TE Lvwg Erkenntnis 2020/2/6 LVwG-AV-1253/001-2019

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Veröffentlicht am 06.02.2020
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Entscheidungsdatum

06.02.2020

Norm

GewO 1994 §9 Abs2
GewO 1994 §94 Z5

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch MMag. Dr. Michaela Lütte-Mersch als Einzelrichterin über die Beschwerde der A GesmbH, vertreten durch die B Rechtsanwalts KG, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 01. Oktober 2019, Zl. ***, betreffend Fristverkürzung für die weitere Gewerbeausübung nach § 9 Abs. 2 der Gewerbeordnung 1994, zu Recht:

1.   Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes als unbegründet abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision gemäß § 25a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) in Verbindung mit Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg (in der Folge: belangte Behörde) vom 01. Oktober 2019, Zl. ***, wurde der A GesmbH (in der Folge: beschwerdeführende Gesellschaft) die Frist für die weitere Ausübung des Gewerbes Baumeister ohne gewerberechtlichen Geschäftsführer im Standort ***, ***, bis 15. November 2019 verkürzt.

1.2. Begründend ist ausgeführt, dass der gewerberechtliche Geschäftsführer mit Wirkung vom 31. August 2019 ausgeschieden sei. Da mit der Ausübung des Gewerbes offenkundig eine besondere Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen verbunden sei, sei die Frist für die Ausübung des Gewerbes bis zur Bestellung eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers bis 15. November 2019 zu verkürzen gewesen.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

2.1. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Gesellschaft, vertreten durch eine Rechtsanwaltsgesellschaft, mit Schriftsatz vom 04. November 2019 Beschwerde.

2.2. In dieser wird vorgebracht, dass gemäß der zu § 9 Abs. 2 der Gewerbeordnung 1994 (GewO) ergangenen Rechtsprechung sich nur in besonderen Einzelfällen die Notwendigkeit ergebe, wegen besonderer Gefahr „etwa aus Gründen der Volksgesundheit“ die für die weitere Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer vorgesehene Frist von sechs Monaten durch die Gewerbebehörde zu verkürzen. Diese Voraussetzung für die Fristverkürzung sei etwa dann erfüllt, wenn mit der weiteren Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer eine besondere Gefahr für das Leben oder Gesundheit von Menschen verbunden sei; dies sei gegenständlich nicht der Fall, da es notorisch bekannt sei, dass das sehr stark saisonabhängige Baugewerbe in den Wintermonaten erheblich geringer frequentiert werde als zu den übrigen Jahreszeiten. Die gesetzliche Frist von sechs Monaten würde im vorliegenden Fall gerade die Wintermonate Dezember, Jänner und Februar mitumfassen. Insbesondere der verhältnismäßig kleine Gewerbebetrieb der beschwerdeführenden Gesellschaft müsse regelmäßig in diesen Monaten erhebliche Auftragsrückgänge verzeichnen. Hinzu komme, dass in den Monaten Oktober und November kaum geeignetes Personal für die Bestellung als gewerberechtlicher Geschäftsführer am Arbeitsmarkt zur Verfügung stehe. Erfahrungsgemäß seien derartige Personen erst wieder ab der zweiten Hälfte des Jänners bzw. im Februar am Arbeitsmarkt verfügbar, weshalb es der beschwerdeführenden Gesellschaft kaum möglich sei, bis 15. November 2019 einen gewerberechtlichen Geschäftsführer anzustellen. Im angefochtenen Bescheid bleibe es völlig offen, warum nach Ansicht der belangten Behörde eine Weiterführung des Gewerbes ohne gewerberechtlichen Geschäftsführer bis Ende Februar 2020 mit erheblich höheren zusätzlichen Gefahren für Gesundheit und Leben von Menschen verbunden wäre, als die Weiterführung bis 15. November 2019. Vielmehr sei es für die Volksgesundheit völlig unerheblich, ob die beschwerdeführende Gesellschaft ihr Gewerbe bis zum 15. November 2019 oder bis zum 29. Februar 2020 fortführe.

Beantragt wurde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

3.   Feststellungen:

3.1. Mit Schreiben vom 05. August 2019 wurde der belangten Behörde das Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers bei der beschwerdeführenden Gesellschaft im Standort ***, ***, mit 30. August 2019 angezeigt.

3.2. Mit Schreiben vom 12. September 2019 teilte die belangte Behörde der beschwerdeführenden Gesellschaft mit, dass beabsichtigt sei, die Frist für die Ausübung des Gewerbes bis zur Bestellung eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers bis 15. November 2019 zu verkürzen. In der Zustellverfügung dieses Schreibens ist die beschwerdeführende Gesellschaft bezeichnet und erfolgte die Zustellung dieses Schreibens an diese Gesellschaft.

3.3. Hierzu wurde seitens der beschwerdeführenden Gesellschaft mit Schriftsatz vom 25. September 2019 eine Stellungnahme erstattet, in welcher im Wesentlichen die in der Beschwerde vorgebrachten Gründe geltend gemacht wurden. Diese Stellungnahme wurde durch die B Rechtsanwalts KG, C (in der Folge: Rechtsvertretung) eingebracht und enthält folgende Einleitung: „Ich zeige an, dass ich die [beschwerdeführende Gesellschaft] ständig rechtsfreundlich vertrete. Meine Mandantin übergibt mir Ihr Schreiben vom 12.9.2019, durch welches Sie ankündigen, die Frist gemäß § 9 Abs. 2 GewO bis 15.11.2019 verkürzen zu wollen. Namens und auftrags meiner Mandantin erlaube ich mir dazu innerhalb offener Frist wie folgt Stellung zu nehmen:“. Die beschwerdeführende Gesellschaft beantragte, die sechsmonatige Frist gemäß § 9 Abs. 2 GewO nicht zu verkürzen.

3.4. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 01. Oktober 2019 wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft die Frist für die weitere Ausübung des Gewerbes Baumeister ohne gewerberechtlichen Geschäftsführer bis 15. November 2019 verkürzt. In der Zustellverfügung dieses Bescheides ist die beschwerdeführende Gesellschaft bezeichnet und erfolgte eine Zustellung des Bescheides an diese Gesellschaft.

3.5. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Gesellschaft, vertreten durch ihre Rechtsvertretung, Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (vgl. hierzu oben Punkt 2.).

3.6. Die beschwerdeführende Gesellschaft übt seit 24. April 2015 das Gewerbe Baumeister im Standort ***, ***, ***, aus. Zum gewerberechtlichen Geschäftsführer war bis zu dessen Ausscheiden D bestellt. Bis dato wurde kein neuer gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt bzw. bei der belangten Behörde angezeigt und genehmigt.

4.    Beweiswürdigung:

4.1. Die unter den Punkten 3.1. bis 3.5. getroffenen Feststellungen sind zwischen den Parteien unstrittig und ergeben sich klar und eindeutig aus den Inhalten des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde.

4.2. Die unter Punkt 3.6. getroffenen Feststellungen gründen auf dem vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde im Einklang mit einem vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eingeholten Auszug aus dem Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) zum Stichtag 03. Februar 2020.

5.   Rechtslage:

5.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO) lauten:

§ 9. (1) Juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften (offene Gesellschaften und Kommanditgesellschaften) können Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer (§ 39) bestellt haben.

(2) Scheidet der Geschäftsführer aus, so darf das Gewerbe bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers, längstens jedoch während sechs Monaten, weiter ausgeübt werden. Die Behörde hat diese Frist zu verkürzen, wenn mit der weiteren Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer eine besondere Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden ist oder in den vorangegangenen zwei Jahren vor dem Ausscheiden des Geschäftsführers das Gewerbe insgesamt länger als sechs Monate ohne Geschäftsführer ausgeübt wurde.

[…]

§ 94. Folgende Gewerbe sind reglementierte Gewerbe:

[…]

5. Baumeister, Brunnenmeister

[…]

§ 95. (1) Bei den im § 94 Z 5, 10, 16, 18, 25, 32, 36, 56, 62, 65, 75, 80 und 82 angeführten Gewerben ist von der Behörde zu überprüfen, ob der Bewerber oder, falls sich eine juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft um die Gewerbeberechtigung bewirbt, die im § 13 Abs. 7 genannten Personen die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit (§ 87 Abs. 1 Z 3) besitzen. Mit der Gewerbeausübung darf der Anmelder erst mit der Rechtskraft des Bescheides gemäß § 340 beginnen.

(2) Bei den im Abs. 1 angeführten Gewerben ist die Bestellung eines Geschäftsführers oder eines Filialgeschäftsführers für die Ausübung des Gewerbes genehmigungspflichtig. Die Genehmigung ist auf Ansuchen des Gewerbeinhabers zu erteilen, wenn die im § 39 Abs. 2 bzw. § 47 Abs. 2 angeführten Voraussetzungen erfüllt sind.

5.2. § 9 des Zustellgesetzes (ZustG) lautet auszugsweise wie folgt:

§ 9. (1) Soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

(2) Einer natürlichen Person, die keinen Hauptwohnsitz im Inland hat, kann eine Zustellungsvollmacht nicht wirksam erteilt werden. Gleiches gilt für eine juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft, wenn diese keinen zur Empfangnahme von Dokumenten befugten Vertreter mit Hauptwohnsitz im Inland hat. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des Zustellungsbevollmächtigten oder auf andere Weise sichergestellt sind.

(3) Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

5.3. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) lauten:

§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

[…]

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

6.    Erwägungen:

6.1. Die Beschwerde ist zulässig.

6.1.1. § 9 Abs. 3 ZustG sieht für den Fall, dass ein Zustellbevollmächtigter bestellt ist, vor, dass – soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist – dieser als Empfänger zu bezeichnen ist. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schließt die allgemeine Vertretungsvollmacht im Sinne des § 10 AVG im Allgemeinen die Zustellbevollmächtigung mit ein. Bei der Berufung eines Rechtsanwalts auf die ihm erteilte Vollmacht ist daher davon auszugehen, dass jedenfalls auch eine Zustellbevollmächtigung vorliegt (vgl. VwGH 17.12.2013, 2013/09/0011). Die Berufung auf die Vollmacht durch einen Rechtsanwalt kann auch dadurch erfolgen, dass eine Eingabe namens oder auftrags eines Mandanten eingebracht wird (vgl. VwGH 02.05.2019, Ra 2019/18/0045). Hat ein Rechtsanwalt der Behörde im Verwaltungsverfahren seine Bevollmächtigung in einem Schriftsatz bekannt gegeben und im Verfahren unter Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht Anträge eingebracht, hat eine Zustellung des das Verfahren abschließenden Bescheides an den Rechtsanwalt zu erfolgen (vgl. VwGH 26.04.2011, 2010/03/0186).

6.1.2. Wenngleich im vorliegenden Fall die Zustellung des angefochtenen Bescheides entgegen § 9 Abs. 3 erster Satz ZuStG an die beschwerdeführende Gesellschaft – und nicht an ihre Rechtsvertretung (Vollmachtbekanntgabe im Schriftsatz vom 25. September 2019) – verfügt wurde, liegt gemäß § 9 Abs. 3 zweiter Satz ZustG eine Heiligung dieses Zustellmangels mit jenem Zeitpunkt vor, als der Bescheid der zustellbevollmächtigten Rechtsvertretung tatsächlich zugekommen ist.

6.1.3. Der in Beschwerde gezogene Bescheid der belangten Behörde gilt sohin mit dem tatsächlichen Zukommen an die Rechtsvertretung der beschwerdeführenden Gesellschaft als rechtmäßig zugestellt (zu § 9 Abs. 3 ZuStG in der hier anzuwendenden Fassung vgl. etwa VwGH 11.12. 2013, 2012/08/0221 mwN). Die – durch die Rechtsvertretung der beschwerdeführenden Gesellschaft ausdrücklich gegen diesen Bescheid erhobene – Beschwerde erweist sich sohin auch vor diesem Hintergrund als zulässig.

6.2. Die Beschwerde ist nicht begründet.

6.2.1. § 9 Abs. 2 erster Satz GewO bestimmt für den Fall des Ausscheidens eines (gemäß § 9 Abs. 1 GewO obligatorisch zu bestellenden) gewerberechtlichen Geschäftsführers, dass das Gewerbe bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers, längstens jedoch binnen sechs Monaten, weiter ausgeübt werden darf. Gemäß § 9 Abs. 2 zweiter Satz leg.cit. ist die Behörde zur Verkürzung dieser Frist verpflichtet, wenn mit der weiteren Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer eine besondere Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden ist.

6.2.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt den Regelungen des § 9 Abs. 2 GewO (mit Verweis auf die Gesetzesmaterialien) die Einsicht des Gesetzgebers zugrunde, dass es nicht vertretbar sei zu verlangen, dass ein Gewerbebetrieb einer juristischen Person oder eingetragenen Personengesellschaft von dem Zeitpunkt an nicht weitergeführt werden könne, zu dem der (erforderliche) gewerberechtliche Geschäftsführer – allenfalls überraschend – ausscheide. Aus diesem Grund sehe das Gesetz eine sechsmonatige Frist vor, innerhalb derer das Gewerbe nach Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers (ohne einen solchen) weiter ausgeübt werden dürfe. In Einzelfällen könne sich aber – so der Verwaltungsgerichtshof – die Notwendigkeit ergeben, wegen besonderer Gefahren, etwa aus Gründen der Volksgesundheit, die für die weitere Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer vorgesehene Frist durch behördlichen Bescheid zu verkürzen. Dieser Ausnahmetatbestand der Fristverkürzung gemäß § 9 Abs. 2 zweiter Satz GewO liege (unter anderem) dann vor, wenn mit der weiteren Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer eine besondere Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden ist.

6.2.3. Die Voraussetzungen für die verfügte Verkürzung der sechsmonatigen Frist für die weitere Ausübung des Gewerbes Baumeister sind im vorliegenden Fall erfüllt.

Es liegt im öffentlichen Interesse, einen bestimmten Standard gewerblicher Leistungen durch eine entsprechende Befähigung des Gewerbeberechtigten – bei juristischen Personen durch die Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers, der für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich ist (vgl. § 39 Abs. 1 GewO) – sicherzustellen. Dies gilt im Besonderen für das mit besonderen Anforderungen verbundene reglementierte Baumeistergewerbe (vgl. insbesondere § 94 Z 5 iVm § 95 GewO), für das eine besondere Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen, insbesondere durch eine nicht sachgerechte Planung und Errichtung von Bauwerken, besteht (in diesem Sinne VwGH 25.06.2008, 2007/04/0137; zur besonderen Gefahrenneigung des Baumeistergewerbes vgl. überdies VwGH 21.12.2011, 2007/04/0222).

Zur Begegnung ebendieser für das Baumeistergewerbe bestehenden Gefahrenlage ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie die für die Ausübung dieses Gewerbes durch die beschwerdeführende Gesellschaft ohne gewerberechtlichen Geschäftsführer vorgesehene Frist von sechs Monaten auf zweieinhalb Monate verkürzt hat. So vermag nämlich das Beschwerdevorbringen, wonach das Baugewerbe in den Wintermonaten erheblich geringer frequentiert werde und es sich bei gegenständlichem Gewerbebetrieb um einen kleinen Gewerbebetrieb handle, nichts an den mit der Ausübung des Baumeistergewerbes verbundenen Gefahren für Leben und Gesundheit von Menschen zu ändern. Vielmehr ist davon auszugehen, dass mit der Durchführung von den gefahrengeneigten Tätigkeiten im Rahmen der Gewerbeberechtigung Baumeister durch die beschwerdeführende Gesellschaft – ohne Anleitung durch eine fachlich hierzu befugte Person – eine besondere Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen, insbesondere durch nicht sachgerechte Planungen oder die fehlerhafte Ausführung von Bauwerken, besteht; Auftragsrückgänge in den Wintermonaten vermögen an dieser besonderen Gefahrenlage bei Ausübung des Gewerbes durch die beschwerdeführende Gesellschaft jedenfalls nichts zu ändern und wurden auch andere Umstände, welcher der besonderen Gefahrenlage entgegenstehen könnten (etwa bezogen auf die Organisation des konkreten Betriebes der beschwerdeführenden Gesellschaft), nicht dargetan (in diesem Zusammenhang vgl. auch § 7 Abs. 5 GewO, wonach ein Befähigungsnachweis sogar bei Ausübung des Baumeistergewerbes in Form eines Industriebs zu erbringen ist). Darüber hinaus erweist sich die verfügte Fristverkürzung auch im Hinblick auf das Vorbringen der beschwerdeführenden Gesellschaft, wonach Personen für die Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer erfahrungsgemäß am Arbeitsmarkt erst wieder ab der zweiten Hälfte des Jänners bzw. im Februar zur Verfügung stehen würden, als nicht unsachlich, knüpft doch § 9 Abs. 2 zweiter Satz GewO an die dargelegte besondere Gefahrensituation und nicht an arbeitsmarktrelevante Faktoren an; darüber hinaus kann eine Frist von zweieinhalb Monaten (bzw. von ca. zwei Monaten ab dem Parteiengehör der belangten Behörde betreffend die Fristverkürzung) zur Bestellung eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers – unter Bedachtnahme auf die dargelegte Gefahrenlage bei Ausübung des Baumeistergewerbes – jedenfalls nicht als unangemessen betrachtet werden. Dies gilt umso mehr für den Zeitraum bis zur gegenständlichen Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid, welcher gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG aufschiebende Wirkung – mangels Ausschlusses insbesondere durch die belangte Behörde (oder eines gesetzlichen Ausschlusses) – zukommt.

6.3. Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

Abschließender Hinweis: In diesem Zusammenhang wird nur darauf hingewiesen, dass sich die Ausübung des Baumeistergewerbes durch die beschwerdeführende Gesellschaft ohne Bestellung eines (genehmigungsbedürftigen) gewerberechtlichen Geschäftsführers – infolge der aufschiebenden Wirkung der gegen den Bescheid der belangten Behörde erhobenen Beschwerde (vgl. § 13 Abs. 1 VwGVG) – erst mit der Zustellung dieser Entscheidung (und nicht schon seit 15. November 2019) gemäß § 9 Abs. 2 GewO als unzulässig erweist.

7.   Zur Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:

Eine öffentliche mündliche Verhandlung wurde von keiner Partei – die beschwerdeführende Gesellschaft rechtsfreundlich vertreten – beantragt und konnte auch gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil die Beschwerde und die dem Verwaltungsgericht vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Insbesondere wurde seitens der beschwerdeführenden Gesellschaft ein konkret substantiiertes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, etwa zum Fehlen einer besonderen Gefahrenlage gemäß § 9 Abs. 2 zweiter Satz GewO vor dem Hintergrund des Berechtigungsumfangs des Baumeistergewerbes und der konkreten Organisation des Gewerbebetriebes, nicht erstattet. Auch wurde keine Rechtsfrage aufgeworfen, die eine Erörterung in einer mündlichen Verhandlung bedurft hätte (vgl. VwGH 12.11.2019, Ra 2019/17/0089).

8.   Zur Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und sich überdies auf den eindeutigen Wortlaut der angewendeten Gesetzesbestimmungen stützen kann (vgl. zum Fehlen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bei eindeutigen Wortlaut der anzuwendenden Bestimmungen etwa VwGH 23.05.2017, Ra 2017/05/0086).

Schlagworte

Gewerbliches Berufsrecht; Baumeistergewerbe; gewerberechtlicher Geschäftsführer; Ausscheiden; Gewerbeausübung; Fristverkürzung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.1253.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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