TE Bvwg Erkenntnis 2018/3/16 G314 2181066-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.03.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

16.03.2018

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
GEG §6a Abs1
GGG Art. 1 §19 Abs1
GGG Art. 1 §2 Z1 litj
GGG Art. 1 §31 Abs1
GGG Art. 1 §31 Abs2
GGG Art. 1 §32 TP 4 ZII
GGG Art. 1 §7 Abs1 Z1
VwGVG §13 Abs1
VwGVG §13 Abs2
VwGVG §22

Spruch

G314 2181066-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde der XXXX, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. Johannes ELTZ, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts für Zivilrechtssachen XXXX vom XXXX.2017, XXXX, wegen Gerichtsgebühren zu Recht:

A) Der Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

C) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Mit dem Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX.2016, XXXX, wurde den betreibenden Parteien XXXX und XXXXgegen die Beschwerdeführerin (BF) als verpflichtete Partei antragsgemäß die Fahrnisexekution zur Hereinbringung von EUR 1.367,05 samt Anhang bewilligt.

Mit der im elektronischen Rechtsverkehr eingebrachten Eingabe vom 05.07.2016 erhob die durch den Rechtsanwalt Dr. Johannes ELTZ vertretene BF Einspruch und Rekurs gegen diese Exekutionsbewilligung und beantragte gleichzeitig die Einstellung und die Aufschiebung der Exekution. Als Bemessungsgrundlage ("wegen") wird in der Eingabe ein Betrag von EUR 1.367,05 samt Anhang angegeben.

Die Lastschriftanzeige vom 21.03.2017, mit der die BF zur Entrichtung der Pauschalgebühr gemäß TP 4 Z II lit a GGG von EUR 90 aufgefordert wurde, blieb erfolglos.

Mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom 02.05.2017 wurden der BF diese Pauschalgebühr und die Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs 1 GEG von EUR 8, insgesamt daher EUR 98, zur Zahlung vorgeschrieben.

Mit Eingabe vom 19.05.2017, die nur aus einer Seite besteht und weder eine Begründung noch eine Unterschrift enthält, erhob die BF dagegen eine Vorstellung an den Präsidenten des Landesgerichts für Zivilrechtssachen XXXX.

Nachdem die der BF gesetzte Frist zur Bekanntgabe der Vorstellungsgründe und zur Unterfertigung der Vorstellung fruchtlos verstrichen war, wurden ihr mit dem angefochtenen Bescheid folgende Gerichtsgebühren vorgeschrieben:

Pauschalgebühr nach TP 4 Z II lit a GGG EUR 90

(Bemessungsgrundlage: EUR 1.368) Mehrbetrag nach § 31 Abs 1 GGG EUR 21

Einhebungsgebühr nach § 6a Abs 1 GEG EUR 8

Summe EUR 119.

Es wurde ausgesprochen, dass für die Einhebungsgebühr nach § 6a Abs 1 GEG und für den Mehrbetrag nach § 31 GGG (insgesamt EUR 29) der Rechtsvertreter der BF, Dr. Johannes Eltz, als Bürge und Zahler zur ungeteilten Hand mit der BF haftet.

In dem Bescheid wurden Grund und Höhe der von der BF für ihren Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung zu entrichtenden Gebühren unter Angabe der gesetzlichen Grundlagen detailliert begründet und dargelegt, dass gegen das System der Gerichtsgebühren keine (verfassungsrechtlichen) Bedenken bestünden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde mit den Anträgen, den angefochtenen Bescheid aufzuheben, gemäß Art 267 AEUV eine Vorabentscheidung einzuholen oder die Angelegenheit zur Durchführung eines Gesetzesprüfungsverfahrens gemäß Art 140 B-VG dem Verfassungsgerichtshof vorzulegen. Gleichzeitig beantragt die BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weil die Begleichung des geforderten Betrags einen unwiederbringlichen Nachteil für sie mit sich brächte und keine öffentlichen Interessen der Aufschiebung entgegenstünden.

Die BF begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass die Gerichtsgebühren zu hoch seien. Das System der Gerichtsgebühren sei nicht verfassungskonform; es verletze Art 6 EMRK sowie Art 7 und Art 18 B-VG. Bei der Entscheidung, ein Rechtsmittel zu erheben, seien nicht nur sachliche Gründe abzuwägen, sondern in erster Linie die damit verbunden Kosten zu kalkulieren. Personen aus der Mittelschicht, die es sich nicht leisten könnten, Rechtsstreitigkeiten zu führen, die aber auch nicht die Voraussetzungen für die Verfahrenshilfe erfüllten, würde der Zugang zum Recht verwehrt; sie könnten das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf einen gesetzlichen Richter nicht in Anspruch nehmen. 110 % der Justizkosten in Österreich würden durch Gebühren finanziert, die daher eine Art "verbotene Steuer" seien. Die Gebühr sei unabhängig vom Prozessaufwand und von der Verfahrensdauer bei der Einbringung zu entrichten; dies widerspräche dem Recht auf ein faires Verfahren. Der Eingriff in das Eigentum durch die fehlende Möglichkeit, den Tarif des GGG herabzusetzen, wenn tatsächlich eine geringere Leistung erbracht würde, die in keinem Verhältnis zum Aufwand stünde, sei verfassungs- und europarechtswidrig.

Der Präsident des Landesgerichts für Zivilrechtssachen XXXX legte - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - die Beschwerde und die Verfahrensakten dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo sie am 28.12.2017 einlangten.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich widerspruchsfrei aus den Verwaltungsakten und aus dem Gerichtsakt des BVwG. Die Beschwerde tritt den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen nicht substantiiert entgegen.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Gemäß § 13 Abs 1 VwGVG haben Bescheidbeschwerden grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Zwar kann diese unter bestimmten Voraussetzungen ausgeschlossen werden (vgl §§ 13 Abs 2, 22 VwGVG). Da die aufschiebende Wirkung hier aber weder von der belangten Behörde noch von BVwG ausgeschlossen wurde, kann sie der Beschwerde auch nicht zuerkannt werden. Der darauf gerichtete Antrag der BF ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 2 Z 1 lit j iVm TP 4 Z II GGG entsteht der Anspruch des Bundes auf die Pauschalgebühr für Rekurse gegen Entscheidungen, die die Exekution bewilligen, mit der Überreichung der Rechtsmittelschrift. Zahlungspflichtig ist dabei gemäß § 7 Abs 1 Z 1 GGG der Rechtsmittelwerber.

Gemäß § 4 Abs 4 GGG sind jene Gebühren, bei denen der Anspruch des Bundes mit der Überreichung der Eingabe begründet wird, durch Abbuchung und Einziehung zu entrichten, wenn die Eingabe im Weg des elektronischen Rechtsverkehrs eingebracht wird.

Bemessungsgrundlage im Exekutionsverfahren ist gemäß § 19 Abs 1 GGG der (allenfalls gemäß § 6 Abs 2 GGG aufgerundete) Betrag des durchzusetzenden (oder zu sichernden) Anspruchs.

Gemäß § 32 GGG gelten für die Einbringung der Gerichtsgebühren die Bestimmungen des GEG. Gemäß § 1 Z 1 GEG sind Gerichtsgebühren von Amts wegen einzubringen.

Werden Gerichtsgebühren nicht sogleich entrichtet oder ist die Einziehung erfolglos geblieben, so sind sie gemäß § 6a Abs 1 GEG durch Bescheid zu bestimmen (Zahlungsauftrag). Der Zahlungsauftrag hat eine Aufstellung der geschuldeten Beträge und die Aufforderung, diese binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu zahlen, zu enthalten. Gleichzeitig ist dem Zahlungspflichtigen eine Einhebungsgebühr von EUR 8 vorzuschreiben.

Gemäß § 31 Abs 1 GGG (in der am 05.07.2016 geltenden Fassung) ist von den zur Zahlung verpflichteten Personen ein Mehrbetrag von EUR 21 zu erheben, wenn der Anspruch des Bundes auf eine Gebühr mit der Überreichung der Eingabe begründet und die Gebühr nicht (vollständig) beigebracht wurde oder die Einziehung von Gerichtsgebühren erfolglos blieb. Für diesen Mehrbetrag haften gemäß § 31 Abs 2 GGG die Bevollmächtigten und die gesetzlichen Vertreter, die den Schriftsatz, durch dessen Überreichung der Anspruch des Bundes auf die Gebühr begründet wird, verfasst oder überreicht haben, als Bürge und Zahler mit den zur Zahlung der Gebühr verpflichteten Personen.

Der Pauschalgebühr nach TP 4 Z II GGG unterliegen insbesondere Rekurse gegen Entscheidungen über Anträge auf Bewilligung der Exekution (Anm 4 zu TP 4 GGG). Gemäß TP 4 Z I lit a GGG (in der am 05.07.2016 geltenden Fassung) beträgt die Pauschalgebühr im Fahrnisexekutionsverfahren bei einem Streitwert zwischen EUR 700 und EUR 2.000 EUR 60. Die Pauschalgebühr im Rechtsmittelverfahren zweiter Instanz für Rekurse gegen die Exekutionsbewilligung beträgt gemäß TP 4 Z II lit a GGG 150 % davon, also EUR 90.

Ausgehend von diesen gesetzlichen Grundlagen ist der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden. In diesem Zusammenhang kann auf die ausführliche und zutreffende Begründung der belangten Behörde verwiesen werden.

Den in der Beschwerde ausgeführten verfassungs- und europarechtlichen Bedenken gegen das System der Gerichtsgebühren an sich und gegen deren am Wert des Streitgegenstands orientierte Höhe ist zu entgegnen, dass der Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, dass das System der Gerichtsgebühren nicht verfassungswidrig ist (vgl VfGH 17.06.1996, B 1609/96 und 10.06.2002, B 1976/99) und auch gegen das Pauschalgebührensystem keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (VfGH 27.11.2000, B 119/98; siehe dazu auch die weiteren bei Dokalik, Gerichtsgebühren13 zu § 1 GGG angeführten Entscheidungen).

Die Auffassung, der dem Gericht verursachte Arbeitsaufwand sei bei der Gerichtsgebührenpflicht zu berücksichtigen, ist unrichtig. Die Gerichtsgebühren stellen Abgaben dar, bei denen im Einzelfall eine Äquivalenz der Amtshandlung nicht erforderlich ist (VwGH 18.09.2003, 2003/16/0040). Daher geht auch der Vorwurf, es handle es um eine "verbotene Steuer", ins Leere. Aus diesem Grund ist die Vorschreibung von Gerichtsgebühren auch keine Entscheidung über "civil rights" iSd Art 6 EMRK (VfGH 01.03.2007, B 301/06; VwGH 18.09.2003, 2003/16/0040).

Gegen die Höhe der Gerichtsgebühren und deren Bemessung nach dem Streitwert bestehen nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ebenfalls keine Bedenken (VfGH 01.03.2007, B 301/06 und 11.12.2013, B 1459/2013). Vom EGMR wurde die Einrichtung eines Systems, das Gerichtsgebühren für geldwerte Klagen an den Streitwert knüpft, nicht beanstandet (EGMR 09.12.2010, 35123/05 Urbanek gegen Österreich).

Die Verpflichtung zur Zahlung von Gerichtsgebühren widerspricht dem Recht auf Zugang zu einem Gericht nicht (EGMR 19.06.2001, 28249/95 Kreuz gegen Polen), zumal das Tätigwerden der Gerichte nicht von der Zahlung der Gerichtsgebühren abhängt und Möglichkeiten der Gebührenbefreiung (zB Verfahrenshilfe) bestehen (EGMR 09.12.2010, 35123/05 Urbanek gegen Österreich). Von einer exzessiven Höhe der Gebühr kann hier angesichts einer Pauschalgebühr für das zweitinstanzliche Verfahren von EUR 90 keine Rede sein.

Das GGG knüpft bewusst an formale äußere Tatbestände an, um, eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten (vgl zuletzt VwGH 22.10.2015, Ro 2014/16/0021). Dies ist weder unsachlich noch gleichheitswidrig (VwGH 03.09.1987, 86/16/0050 und 16.11.2004, 2004/16/0125, 0126; VfGH 29.11.2007, B 1883/07).

Die BF zeigt nicht auf, inwieweit der angefochtene Bescheid in Anwendung von Unionsrecht erging und warum er europarechtswidrig sein soll. Aus dem gemeinschaftsrechtlichen Sekundärrecht ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass Gerichtsgebühren den Handel oder den Kapital- und Zahlungsverkehr behindern könnten (VwGH 20.12.2007, 2004/16/0138).

Da das BVwG die grundsätzlichen Bedenken der BF gegen das System der Gerichtsgebühren und deren Höhe nicht teilt, unterbleiben eine Antragstellung nach Art 140 B-VG und ein Vorabentscheidungsersuchen. Im Ergebnis ist die Beschwerde somit als unbegründet abzuweisen.

Die Durchführung einer - ohnehin nicht beantragten - Beschwerdeverhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen, weil die mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt, zumal der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen ist.

Zu Spruchteil C):

Die Revision war nicht zu zulassen, weil das BVwG keine qualifizierte Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen hatte und sich an bestehender höchstgerichtlicher Rechtsprechung orientieren konnte.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, Bemessungsgrundlage, Einhebungsgebühr,
Exekutionsverfahren, Gerichtsgebührenpflicht, Mehrbetrag,
Pauschalgebührenauferlegung, Rechtsmittelgebühr, Rekursgebühr,
Streitwert, Zahlungsauftrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G314.2181066.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten