Entscheidungsdatum
06.05.2019Norm
AsylG 2005 §3Spruch
I408 1436807-3/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX,
StA Algerien alias XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, vertreten durch:
DELLASEGA & KAPFERER gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion
Vorarlberg vom 29.03.2019, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde wird im Hinblick auf die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Antrag auf internationalen Schutz vom 14.08.2014 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen war.
II. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte III., IV., V., VI. und VII. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer, stellte am 01.02.2013 unter einer vorgetäuschten Identität (falscher Name und falsches Geburtsdatum) und Nationalität (Syrien) einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes abgewiesen und der Beschwerdeführer wurde in den, im Zuge des Verfahrens festgestellten Herkunftsstaat Algerien ausgewiesen.
1.2. Diese Entscheidung bekämpfte der Beschwerdeführer und wies ausdrücklich darauf hin, dass er aus Syrien stamme und dort geboren wurde und seit seinem 4. Lebensjahr bei seinem Vater in Algerien gelebt habe. Seit dem Tod seines Vaters verfüge er über keine Verwandten mehr in Algerien. Er habe immer wieder in Syrien gelebt und dieses Land 2011 wegen der prekären Situation verlassen (AS 270).
1.3. Im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht änderte er in der mündlichen Verhandlung seine Identität sowie seine Fluchtgeschichte und legte neben Fotos einen Ausweis in arabischer Sprache sowie drei Dokumente vor. Er stellte richtig, dass er algerischer Staatsbürger sei und 6 Jahre beim Militär war. Er sei dabei zu einem Angriff von Terroristen gekommen, wobei alle Mitglieder seiner Einheit getötet wurden - einer überlebte, verlor aber sein Bein - und nur er konnte fliehen. Er habe 3 Wochen Urlaub bekommen, um sich zu erholen, sein dann eingesperrt worden, weil ihm vorgeworfen wurde, er habe seine Kameraden im Stich gelassen (er sei geflohen) und sei in weiterer Folge aus dem Wehrdienst aus psychischen Gründen entlassen worden. Er habe keine Rechte mehr, er habe auch Angst vor Terroristen, die ihn kennen, und habe deshalb das Land mit dem Reisepass seines Zwillingsbruders verlassen. (AS 389).
1.4. Mit ho. Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.10.2015, I406 1436807-1/22E, wurde die Beschwerde in Bezug auf die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz abgewiesen, die Ausweisungsentscheidung behoben und das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung zurückgewiesen. Diese Entscheidung blieb unbekämpft und erwuchs in Rechtskraft.
1.5. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 04.12.2015 wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt sowie gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen, seine Abschiebung nach Algerien für zulässig erklärt und ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt. Mit Abweisung der Beschwerde durch das ho. Erkenntnis vom 09.02.2016, I413 1436807-2/4E, erwuchs auch diese Entscheidung in Rechtskraft.
1.6. Der Beschwerdeführer verblieb um Bundesgebiet. Im Zuge der Einvernahme durch die belangte Behörde am 25.04.2017 zur Prüfung einer Rückkehrentscheidung inkl. eines Einreiseverbotes kündigte der Beschwerdeführer einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz an, stellte am 25.04.2017 bei der Landespolizeidirektion XXXX den verfahrensgegenständlichen Folgeantrag und wiederholte dabei seinen Fluchtgrund, den er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 08.10.2015 vorgebracht hatte.
1.7. Seitens der belangten Behörde wurde zur Abklärung der vom Beschwerdeführer angeführten psychischen Beeinträchtigungen ein Gutachten von Univ.-Prof. DDr. XXXX vom 01.08.2017 (AS 303) eingeholt und am 07.09.2017 sowie am 10.01.2019 der Beschwerdeführer einvernommen (AS 367).
1.8. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 29.03.2019 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Marokko (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.), erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Algerien zulässig ist (Spruchpunkt V.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht (Spruchpunkt VI.) und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).
1.9. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 29.04.2019.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig, Moslem und Staatsbürger von Algerien. Seine Identität steht nicht fest.
Der Beschwerdeführer hält sich zumindest seit seiner ersten Antragstellung auf internationalen Schutz seit 01.02.2013 in Österreich auf.
Sein Asylantrag wurde rechtskräftig im Oktober 2015 abgewiesen und im Feber 2016 erwuchs die dazu ergangene Rückkehrentscheidung in Rechtskraft.
Der Beschwerdeführer verblieb im Bundesgebiet und stellte im April 2017 einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz, den er, wie im ersten Verfahren, mit Problemen mit dem Militär begründete.
Sein Zwillingsbruder, der seit 2011 in Österreich aufhältig ist wurde wiederholt straffällig und befindet sich derzeit in Haft. Dessen Asylantrag wurde als unbegründet abgewiesen und es liegt gegen ihn eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung vor. Weitere familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich bestehen nicht.
Der Beschwerdeführer selbst ist strafgerichtlich unbescholten.
Der Beschwerdeführer leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung, steht aber nicht in ärztlicher Behandlung und benötigt keine Medikamente. Er ist arbeits- und erwerbsfähig und es konnte nicht festgestellt werden, dass er an einer schwerwiegenden Erkrankung leidet und bei einer Rückkehr einem realen Risiko einer lebensbedrohlichen Gesundheitsverschlechterung ausgesetzt wäre.
In den ersten 3 Jahren seines Aufenthaltes in Österreich war der Beschwerdeführer in einem Asylheim untergebracht und im März 2016 erhielt er eine Unterkunft bei einem pensionierten Ehepaar, das ihn engagiert unterstützt. Er ist alleinstehend und weist keine Sorgepflichten auf.
Aufgrund seiner Saisonarbeit als Erntehelfer im Sommer 2018 und dem daraus resultierenden Verdienst ist er derzeit über die Grundversorgung nur krankenversichert und bezieht keine weiteren Leistungen. Davor hat er fallweise gemeinnützige Tätigkeiten übernommen und Straßenzeitungen verkauft. Er ist bemüht die deutsche Sprache zu erlernen, hat Deutschkurse besucht aber noch keine Deutschprüfung auf Niveau A2 abgelegt. Nach der Saisonarbeit 2018 hatte er keine Arbeit mehr gefunden, könnte aber dieses Jahr dort wieder arbeiten. Eine Beschäftigung in der Gastronomie scheiterte an der fehlenden Arbeitserlaubnis.
Der Beschwerdeführer verfügt in Algerien über familiäre Anknüpfungspunkte, beherrscht die Landessprache und ist mit den sozialen und kulturellen Gegebenheiten vertraut. Von einem jungen und arbeitsfähigen Mann ist davon auszugehen, dass er seinen Lebensunterhalt bestreiten kann.
Algerien ist ein sicherer Herkunftsstaat, in dem, trotz bestehender Mängel, die staatlichen Organisationsstrukturen funktionieren. So läuft auch der Rückzug von Präsident Abdelaziz Bouteflika aus seinem Amt in geordneten Bahnen ab und es herrschen keine bürgerkriegsähnlichen Zustände.
Algeriens Wirtschaft hängt stark vom Export von Erdöl und Erdgas ab und kann sich so ein hochaufwendiges Sozialsystem leisten. Die Arbeitslosenquote bleibt aber weiterhin hoch.
Die medizinische Versorgung in Algerien ist allgemein zugänglich und kostenfrei. Behandlungsmöglichkeiten von psychischen Krankheiten sind gegeben.
2. Beweiswürdigung:
Zunächst ist festzuhalten, dass die belangte Behörde den Sachverhalt umfassend und vollständig erhoben hat, auch wenn sie übersehen hat, wie in der rechtlichen Beurteilung dann ausgeführt, dass sie zu einer Sachentscheidung nicht berufen ist. Der erkennende Richter schließt sich den Ausführungen der belangten Behörde zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers vollinhaltlich an. Diese wurden auch in der Beschwerde nicht beanstandet.
Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) sowie dem Gerichtsakt zu I406 1436807 (Beschwerdeverfahren zum ersten Asylantrag) wurden ergänzend eingeholt.
Die Feststellungen zu seiner Person und seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf den Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren. Seine Identität steht aber aufgrund seiner ursprünglich falschen Angaben nicht zweifelsfrei fest.
Die Feststellungen zu seinem Aufenthalt in Österreich sowie zu seinen Integrationsbemühungen ergeben sich aus den unbestritten gebliebenen Feststellungen der belangten Behörde und decken sich mit den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen.
Die Feststellungen zum identen Fluchtvorbringen in dem nunmehrigen, zweitem Asylverfahren ergeben sich aus der vom Beschwerdeführer vorgenommenen Berichtigung des Fluchtvorbringens im Beschwerdeverfahren am 08.10.2015, den dabei vorgelegten Unterlagen und dem abweisenden Erkenntnis vom 13.10.2015, I406 1436807-1/22E.
Die Feststellungen zu Algerien beruhen auf dem aktuellen, im Bescheid angeführten Länderbericht zu Algerien und den dort angeführten Quellen. Die Feststellungen zum geordneten Rückzug des Langzeitpräsidenten aus seinem Amt ergeben sich aus aktuell vorliegenden Medienberichten. Zudem gilt Algerien lt. § 1 Z 10 HStV als sicherer Herkunftsstaat.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu den Spruchpunkten I. und II. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 27 VwGVG ist der Fall der "Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde" von der Beschränkung des Prüfungsumfanges auf die Beschwerdegründe und das Beschwerdebegehren gemäß § 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG ausgenommen, d.h. vom Verwaltungsgericht von Amts wegen wahrzunehmen (Hengstschläger/Leeb, AVG² § 6 Rz 19 mwN). Wurde über einen bestimmten Sachverhalt bescheidmäßig abgesprochen, kann bei Gleichbleiben der tatsächlichen Verhältnisse und rechtlichen Grundlagen keine weitere Entscheidung in dieser Sache - nicht einmal eine gleichlautende, "bestätigende" - ergehen; sie wäre inhaltlich rechtswidrig und würde das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzen (Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 20 mwN). Wurde von der Behörde erster Instanz ein neuerlicher Antrag trotz Identität der Sach- und Rechtslage - statt wegen res iudicata zurückgewiesen - aus materiellen Gründen abgewiesen, ist die Partei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aber unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit des Bescheides in keinem Recht verletzt, weil sie einerseits keinen Anspruch auf Sachentscheidung hat und andererseits ihre Rechtsposition, insb. die Möglichkeit, bei Änderung der Sach- oder Rechtslage neuerlich einen Antrag zu stellen, nicht beeinträchtigt worden ist. Wird gegen eine solche rechtswidrige meritorische Erledigung Berufung erhoben, hat die Rechtsmittelbehörde den Antrag - ungeachtet der Sachentscheidung der Unterinstanz - wegen res iudicata zurückzuweisen. Daher kann die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG auch in dieser Frage ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterinstanz setzen. Nach der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes kann die Partei aber auch durch die Entscheidung der Berufungsbehörde, mit der sie - anstatt den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend abzuändern, dass er auf Zurückweisung wegen entschiedener Sache lautet - die Berufung abweist, in keinem subjektiven Recht verletzt sein (Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 45 mwN). Im Hinblick auf die Kognitionsbefungnis des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß § 28 VwGVG ist dies auf das hg. Verfahren übertragbar.
In diesem Zusammenhang war schließlich die eindeutige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.06.1994, Zl. 92/05/0063, maßgeblich, wo dieser auf seine ständige Spruchpraxis verweist, dass die Berufungsbehörde die Zurückweisung - insbesondere auch wegen entschiedener Sache - trotz Sachentscheidung der ersten Instanz aussprechen darf (Ringhofer a.a.O, E 127 zu § 68 AVG; siehe auch hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1978, 2963/76). Im Erkenntnis vom 2. Juni 1990, Zl. 89/07/0057, wurde ausdrücklich ausgesprochen, dass dann, wenn die Behörde erster Rechtsstufe eine Sachentscheidung fällt, obwohl das Parteianbringen wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen wäre, die Rechtsmittelbehörde die Berufung gegen den Bescheid mit der Maßgabe abzuweisen hätte, dass der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides auf "Zurückweisung wegen entschiedener Sache" zu lauten habe.
Gemäß § 28 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 steht die Zulassung des Verfahrens einer späteren zurückweisenden Entscheidung nicht entgegen.
Das BFA hätte § 68 Abs. 1 AVG anzuwenden gehabt, daher ist diese Bestimmung gemäß § 17 VwGVG im gegenständlichen Verfahren anzuwenden:
"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9. 9.1999, 97/21/0913; 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2002, 2000/07/0235). Werden nur Nebenumstände modifiziert, die für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerheblich sind, so ändert dies nichts an der Identität der Sache. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. zB VwGH 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2007, 2004/20/0100). Liegt keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vor und hat sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht geändert, so steht die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen. (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266).
Wird in einem neuen Asylantrag eine Änderung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts nicht einmal behauptet, geschweige denn nachgewiesen, so steht die Rechtskraft des Vorbescheides einer inhaltlichen Erledigung des neuerlichen Antrages entgegen und berechtigt bzw. verpflichtet die Behörde dazu, ihn zurückzuweisen (VwGH 4.5.2000, 99/20/0192).
Im Rahmen des vorangegangenen Asylverfahrens wurde das Vorbringen des Beschwerdeführers zu den (behaupteten) Fluchtgründen untersucht und letztlich durch das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet angesehen.
Da der Beschwerdeführer seinen gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz auf jene Gründe, die er bereits im Vorverfahren geltend gemacht hatte, stützt, wobei er diese Gründe in keinerlei Weise ergänzt, liegt zweifelsfrei entschiedene Sache vor. Damit bezieht sich der Beschwerdeführer nämlich auf die im Zuge der ersten Asylantragstellung vorgebrachten Fluchtgründe und wird diesbezüglich auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum "Fortbestehen und Weiterwirken", VwGH 20.03.2003, 99/20/0480 ("Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt") verwiesen. Von einer relevanten, wesentlichen Änderung des Sachverhalts seit der rechtskräftigen Entscheidung über den ersten Asylantrag kann daher diesbezüglich nicht gesprochen werden.
Ein Antrag auf internationalen Schutz richtet sich aber auch auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und daher sind auch Sachverhaltsänderungen, die ausschließlich subsidiäre Schutzgründe betreffen, von den Asylbehörden im Rahmen von Folgeanträgen einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344).
Auch im Hinblick auf Art. 3 EMRK ist nicht erkennbar, dass die Rückführung des Beschwerdeführers nach Algerien zu einem unzulässigen Eingriff führen würde und er bei seiner Rückkehr in eine Situation geraten würde, die eine Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK mit sich brächte oder ihm jedwede Lebensgrundlage fehlen würde.
Es ergeben sich aus den Länderfeststellungen zu Algerien auch keine Gründe, davon auszugehen, dass jeder zurückgekehrte Staatsbürger der reellen Gefahr einer Gefährdung gemäß Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre, sodass nicht von einem Rückführungshindernis im Lichte der Art. 2 und 3 EMRK auszugehen ist. Aufgrund der Länderberichte ergibt sich, dass sich die Lage im Herkunftsstaat seit der Entscheidung im ersten Asylverfahren, nicht wesentlich geändert hat.
Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist (wobei er gegenständlich keine neuen Gründe vorbrachte, sondern sich auf jene bereits in den vorherigen Verfahren behaupteten berief), noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden konnte.
Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz wäre daher sowohl im Hinblick auf die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten als auch eines subsidiär Schutzberechtigten nicht ab-, sondern zurückzuweisen gewesen, weshalb die Beschwerde auch in diesem Umfang mit der Maßgabe abgewiesen wird, dass der Antrag zurückzuweisen war.
3.2. Zu Spruchpunkt III. (Nichterteilung eines Aufenthaltstitels):
Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Aus der Beschwerde und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich auch keine Hinweise, die nahelegen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt.
3.3. Zu Spruchpunkt IV. (Rückkehrentscheidung)
Nach § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG ist eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Somit ist auch im vorliegenden Fall die Rückkehrentscheidung vorgesehen.
Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.
Zur Feststellung, dass eine Abschiebung nach Algerien zulässig ist, ist ausführen, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Der Beschwerdeführer ist ausreichend gesund und daher erwerbsfähig.
Auch eine individuelle Abwägung der berührten Interessen ergibt, dass ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann.
Der Beschwerdeführer ist illegal eingereist. Um einen Aufenthaltstitel zu erhalten, stellte er zunächst unter Vortäuschung einer falschen Identität und Nationalität am 01.02.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz, der im Oktober 2015 - nach Berichtigung seiner Identität sowie seines Fluchtgrundes rechtskräftig abgeschlossen wurde. Auch auf die ergangene Rückkehrentscheidung, die im Feber 2016 in Rechtskraft erwuchs, reagierte er nicht und verblieb im Bundesgebiet. Als ihm 2017 die Abschiebung drohte, stellte er einen zweiten, den verfahrensgegenständlichen Asylantrag. Im Lichte des Art. 8 EMRK ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer seit Oktober 2015, spätestens aber mit Feber 2016 wissen musste, dass sein Aufenthalt auf Basis seiner Fluchtgeschichte unrechtmäßig ist und er das Bundesgebiet zu verlassen hat. Von einer "Aufenthaltsverfestigung" allein aufgrund des bisherigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet kann deshalb keine Rede sein.
Der Beschwerdeführer verfügt über kein Familienleben in Österreich und hat ein solches auch nicht behauptet. Zu seinem derzeit inhaftierten Bruder hat er keinen intensiven Kontakt vorgebracht bzw. behauptet.
Zu prüfen war daher ein etwaiger Eingriff in sein Privatleben.
Das Bemühen des Beschwerdeführers am Erlernen der deutschen Sprache, sein Bestreben, Arbeit zu finden und der vorhandene Kontakt zu österreichischen Staatsbürgern, insbesondere zu seinen Vermietern, und zu Institutionen (Gemeinde, AMS), werden nicht in Abrede gestellt. Seine Aufenthaltsdauer ist nicht überlangen Verzögerungen geschuldet, und wenn, liegt diese im Einflussbereich des Beschwerdeführers, resultierend aus seinen unrichtigen Angaben, dem Negieren einer ergangenen Rückkehrentscheidung und der Stellung eines letztendlich erfolglosen, weiteren Antrages auf internationalen Schutz.
All das relativiert das Gewicht seiner privaten Interessen im Inland.
Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und familiäre Anknüpfungspunkte.
Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Vor allem steht ihnen das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.
3.4. Zu Spruchpunkt V. (Zulässigkeit der Abschiebung)
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dies wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.
Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.
§ 50 Abs. 3 FPG erklärt die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Algerien einer realen Gefahr der Folter, der unmenschlichen Strafe oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt wäre. Selbst wenn man dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Urteil Glauben schenkt, hat er mit keiner Bestrafung oder Haft zu rechnen (AS 453), weil darauf schon 2010 Abstand genommen worden ist.
Auch fehlt es an jedem Indiz, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt Gefahr laufen würde in seinem Leben beeinträchtigt oder gar getötet würde.
Es gibt zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und damit die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre.
Der Beschwerdeführer wird aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes in der Lage sein, in Algerien zumindest notdürftig leben zu können.
Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass der Beschwerdeführer möglicherweise in Österreich wirtschaftlich besser leben kann als in Algerien, genügt nicht für die Annahme, er würde dort keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Es fehlen somit im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.
Zudem besteht in Algerien keine so extreme Gefahrenlage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.
Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass in Algerien das Leben des Beschwerdeführers oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht neu behauptet.
Eine der Abschiebung nach Algerien entgegenstehende Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte besteht nicht.
Daher erwiesen sich die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Algerien als rechtmäßig und die Beschwerde daher insoweit als unbegründet.
3.5. Zu Spruchpunkt VI und VII (keine Frist für eine freiwillige Ausreise und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung)
Die belangte Behörde hat zu Recht unter Hinweis auf § 55 Abs. 1a FPG von der Festlegung einer Frist für eine freiwillige Ausreise Abstand genommen und sich bei der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auf § 18 Abs. 1 Z 1 und 6 BFA-VG gestützt. In beiden Fällen findet die Entscheidung im Gesetzeswortlaut Deckung.
Die Beschwerde erweist sich daher auch zu diesen beiden Punkten als unbegründet.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Abschiebung, Asylverfahren, Aufenthaltsberechtigung besondererEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I408.1436807.3.00Zuletzt aktualisiert am
26.02.2020