TE Vwgh Erkenntnis 1998/7/2 98/06/0061

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Veröffentlicht am 02.07.1998
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
20/11 Grundbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §431;
AVG §8;
BauO Tir 1989 §27 Abs3 lita;
BauO Tir 1989 §27 Abs3 litb;
BauO Tir 1989 §30;
BauRallg;
GBG 1955 §4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde 1. des B und 2. der A, beide in W, beide vertreten durch D, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 16. Februar 1998, Zl. Ve1-550-2677/1-1, betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. A in W; 2. Gemeinde Wenns, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 24. September 1997 wurde dem Erstmitbeteiligten die baubehördliche Bewilligung zum Ausbau der bestehenden Tischlerei zu Wohnungen auf dem näher angeführten Grundstück erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden als unbegründet abgewiesen; dies wurde im wesentlichen damit begründet, daß das gegenständliche Bauvorhaben keiner Zustimmung der Miteigentümer bedürfe.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Gemeindevorstandes der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 16. Dezember 1997 als unbegründet abgewiesen.

Die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung ist nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges und nach Anführung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen im wesentlichen damit begründet, daß ein Kaufvertrag im Hinblick auf den grundbücherlichen Eintragungsgrundsatz noch nicht den Eigentumserwerb bedeute. Die Beschwerdeführer seien daher nicht als Miteigentümer anzusehen, weshalb ihnen auch keine Parteistellung im gegenständlichen Verfahren zukomme. Auch die tatsächliche Beiziehung der Beschwerdeführer zur Verhandlung könne für sich allein die Parteistellung nicht begründen. Die erstinstanzliche Behörde hätte die Einwendungen der Beschwerdeführer mangels Parteistellung zurückweisen und nicht als unbegründet abweisen müssen. Nach der ständigen Rechtsprechung könne dadurch jedoch niemand in seinen Rechten verletzt werden. Auch der Einwand der Beschwerdeführer, es hätte ihnen mitgeteilt werden müssen, daß sie nicht als Miteigentümer angesehen würden, damit sie die bücherlichen Eigentümer zu Vertretungshandlungen hätten auffordern können, sei nicht begründet, da sämtliche bücherlichen Miteigentümer zur mündlichen Verhandlung erschienen seien und keine Einwände bezüglich der baulichen Maßnahmen geäußert hätten.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführer erachten sich insbesondere in ihrem Recht auf Unterbleiben unzulässiger Baumaßnahmen für verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführer führen ins Treffen, daß sie als Partei zugelassen worden seien. Aufgrund des Vorliegens eines Titels zum Eigentumserwerb in Form eines Kaufvertrages und aufgrund der faktischen Verfügungsgewalt über die Eigentumswohnungen hätten die Behörden die Beschwerdeführer als Partei zulassen und die Einwände der Beschwerdeführer berücksichtigen müssen. Mangels einer bestimmten Regelung der Tiroler Bauordnung, was unter "Eigentümer" zu verstehen sei, sei die Beurteilung ausschließlich auf die Normen des Zivilrechtes abzustellen.

§ 30 Tiroler Bauordnung sei nicht auf bücherliche Eigentümer zu beschränken, sondern umfasse auch das außerbücherliche Eigentum.

Gemäß § 27 Abs. 3 lit. a Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989 (TBO), ist einem Ansuchen um die Erteilung der Bewilligung für den Neu-, Zu- oder Umbau eines Gebäudes u. a. die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers oder des Bauberechtigten, wenn der Bauwerber nicht Grundeigentümer bzw. Bauberechtigter ist, anzuschließen. Gemäß § 30 Abs. 1 TBO sind Nachbarn Eigentümer von Grundstücken, die zu dem zur Bebauung vorgesehenen Grundstück in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, daß durch die bauliche Anlage oder durch deren Benützung hinsichtlich der durch dieses Gesetz geschützten Interessen mit Rückwirkungen auf ihr Grundstück oder die darauf errichtete bauliche Anlage zu rechnen ist. Dem Grundeigentümer ist der Bauberechtigte gleichgestellt.

Wenn die Tiroler Bauordnung in § 27 Abs. 3 lit. b und § 30 Abs. 1 TBO vom Eigentümer ausgeht, dann ist dieser Begriff im Sinne der zivilrechtlichen Regelungen zu verstehen. Für den Eigentumserwerb von unbeweglichen Sachen ist nach ABGB (siehe § 431 ABGB) grundsätzlich die Eintragung des Eigentumserwerbes im Grundbuch (Einverleibung) maßgeblich. Im vorliegenden Verfahren ist der maßgebliche Berufungsbescheid vom 16. Dezember 1997 den Beschwerdeführern am 28. Dezember 1997 zugestellt worden. Die grundbücherliche Durchführung des Eigentumserwerbes der Beschwerdeführer an Wohnungen im Gebäude des verfahrensgegenständlichen Baugrundstückes erfolgte mit Beschluß des Bezirksgerichtes Imst vom 9. Jänner 1998. Die Beschwerdeführer waren somit bis zum Ende des Berufungsverfahrens keine bücherlichen Miteigentümer an dem vorliegenden Gebäude, in bezug auf das der angeführte Ausbau beantragt wurde. Es stand ihnen schon deshalb jedenfalls kein Zustimmungsrecht im Sinne des § 27 Abs. 3 lit. b TBO zu, ohne daß geklärt werden müßte, ob es sich bei der vorliegenden Baumaßnahme überhaupt um einen Neu-, Zu- oder Umbau handelt. Wenn sich die Beschwerdeführer auf § 30 TBO betreffend die Nachbarrechte berufen, ist ihnen zum einen entgegenzuhalten, daß Nachbarn gemäß Abs. 1 dieser Bestimmung immer nur Eigentümer von Grundstücken sein können, die zu dem zur Bebauung vorgesehenen Grundstück in einem bestimmten näher beschriebenen räumlichen Naheverhältnis stehen, woraus sich ergibt, daß Nachbarn nicht Personen sein können, die Miteigentümer an dem Baugrundstück selbst sind. Abgesehen davon waren die Beschwerdeführer - wie bereits ausgeführt - bis zum Ende des Berufungsverfahrens nicht (bücherliche) Miteigentümer an dem verfahrensgegenständlichen Grundstück. Die erstinstanzliche Baubehörde hätte daher die Einwendungen der Beschwerdeführer von Rechts wegen zurückweisen müssen. Der Umstand, daß die Einwendungen der Beschwerdeführer abgewiesen, statt zurückgewiesen wurden, bewirkt jedoch keine Verletzung in Rechten der Beschwerdeführer.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1 Rechtsgrundsätze Allgemein Anwendbarkeit zivilrechtlicher Bestimmungen Verträge und Vereinbarungen im öffentlichen Recht VwRallg6/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998060061.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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