TE Vwgh Erkenntnis 1998/7/2 97/06/0051

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Veröffentlicht am 02.07.1998
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Index

L82000 Bauordnung;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
96/01 Bundesstraßengesetz;

Norm

BauRallg;
BStG 1971 §14 Abs2 idF 1994/033;
BStG 1971 §15 Abs1;
BStG 1971 §21 Abs1 idF 1994/033;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde der S Ges.m.b.H. in L, vertreten durch Dr. B und Dr. G, Rechtsanwälte in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 9. Jänner 1997, Zl. 870.095/52-VI/12a/96, betreffend Beseitigungsauftrag gemäß § 15 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 2 BStG (mitbeteiligte Partei:

Bund, Bundesstraßenverwaltung, vertreten durch den Landeshauptmann von Oberösterreich), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom 1. Dezember 1977 (BGBl. Nr. 605) wurde der Straßenverlauf der B 139 Kremstal Straße im Bereich der Gemeinden Leonding, Pasching, Traun und Ansfelden aufgrund des § 4 Abs. 1 BStG 1971 bestimmt. In diesem Bundesstraßenbaugebiet hat die Beschwerdeführerin nach ihren Angaben in der Beschwerde in den Jahren 1979 und 1980 in ein näher bezeichnetes Grundstück in der KG T. betreffend die Hörschinger Landesstraße, das im Eigentum des Landes Oberösterreich steht, eine Niederdruckgasleitung NW 200 verlegt.

Mit Schreiben vom 27. März 1996 beantragte der Bund, Bundesstraßenverwaltung, gemäß § 14 Abs. 3 Bundesstraßengesetz 1971,

"die Beseitigung dieser Gasleitung, die dem Zustand des § 14 Abs. 2 widerspricht, auf Kosten der Stadtbetriebe Linz Ges.m.b.H. anzuordnen.

Die Beseitigung dieser Gasleitung ist entsprechend dem Baufortschritt der Bundesstraßenbaumaßnahme bis spätestens 28. Mai 1996 erforderlich (Sperre der Hörschinger Landesstraße zur Herstellung der Grünbrücke)."

In diesem Antrag ist ausgeführt, daß sich die Beschwerdeführerin geweigert habe, diese Gasleitung auf eigene Kosten umzubauen.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 26. April 1996 wurde dem angeführten Antrag des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) keine Folge gegeben. Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß gemäß § 15 Abs. 1 Bundesstraßengesetz 1971 im Bundesstraßengebiet nur Neu-, Zu- und Umbauten nicht vorgenommen werden dürften. Unter Neu-, Zu- und Umbauten würden immer nur solche Bauten verstanden, welche die Errichtung oder die Änderung eines Gebäudes oder einer Straße beträfen. In diesem Sinne stelle nun aber die bloße Verlegung der gegenständlichen Niederdruckgasleitung keine im Sinne des § 15 Abs. 1 BStG 1971 verbotene Baumaßnahme dar und könne daher auch ihre Beseitigung nach § 14 Abs. 3 leg. cit. behördlich nicht angeordnet werden.

Aufgrund der dagegen erhobenen Berufung des Mitbeteiligten wurde mit dem angefochtenen Bescheid der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben und der Beschwerdeführerin gemäß § 15 Abs. 1 BStG 1971 i.V.m. § 14 Abs. 3 aufgetragen, auf ihre Kosten und unverzüglich die sich auf dem näher genannten Grundstück befindliche Niederdruckgasleitung NW 200 zu beseitigen. Diese Entscheidung ist nach Anführung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen und der angeführten Verordnung gemäß § 4 Abs. 1 BStG 1971 im wesentlichen damit begründet, daß es die Intention des Gesetzgebers im Hinblick auf die in den §§ 14 und 15 BStG 1971 getroffenen Regelungsinhalte gewesen sei, vor geplanten Straßenbauarbeiten zu verhindern, daß die für den Bau beanspruchten Grundstücke verbaut oder anderen Verwendungszwecken zugeführt würden, wodurch für den geplanten Straßenbau mehr Kosten entstünden. Dies gehe bereits aus den Erläuternden Bemerkungen zum BStG 1971 hervor, in denen ausgeführt werde, daß der Bau neuer Straßenzüge vielfach dadurch erschwert werde, daß jene Grundstücke, welche für den Straßenbau benötigt würden, vor Beginn der Bauarbeiten verbaut oder anderen Verwendungszwecken zugeführt würden. Es erscheine der belangten Behörde rechtliche ohne Bedeutung, ob für einen Bau im festgelegten Bundesstraßenbaugebiet fachtechnische Kenntnisse notwendig seien oder nicht. Von Relevanz sei lediglich die Tatsache, daß im gegenständlichen Fall die im Jahre 1980 erfolgte Errichtung der Gasleitung die Ausbaumaßnahmen an der B 139 erschwere, wodurch erhebliche Mehrkosten für den Straßenbau nach der Erlassung der Trassenverordnung gemäß § 4 BStG 1971 entstünden. Es werde überdies angenommen, daß für die Verlegung einer Niederdruckgasleitung Fachkenntnisse erforderlich seien. Es sei daher dem Antrag stattzugeben gewesen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, nicht entgegen § 15 BStG 1971 von einem Beseitigungs- und Kostentragungsauftrag betroffen zu sein, verletzt.

Die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, sich den Ausführungen der mitbeteiligten Partei in deren Gegenschrift vollinhaltlich angeschlossen und auch die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Eine Kopie der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei wurde angeschlossen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 1 Bundesstraßengesetz 1971, BGBl. Nr. 286 (BStG 1971), dürfen nach Bestimmung des Straßenverlaufes (§ 4 Abs. 1) auf den von der künftigen Straßentrasse betroffenen Grundstücksteilen (Bundesstraßenbaugebiet) Neu-, Zu- und Umbauten nicht vorgenommen werden; ein Entschädigungsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. § 14 Abs. 1 und Abs. 3 gelten sinngemäß. Als betroffene Grundstücksteile im Sinne des Abs. 1 sind gemäß § 15 Abs. 2 leg. cit. alle jene anzusehen, die in einem Geländestreifen um die künftige Straßenachse liegen, dessen Breite in der Verordnung gemäß § 4 Abs. 1 entsprechend den örtlichen Verhältnissen festgelegt wird und bei Bundesstraßen A insgesamt 150 m, bei Bundesstraßen S insgesamt 100 m und bei Bundesstraßen B insgesamt 70 m nicht überschreiten darf. Gemäß § 14 Abs. 2 BStG 1971 i.d.F. des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 33/1994, dürfen im Bundesstraßenplanungsgebiet Neu-, Zu- und Umbauten nicht vorgenommen werden; ein Entschädigungsanspruch kann hieraus nicht abgeleitet werden. Die Behörde hat jedoch Ausnahmen zuzulassen, wenn diese den geplanten Straßenbau nicht erheblich erschweren oder wesentlich verteuern oder zum Schutze des Lebens und der Gesundheit von Personen notwendig sind. Der Bund (Bundesstraßenverwaltung) ist im Bewilligungsverfahren Partei im Sinn des § 8 AVG. Bauführungen, die in rechtlich zulässiger Weise vor Erklärung zum Bundesstraßenplanungsgebiet begonnen worden sind, werden hievon nicht berührt. Gemäß § 14 Abs. 3 BStG 1971 hat die Behörde auf Antrag des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) die Beseitigung eines dem Abs. 2 widersprechenden Zustandes auf Kosten des Betroffenen anzuordnen.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, § 15 Abs. 1 BStG 1971 verbiete "Neu-, Zu- und Umbauten" auf den von der künftigen Straßentrasse betroffenen Grundstücksteilen (Bundesstraßenbaugebiet). Ein Beseitigungsauftrag im Sinne des § 15 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 3 leg. cit. könne daher nur in bezug auf Neu-, Zu- und Umbauten vorgenommen werden. Die von der Beschwerdeführerin verlegte Niederdruckgasleitung sei von diesem Verbot nicht erfaßt. Der Begriff "Neu-, Zu- und Umbauten" entstamme den Baugesetzen. Damit seien "Gebäude" gemeint. Ein Gebäude sei in § 2 Z. 2 Oö Bauordnung 1994 als ein begehbarer überdachter Raum mit einer lichten Raumhöhe von mindestens 1,5 m definiert. Die Legaldefinition des Neubaues, des Umbaues und des Zubaues in § 2 Z. 3 bis 5

Oö Bauordnung 1994 knüpfe ausdrücklich an diesen Gebäudebegriff an. So sei etwa ein Neubau ausdrücklich als "die Herstellung eines Gebäudes" definiert. Offenkundig handle es sich bei einer Gasleitung nicht um ein Gebäude. Weiters dürften derartige Bauten gemäß § 15 Abs. 1 leg. cit. nur "auf" den von der künftigen Straßentrasse betroffenen Grundstücksteilen (Bundesstraßenbaugebiet) nicht vorgenommen werden. Das Gesetz verbiete keineswegs bauliche Maßnahmen unter den von der künftigen Straßentrasse betroffenen Grundstücksteilen. Die Gasleitung liege eindeutig unter dem Grundstück. Für dieses Auslegungsergebnis spreche auch eine systematische Auslegung.

§ 21 Abs. 1 BStG verbiete in der Umgebung von Bundesautobahnen "Neu-, Zu- und Umbauten ... sowie Einfriedungen ... und überhaupt Anlagen jeder Art". § 21 Abs. 1 BStG erfasse also neben Neu-, Zu- und Umbauten von Gebäuden auch noch Einfriedungen und sonstige Anlagen. Wären auch Einfriedungen und sonstige Anlagen "Neu-, Zu- oder Umbauten", wäre die separate Erwähnung von Einfriedungen und sonstigen Anlagen in § 21 Abs. 1 BStG sinnlos. Es müsse davon ausgegangen werden, daß der Bundesstraßengesetzgeber in § 21 Abs. 1 leg. cit. und in § 15 Abs. 1 leg. cit. unter dem Ausdruck "Neu-, Zu- und Umbauten" das Gleiche meine. Auch daraus ergebe sich, daß Einfriedungen und sonstige Anlagen, also Anlagen, die nicht Gebäude seien, nicht erfaßt seien. In diesem Zusammenhang werde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Juni 1988, Zl. 85/06/0137, verwiesen, in dem eine Zufahrt nicht als Neu-, Zu- oder Umbau, sondern als sonstige Anlage im Sinne von § 21 Abs. 1 BStG qualifiziert worden sei. Diese Auffassung werde im übrigen auch in der Literatur von Geuder (Gemeindekanal und Bundesstraße - Probleme und Überlegungen, ÖGZ 1982, 99 ff) vertreten.

Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht. Es geht im vorliegenden Fall um die Auslegung der Begriffe Neu-, Zu- und Umbauten im § 15 Abs. 1 BStG, im besonderen darum, ob sich diese Begriffe ausschließlich auf Gebäude oder umfassend auf sämtliche bauliche Anlagen beziehen. Die Auslegung dieser Begriffe erfordert zum einen die Ermittlung ihrer Bedeutung im Rahmen der Regelungen des BStG. Da diese Begriffe auch im Rahmen des Baurechtes der Länder eine Rolle spielen, wird zum anderen aber auch ihre Bedeutung im Rahmen der österreichischen Bauordnungen bei der Auslegung mit zu berücksichtigen sein, außer es ergibt sich aus dem BStG 1971 eindeutig, daß der Bundesgesetzgeber diese Begriffe völlig unabhängig von ihrer baurechtlichen Bedeutung verstanden haben wollte. Im Rahmen des BStG 1971 ist zunächst anzuführen, daß der im § 15 Abs. 1 leg. cit. verwiesene § 14 Abs. 2 leg. cit. in seinem letzten Satz ganz allgemein von Bauführungen spricht, die in rechtlich zulässiger Weise vor Erklärung zum Bundesstraßenplanungsgebiet begonnen worden sind. Diese Formulierung spräche dafür, "Neu-, Zu- und Umbauten" in bezug auf jede bauliche Anlage zu verstehen. Die Erläuterungen zu § 15 leg. cit. (RV 242 Blg.NR. XII. GP, S. 27) sprechen davon, daß das Bundesstraßengebiet keine absolute Bausperre beinhalte. Ausnahmen seien zu bewilligen, wenn dies den geplanten Straßenbau nicht erheblich erschweren oder wesentlich verteuern werde. So werde insbesondere "bei einem Zu- oder Umbau eines Hauses, das nicht unmittelbar in der zu erwartenden Trasse selbst, sondern in der künftigen Schutzzone gemäß § 21 BStG. liegt, eine Ausnahmebewilligung erteilt werden müssen." Diese Erläuterungen geben zu der aufgeworfenen Frage wenig Aufschluß. Die Erwähnung des Zu- und Umbaues eines Hauses könnte dahin interpretiert werden, daß diese Bestimmung nur bauliche Maßnahmen betreffend Gebäude erfassen will. Die Erläuterungen zu der dem § 15 Abs. 2 leg. cit. vergleichbaren Regelung des § 14 (insbesondere dessen Abs. 2; siehe die angeführten Materialien, S. 26) sprechen demgegenüber für eine umfassende Auslegung. Es wird zum einen darauf verwiesen, daß der Bau neuer Straßenzüge, aber auch Ausbaumaßnahmen an bestehenden Bundesstraßen vielfach dadurch erschwert würden, "daß jene Grundstücke, welche für den Straßenbau benötigt werden, vor Beginn der Bauarbeiten verbaut oder anderen Verwendungszwecken zugeführt werden." Die Erklärung zum Bundesstraßenplanungsgebiet habe zur Folge, daß innerhalb dieses Gebietes, dessen räumlicher Umfang in der Verordnung durch Lageplan festgesetzt werde, "bauliche Veränderungen nur mit Bewilligung der Behörde vorgenommen werden dürfen". Bei Vorliegen der in Abs. 2 zweiter Satz genannten Voraussetzungen bestehe für die Behörde "eine Verpflichtung zur Bewilligung der baulichen Veränderung". Gegen eine umfassende Auslegung der angeführten Begriffe spricht aber in entscheidender Weise die systematische Auslegung im Rahmen des BStG. Dieses Gesetz sah (bereits seit der Stammfassung) und sieht nach wie vor neben § 15 Abs. 2 und § 14 Abs. 2 leg. cit. in § 21 Abs. 1 BStG 1971 vor, daß in einer Entfernung bis 40 m beiderseits der Bundesautobahnen Neu-, Zu- und Umbauten nicht vorgenommen sowie Einfriedungen nicht angelegt und überhaupt Anlagen jeder Art weder errichtet noch geändert werden dürfen. § 21 Abs. 1 dritter Satz leg. cit. wurde mit der Novelle, BGBl. Nr. 165/1986, weiters dahingehend ergänzt, daß die im zweiten Satz vorgesehene Ausnahmebewilligung von dem im ersten Satz statuierten Verbot auch bei Bauführungen "über und unter Bundesautobahnen" erforderlich ist. Damit wurde das Verbot des § 21 Abs. 1 BStG 1971 auf die Bundesautobahnen selbst ausgedehnt, das nunmehr auf diesen und bis in 40 m Entfernung von diesen besteht. In demselben Gesetz ist somit seit der Stammfassung in einer von einer ähnlichen Intention getragenen Bestimmung das Verbot für bauliche Maßnahmen dahingehend umschrieben, daß neben Neu-, Zu- und Umbauten auch Einfriedungen und Anlagen jeder Art ausdrücklich angeführt werden. Aus § 21 Abs. 1 BStG 1971 ergibt sich somit, daß die Begriffe "Neu-, Zu- und Umbauten" im Rahmen des BStG 1971 in einem eingeschränkten Sinne zu verstehen sind, weil es der Gesetzgeber für notwendig erachtet hat, Einfriedungen und überhaupt Anlagen jeder Art neben diesen Begriffen ausdrücklich anzuführen. Zieht man für die Auslegung auch das Verständnis dieser Begriffe im Baurecht der Länder heran, ergibt sich, daß diese Begriffe in der Mehrheit der Bauordnungen der Länder ausschließlich bezogen auf Gebäude verwendet werden. So enthalten die Bauordnungen von Burgenland, Oberösterreich, Niederösterreich, Tirol und Wien diese Begriffe in diesem Sinne. Hinzukommt auch das Vorarlberger Baugesetz, das zwar im Gesetz den Begriff des Neubaues nicht kennt, aber den Zu- und Umbau wiederum nur auf Gebäude bezieht. Einzig die baurechtlichen Regelungen in der Steiermark sprechen von "Neu-, Zu- oder Umbauten von baulichen Anlagen" (§ 57 Abs. 1 lit. a - c Stmk BO 1968 bzw. nunmehr § 19 Z. 1 Stmk BauG), verstehen sie somit in einem umfassenden Sinne. Die baurechtlichen Bestimmungen Salzburgs und Kärntens kennen die Begriffe des Neu-, Zu- und Umbaues im Gesetz selbst nicht. In den Bauordnungen der österreichischen Bundesländer werden die Begriffe Neu-, Zu- und Umbau somit überwiegend ausschließlich im Zusammenhalt mit Gebäuden verwendet. Auch in der Lehre wird die Auffassung vertreten, daß sich die Begriffe Neu-, Zu- und Umbauten im Baurecht grundsätzlich nur auf Gebäude beziehen (vgl. Krzizek, System des österreichischen Baurechts, 1974, 31 und 39, und Hauer, Steiermärkisches Baurecht2, 154, Anm. 4 zu § 57 Abs. 1 Stmk. BO 1968 und auch das hg. Erkenntnis vom 17. April 1967, Zl. 1529/65, zum Begriff "Neubau"). Auch dies spricht dafür, den Begriff der Neu-, Zu- und Umbauten im § 15 Abs. 1 BStG 1971 in dem eingeschränkten Sinne dahingehend zu verstehen, daß damit nur bauliche Maßnahmen betreffend die Errichtung bzw. Änderung von Gebäuden (im Sinne von Zu- oder Umbauten) gemeint sind (vgl. in diesem Sinne auch Geuder, Fragen des öffentlichen Nachbarrechtes bei Ver- und Entsorgungsleitungen der Gemeinden auf Bundesstraßen, ÖGZ 1978, 139 ff, insb. 144, und derselbe, Gemeindekanal und Bundesstraße - Probleme und Überlegungen, ÖGZ 1982, 99 ff, insb. 102). Unter einem Gebäude ist nach baurechtlichem Verständnis ein Bau zu verstehen, bei dem ein allseits abgeschlossener, vorwiegend über dem anschließenden Terrain liegender Raum vorhanden ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Februar 1906, Slg. Nr. 4189/1906, vom 28. Jänner 1963, Slg. Nr. 5951/1963, und vom 29. September 1969, Zl. 1863/68; vgl. auch Krzizek, System des österreichischen Baurechts, 1974, II, 49, und Hauer,

Zur Auslegung des Begriffes "Neubauten" in § 57 Abs.1 lit. a der Steiermärkischen Bauordnung, ÖJZ 1988, 717 ff, insb. 718). Bei einer - wie im vorliegenden Fall - im Bereich der von der künftigen Straßentrasse betroffenen Grundstücksteilen (Bundesstraßengebiet) im Boden verlegten Rohrleitung handelt es sich nicht um die Errichtung bzw. den Zu- oder Umbau eines Gebäudes im Sinne der dargelegten Auslegung. Eine solche Rohrleitung fällt somit nicht unter das im § 15 Abs. 1 BStG statuierte Verbot. Allein aus diesem Grund stellt sich der angefochtene Bescheid schon als inhaltlich rechtswidrig dar.

Wenn aber die Grundlage für die Anordnung eines Beseitigungsauftrages gemäß § 15 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 2 zweiter Satz BStG 1971 nicht vorliegt, fehlt notwendigerweise auch dem mit dem vorliegenden Beseitigungsauftrag verbundenen Kostentragungsauftrag die gesetzliche Grundlage. Es muß auch nicht mehr auf die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Ausnahme gemäß § 14 Abs. 2 BStG 1971 vorgelegen sind und ob das Vorliegen der Voraussetzungen für eine solche Ausnahme von Amts wegen vor Erlassung eines allfälligen Beseitigungsauftrages zu prüfen ist, eingegangen werden.

Sofern die Beschwerdeführerin meint, sie habe die in Frage stehende Gasleitung vor Erlassung des angefochtenen Bescheides im Rahmen des Berufungsverfahrens bereits freiwillig umgelegt, weshalb diese nicht mehr im Widerspruch zu § 15 Abs. 1 BStG stehen könne, ist grundsätzlich darauf zu verweisen, daß nach der hg. Judikatur (siehe das Erkenntnis vom 24. März 1998, Zl. 97/05/0003, und die in diesem dazu zitierte Vorjudikatur) die Herstellung eines Zustandes, der einem erlassenen, im Instanzenzug angefochtenen baupolizeilichen Auftrag entspricht, keine von der Berufungsbehörde zu beachtende Änderung des maßgebenden Sachverhaltes darstellt.

Der angefochtene Bescheid war im Hinblick auf die nicht zutreffende Auslegung des § 15 Abs. 1 leg. cit. ("Neu-, Zu- und Umbauten") gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997060051.X00

Im RIS seit

18.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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