 Abs. 3 AWG 2002 normierten öffentlichen Interessen beeinträchtigt werden könnten.

Durch die Lagerung eines nicht dem Stand der Technik entsprechend trocken gelegten Kraftfahrzeuges auf unbefestigter Fläche kann eine Umweltgefährdung verursacht werden. Bereits daraus ergibt sich die Möglichkeit der Gefährdung von Schutzinteressen des § 1 Abs. 3 AWG 2002. So hat der Verwaltungsgerichtshof etwa erkannt, dass bereits eine Menge von 30 ml Bremsflüssigkeit, die aus einem Altfahrzeug bei auftretenden Undichtheiten in den unbefestigten Boden und ins Grundwasser sickern kann, geeignet ist, eine Gefährdung des Grundwassers und der Umwelt im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG 2002 herbeizuführen (VwGH 18.11.2010, 2007/07/0035). Zu betonen ist dabei auch, dass für die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffes keine konkrete Kontamination, sondern bereits die bloße Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG 2002 ausreicht (VwGH 22.12.2005, 2005/07/0088).

Entscheidungswesentlich ist, dass dem Beschwerdeführer im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt wird, dass er gefährlichen und nicht gefährlichen Abfall an näher beschriebenen Tatorten auf unbefestigter Fläche abgelagert hat.

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und die Identität der Tat insbesondere nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht. Dadurch soll gewährleistet sein, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen. Auch muss der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Die Tat ist daher so eindeutig zu umschreiben, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist (vgl. VwGH 05.09.2013, 2013/09/0065).

Eine abfallrechtliche Behandlung im Sinne des AWG 2002 ist jedes Verwertungs- oder Beseitigungsverfahren, einschließlich der Vorbereitung der Verwertung oder Beseitigung (§ 2 Abs. 5 Z 1 AWG 2002). Jedenfalls sind als abfallrechtliche Behandlungsverfahren die im Anhang 2 zum AWG 2002 angeführten Verwertungs- und Behandlungsverfahren zu verstehen.

Zu den Beseitigungsverfahren zählt die Ablagerung in oder auf dem Boden (z.B. Deponien usw.) (D1 gemäß Anlage 2 zum AWG 2002). Die Lagerung von Abfällen (außerhalb des Anfallsortes) ist grundsätzlich von der Ablagerung von Abfällen zu unterscheiden. Unter Lagerung ist nämlich etwas Vorübergehendes, unter Ablagerung hingegen etwas Langfristiges zu verstehen (Bumberger/Hochholdinger/ Niederhuber/Wolfslehner, AWG 2002², E1 zu § 15 mwN). "Ablagern" bedeutet im AWG 2002 etwas Langfristiges, also die Verbringung von Abfall an einen Ort mit der Absicht, ihn dort langfristig zu belassen (VwGH 27.05.2004, 2004/07/0038).

Es konnte im verwaltungsgerichtlichen Verfahren festgestellt werden, dass diverse Gegenstände auf den späteren Tatorten vom Beschwerdeführer lediglich „gelagert“ wurden. Diese wurden nämlich von ihm nicht mit der Intension an dieser Stelle abgestellt, sie dort auf Dauer abzulagern, sondern nur solange, bis sie zu einem späteren Zeitpunkt ordnungsgemäß entsorgt, verwendet oder repariert werden. Die festgestellte Tathandlung ist – unabhängig von der Beurteilung, welche dieser Gegenstände als Abfall im Rechtssinn anzusprechen sind - demnach als „lagern“ und nicht als „ablagern“ aus abfallrechtlicher Sicht zu werten, sodass dieses Verhalten dem „Verbot des Lagerns entgegen § 15 Abs. 3 AWG 2002“ widersprechen würde und nach § 79 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 bzw. § 79 Abs. 2 Z 3 AWG 2002 strafbar wäre.

Eine entsprechende Korrektur der Tatanlastung im gerichtlichen Verfahren ist nicht möglich, da dem Beschuldigten sonst ein anderer Sachverhalt zur Last gelegt werden würde. Eine Änderung des Tatvorwurfes erst im Beschwerdeverfahren in Verwaltungsstrafsachen vor dem Verwaltungsgericht stellt eine unzulässige Auswechslung der Tat und eine Überschreitung der "Sache" des Verfahrens iSd
§ 50 VwGVG dar.

Aus diesem Grund hat der Beschuldigte die ihm vorgeworfenen Straftaten des Ablagerns nicht begangen, sodass das angefochtene Erkenntnis spruchgemäß aufzuheben und entsprechend der neueren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 07.03.2017, Ra 2016/02/0271) das Verwaltungsstrafverfahren betreffend den Tatvorwurf des Ablagerns einzustellen ist.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG unterbleiben, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

6.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung einerseits nicht von der oben zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sich andererseits auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützen kann (vgl. aus der stRsp zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision in derartigen Fällen zB VwGH 29.07.2015, Ra 2015/07/0095) und überdies lediglich eine einzelfallbezogene Beurteilung vorzunehmen war, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof im Allgemeinen nicht berufen ist (vgl. zB VwGH 17.10.2016, Ro 2015/03/0035).

Schlagworte

Umweltrecht; Abfallwirtschaft; Verwaltungsstrafe; Verfahrensrecht; Tatvorwurf; Abfallbegriff; Altfahrzeug; Lagerung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.S.2454.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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