TE Bvwg Erkenntnis 2019/5/6 I409 2216548-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.05.2019
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Entscheidungsdatum

06.05.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §19
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

Ausfertigung des am 26. April 2019 verkündeten Erkenntnisses

I409 2216548-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Florian Schiffkorn als Einzelrichter über die Beschwerde des AXXXX KXXXX MXXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Ghana, vertreten durch die "Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH" und die "Volkshilfe Flüchtlingsdienst- und MigrantInnenbetreuung GmbH" in 1170 Wien, Wattgasse 48, 3. Stock, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26. Februar 2019, Zl. 1136416302 - 190149235, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die belangte Behörde führt unter dem Punkt "A) Verfahrensgang"

Folgendes aus:

"Sie reisten mittels Visum D, ausgestellt durch die Österreichische Botschaft Abuja, am 09.12.2016 in das Bundesgebiet ein. Der Zweck des Visums war die Abholung eines Aufenthaltstitels, welcher Ihnen den Besuch einer Ausbildung ermöglichen sollte. Sie waren als Vollzeitstudent für den Lehrgang "H. M." des I. T. eingeschrieben. Der Zweck Ihres anfänglichen Visums wurde irrtümlich gewidmet. In weiterer Folge wurden Ihnen durch das Generalkonsulat München ein Visum D, gültig von 01.02.2017 bis 1.06.2017, und ein Visum C, gültig von 01.06.2017 bis 31.08.2017, ausgestellt. Die D-Visa dienten Ihrem Aufenthalt in Österreich und für Reisen im Gebiet der in Schengen-Mitgliedsstaaten. Das C Visum war für die Arbeitsaufnahme in Österreich und Reisen in Schengen im Rahmen eines Praktikums gültig.

Spätestens am 06.02.2018 verließen Sie Österreich und reisten in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo Sie am 07.02.2018 einen Asylantrag einbrachten. Unter Berufung auf Artikel 12 (4) Dublin III Verordnung erachtete Deutschland Österreich als zuständig für die Behandlung Ihres Asylantrages. Nach mehreren gescheiterten Überstellungsversuchen teilte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Eingabe vom 25.09.2018 mit, dass sich die Überstellungsfrist, da Sie zum damaligen Zeitpunkt auf der Flucht waren, auf 18 Monate ausweiten würde. Sie wurden schließlich am 04.02.2019 nach Österreich rückgeführt.

Mit Bescheid vom 05.02.2019, Zl. 1136416302 - 190120601 / BMI-BFA_SZB_RD, wurde gegen Sie die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG erlassen.

Mit Email vom 07.02.2019 zeigte der deutsche Rechtsanwalt YXXXX TXXXX die Übernahme Ihrer Vertretung an. Das tatsächliche Bestehen der Vollmacht und der Umfang der Vollmacht konnten erst im Zuge Ihrer Einvernahme vom 18.02.2019 geklärt werden.

Am 11.02.2019 stellten Sie - aus dem Stande der Schubhaft - gegenständlichen Antrag auf Internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG, nachdem Sie noch am 04.02.2019 niederschriftlich erklärten, dass Sie keinen Asylantrag stellen möchten.

Bei der niederschriftlichen Erstbefragung durch einen Organwalter des öffentlichen Sicherheitsdienstes der LPD XXXX, XXXX, gaben Sie am 12.02.2019, befragt nach Fluchtgrund und Rückkehrgefährdung,

Folgendes an:

Fluchtgrund: Ich habe mein Land verlassen, weil mein Leben bedroht wurde. Ich war in Ghana schwul und mein Land und meine Religion akzeptieren das nicht. In meinem Heimatland wird man bestraft dafür dass man schwul ist. Ich habe einen Freund auf der Universität kennen gelernt. Dieser Freund war ebenfalls schwul und ich habe mit ihm im selben Institut studiert. Er hat mir dann vorgeschlagen für seine Familie zu arbeiten. Das war aber leider die falsche Entscheidung für mich. Ich wusste nicht dass ich für eine terroristische Organisation rekrutiert wurde. Aufgrund der Kenntnisse die ich über diese Organisation besitze bin ich mir sicher, dass sie mich verfolgen würden und mich umbringen würden. Sie haben mich in dieser Zeit unterdrückt und psychologisch eingeschüchtert. Der Beamte in Österreich hat gemeint ich habe in Deutschland andere Angaben gemacht als in Österreich. Ich habe ihm versucht zu erklären, dass das aufgrund meiner Traumatisierung ist und ich mich nicht genau an alle Daten genau erinnern kann. Ich versuche das Erlebte zu vergessen und kann mich deswegen nicht an alle Daten von 2015 erinnern. Außerdem habe ich immer wieder noch Flashbacks von diesen Erlebnissen. Ich will einfach nur internationalen Schutz haben und ich will auch nicht verfolgt werden.

Ich bin ausgebildet, ich hab zwei Diplome und einen Universitätsabschluss. Mit dem internationalen Schutz könnte ich die Chance nutzen und mein Potential ausnutzen.

Rückkehrgefährdung: Ich befürchte Tot und Folterung weil Boku Haram mich noch immer verfolgt. Außerdem würde ich eigesperrt werden, weil ich schwul bin. Diese Organisation wird nie aufhören mich zu verfolgen.

Ohne erfolgte Zulassung Ihres Verfahrens wurden Sie am 18.02.2019, von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesamtes, einvernommen. Sie zeigten sich einverstanden in Abwesenheit Ihres Anwaltes einvernommen zu werden, begehrten jedoch die Übermittlung der jeweiligen Protokolle an diesen. Bei der Einvernahme gaben Sie im wesentlichen Folgendes an:

...

LA: Wo haben Sie Ihre Unterlagen verloren?

VP: Als ich von Salzburg nach Deutschland gereist bin.

...

LA: Warum sind Sie nach Deutschland gereist?

VP: Ich habe mich für einen Masterstudiengang bei Fachhochschulen in Österreich beworben, jedoch haben diese mich nicht angenommen. Ich habe dann im Internet recherchiert und bei der Universität XXXX beworben. Auch in XXXX habe ich mich für die Universität beworben. Ich wollte dann persönlich dorthin fahren um mir ein Bild von der Uni zu machen und die Voraussetzungen für die Aufnahme erklären lassen. Von XXXX habe ich keine Antwort bekommen. Ich habe während meines Aufenthaltes in Deutschland zweimal das Büro der Universitätsverwaltung XXXX besucht.

Sie haben von mir Dokumente verlangt. Ich habe auch mal nachgefragt was sie sonst noch brauchen. Mit der Uni XXXX habe ich dann nicht mehr weitergemacht, nachdem die Uni XXXX Interesse zeigte mich aufzunehmen.

...

LA: LA: Aus welchem Grund suchen Sie hier um Asyl an? Schildern Sie dies bitte möglichst chronologisch und lebensnah, d.h. mit sämtlichen Details und Informationen, sodass die Behörde Ihr Vorbringen nachvollziehen kann! Nehmen Sie sich dafür im Rahmen einer freien Erzählung ruhig Zeit!

VP: Ich habe ein Stipendium von der Schule in XXXX erhalten. Nachdem ich in Ghana die Uni absolviert hatte, habe ich nach einem Job gesucht. Ein Freund von meiner Fakultät, der auch homosexuell ist, hat mir angeboten im Geschäft seines Vaters in Nigeria zu arbeiten. Der Name meines Freundes lautet I. K., sein Rufname ist A. B. Zuerst war ich nicht so begeistert, weil ich da reisen musste, aber ich sah es dann als eine große Gelegenheit an und wollte es einfach versuchen. Daher bin ich mit einem Bus nach Legos gereist zur Bushaltestelle Mazar Mazar. Er holte mich bei der Busstation ab und ich fragte ihn wo wir hingehen. Er sagte wir fahren in die Stadt Abuja. Das dauerte ungefähr weitere 13 Stunden. Er brachte mich dann dort mit dem Auto zu einem abgelegenen Platz. Dieser Platz hatte hohe Mauern und zwei Leute hielten am Eingang bewaffnet Wache. Als ich das sah, hat sich meine Meinung über meinen Freund geändert und ich habe angefangen alles in Frage zu stellen. Er sagte mir, dass ich mir keine Sorgen machen sollte und alles gut werden würde. Als wir innerhalb der Mauern waren konnte ich sieben bewaffnete Männer sehen. Als wir drinnen waren, verhielt sich mein Freund plötzlich anders. Er verhielt sich nicht so wie ich ihn kannte. Er wurde dann aggressiv mir gegenüber und forderte mich auf aus dem Auto auszusteigen. Dann forderte er mich auf mit den bewaffneten Personen mitzugehen. Er sagte mir, dass ich mitmachen müsse, dann würde alles gut werden. Er sagte es aber nicht freundlich, sondern in bestimmten Ton. Die bewaffneten Leute nahmen mich mit und ermahnten mich zu kooperieren. Bevor mich die Securitys mit in das Gebäude nahmen, ist mein Freund mit seinem Auto weggefahren. Als sie mich reinbrachten, sagten sie, dass ich hier warten sollte und mit ihnen zusammenarbeiten müsste. Als ich im Gebäude war und die Kameras sowie die bewaffneten Personen sah, stellte ich fest, dass ich mich in einer gefährlichen Organisation oder ähnlichem befinde. Am nächsten Tag haben sie mir dann eine Aufgabe zugeteilt. Ich musste in einem großen Raum die Kisten, die sie reinbrachten, dokumentieren. Zwei Wachleute haben sich hinter mir befunden und haben mich gezwungen und mir diktiert was ich schreiben soll. Die Personen, die sich in diesem Gebäude aufhielten, hatten verschiedene Nationalitäten und man sagte uns, dass wir in einem Monat nach Kaduna gebracht werden. Während dieses Monats habe ich weiterhin die Registrierung dieser Kisten durchgeführt. Später bemerkte ich, dass sich in diesen Kisten Waffen befinden. Das war der Moment als ich merkte, dass ich mich in großer Gefahr befinde und es sich hierbei um einen terroristische Organisation handeln würde. Wir sind dann nach einem Monat nach Kaduna gezogen. Das befindet sich in der Mitte des Nordens Nigerias. Die Personen, die sich bei uns befanden waren rekrutierte Söldner. Ich stellte dort auch fest, dass die meisten der Rekruten intelligente Menschen waren und mit einem Vorwand dorthin gebracht wurden. In Kaduna war ein großes Gebäude mitten in einem Parkt.

Dort wurden wir hineingebracht und in diesem Gebäude eingeschlossen. Sicherheitskräfte überall. Dieses Gebäude war die Zentrale dieser Organisation, weil man dort alles sehen konnte was sie tun.

Man konnte dort Meetings sehen und was die Organisation macht. Wir haben fast dreieinhalb Monate dort verbracht. Ich lernte Leute kennen, die alle ganz verschiedene Einstellungen und Meinungen zum Leben hatten. Ich habe dann angefangen Fragen zu stellen, weil ich aus der Situation rauswollte. Ich habe versucht mit allen Leuten zu reden, aber niemand war bereit dazu. Wir wurden dort geschlagen und eingeschüchtert. Sie zwangen uns zu tun was sie wollten. Dort haben sie uns mit den Aufgaben der Organisation vertraut gemacht. Sie zeigten uns Fotos und Videos von K. S., welcher der zweite Kommandant von Boko Haram. Man sagte uns, dass wir jetzt hier wären und gehorsam sein müssten. Es gab Aushänge mit der nigerianischen Flagge und einem Foto von S. Man hat uns nahegelegt zu kooperieren. K. S. verbüßt zurzeit eine Haftstrafe in Kaduna. Während dieser drei Monate haben sie uns erzählt welche terroristischen Handlungen sie ausgeführt haben. Sie haben uns über Strategien und Maßnahmen erzählt, über die wirtschaftliche Lage und über die Politik.

Ich habe dort festgestellt, dass sie versuchen die Aktivitäten wie Bombenlegen oder Explosionen etc. im Namen des Islams darzustellen. Das machen sie mit Absicht so, damit man denkt, dass man etwas für seine Religion tut und dadurch es legitim ist, weil der Islam das so fordert. Somit erlangen sie die volle Kontrolle über einen. Ich habe auch festgestellt, dass alle Söldner Moslems waren. Abgesehen davon drohen sie einem, sollte man ihnen nicht folgen und das tun was von einem verlangt wird, dass sie Familienmitglieder töten würden. Damit wird man auch unter Druck gesetzt. Dadurch, dass sie einen rekrutieren wissen sie auch wer man ist und welche Angehörigen man hat. Ich war in der Lage während meines Aufenthaltes dort mit einem Mann aus Togo zu sprechen. Er nannte mir seinen Namen aber nicht. Er erzählte mir von sich. Er sagte, dass er ein Mitglied der Organisation sei. Er sagte mir, dass er mich beobachtet habe und dass er bemerkt habe, dass ich ein ruhiger und intelligenter Mensch wäre. Er fragte mich über meine Geschichte und ich erzählte ihm wie ich K. mich in diese Organisation reinbrachte. Er kannte K. nicht. Deshalb fragte er mich, ob ich ihn beschreiben könnte. Als ich ihn beschrieb nannte er den Namen B., den Rufnamen von K. Also kannte er ihn. Ich wollte damit auch zeigen, dass sie Rufnamen verwenden und den eigenen Namen nicht. Nachdem ich meine Geschichte erzählte, hatte er Sympathien mit mir und erzählte mir auch von seiner Familie und seiner Geschichte. Er sagte, dass er ein Unternehmer war und man hat ihm gedroht seiner Familie etwas anzutun. Er ist schon sehr lange bei der Organisation.

Er sagte mir, dass egal was passieren würde er mir helfen würde. Nach den drei Monaten wurden wir von Kaduna nach Sambisa, das ist ein Trainingscamp von Boko Haram in einem Wald, gebracht. Das war im Jahre 2015. Ich habe in diesem Camp sieben Monate verbracht. Dort sind sowohl Rekruten, welche trainiert werden, aber auch Häftlinge vorhanden. Beide Gruppen sind getrennt. Aus diesem Grunde gibt es ganz hohe Sicherheitsstandards und Wachen. Die Ausbildung beinhaltete den Umgang mit Messern, Gewehren, Granaten, mit Ak47 und auch wie man einen Selbstmordanschlag ausübt. Ich kann Ihnen über dieses Camp noch sagen, dass ca. 200 Personen in diesem Camp waren. Nach einiger Zeit hat man uns in verschiedene Gruppen eingeteilt. Jede Gruppe hatte ihren eigenen Leiter. Der Leiter unserer Gruppe, der uns alles beibrachte hieß H. Dieser Mann war ein Psychopath, der ohne Gewissen Leute umbrachte. Ich kann ihnen sagen, dass wir dort alle eingeschüchtert und geschlagen wurden. Wir wurden gezwungen Sachen zu machen, die wir nicht wollten. Es begann mit dem Umgang mit Messern. Wie man diese wirft und wie man Leute damit verletzt. Dabei hat man zwei Messer im Feuer erhitzt und zum Glühen gebrachte. Der Leiter hat dann vorgemacht wie man mit diesen erhitzten Messern kämpft. Ich wurde mit dem Messer auch in der Nähe meines rechten Ellenbogens verletzt (Anm.: Aw zeigt Narbe). Dann schulte man uns im Umgang mit der Waffe. Danach Granate und so weiter. Die gesamte Ausbildung dauerte sieben Monate. Im Zuge der Ausbildung wurde auch an Menschen demonstriert wie man tötet. H. tötete vor unseren Augen eine Frau um zu zeigen wie die Waffe funktioniert. Ich möchte auch angeben, dass ich H. in Salzburg am Hauptbahnhof gesehen habe. Das war auch ein Grund warum ich Salzburg verlassen habe. Dies habe ich auch bei der Ersteinvernahme angegeben. Nachgefragt gebe ich an, dass es genau einen Tag bevor ich XXXX verlassen habe war, dass ich HXXXX gesehen habe.

Das Datum weiß ich aber nicht mehr. Nach den sieben Monaten in denen wir trainiert wurden sind wir nach Kaduna zurückgekehrt und zwar zum selben Platz bevor wir nach Sambisa gebracht wurden.

Der Mann aus Togo, der mir gesagt hat, dass er mir helfen wird, fragte mich nach meiner Rückkehr wie es mir gehen würde. Ich habe ihm gesagt, dass es nicht das Leben ist, welches ich mir vorgestellt habe. Ich sagte ihm auch, dass das Töten nicht zu meiner Seele passt. Ich werde jetzt erzählen wie er mir geholfen hat zu fliehen. Er hat Betäubungsmittel oder Schlafmittel an das Wachpersonal gegeben um mir bei der Flucht zu helfen. Nachdem er regelmäßig mit den Wachpersonen gegessen hat und nachdem es am Wochenende weniger Wachpersonal gab, hat er gewusst wie er das anstellt und er hat mir im Voraus gesagt, dass er das so vorhat. Er wollte in das Essen des Wachpersonals Schlafmittel hinzufügen und er mir dann die Tore aufmachen würde. Darauf müsse ich vorbereitet. An dem Tag an dem ich geflüchtet bin, sagte er mir, dass er das auf eigenes Risiko machen würde. Er gab mir auch einen Umschlag mit 500.000 Naira. Seine Bedingung war, dass ich davon 300.000 an seine Tochter und seine Frau bezahle, die sich in Ghana befinden. Den Rest durfte ich behalten. Ich habe dann das Geld genommen und nach meiner Flucht habe ich versucht zu seiner Familie zu gelangen. Ich habe es auch geschafft und ich habe seiner Familie das Geld gegeben. Nachdem ich das Geld übergab habe ich die Nachrichten gelesen. Dort stand, dass zwei Studenten von der Universität von ISIS geholt wurden. Einer dieser beiden Studenten war ich, der andere wurde getötet.

Ich habe erst in Ghana davon erfahren, weil ich davor im Trainingslager und in Kaduna keinen Internetzugang hatte. Als ich davon hörte wurde meine Angst noch größer, weil mir bewusst wurde, dass Boko Haram einen Weg finden wird, mich zu finden. Wenn sie einen finden wollen, dann schaffen sie das auch. Mir wurde klar, dass ich fliehen muss um mein Leben zu retten. Deshalb habe ich mich dazu entschlossen mich zu verstecken und meine Familie nicht zu kontaktieren. Während dieser Zeit habe ich dann bei der Universität in XXXX angesucht und ich war froh darüber als sie mir ein Stipendium angeboten haben. Dieses Stipendium und die Aufnahme an der Universität waren meine Chance aus Ghana zu fliehen und mein Leben zu retten. So bin ich dann nach XXXX gekommen und dort zur Uni gegangen.

LA: Haben Sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, Ihr Herkunftsland zu verlassen, vollständig vorbringen können?

VP: Ja. Das waren meine Gründe. Der erste Grund ist Boko Haram und der zweite ist weil ich homosexuell bin. Als Homosexueller hat man in Ghana keine Rechte. Homosexuelle werden entweder getötet oder für 15 Jahre inhaftiert. Ich werde deshalb verfolgt und 15 Jahre im Gefängnis landen oder getötet.

...

LA: Können Sie Zeitungsberichte oder Internetquellen nennen, welche Ihre Angaben zu den beiden Studenten belegen?

VP: Ja.

LA: Nennen Sie die Quellen!

VP: https://www.bbc.com/news/world-africa-34056871

Anmerkung: Die Webseite wird in Augenschein genommen.

LA: Das Foto auf der Webseite zeigt nicht Sie. Möchten Sie sich dazu äußern?

VP: Ursprünglich war mein Foto bei den Artikeln abgebildet. Meine Eltern haben aber dafür gesorgt, dass das Foto entfernt wird, weil sie befürchtet haben, dass die Familie gefährdet ist. Auch der Name wurde auf M. N. geändert.

LA: Ihre Eltern haben veranlasst, dass bei allen Webseiten, die darüber berichtet haben das Foto ausgetauscht wird?

VP: Ja das ist korrekt.

LA: Wie konnten ihre Eltern das erreichen?

VP: Es ist einfach durchzuführen, wenn man so was bei der ersten lokalen Nachrichtenagentur ändert.

Alle anderen wie BBC übernehmen das einfach nur.

...".

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. Februar 2019 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten "gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr.100/2005 (AsylG) idgF" (Spruchpunkt I) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten "gemäß § 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" (Spruchpunkt II) als unbegründet ab. Dem Beschwerdeführer wurde überdies ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß "§ 57 AsylG" nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß "§ 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF" wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß "§ 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" erlassen (Spruchpunkt IV). Gemäß "§ 52 Absatz 9 FPG" wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß "§ 46 FPG" nach Ghana zulässig ist (Spruchpunkt V) und dass gemäß "§ 55 Absatz 1a FPG" keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht (Spruchpunkt VI). Darüber hinaus wurde gemäß "53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF" gegen ihn ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII). Einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz wurde gemäß "§ 18 Absatz 1 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF" die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VIII).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 26. März 2019 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid

A) 1. Feststellungen

A) 1.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig und kinderlos, mittel- und vermögenslos, gesund und erwerbsfähig. Er ist Staatsangehöriger von Ghana, Angehöriger der Volksgruppe der Haussa und moslemischen Glaubens.

Der Beschwerdeführer reiste mit einem Visum D, ausgestellt durch die österreichische Botschaft in Abuja und gültig bis 29. März 2017, am 9. Dezember 2016 in das Bundesgebiet ein. In weiterer Folge wurden ihm durch das österreichische Generalkonsulat in München ein Visum D, gültig von 1. Februar bis 1. Juni 2017, und ein Visum C, gültig von 1. Juni bis 31. August 2017, ausgestellt. Diese Visa wurden dem Beschwerdeführer für den Besuch eines Lehrganges vom 1. Oktober 2016 bis 31. Mai 2017 und die daran schließende Absolvierung eines dreimonatigen Praktikums ausgestellt.

Obwohl er verpflichtet war, nach Auslaufen des letzten Visums Österreich zu verlassen, kam er nach Abschluss des Lehrganges und des Praktikums seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach, tauchte unter, verblieb unrechtmäßig im Bundesgebiet.

Im Dezember 2017 reiste der Beschwerdeführer in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 7. Februar 2018 einen Asylantrag. Unter Berufung auf Art. 12 Abs. 4 der Dublin-III-Verordnung führten ihn die deutschen Behörden - nachdem er auch in Deutschland zeitweise untergetaucht war - am 4. Februar 2019 nach Österreich zurück.

In seiner Einvernahme vor der Landespolizeidirektion XXXX am 4. Februar 2019 erklärte der Beschwerdeführer, in Österreich keinen Asylantrag zu stellen.

Am 11. Februar 2019 brachte der Beschwerdeführer während seiner Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Entgegen seinem Vorbringen wird der Beschwerdeführer in Ghana weder von Boko Haram noch wegen seiner Homosexualität verfolgt. Es kann nicht festgestellt werden, dass er in Ghana aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würde. In Bezug auf das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers und aufgrund der allgemeinen Lage im Land wird festgestellt, dass er im Fall seiner Rückkehr nach Ghana mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein wird.

A) 1.2. Zu den Feststellungen zur Lage in Ghana:

Zur Lage in Ghana werden folgende Feststellungen getroffen:

"Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 15.5.2018: Neue Staatsführung, Update zum LIB (Abschnitt 1/Relevant für Abschnitt 2/ Politische Lage, Abschnitt 3/Sicherheitslage, Abschnitt 5/Sicherheitsbehörden, Abschnitt 8 Allgemeine Menschenrechtslage, Abschnitt 17/Medizinische Versorgung)

Die sowohl im LIB 11.2015 als auch in dieser KI verwendeten Quellen lassen keine maßgeblich neue Lage in Ghana erkennen (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018, GIZ 5.2018a, GIZ 5.2018b, GIZ 5.2018c, AI 22.2.2018, BMEIA 15.5.2018, AA 15.5.2018).

Seit dem 7.1.2017 ist Nana Addo Dankwa Akufo-Addo der neu gewählte Präsident der Republik Ghana. Der Kandidat der New Patriotic Party (NPP), besiegte den Kandidaten des National Democratic Congress (NDC) und den amtierenden Präsidenten John Mahama (GIZ 5.2018a; vgl. USDOS 20.4.2018). Die Amtseinführung von Präsident Nana Akufo-Addo im Jänner 2017 war bereits der dritte friedliche Machtwechsel zwischen den beiden wichtigsten Parteien des Landes: der NPP und dem NDC (FH 1.2018).

Es kommt auch weiterhin zu Korruption in allen Bereichen der Regierung (USDOS 20.4.2018). Der neueste Korruptionsindex von Transparency International zeigt eine Verschlechterung um 10 Ränge und drei Scores und weist Ghana Platz 80 unter 180 Ländern zu (GIZ 5.2018b). Die Regierung hat Schritte unternommen, um Beamte, die Missbrauch begangen haben, zu verfolgen und zu bestrafen. Straflosigkeit bleibt aber ein Problem (USDOS 20.4.2018). Einige Schwächen in der Unabhängigkeit der Justiz und der Rechtsstaatlichkeit bestehen weiter, und die politische Korruption stellt die Leistungsfähigkeit der Regierung in Frage (FH 1.2018).

Obwohl Ghana eine relativ starke Bilanz der Wahrung der bürgerlichen Freiheiten aufweist, wird die Diskriminierung von Frauen und LGBT Personen fortgesetzt (AI 22.2.2018; vgl. FH 1.2018; USDOS 20.4.2018). Zu den relevanten Menschenrechtsproblemen zählen weiterhin der übermäßige Einsatz von Gewalt durch Sicherheitsbehörden, einschließlich Folter mit Todesfolge und Verletzungen, Vergewaltigung, harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen, Übergriffe auf und Belästigung von Journalisten, mangelnde Verantwortlichkeit in Fällen von Gewalt gegen Frauen und Kinder, einschließlich weiblicher Genitalverstümmelung, Früh- und Zwangsheirat, sexuelle Ausbeutung von Kindern, Kindesmord an Kindern mit Behinderungen, Menschenhandel, Kriminalisierung homosexueller Handlungen und ausbeuterische Kinderarbeit, einschließlich Kinderzwangsarbeit (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2018).

Im Vergleich zu anderen afrikanischen Ländern ist Ghana relativ sicher (BMEIA 15.5.2018; vgl. GIZ 5.2018c). Ausnahmen von dieser seit vielen Jahren bestehenden Regel sind die seit Monaten bestehenden nächtlichen Ausgangssperren in mehreren Bezirken in der Volta und Northern Region (GIZ 5.2018c). In den nördlichen Landesteilen besteht ein erhöhtes Sicherheitsrisiko mit Gefahr von Auseinandersetzungen zwischen lokalen Bevölkerungsgruppen (AA 15.5.2018; vgl. BMEIA 15.5.2018).

Im Dezember 2017 kam es zum Ausbruch des Lassafiebers in einigen Ländern Westafrikas, welches bereits das erste Todesopfer in Ghana gefordert hat (AA 15.5.2018).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt Deutschland (15.5.2018): Ghana: Reise- und Sicherheitshinweise, Medizinische Hinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/ghanasicherheit/203372, Zugriff 15.5.2018

-

AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Ghana, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425372.html, Zugriff 15.5.2018

-

BMEIA - Bundesamt für Europa, Integration, Äußeres (15.5.2018):

Sicherheit & Kriminalität,

https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/ghana/, Zugriff 15.5.2018

-

FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - Ghana, https://www.ecoi.net/de/dokument/1428758.html, Zugriff 15.5.2018

-

GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit Deutschland (5.2018a): Geschichte & Staat,

https://www.liportal.de/ghana/geschichte-staat/, Zugriff 15.5.2018

-

GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit Deutschland (5.2018b): Länder-Informations-Portal, Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/ghana/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 15.5.2018

-

GIZ - Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit Deutschland (5.2018c), Alltag, Sicherheitslage, https://www.liportal.de/ghana/alltag/, Zugriff 15.5.2018

-

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Ghana, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430140.html, Zugriff 15.5.2018

KI vom 12.12.2016: Präsidentschaftswahl (Abschnitt 1/Relevant für Abschnitt 2/politische Lage)

Der langjährige ghanaische Oppositionsführer der New Patriotic Party (NPP) Nana Akufo-Addo hat die Präsidentschaftswahl am 9.12.2016 bei seinem dritten Versuch gewonnen und besiegte somit Amtsinhaber John Mahama mit knapp 53,9% der Stimmen (VOA 9.12.2016; vgl. NYT 9.12.2016).

Mit Nana Akufo-Addo ist jetzt abermals ein politisches Schwergewicht gewählt worden (DS 11.12.2016), der bereits als Außenminister und Generalstaatsanwalt gedient hat (VOA 9.12.2016).

Den Wandel hat sich offenbar eine Mehrheit der Wähler gewünscht. Der bisherigen Regierung ist es ihrer Meinung nach nicht gelungen, Ghanas größte Probleme in den Griff zu bekommen: die schwächelnde Wirtschaft und die massive Jugendarbeitslosigkeit. Akufo-Addo hatte sich im Wahlkampf als jemand, der Ghana aus der Krise führen kann, präsentiert. Er versprach jedem der 26 Distrikte eine Fabrik und kündigte eine Umstrukturierung der Wirtschaft an (DW 9.12.2016).

Ghana gilt als eine der stabilsten Demokratien in Afrika und hat bereits mehrere friedliche Machtübergänge erlebt (VOA 9.12.2016). Wahlbeobachter lobten Ghana für den transparenten und friedlichen Verlauf dieser Wahl (NYT 9.12.2016; vgl. DS 11.12.2016).

Quellen:

-

DS - Der Standard (11.12.2016): Jubel über friedlichen Machtwechsel in Ghana,

http://derstandard.at/2000049138375/Jubel-ueber-friedlichen-Machtwechsel-in-Ghana, Zugriff 12.12.2016

-

DW - Deutsche Welle (9.12.2016): Ghana: Machtwechsel zeichnet sich ab,

http://www.dw.com/de/ghana-machtwechsel-zeichnet-sich-ab/a-36705317, Zugriff 12.12.2016

-

NYT - New York Times (9.12.2016): With Election Defeat, Ghana's President Becomes Casualty of Faltering Economy, http://www.nytimes.com/2016/12/09/world/africa/ghana-election-nana-akufo-addo-defeats-john-mahama.html?_r=0, Zugriff 12.12.2016

-

VOA - Voice of America (9.12.2016): With Election Defeat, Ghana's President Becomes Casualty of Faltering Economy, http://www.nytimes.com/2016/12/09/world/africa/ghana-election-nana-akufo-addo-defeats-john-mahama.html?_r=0, Zugriff 12.12.2016

Politische Lage

Ghana ist eine Präsidialdemokratie. Staatspräsident und Regent der NDC (National Democratic Congress) ist John Dramani Mahama (AA 24.7.2015; vgl. GIZ 11.2015a). Dieser wurde bei den letzten Präsidentschaftswahlen am 7.12.2012 mit 50,7 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang zum Präsidenten gewählt (AA 7.2015a; vgl. AA 24.7.2015). Der Kandidat der größten Oppositionspartei, NPP (National Patriotic Party), kam auf 47,74 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei 81 Prozent (AA 24.7.2015).

Die Verfassung des Regierungssystems der Republik Ghana vom 7.1.1993 garantiert Parteienpluralismus, Gewaltenteilung und die Menschenrechte. Der Staatspräsident ist zugleich Regierungschef und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Seine Amtszeit beträgt vier Jahre, einmalige Wiederwahl ist möglich. Der Staatspräsident ernennt die Mitglieder des Kabinetts, die aber vom Parlament bestätigt werden müssen (GIZ 10.2015a). Neben der Regierung gibt es einen 25-köpfigen Staatsrat (Council of State), der bei der Gesetzgebung und wichtigen Personalentscheidungen eine beratende Funktion einnehmen kann. Des Weiteren gibt es einen Nationalen Sicherheitsrat, besetzt mit dem Staatspräsidenten, seinem Stellvertreter, mehreren Ministern, Spitzen des Militärs und der Polizei sowie der Nachrichtendienste (GIZ 10.2015a).

Die Legislative besteht aus einem Einkammerparlament mit derzeit 275 Abgeordneten. Darüber hinaus verfügt jede Region über ein "House of Chiefs" und "District Assemblies" (GIZ 10.2015a). Für die Parlamentswahlen gilt das Mehrheitswahlrecht, somit erhält der jeweilige Wahlkreiskandidat mit den meisten Stimmen das Mandat. Wiederwahl ist unbeschränkt möglich. Die Legislaturperiode beträgt vier Jahre und deckt sich mit der Amtszeit des Staatspräsidenten. Die Wahlkommission hat durch ihre Kompetenz und Unabhängigkeit maßgeblich zur politischen Stabilisierung Ghanas beigetragen (GIZ 10.2015a). Ghanas Mehrparteiensystem bietet den Oppositionsparteien reichlich Gelegenheit sich in den politischen Prozess zu beteiligen. Die NPP und NDC dominieren das politische Bild. Das Land hat zwei friedliche, demokratische Machtwechsel zwischen den Präsidenten der NPP und NDC erlebt. Der Rechtsrahmen sieht eine gleichberechtigte Teilhabe am politischen Leben für verschiedene kulturelle, religiöse und ethnische Minderheiten des Landes vor (FH 28.1.2015).

Die drei Gewalten sind voneinander getrennt; die Regierung ist dem Parlament verantwortlich. Die richterliche Gewalt ist laut Verfassung unabhängig (AA 7.2015a).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (7.2015a): Ghana - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Ghana/Innenpolitik_node.html, Zugriff 20.11.2015

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AA - Auswärtiges Amt (24.7.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Ghana

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FH - Freedom House (28.1.2015): Freedom in the World 2015 - Ghana, https://www.ecoi.net/local_link/306491/443766_de.html, Zugriff 20.11.2015

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (10.2015a): Ghana - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/ghana/geschichte-staat/, Zugriff 20.11.2015

Sicherheitslage

Ghana kann als relativ stabil bezeichnet werden (EDA 24.11.2015). In der Provinz Northern Region, Upper West and East, wird die Sicherheitslage durch gelegentliche gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen lokalen Bevölkerungsgruppen beeinträchtigt (AA 24.11.2015; vgl. EDA 24.11.2015; BMEIA 24.11.2015), in der Upper East Region (Bawku-Disktrikte) haben Stammeskonflikte schon Todesopfer gefordert (EDA 24.11.2015). Durch die Konflikte in den oben erwähnten Regionen kann es auch zu einer Verschlechterung der örtlichen Versorgungslage durch Schließung von Geschäften kommen. Insgesamt hat sich die Lage gebessert, jedoch ist eine baldige Lösung dieser Konflikte nicht zu erwarten (AA 24.11.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt, Ghana - Reise- und Sicherheitshinweise (24.11.2015):

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/GhanaSicherheit_node.html, Zugriff 24.11.2015

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BMEIA - Bundeministerium für Europa, Integration und Äußeres (24.11.2015): Ghana - Reiseinformation, http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/ghana/, Zugriff 24.11.2015

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EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (24.11.2015): Reisehinweise für Ghana, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/ghana/reisehinweise-fuerghana.html, Zugriff 24.11.2015

Rechtsschutz/Justizwesen

Die Justiz ist unabhängig. Richterinnen und Richter genießen Immunität bei der Ausübung der richterlichen Gewalt, wenngleich immer wieder der Vorwurf politischer Einflussnahme der Exekutive auf die Justiz, vor allem auf das Oberste Gericht, erhoben wird. Allseits erheblich beklagt wird zudem die lange Verfahrensdauer von Strafgerichtsprozessen, denen oftmals eine sehr lange Untersuchungshaft vorangeht. Zugang zur Gerichtsbarkeit für mittellose Kläger ist nicht gewährleistet (AA 24.7.2015)

In Ghana herrscht Rechtspluralismus, wobei das säkulare nationale Recht auf dem englischen Common Law basiert. Im Familien- und Privatrecht wird oft auch nach traditionellem Recht entschieden. Die Gerichtsbarkeit gliedert sich in den Obersten Gerichtshof (Supreme Court), der auch über Verfassungsklagen entscheidet, und den nachgeordneten Instanzen (Court of Appeal), High Courts, Regional Tribunals und den Fast Track Courts (GIZ 10.2015a).

Die Accra Fast Track High Court und automatisierte Handelsgerichte haben die Geschwindigkeit und Effizienz gerichtlicher Verfahren erhöht, während eine gerichtliche Beschwerde-Einheit aktiv Fälle von juristischen Betrug untersucht (FH 28.1.2015; vgl. USDOS 24.6.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (24.7.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Ghana

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FH - Freedom House (28.1.2015): Freedom in the World 2015 - Ghana, https://www.ecoi.net/local_link/306491/443766_de.html, Zugriff 20.11.2015

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (10.2015a): Ghana - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/ghana/geschichte-staat/, Zugriff 20.11.2015

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Ghana, https://www.ecoi.net/local_link/306262/443534_de.html, Zugriff 20.11.2015

Sicherheitsbehörden

Die Tätigkeit der Polizei ist in der Verfassung verankert. Ihre Befugnisse sind im Wesentlichen im "Public Order Act" von 1994 normiert; das "Police Council" überwacht ihre Tätigkeit (AA 24.7.2015). Sie untersteht dem Innenministerium und ist für die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung verantwortlich (USDOS 25.6.2015). Fallweise werden auch Militäreinheiten zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung eingesetzt (USDOS 25.6.2015; vgl. AA 24.7.2015).

Die Tätigkeit des Geheimdienstes BNI (Bureau of National Investigations), der dem Nationalen Sicherheitsberater untersteht, ist im "Security and Intelligence Agencies Act" von 1996 geregelt (AA 24.7.2015). Das BNI behandelt Fälle, die entscheidend für die Staatsicherheit sind. Die Polizei unterhält in Accra spezialisierte Einheiten für Mord, Forensik, häusliche Gewalt, Menschenhandel, Visumsbetrug, Drogen, und Cyberkriminalität. Solche Einheiten sind aufgrund von Mängeln nicht bundesweit verfügbar. Polizeigewalt, Korruption, Schlampereien, Nachlässigkeit und Straflosigkeit stellen ein Problem dar (USDOS 25.6.2015). Nach glaubhaften Informationen kommt es mangels ausreichender Kontrolle durch die Zivilbehörden bisweilen zu eigenmächtigem Handeln der Sicherheitskräfte. Hierbei kommt es zu Menschenrechtsverletzungen (AA 24.7.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (24.7.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Ghana

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Ghana, https://www.ecoi.net/local_link/306262/443534_de.html, Zugriff 20.11.2015

Folter und unmenschliche Behandlung

Folter ist durch die Verfassung verboten. Seit 7.9.2000 ist Ghana an das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (CAT) gebunden. Es gibt Presseberichte, wonach Personen im Zuge von Strafvollzug oder Strafverfolgung zur Einschüchterung oder zwecks Erpressung von Geständnissen körperlich misshandelt wurden, und zwar sowohl von der Polizei als auch von der Armee. Selbst der UN-Sonderberichterstatter hat anlässlich seines Besuchs Ende 2013 Fälle von körperlicher Gewalt gegen Festgenommene konstatiert (AA 24.7.2015; vgl. USDOS 25.6.2015). Es gibt jedoch keine Anzeichen dafür, dass es sich hierbei um verbreitete und systematische Folterungen handeln, obwohl derartige Vorfälle auch durch die Commission on Human Rights and Administrative Justice (CHRAJ) bestätigt und verurteilt werden. Es kommt fast nie zur Anzeige. Die Regierung hat 2013 Sensibilisierungskampagnen lanciert, um das Problem der Folter und unmenschlichen Behandlung mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. In den letzten Jahren wurden mehrfach Todesfälle durch Einsatz von Polizeigewalt bei Festnahmen und Polizeieinsätzen bekannt. Alle Vorfälle wurden polizeilich untersucht und fanden ein ausführliches Medienecho (AA 24.7.2015).

In den Medien bekannt gewordene Fälle der Misshandlung von Straftätern oder Untersuchungshäftlingen führen oft zu medienwirksamer polizeilicher Aufklärungstätigkeit. Dabei werden die beschuldigten Sicherheitskräfte von der Presse zur Schau gestellt und unehrenhaft aus dem Dienst entlassen. Über mögliche strafrechtliche Konsequenzen erfährt die Öffentlichkeit wenig (AA 24.7.2015). Menschenrechtsverletzungen und polizeiliches Fehlverhalten werden auch mit Hilfe der Polizeieinheit für Auskunft und berufsethische Grundsätze - Police Intelligence and Professional Standards Unit (PIPS) - aufgeklärt (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (24.7.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Ghana

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USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Ghana, https://www.ecoi.net/local_link/306262/443534_de.html, Zugriff 20.11.2015

Korruption

Korruption ist gemäß Berichten von Medien und NGOs innerhalb der Regierung verbreitet. Gemäß der jüngsten Worldwide Governance Indicators der Weltbank ist Korruption ein Problem in Ghana (USDOS 25.6.2015). Der neueste Korruptionsindex (CPI) von Transparency International für Ghana zeigt eine minimale Verbesserung (GIZ 10.2015b) und liegt aktuell auf Rang 61 von 174 weltweit (GIZ 10.2015a). Der Kampf gegen Korruption besitzt bislang keine Priorität. Das kann sich angesichts der anstehenden Strukturreformen in enger Abstimmung mit dem IWF tendenziell ändern (GIZ 10.2015b).

Korruption und Untreue beim Umgang mit öffentlichen Mitteln werden in der Öffentlichkeit oft thematisiert (AA 7.2015a). Trotz Berichterstattung von Korruptionsskandalen in den Medien, fehlt die Bereitschaft der Regierung rechtliche und institutionelle Rahmenbedingungen zu schaffen um diese zu bekämpfen (FH 28.1.2015).

Der Nationale Anti-Korruptions-Aktionsplan (NACAP), im Juli vom Parlament einstimmig angenommen, stellt ein Konzept zur Bekämpfung der Korruption und Durchsetzung geltender Gesetze in den öffentlichen, privaten und gemeinnützigen Sektoren dar (FH 28.1.2015; vgl. USDOS 25.6.2015). Gemäß diesem Aktionsplan der Commission on Human Rights and Administrative Justice (CHRAJ) soll gegen Menschenrechtsverletzungen, öffentliche Korruption und Machtmissbrauch vorgegangen werden. Die Kommission ist befugt, Strafen für Verstöße zu empfehlen (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt, Innenpolitik (7.2015a):

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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