TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/23 I416 2217653-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.04.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

23.04.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §48
BFA-VG §52 Abs1
BFA-VG §52 Abs2
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs5
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §8a
ZPO §64 Abs1 Z1 lita
ZPO §64 Abs1 Z1 litb
ZPO §64 Abs1 Z1 litc
ZPO §64 Abs1 Z1 litd

Spruch

I416 2217653-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Marokko, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, zu Recht erkannt:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und 5 VwGVG ersatzlos behoben.

B)

Der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe gem. § 8a VwGVG iVm §64 Abs. 1 Z1 lit. a bis d ZPO wird als unzulässig zurückgewiesen.

C)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein marokkanischer Staatsangehöriger, wurde am 06.03.2019 im Reisezug von XXXX in Richtung XXXX ohne gültigen Fahrschein angetroffen und in Folge am Bahnhof XXXX von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes kontrolliert. Auf Befragung führte er an, dass er aus Italien komme und nach Deutschland zu Verwandten reisen wolle, er habe kein Ticket und keine Papiere. In Folge wurde der Beschwerdeführer am 08.03.2019 ins Anhaltezentrum XXXX überstellt.

2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom XXXX, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß § 57 AsylG" nicht erteilt (Spruchpunkt I.). "Gemäß § 10 Absatz 2 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen (Spruchpunkt II.) und wurde "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass seine Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Marokko zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.) Weiters erließ die belangte Behörde "gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt V.). Zuletzt wurde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF" die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.). Gegenständlicher Bescheid wurde dem Beschwerdeführer persönlich ausgehändigt.

3. Mit Verfahrensanordnungen gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 12.03.2019 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH, als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3, in 1170 Wien als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

4. Am 13.03.2019 stellte der Beschwerdeführer in der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz.

5. Mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 09.04.2019 erhob der Beschwerdeführer gegen den Bescheid der belangten Behörde vom XXXX Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte darin inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass er am 13.03.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, wodurch die gegenständliche Rückkehrentscheidung als unrechtmäßig anzusehen sei. Im Weiteren wurde ein Verfahrenshilfeantrag zur Abfassung und Einbringung einer Beschwerde, im Umfang der Befreiung von den Gerichtsgebühren und anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren, gestellt. 6. Am 19.04.2019 wurde Bescheid und Beschwerde der zuständigen Gerichtsabteilung vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Marokko und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20b AsylG. Seine Identität steht nicht fest.

Mit angefochtenem Bescheid der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und zugleich festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig ist. Weiters wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt und gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer stellte am 13.03.2019 aus der Schubhaft heraus einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum gegenständlich angefochtenen Bescheid ergeben sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsverfahrensaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zum gegenständlichen Verfahren.

Die Feststellung hinsichtlich des Antrages des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ergibt sich aus dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden IZR Auszug vom 23.04.2019, den Ausführungen in seiner Beschwerde und den Angaben der belangten Behörde im Rahmen der Vorlage des Verfahrensaktes.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

Die maßgeblichen Bestimmungen des § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 lauten:

"Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

(4) Hat die Behörde bei ihrer Entscheidung Ermessen zu üben, hat das Verwaltungsgericht, wenn es nicht gemäß Abs. 2 in der Sache selbst zu entscheiden hat und wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

(6) Ist im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen, so hat das Verwaltungsgericht die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben. Dauert die für rechtswidrig erklärte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Zustand herzustellen.

(7) Im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG kann das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgeblicher Rechtsfragen beschränken und der Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiermit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen. Kommt die Behörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet das Verwaltungsgericht über die Beschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst, wobei es auch das sonst der Behörde zustehende Ermessen handhabt.

(8) Durch die Aufhebung der angefochtenen Weisung tritt jener Rechtszustand ein, der vor der Erlassung der Weisung bestanden hat; infolge der Weisung aufgehobene Verordnungen treten jedoch dadurch nicht wieder in Kraft. Die Behörde ist verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihr zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Die maßgebliche Bestimmung des § 18 Abs. 2 und § 52 Abs. 1 und Abs. 2 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018 lauten:

"Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 18. (2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist 2. ....

3. ...

(3) - (4) ...

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) - (7) ..."

Rechtsberatung vor dem Bundesverwaltungsgericht

§ 52. (1) Das Bundesamt hat den Fremden oder Asylwerber bei Erlassung einer Entscheidung, ausgenommen Entscheidungen nach § 53 BFA-VG und §§ 76 bis 78 AVG, oder einer Aktenvorlage gemäß § 16 Abs. 2 VwGVG mittels Verfahrensanordnung darüber zu informieren, dass ihm kostenlos ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt wird. Zugleich hat das Bundesamt den bestellten Rechtsberater oder die betraute juristische Person davon in Kenntnis zu setzen.

(2) Rechtsberater unterstützen und beraten Fremde oder Asylwerber jedenfalls beim Einbringen einer Beschwerde und im Beschwerdeverfahren gemäß Abs. 1 vor dem Bundesverwaltungsgericht, sowie bei der Beischaffung eines Dolmetschers. Rechtsberater haben den Beratenen die Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde darzulegen. Auf deren Ersuchen haben sie die betreffenden Fremden oder Asylwerber auch im Verfahren, einschließlich einer mündlichen Verhandlung, zu vertreten.

(3) Der Bundeskanzler verordnet die Höhe der Entschädigung der Rechtsberater für den Zeit- und Arbeitsaufwand. Ist eine juristische Person mit der Rechtsberatung vor dem Bundesverwaltungsgericht betraut, verordnet der Bundeskanzler die Höhe der Entschädigung für den Zeit- und Arbeitsaufwand für die Rechtsberatung einschließlich der Dolmetschkosten in Form von Pauschalbeträgen pro beratenem Fremden oder Asylwerber. Die Entschädigung hat sich am zuvor eingeholten Angebot der betrauten juristischen Person zu orientieren."

3.1.4. Die maßgebliche Bestimmung des § 8a Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2017, lautet:

Verfahrenshilfe

§ 8a. (1) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ist einer Partei Verfahrenshilfe zu bewilligen, soweit dies auf Grund des Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, geboten ist, die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Juristischen Personen ist Verfahrenshilfe sinngemäß mit der Maßgabe zu bewilligen, dass an die Stelle des Bestreitens der Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts das Aufbringen der zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel durch die Partei oder die an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten tritt.

(2) Soweit in diesem Paragraphen nicht anderes bestimmt ist, sind die Voraussetzungen und die Wirkungen der Bewilligung der Verfahrenshilfe nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung - ZPO, RGBl. Nr. 113/1895, zu beurteilen. Die Bewilligung der Verfahrenshilfe schließt das Recht ein, dass der Partei ohne weiteres Begehren zur Abfassung und Einbringung der Beschwerde, des Vorlageantrags, des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder zur Vertretung bei der Verhandlung ein Rechtsanwalt beigegeben wird.

(3) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist schriftlich zu stellen. Er ist bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Für Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG ist der Antrag unmittelbar beim Verwaltungsgericht einzubringen.

(4) Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe kann ab Erlassung des Bescheides bzw. ab dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, gestellt werden. Wird die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer Säumnisbeschwerde beantragt, kann dieser Antrag erst nach Ablauf der Entscheidungsfrist gestellt werden. Sobald eine Partei Säumnisbeschwerde erhoben hat, kann der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe auch von den anderen Parteien gestellt werden.

(5) In dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist die Rechtssache bestimmt zu bezeichnen, für die die Bewilligung der Verfahrenshilfe begehrt wird.

(6) Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und die Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Hat das Verwaltungsgericht die Bewilligung der Verfahrenshilfe beschlossen, so hat es den Ausschuss der zuständigen Rechtsanwaltskammer zu benachrichtigen, damit der Ausschuss einen Rechtsanwalt zum Vertreter bestelle. Dabei hat der Ausschuss Wünschen der Partei zur Auswahl der Person des Vertreters im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen.

(7) Hat die Partei innerhalb der Beschwerdefrist die Bewilligung der Verfahrenshilfe beantragt, so beginnt für sie die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an die Partei zu laufen. Entsprechendes gilt für die Fristen, die sich auf die sonstigen in Abs. 2 genannten Anträge beziehen.

(8) Die Bestellung des Rechtsanwalts zum Vertreter erlischt mit dem Einschreiten eines Bevollmächtigten.

(9) In Verfahrenshilfesachen ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig.

(10) Der Aufwand ist von jenem Rechtsträger zu tragen, in dessen Namen das Verwaltungsgericht in der Angelegenheit handelt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Behebung des Bescheides

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ist nicht zulässig. In einem solchen Fall ist ein anhängiges Rückkehrentscheidungsverfahren einzustellen, und eine bereits erlassene erstinstanzliche, mit Beschwerde bekämpfte Rückkehrentscheidung ist vom Verwaltungsgericht ersatzlos zu beheben. Eine Aussetzung des Rückkehrentscheidungsverfahrens bis zur Beendigung des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz kommt nicht in Betracht, weil es nach der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz jedenfalls einzustellen wäre: sei es, weil Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wurde, sei es, weil eine negative Entscheidung und damit einhergehend eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 FrPolG 2005 bzw. ein Ausspruch über die dauerhafte Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder ein Ausspruch nach § 8 Abs. 3a AsylG 2005 ergangen ist (vgl. das Erk. des VwGH vom 4.8.2016, Zl. Ra 2016/21/0162). Dies hat in gleicher Weise auch für ein anhängiges Verfahren über einen Asylantrag zu gelten (vgl. das Erk. des VwGH vom 31.8.2017, Zl. Ra 2017/21/0078).

Wie dem gegenständlichen Verwaltungsakt zu entnehmen ist, stellte der Beschwerdeführer am 13.03.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz. Wie oben dargestellt, ist das Verfahren in der gegenständlichen Konstellation, in welcher der Beschwerdeführer während des aufrechten Beschwerdeverfahrens über eine Rückkehrentscheidung einen Asylantrag stellt, der Bescheid, der über die Rückkehrentscheidung abspricht, ohne dass über seinen Antrag auf internationalen Schutz abgesprochen wurde, ersatzlos zu beheben. Daran kann auch die verfahrensgegenständliche Fallkonstellation, nämlich, dass die belangte Behörde zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung noch keine Kenntnis von der Antragstellung gehabt hat, nichts ändern.

Im gegenständlichen Verfahren ist die Beschwerde am 18.04.2019 bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes eingelangt. Ein gesonderter Abspruch über die beantragte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bzw. inhaltliche Auseinandersetzung mit dem normierten Tatbestand konnte unterbleiben bzw. erübrigte sich aufgrund der am 23.04.2019 getroffenen Entscheidung in der Sache selbst, da die Entscheidung demnach innerhalb der in § 17 Abs. 1 BFA-VG genannten Frist von einer Woche ab Vorlage der Beschwerde ergeht, sodass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren auch nicht in seinen Rechten verletzt sein kann.

Zu Spruchpunkt B) Zurückweisung des Antrages auf Verfahrenshilfe:

Zum Sachverhalt wird zusammengefasst festgestellt, dass dem Beschwerdeführer zusammen mit dem Bescheid der belangten Behörde eine Verfahrensanordnung datiert mit 12.03.2019, nachweislich übermittelt wurde.

Mit Schriftsatz vom 09.04.2019 wurde durch den Beschwerdeführer, dieser vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, eine Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Asyl und Fremdenwesen vom 12.03.2019, Zl. XXXX eingebracht.

Zugleich mit Einbringung der Beschwerde brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verfahrenshilfe, im Umfang der Befreiung von den Gerichtsgebühren und anderen bundesgesetzlich geregelten staatlichen Gebühren, ein. Ein Nachweis über die Entrichtung von Gebühren wurde nicht vorgelegt.

Dazu ist folgendes grundsätzlich auszuführen:

Mit den am 1. Oktober 2011 in Kraft getretenen §§ 64 bis 68 AsylG 2005, BGBl I 100/2005 idF BGBl I 38/2011, schuf der Gesetzgeber ein neues, nach den einzelnen Asylverfahrensstadien abgestuftes Regelungsregime für die Rechtsberatung. Das Rechtsberatungsregime wurde schließlich in dieser Ausgestaltung - erweitert um die Fälle der Verhängung von Schubhaft sowie Rückkehrentscheidungen ohne damit in Zusammenhang stehende Asylverfahren - im Wesentlichen in das am 1. Jänner 2014 in Kraft getretene BFA-Verfahrensgesetz für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht übernommen (vgl. RV 1803 BlgNR 24. GP, 33).

Gemäß § 52 Abs. 2 BFA-VG haben Rechtsberater nunmehr Fremde oder Asylwerber beim Einbringen einer Beschwerde und im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in allen Fällen des Abs1 leg.cit. - also bei einer Rückkehrentscheidung, der Erlassung einer Entscheidung gemäß § 2 Abs. 4 bis 5 oder § 3 GVG-B 2005, der Anordnung zur Außerlandesbringung, der Anordnung der Schubhaft sowie bei zurück- oder abweisenden Entscheidungen über Anträge auf internationalen Schutz - zu unterstützen und zu beraten sowie die Erfolgsaussicht der Beschwerde darzulegen. Nur in Beschwerdeverfahren gegen eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung sowie die Einschränkung oder den Entzug von Grundversorgungsleistungen haben Rechtsberater Fremde auf deren Ersuchen "auch" zu vertreten. In Verfahren über internationalen Schutz sowie über die Anordnung von Schubhaft haben Rechtsberater auf Ersuchen des Fremden an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen.

Dieses umfassende Tätigwerden für einen Vertretenen ist von einer bloßen Beratung und Unterstützung, die nach Maßgabe des § 48 Abs. 2 BFA-VG "objektiv" zu erfolgen hat, zu unterscheiden. Der Gesetzgeber selbst geht diesbezüglich offenkundig von einem maßgeblichen Unterschied des Aufgabenprofils eines Rechtsberaters aus, weil er ansonsten in § 52 Abs. 2 BFA-VG keine Differenzierung zwischen der Beratung und Unterstützung einerseits und "auch" der Vertretung andererseits vorgenommen hätte.

In Ermangelung einer eigenen Definition des in § 52 Abs. 2 BFA-VG verwendeten Vertretungsbegriffs ist von dem allgemeinen Begriffsverständnis der prozessualen Vertretung auszugehen. Diese besteht darin, dass ein Vertreter für die Partei bzw. in ihrem Namen mit der Wirkung handelt, als würde die Partei selbst den Verfahrensakt setzen oder entgegennehmen; der Vertreter gibt anstelle des Vertretenen und für diesen Erklärungen ab und bildet selbst einen diesbezüglichen Willen (vgl. zB VwGH 11.5.1987, 87/10/0049). Die Grenzen der gewillkürten Vertretung richten sich im Einzelfall nach der erteilten Vollmacht, im Falle der gesetzlich vorgesehenen Vertretung nach den Bestimmungen des Gesetzes. § 52 Abs. 2 BFA-VG oder andere in diesem Zusammenhang maßgebliche Bestimmungen sehen keine Einschränkung des Umfangs der - an das entsprechende Ersuchen des Fremden gebundenen - Vertretung in Beschwerdeverfahren gegen eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung sowie die Einschränkung oder den Entzug von Grundversorgungsleistungen vor. Die Vertretungsbefugnis eines Rechtsberaters ist in diesen Fällen also nicht beschränkt, weshalb er zur Setzung sämtlicher Akte im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht berechtigt und auch verpflichtet ist. Eine derartige Beschränkung geht auch aus der dem erkennenden Gericht vorliegenden Vollmacht nicht vor. Die Rechtsberaterin erfüllte diese Verpflichtungen (vgl. VwGH 03.05.2016, Ro 2016/18/0001), wobei ihr der Beschwerdeführer auch Vollmacht inklusive Inkasso- und Zustellvollmacht erteilte. Die Rechtsberaterin brachte für den Beschwerdeführer die Beschwerde ein.

Im Sinne des Urteils des EGMR, 09.10.1979, Fall Airey, lag somit im Falle des Beschwerdeführers, dem eine Rechtsberaterin beigegeben war, die für ihn die Beschwerde einbrachte und der er zudem Vertretungsvollmacht erteilte, kein Fall vor, indem mangels der unentgeltlicher Beigebung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Prozesskostenhilfe die Einlegung eines wirksamen Rechtsbehelfs nicht gewährleistet gewesen wäre. Hat eine Partei in einem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einen Rechtsanspruch auf Vertretung durch einen Rechtsberater (§ 52 Abs. 1 BFA-VG 2014), dann besteht kein Anspruch auf einen Verfahrenshilfeverteidiger (VwGH 26.04.2016, Ra 2016/20/0043).

Wenn der Beschwerdeführer im verfahrensgegenständlichen Fall vorbringt, dass er der Verfahrenshilfe im Umfang der Gebührenbefreiung für die Eingabegebühr benötige, so ist dazu auszuführen, dass gemäß § 70 AsylG 2005, die in Verfahren nach diesem Bundesgesetz erforderlichen Eingaben, Vollmachtsurkunden, Niederschriften, Zeugnisse und ausländischen Personenstandsurkunden sowie die Verlängerung von Aufenthaltsberechtigungen von den Gebühren befreit sind. Darunter fällt zweifelsfrei auch ein Verfahren in welchem über § 57 Asyl abgesprochen wird (siehe auch VwGH Ra 2017/21/0078-10). Weiters sind für Amtshandlungen auf Grund oder unmittelbar für Zwecke dieses Bundesgesetzes Verwaltungsabgaben des Bundes sowie Barauslagen nicht zu entrichten. Dabei handelt es sich um eine gesetzliche Ausnahme von der Gebührenpflicht für Eingaben an die Verwaltungsgerichte gemäß § 1 Abs. 1 BulVwG-EGebV.

Im gegenständlichen Verfahren entstehen daher für den Beschwerdeführer keine Gebühren (§ 57 AsylG), sollte dieser irrtümlich Gebühren entrichtet haben, wobei er den Nachweis nicht erbracht hat, so wären ihm diese allenfalls zurückzuerstatten, einen Anspruch auf Verfahrenshilfe kann dieser Sachverhalt jedoch nicht begründen, weshalb der Antrag auf Verfahrenshilfe gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unzulässig zurückzuweisen war.

Zu C) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen und konnte sich das Bundesverwaltungsgericht bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A wiedergegeben.

Schlagworte

Abschiebung, Asylverfahren, Aufenthaltsberechtigung besonderer
Schutz, Aufenthaltstitel, aufschiebende Wirkung - Entfall, Behebung
der Entscheidung, berücksichtigungswürdige Gründe, Einreiseverbot,
ersatzlose Behebung, Gefährdung der Sicherheit, Kassation,
Rückkehrentscheidung, Verfahrenshilfeantrag, Zeitpunkt,
Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I416.2217653.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten