TE Bvwg Erkenntnis 2019/4/26 I417 2165515-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.04.2019
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Entscheidungsdatum

26.04.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §2
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
StGB §107 Abs1
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs3 Satz 2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Friedrich Zanier als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX alias XXXX, geboren am XXXX alias XXXX Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch Edward W. DAIGNEAULT, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.07.2017, Zl. "IFA 740144004 / 14771694", nach Durchführung von mündlichen Verhandlungen am 04.09.2017, am 30.10.2017, am 01.03.2018 sowie am 18.04.2018 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. und Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

II. Die Spruchpunkte III. und IV. des angefochtenen Bescheides werden behoben und die Angelegenheit insoweit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte erstmalig am 28.01.2004 einen Antrag auf internationalen Schutz. Das Verfahren wurde am 18.02.2004 eingestellt. In weiterer Folge stellte der Beschwerdeführer auch am 30.05.2012 in Luxemburg sowie am 11.07.2012 in der Schweiz einen Antrag auf internationalen Schutz. Auch diese beiden Verfahren wurden eingestellt, ohne das Fluchtvorbringen einer inhaltlichen Prüfung zuzuführen.

2. Der Beschwerdeführer reiste neuerlich illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 07.07.2014 einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 09.07.2014 gab er, zu seinen Fluchtgründen befragt, Folgendes an:

"Ich war in Nigeria Kickboxer. Dort kämpften wir ohne Schutzausrüstung. Bei einem Kampf wurde einer meiner Gegner so schwer verletzt, dass er an den Folgen starb. Die Familie dieser Gegner bedrohte mich und wollte mich umbringen. Meine Mutter haben sie 2001 umgebracht. Ich bekam Angst und beschloss Nigeria zu verlassen. Das ist mein einziger Fluchtgrund."

3. Am 15.05.2016 kam in Österreich der Sohn des Beschwerdeführers,

XXXX (IFA: XXXX), zur Welt. Bei der Kindesmutter handelt es sich um die nigerianische Staatsangehörige XXXX (IFA: XXXX). Die Anträge des Sohnes sowie der Kindesmutter auf internationalen Schutz in Österreich wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.11.2017, Zl. I417 2140789-1 sowie I417 2140792-1, rechtskräftig als unbegründet abgewiesen.

4. Am 18.06.2016 heiratete der Beschwerdeführer in Rom die portugiesische Staatsangehörige XXXX.

5. Am 23.06.2016 brachte der Beschwerdeführer beim Magistrat XXXX zur Zl. XXXXeinen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers ein. Das Verfahren ist nach wie vor anhängig.

6. Am 30.05.2017 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich vor der belangten Behörde einvernommen. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab er nunmehr an, die Kirche, welche er in seiner Heimat besucht habe, sei Ende des Jahres 2000 nach einem Bombenanschlag durch "Muslime" niedergebrannt. Seine Mutter sei bei diesem Anschlag ums Leben gekommen. Der Beschwerdeführer habe sich zu diesem Zeitpunkt ebenfalls in der Kirche befunden, jedoch habe ihn die Bombe zum Glück nicht getroffen. Er wolle nicht nach Nigeria zurückkehren, da er dort Niemanden mehr habe und überdies Angst habe, dass er in Nigeria in Gefahr wäre. Eine persönliche Bedrohung seiner Person verneinte der Beschwerdeführer.

7. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13.07.2017, Zl. "IFA 740144004 / 14771694", wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen und der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für eine freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Absatz 1a FPG nicht gewährt (Spruchpunkt IV.). Zudem wurde einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

8. Mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 24.07.2017 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und begründete diese mit Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides. Da der Beschwerdeführer nunmehr mit einer "weißen Frau" verheiratet sei, laufe er zudem Gefahr, in Nigeria für wohlhabend gehalten und erpresst zu werden, sodass ihm auch aus diesem Gesichtspunkt internationaler Schutz zuzuerkennen gewesen wäre. Zudem sei der Beschwerdeführer aufgrund seiner Gattin, einer portugiesischen Staatsangehörigen und Arbeitnehmerin in Österreich, ebenfalls in Österreich aufenthaltsberechtigt, sodass die Behörde keine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen hätte dürfen.

9. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 02.08.2017 wurde der Beschwerde vom 24.07.2017 gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

10. Am 04.09.2017, am 30.10.2017, am 01.03.2018 sowie am 18.04.2018 fanden vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, mündliche Beschwerdeverhandlungen statt. Zur Verhandlung am 30.10.2017 war der Beschwerdeführer unentschuldigt nicht erschienen. Nachträglich wurde bekannt, dass er sich zu diesem Zeitpunkt in Untersuchungshaft befand. In der Verhandlung am 18.04.2018 wurde auch die Ehefrau des Beschwerdeführers als Zeugin einvernommen.

11. Am 30.11.2018 wurde für den minderjährigen Sohn des Beschwerdeführers in Österreich ein Folgeantrag auf internationalen Schutz eingebracht.

Mit rechtskräftigem Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 14.02.2019, Zl. XXXX, wurde die alleinige Obsorge für den minderjährigen Sohn des Beschwerdeführers dem Wiener Kinder- und Jugendhilfeträger übertragen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13.03.2019, Zl. "XXXX" wurde der Folgeantrag des Sohnes des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 30.11.2018 erstinstanzlich als unbegründet abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung jedoch vorübergehend für unzulässig erklärt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist volljährig, gesund, Staatsbürger von Nigeria, Angehöriger der Volksgruppe der Ibo und bekennt sich zum christlichen Glauben. Er hält sich zuletzt seit (mindestens) 07.07.2014 in Österreich auf. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer stammt aus dem nigerianischen Bundesstaat Kano State und hat bis zu seiner Ausreise zuletzt in Owerri in Imo State gelebt. Er hat in Nigeria 6 Jahre die Grundschule besucht und den Beruf des Verkäufers erlernt. Er hat auch als Verkäufer gearbeitet. Zumindest ein Bruder sowie eine Schwester des Beschwerdeführers leben nach wie vor in Nigeria.

Der Beschwerdeführer leidet nicht an schweren körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen, die einer Rückführung in seinen Herkunftsstaat entgegenstünden.

Am 15.05.2016 kam in Österreich der Sohn des Beschwerdeführers, XXXX (IFA: XXXX), zur Welt. Bei der Kindesmutter handelt es sich um die nigerianische Staatsangehörige XXXX (IFA: XXXX). Die Anträge des Sohnes sowie der Kindesmutter auf internationalen Schutz in Österreich wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.11.2017, Zl. I417 2140789-1 sowie I417 2140792-1, rechtskräftig als unbegründet abgewiesen.

Am 18.06.2016 heiratete der Beschwerdeführer in Rom die portugiesische Staatsangehörige XXXX, geb. XXXX. Die Ehefrau des Beschwerdeführers war in Österreich vom 18.05.2016 bis zum 31.03.2017 selbständig sowie vom 22.06.2017 bis zum 26.07.2017 unselbständig beschäftigt. Sie hat dadurch ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen. Im Anschluss kehrte die Ehefrau nach Portugal zurück und geht dort aktuell einer Beschäftigung in der Hotellerie nach. Vom 24.11.2015 bis zum 30.05.2018 waren der Beschwerdeführer sowie seine Ehefrau an einem gemeinsamen Wohnsitz in Österreich gemeldet. Seit dem 30.05.2018 ist die Ehefrau des Beschwerdeführers nicht mehr aufrecht im Bundesgebiet gemeldet.

Am 23.06.2016 brachte der Beschwerdeführer beim Magistrat XXXX zur Zl. XXXX einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers ein. Das Verfahren ist nach wie vor anhängig.

Am 30.11.2018 wurde für den minderjährigen Sohn des Beschwerdeführers ein Folgeantrag auf internationalen Schutz eingebracht. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13.03.2019, Zl. "XXXX" wurde der Folgeantrag des Sohnes des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 30.11.2018 erstinstanzlich als unbegründet abgewiesen, eine Rückkehrentscheidung jedoch vorübergehend für unzulässig erklärt.

Mit rechtskräftigem Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 14.02.2019, Zl. XXXX, wurde die alleinige Obsorge für den minderjährigen Sohn des Beschwerdeführers dem Wiener Kinder- und Jugendhilfeträger übertragen. Es bestand zu keinem Zeitpunkt ein gemeinsamer Haushalt zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Sohn. Auch besteht keinerlei Abhängigkeitsverhältnis oder ein Naheverhältnis von maßgeblicher Intensität.

Der Beschwerdeführer ging in Österreich zu keinem Zeitpunkt einer legalen Erwerbstätigkeit nach und bestreitet seinen Lebensunterhalt aus Mitteln der staatlichen Grundversorgung.

Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher oder beruflicher Hinsicht festgestellt werden.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 09.09.2014, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des gewerbsmäßigen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall, Abs. 2 und Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten, davon sechs Monate bedingt, verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 13.01.2016, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen gefährlicher Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 21.12.2017, Zl. XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten verurteilt.

1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Nigeria aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würde. Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt sein.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria:

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende Peoples Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45 % Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80 % aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10% der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

Homosexuelle Handlungen jeglicher Art sind - unabhängig vom Geschlecht der betroffenen Personen - sowohl nach säkularem Recht als auch nach Scharia-Recht (Körperstrafen bis hin zum Tod durch Steinigung in besonderen Fällen) strafbar. Homosexuelle versuchen auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen und weitverbreiteter Vorbehalte in der Bevölkerung, ihre sexuelle Orientierung zu verbergen (AA 21.11.2016). Obwohl alle nigerianischen Bürger mit der Schwierigkeit konfrontiert sind, dass Förderung und Schutz ihrer Rechte gewährleistet werden sowie der Zugang zu grundlegenden Sozialdienstleistungen, haben Mitglieder der homosexuellen Gemeinschaft mit weiteren Herausforderungen zu kämpfen (TIERS 1.2017). Dabei treten Erpressung und Gewalt schon beim Verdacht auf, homosexuell zu sein (MSMA 17.11.2015; vgl. LLM 16.11.2015). Die meisten Menschenrechtsverletzungen gegen Homosexuelle gehen von nicht-staatlichen Akteuren aus (LLM 16.11.2015; vgl. MSMK 19.11.2015). Die Verfügbarkeit von staatlichem Schutz ist in Frage zu stellen, manchmal interveniert die Polizei gar nicht oder verhaftet das Opfer (MSMA 17.11.2015; vgl. DS3 18.11.2015; DS1 20.11.2015). TIERS berichtet, dass die Opfer Menschenrechtsverletzungen nicht bei der Polizei melden aus Angst vor Repressalien, Mangel an Vertrauen in die Strafverfolgungsbehörden, und weil die Polizei häufig selbst die Täter bei Menschenrechtsverletzungen gegen Homosexuelle sind (TIERS 1.2017).

In Nigeria ist nach der Unterzeichnung durch den Präsidenten am 7.1.2014 bundesweit der über mehrere Jahre diskutierte "Same Sex Marriage Prohibition Act" (SSMPA) in Kraft getreten (HRW 29.1.2015; vgl. CNN 16.1.2014; TT 14.1.2014). Seither ist das Eingehen homosexueller Verbindungen oder das Mitwirken daran mit bis zu 14 Jahren Haft unter Strafe gestellt. Die Organisation oder Unterstützung von Homosexuellen-Clubs, Vereinigungen oder Kundgebungen sowie öffentliches zur Schau stellen gleichgeschlechtlicher Liebesbeziehungen werden mit bis zu zehn Jahren Haft bedroht (AA 5.7.2017 vgl. HRW 20.10.2016). Laut Telegraph seien schon "Gruppen" von zwei Homosexuellen verboten (TT 14.1.2014). Human Rights Watch erklärt, dass jegliches öffentliches homosexuelles Verhalten zwischen Paaren kriminalisiert worden sei ("who directly or indirectly make public show of same-sex amorous relationship"). Auch Personen, die Zeugen, Unterstützter oder Beihelfer einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft oder Ehe sind, können mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden (HRW 15.1.2014; vgl. HRW 20.10.2016). Die Rechtsänderung hat aber bisher nicht zu einer spürbar verschärften Strafverfolgung geführt: Bisher ist es nach Kenntnis der deutschen Botschaft noch nicht zu Anklagen bzw. Verurteilungen nach dem neuen Gesetz gekommen (AA 21.11.2016). Auch Human Rights Watch hat keine Beweise dafür gefunden, dass Personen im Rahmen des SSMPA strafrechtlich verfolgt oder verurteilt wurden (HRW 20.10.2016). Laut einem Bericht von Human Rights Watch hat das Gesetz zu einer weiteren Stigmatisierung von Lesben und Schwulen in Nigeria geführt. Diese werden oftmals von der Polizei schikaniert und misshandelt und von der Bevölkerung gemobbt und per Selbstjustiz verfolgt (GIZ 7.2017b).

Seit der Unabhängigkeit Nigerias gab es nur wenige Fälle von Verurteilungen Homosexueller nach dem Strafgesetzbuch, die Zahl ist einstellig (HL1 16.11.2015). Mit der zunehmenden Öffentlichkeit im Zuge der Diskussion um den SSMPA hat sich zwar die Zahl der Verhaftungen gesteigert. Es kam aber zu keinen Verurteilungen (HL1 16.11.2015; vgl. HRW 20.10.2016). Überhaupt gibt es keine systematische Verfolgung Homosexueller (DS4 20.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015). Die Community wird nicht überwacht (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015; DS2 19.11.2015). Die Polizei wird nicht aus eigenem Antrieb aktiv und sucht gezielt nach Homosexuellen (HL1 16.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015). Es gibt keine Haftbefehle nur aufgrund von Homosexualität - weder nach dem Strafgesetzbuch, noch nach der Scharia oder dem SSMPA (LLM 16.11.2015).

Aus dem Zeitraum 12.2014-11.2015 wurden 48 Vorfälle berichtet, in welche die Polizei involviert war, 27 davon waren willkürliche Verhaftungen. Insgesamt wurden im genannten Zeitraum 172 Übergriffe bzw. (Menschen-)Rechtsverletzungen an Homosexuellen gemeldet. Allerdings wird davon ausgegangen, dass viele Fälle nicht erfasst wurden (TIERS 3.2016). Für das Jahr 2016 wurden von TIERS 152 Menschenrechtsverletzungen gegen LGBT-Personen gemeldet. Die meisten Übergriffe fanden in den Bundesstaaten Rivers und Lagos statt. 35 davon waren willkürliche Verhaftungen, 27 rechtswidrige Inhaftierungen, 51 Fälle von Erpressung, 33 Fälle von Körperverletzung, 21 Fälle von Diffamierung, zwölf Morddrohungen, zwei Fälle von Folter (TIERS 1.2017).

Laut TIERS gab es im Jahr 2016 auch Positives zu vermelden, so z.B. hat das NHRC öffentlich Stellung gegen Gewalt gegen Homosexuelle genommen. Auch hat sich der ehemalige Präsident, der das Gesetz unterzeichnete, von der Geisteshaltung hinter der Entstehung des Gesetzes distanziert (TIERS 1.2017; vgl. HRW 12.1.2017). Im Jänner 2016 hat der Generalinspektor der Polizei Polizisten davor gewarnt, illegal auf Mobiltelefone der Bürger ohne Gerichtsbeschluss zuzugreifen. Dennoch verletzte die Polizei Privatsphäre von Homosexuellen und verwendete ihre persönlichen Daten, um sie rechtswidrig zu verhaften, damit sie dann für Geld und andere Wertsachen im Gegenzug zu ihrer Freiheit erpresst werden können (TIERS 1.2017).

Im April 2017 hat die nigerianische Polizei erklärt, dass sie in der im Norden des Landes gelegenen Stadt Zaria 53 junge Männer verhaftet hat, weil sie an einer homosexuellen Hochzeit teilgenommen hatten. Die Festgenommenen wurden laut Polizei einem Richter vorgeführt (NBC 20.4.2017). Die Männer werden wegen Verschwörung, illegaler Versammlung und Zugehörigkeit einer illegalen Gesellschaft angeklagt. Diese Straftaten verstoßen gegen den Criminal Procedure Code (PT 7.6.2017). Alle hatten sich nicht schuldig bekannt und konnten bei Zahlung einer Kaution wieder freigelassen werden (NBC 20.4.2017). Am 29.7.2017 wurden über 40 Personen festgenommen, da sie verdächtigt wurden bei einer privaten Feier in einem Hotel in Lagos homosexuelle Handlungen durchgeführt zu haben. Der erste Gerichtstermin war noch ausstehend (Reuters 31.7.2017).

Hinsichtlich des SSMPA gab es keinen Anklagen oder Verurteilungen (DS3 18.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015; VA1 16.11.2015; DS1 20.11.2015; DS4 20.11.2015). Die Polizei verhaftet Verdächtige in erster Linie mit dem Ziel, Geld zu erpressen. Grundsätzlich kommen Verdächtige nach der Zahlung einer "Kaution" wieder frei (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015). Aufgrund der bei der Polizei herrschenden Korruption ist es einfach, sich aus der Haft freizukaufen (VA1 16.11.2015).

Auch für betroffene Homosexuellen-NGOs hatte der SSMPA kaum Auswirkungen, keine der Organisationen musste die Arbeit einstellen (LLM 16.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015; DS2 19.11.2015). Im Gesundheitsbereich tätige NGOs mit Fokus auf Homosexuelle (v.a. HIV/AIDS) stellten zwar Anfang 2014 kurzfristig den Betrieb ein, doch wurde dieser nach wenigen Wochen wieder aufgenommen und läuft seither wie vor Inkrafttreten des SSMPA (IO1 20.11.2015).

UK Home Office gibt an, dass es seit der Einführung des SSMPA einige Berichte über die Verhaftung von LGBT-Personen gab. Es gab auch einige Berichte über Gewalt und Schläge gegenüber den Verhafteten. Allerdings gibt es nur wenige Berichte über Verfolgung oder Verurteilung von LGBT-Personen. Es gibt nur begrenzte Anzeichen dafür, dass die Regierung gezielt gegen LGBT-Organisationen vorgehen würde; allerdings scheint es indirekte Auswirkungen auf diese Gruppen zu geben. So gibt es etwa Berichte über eine Reduzierung der Angebote bezüglich HIV/AIDS-Behandlung (UKHO 3.2015).

Die vom Home Office zitierte Homosexuellen-NGO Erasing 76 Crimes schätzt, dass sich im August 2014 23 Personen aufgrund von Homosexualität in Haft befanden. 15 weitere würden auf freiem Fuß auf ihren Prozess warten. Die NGO gibt auch an, dass es unmöglich sei, eine vollständige Liste von Personen zu erstellen, die sich aufgrund von Verstößen gegen Anti-Homosexuellen-Gesetzen in Nigeria in Haft befinden würden. Nigerianische Medien berichten oft nur von Verhaftungen, manchmal auch von der Eröffnung von Prozessen, nie aber von Urteilen bezüglich LGBT-Personen. Die gleiche NGO schätzt im Oktober 2014, dass seit der Einführung des Same Sex Marriage (Prohibition) Act in ca. vier Bundesstaaten ca. 38 Personen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verhaftet worden sind. Alleine im Bundesstaat Bauchi seien es zwölf (UKHO 3.2015). Das Gesetz ist vor allem unter dem Gesichtspunkt zu verstehen, dass man dem wachsenden Druck aus dem westlichen Ausland für die Gleichberechtigung Homosexueller die Stirn bieten möchte, da in Nigeria noch nie zwei Männer oder zwei Frauen versucht haben zu heiraten. Im Rahmen der Verabschiedung des Gesetzes und der negativen internationalen Reaktion kam es zu vermehrten Vorfällen von Verhaftungen und physischer Gewalt gegen vermeintlich Homosexuelle. Eine generelle "staatliche Verfolgung" ist allerdings derzeit nicht gegeben. Gesellschaftliche Diskriminierung bei offenem zur Schau stellen der sexuellen Orientierung ist vorhanden (ÖBA 9.2016).

Laut bereits bestehenden Gesetzen wird "Geschlechtsverkehr, der gegen die Ordnung der Natur geht" mit einer Haft von 14 Jahren bestraft. In den zwölf nördlichen Bundesstaaten, wo das islamische Recht in Kraft ist, werden homosexuelle Handlungen mit Haft, Stockschlägen oder Tode durch Steinigung bestraft. Aktivisten sind keine Fälle bekannt, bei denen die Todesstrafe umgesetzt wurde. Auch unter der Scharia kam es also nur zu wenigen Verurteilungen (HL1 16.11.2015; vgl. DS1 20.11.2015).

Die meisten Homosexuellen-NGOs haben ihre Basis in den Hauptstädten der Bundesstaaten (DS3 18.11.2015; vgl. DS2 19.11.2015; MSMA 17.11.2015). Üblicherweise sind die Homosexuellen-NGOs den Betroffenen auch bekannt (DS3 18.11.2015; vgl. MSMA 17.11.2015). Es existieren auch eigene HIV/AIDS-Kliniken, die gezielt für Homosexuelle Patienten eingerichtet wurden (IO1 20.11.2015; MSMA vgl. 17.11.2015).

Es existieren Netzwerke von Menschenrechtsanwälten, welche - im Falle der Verhaftung eines Homosexuellen - unmittelbar kontaktiert werden und die Person gegen "Kaution" freizukaufen versuchen (IO1 20.11.2015). Die Anwälte sind organisiert, es gibt unterschiedliche Vereine, z.B. Lawyers League for Minorities, Lawyers Alert oder die Coalition of Human Rights Lawyers (LLM 16.11.2015; vgl. HL1 16.11.2015).

Homosexuellen Netzwerke verschiedener Landesteile bzw. Städte sind miteinander in Kontakt. Die Netzwerke und Organisationen bieten auch Unterstützung und sogar Zufluchtsmöglichkeiten an (MSMA 17.11.2015; vgl. LLM 16.11.2015).

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

Zunächst ist festzuhalten, dass sich der erkennende Richter bei den von ihm getroffenen Feststellungen insbesondere auf die Erkenntnisse stützt, welche er im Verlauf der mündlichen Verhandlungen vom 04.09.2017, vom 01.03.2018 sowie vom 18.04.2018 gewonnen hat.

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid, in den Beschwerdeschriftsatz, in die schriftlichen Stellungnahmen des Beschwerdeführers sowie in das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria mit Stand 07.08.2017 und die mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 04.09.2017, vom 01.03.2018 sowie vom 18.04.2018.

Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seiner Herkunft, seinem Gesundheitszustand, seiner Volksgruppenzugehörigkeit und seiner Konfession gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, dass Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines im Original vorgelegten nigerianischen Reisepasses Nr. XXXX fest (AS 233).

Der Umstand, dass zumindest ein Bruder sowie eine Schwester des Beschwerdeführers nach wie vor in Nigeria leben, ergibt sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde am 30.05.2017. Weitre Feststellungen zu seiner Familie in Nigeria können aufgrund seiner divergierenden Angaben im Verfahren nicht getroffen werden.

Glaubhaft ist das Vorbringen des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde am 30.05.2017 sowie vor dem Bundesverwaltungsgericht am 04.09.2017, wonach er in Nigeria 6 Jahre die Grundschule besucht hat, den Beruf des Verkäufers erlernt und auch als Verkäufer gearbeitet hat.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer am 18.06.2016 in Rom die portugiesische Staatsbürgerin XXXX, geb. XXXX, ehelichte, ergibt sich aus einer diesbezüglich vorgelegten Heiratsurkunde der Stadt Rom ("Roma Capitale") vom 18.06.2016 (AS 271). Die Feststellungen zur selbständigen sowie unselbständigen beruflichen Tätigkeit der Ehefrau in Österreich ergeben sich aus einer Abfrage im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 15.04.2019. Aus den erhobenen Umständen ergibt sich, dass Frau XXXX ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht gemäß der Richtlinie 2004/38/EG des europäischen Parlaments und des Rates (Unionsbürger-RL) in Anspruch genommen hat. Der Umstand, dass die Ehefrau nach Juli 2017 wiederum nach Portugal zurückkehrte und dort als Angestellte in der Hotellerie beschäftigt ist, ergibt sich aus ihren diesbezüglich glaubhaften Angaben in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 18.04.2018. Die Feststellungen zum temporär gemeinsamen Wohnsitz der Eheleute in Österreich ergeben sich aus einer Abfrage im zentralen Melderegister der Republik Österreich vom 15.04.2019.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer am 23.06.2016 beim Magistrat XXXX zur Zl. XXXX einen Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers einbrachte, ergeben sich aus dem im Akt enthaltenen Antrag (AS 269) sowie der diesbezüglich niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers vor der XXXX am 16.12.2016 (AS 285). Der Umstand, dass über den Antrag nach wie vor nicht entschieden ist, ergibt sich aufgrund einer telefonischen Rückfrage bei der XXXX vom 15.04.2019 sowie aus einer Einsichtnahme in das zentrale Fremdenregister (IZR) vom 15.04.2019.

Die Vaterschaft des Beschwerdeführers zu seinem am XXXX in Österreich geborenen Sohn XXXX ergibt sich aus einer im Gerichtsakt I417 2140789-2 enthaltenen Kopie einer Geburtsurkunde (AS 155). Die Feststellungen zum Asylverfahren der Kindesmutter sowie zum ersten Asylverfahren des gemeinsamen Sohnes ergeben sich aus dem Inhalt der Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Zl. I417 2140789-1 sowie I417 2140792-1.

Die Feststellungen zum zweiten Asylverfahren des Sohnes des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus einer Einsichtnahme in den Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zl. I417 2140789-2.

Der Umstand, dass die alleinige Obsorge für den minderjährigen Sohn des Beschwerdeführers dem Wiener Kinder- und Jugendhilfeträger übertragen wurde, ergibt sich aus dem im Gerichtsakt I417 2140789-2 enthaltenen rechtskräftigem Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 14.02.2019, Zl. XXXX (AS 157). Die Feststellung, dass zu keinem Zeitpunkt ein gemeinsamer Haushalt zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Sohn bestand, ergibt sich aus einer Abfrage im zentralen Melderegister der Republik Österreich vom 15.04.2019. Der Umstand, dass auch kein Abhängigkeitsverhältnis oder ein Naheverhältnis von maßgeblicher Intensität besteht, ergibt sich aufgrund dessen, dass zu keinem Zeitpunkt ein gemeinsamer Wohnsitz bestand und der Beschwerdeführer zudem zu keinem Zeitpunkt in Österreich einer legalen Erwerbstätigkeit nachging.

Die Feststellungen zur fehlenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich dadurch, dass dieser zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens Umstände geltend machte oder Dokumente in Vorlage brachte, welche ihm maßgebliche Integrationsbemühungen in sprachlicher, beruflicher oder gesellschaftlicher Hinsicht bescheinigen würden. Er hat zwei Anmelde- sowie eine Teilnahmebestätigung für einen Deutsch-Kurs in Vorlage gebracht, kann jedoch kein Zertifikat vorweisen.

Die rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einer Abfrage im Strafregister der Republik Österreich vom 15.04.2019.

2.3. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates und seiner Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat beruht auf seinen Angaben in der Erstbefragung und in der Einvernahme vor der belangten Behörde sowie auf jenen in den mündlichen Beschwerdeverhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt auf Grundlage der ergänzenden Ermittlungen zum Ergebnis, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu den Fluchtgründen nicht glaubhaft ist. Der Beschwerdeführer machte im Zuge des Verfahrens vage, unplausible und widersprüchliche Angaben, sodass - wie darzulegen sein wird - von der Konstruiertheit seines gesamten Fluchtvorbringens auszugehen war.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 09.07.2014 noch ein anders geartetes Fluchtvorbringen erstattet hatte als im weiteren Verlauf des Verfahrens. In seiner Erstbefragung brachte der Beschwerdeführer vor, in Nigeria Kickboxer gewesen zu sein. Die Kämpfe hätten hierbei ohne Schutzausrüstung stattgefunden, wobei bei einem Kampf ein Gegner des Beschwerdeführers derart schwer verletzt worden sei, dass dieser in weiterer Folge verstorben sei. Die Familie des Verstorbenen habe den Beschwerdeführer in weiterer Folge bedroht und diesen umbringen wollen. Beiläufig erwähnte der Beschwerdeführer noch, dass die Familie seine Mutter im Jahr 2001 umgebracht hätte.

Im Rahmen seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 30.05.2017 gab der Beschwerdeführer hingegen an, die Kirche, welche er in seiner Heimat besucht habe, sei Ende des Jahres 2000 nach einem Bombenanschlag durch "Muslime" niedergebrannt. Seine Mutter sei bei diesem Anschlag ums Leben gekommen. Der Beschwerdeführer sei zu diesem Zeitpunkt ebenfalls in der Kirche gewesen, jedoch habe ihn die Bombe zum Glück nicht getroffen. Er wolle nicht nach Nigeria zurückkehren, da er dort Niemanden mehr habe und überdies Angst habe, dass er in Nigeria in Gefahr wäre. Eine persönliche Bedrohung seiner Person verneinte der Beschwerdeführer ausdrücklich.

Das Bundesverwaltungsgericht ist sich bewusst, dass gemäß § 19 AsylG die Erstbefragung insbesondere der Ermittlung der Identität und der Reiseroute eines Fremden und nicht der näheren Erörterung seiner Fluchtgründe dient. Dennoch ist der Umstand, dass die Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen aus der Erstbefragung nicht einmal im Kern mit den im Laufe des weiteren Verfahrens geäußerten Vorbringen übereinstimmen, nicht zugunsten der Glaubhaftigkeit der Angaben des Beschwerdeführers auszulegen.

Generell war der Beschwerdeführer im Laufe des Verfahrens auch nicht in der Lage, detaillierte Angaben zu seinem fluchtauslösenden Ereignis zu geben und verharrte in vagen sowie oberflächlichen Behauptungen ohne jegliches Tatsachensubstrat. So gab er an, dass es "Ende 2000" zum angeblichen Bombenangriff auf die Kirche gekommen sei, während er in seiner Erstbefragung noch behauptet hatte, seine Mutter sei im Jahr 2001 verstorben (auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 04.09.2017 hatte der Beschwerdeführer angegeben, die Explosion habe sich "im Jahr 2001" ereignet). Auf die Frage des Einvernahmeleiters, wer denn für den angeblichen Anschlag verantwortlich gewesen sei, gab der Beschwerdeführer lapidar an, es nicht zu wissen, es seien jedoch "Muslime" gewesen. Auf den Vorhalt, dass er im Rahmen seiner Erstbefragung einen gänzlich anderen Fluchtgrund geschildert hatte, nämlich rund um die Familie seines angeblich verstorbenen Kickbox-Gegners, entgegnete er schlicht, nicht mehr zu wissen, was er in der Erstbefragung angegeben hatte, jedoch würde sein nunmehriges Fluchtvorbringen der Wahrheit entsprechen. In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 09.04.2017 hatte der Beschwerdeführer wiederum behauptet, dass es sich bei der Erstbefragung um einen Übersetzungsfehler gehandelt habe. Er habe niemals in Afrika einen Kampf bestritten.

Zudem ist bemerkenswert, dass der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde explizit zu Protokoll gegeben hatte, von 1986 bis 1997 in Kano gelebt zu haben, und anschließend von 1997 bis zu seiner Ausreise im Jahr 2001 in der Stadt Owerri im Bundesstaat Imo State (im Süden Nigerias). Insofern ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht schlüssig, weshalb sich der Beschwerdeführer und seine Familie zum Zeitpunkt der Explosion im Jahr 2000 oder 2001 wiederum in einer Kirche in Kano, im Viertel Sabon Gari, aufgehalten hätten, wie der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 04.09.2017 behauptete (zudem gab der Beschwerdeführer hierbei erstmalig an, dass sich auch sein Vater und sein Bruder in besagter Kirche aufgehalten hätten und sein Vater im Zuge der Explosion an seinen Augen verletzt worden sei).

Ein derart vages und widersprüchliches Konstrukt reicht nicht aus, um glaubhaft zu machen, dass der Beschwerdeführer tatsächlich in Nigeria eine wie auch immer geartete Verfolgung zu erwarten hat. Auch im Beschwerdeschriftsatz sowie im Rahmen der mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht vermochte der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen nicht substantiierter darzulegen.

Weiters zieht die Tatsache, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seines ersten Asylverfahrens im Jahr 2004 noch unter einer gänzlich anderen Alias-Identität in Erscheinung getreten war und der Behörde einen anderen Namen sowie ein anderes Geburtsdatum genannt hatte, dessen persönliche Glaubwürdigkeit erheblich in Zweifel, ebenso wie seine widersprüchlichen Angaben zu seinen Familienverhältnissen. Während er im Rahmen seiner Erstbefragung noch angegeben hatte, einen Bruder und eine Schwester zu haben, gab er vor der belangten Behörde wiederum an, insgesamt zehn Geschwister zu haben. Auch hatte der Beschwerdeführer in seiner Erstbefragung im Jahr 2014 noch angegeben, bereits ein uneheliches Kind zu haben, während er im weiteren Verfahren stets vorgebracht hatte, sein im Jahr 2016 in Österreich geborener Sohn sei sein einziges Kind.

Auch das Beschwerdevorbringen, wonach der Beschwerdeführer aufgrund seiner Eheschließung mit einer europäischen Frau in Nigeria nunmehr der Gefahr ausgesetzt sei, Opfer von Erpressung zu werden, da man ihn für wohlhabend halten könnte, entbehrt jeglicher rationalen Grundlage und steht in keinerlei Zusammenhang mit einem diesbezüglich im Beschwerdeschriftsatz erwähnten Artikel von Amnesty Internationale aus dem Jahr 2016 über angebliche Folterungen von Gefängnisinsassen.

Zusammengefasst kommt das Bundesverwaltungsgericht sohin zu dem Schluss, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Bezüglich der Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat wurden sowohl Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen, wie zum Beispiel der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, herangezogen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Diesen Länderberichten wurde im Beschwerdeverfahren nicht konkret und substantiiert widersprochen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und Abs. 3 Ziffer 1, § 8 Abs. 1 Ziffer 1 sowie Abs. 2 und 3, § 10 Abs. 1 Ziffer 3, sowie § 57 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl I Nr. Nr. 56/2018, lauten:

"Status des Asylberechtigten

§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1.-dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

Status des subsidiär Schutzberechtigten

§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1.-der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

-wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

3.-der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

"Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz"

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1.-wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2.-zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3.-wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist."

3.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des § 2 Abs. 4 Ziffer 11; § 50, § 52 Abs. 2 Ziffer 2 und Abs. 9, § 55 Abs. 1 und 1a Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, lauten:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. (4) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist

11.-begünstigter Drittstaatsangehöriger: der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht;

Verbot der Abschiebung

§ 50. (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

Rückkehrentscheidung

§ 52. (2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

2.-dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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