Entscheidungsdatum
24.05.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I403 2218242-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, StA. Libyen, vertreten durch Magistrat Graz, Amt für Jugend und Familie, dieser vertreten durch die Caritas Graz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.03.2019, Zl. 1171377705/171183895/BMI-BFA_STMK_Ast_03, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.
II. In Erledigung der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird XXXX der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Libyen zuerkannt.
III. XXXX wird eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter in der Dauer von zwölf Monaten erteilt.
IV. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte III., IV., V. und VI. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und diese werden ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der minderjährige Beschwerdeführer, ein libyscher Staatsangehöriger, stellte am 17.10.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am folgenden Tag stattfindenden Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab er an, seine Mutter nicht zu kennen, während sein Vater sich nicht um ihn kümmern würde. In Libyen gebe es die Milizen und keine Sicherheit, sondern nur Probleme und Gewalt. Im Falle einer Rückkehr nach Libyen befürchte der Beschwerdeführer, von den Milizen angeheuert zu werden, was er jedoch nicht wolle und wovor er Angst habe. In Libyen habe er keine Familie und keine Zukunft.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA; belangte Behörde) erteilte in weiterer Folge einem Sachverständigen den Auftrag für die Erstellung einer multifaktoriellen Altersdiagnose zur Feststellung eines Mindestalters des Beschwerdeführers. Das medizinische Sachverständigengutachten vom 28.11.2017 gelangte zu dem Schluss, dass der Beschwerdeführer zum Asylantrags- sowie Untersuchungsdatum minderjährig war und sein spätmöglichstes fiktives Geburtsdatum der XXXX2001 ist.
Am 26.02.2019 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich durch das BFA einvernommen. Zu seinen Fluchtgründen befragt führte er an, bis zu seinem fünfzehnten oder sechzehnten Lebensjahr in Libyen in einem Kinderheim gewohnt zu haben, da er keine Verwandten habe. Im Heim sei er geschlagen und "psychisch fertig gemacht" worden. Er sei auch misshandelt worden, indem man ihm mit einem heißen Eisen eine Verbrennung am linken Oberarm zugefügt habe. Ein weiterer Fluchtgrund für ihn sei der Krieg mit den Milizen in Libyen gewesen. Diese hätten einmal versucht, den Beschwerdeführer unmittelbar an seinem Arbeitsplatz in einem Friseursalon zu rekrutieren, sowie mehrfach Jugendliche auf offener Straße mitnehmen wollen. Der Beschwerdeführer wäre im Falle seiner Zwangsrekrutierung wohl in weiterer Folge getötet worden oder hätte seinerseits Unschuldige töten müssen. Dies habe er nicht gewollt. Zudem gab der Beschwerdeführer an anderer Stelle an, auch der Gefahr einer Verfolgung durch die libysche Regierung ausgesetzt zu sein, welche ihn "einsperren, foltern oder töten" könnte, da der Staat sehr instabil sei.
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid des BFA vom 27.03.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Libyen abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Libyen zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).
Gegen den angefochtenen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 26.04.2019 Beschwerde erhoben und diese mit der Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides begründet. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgereicht möge eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen; den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird; in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird; in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass die Rückkehrentscheidung behoben und auf Dauer für unzulässig erklärt wird und dem Beschwerdeführer in weiterer Folge ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt wird; in eventu die Abschiebung des Beschwerdeführers für unzulässig erklären; in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückverweisen.
Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 02.05.2019 vorgelegt und der Gerichtsabteilung I403 zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der minderjährige Beschwerdeführer hält sich seit Oktober 2017 und damit seit rund einem Jahr und sieben Monaten in Österreich auf. Er ist Staatsangehöriger von Libyen, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zum sunnitisch-moslemischen Glauben. Seine Identität steht nicht fest.
Der Beschwerdeführer ist ledig und kinderlos. In Österreich hat er keine familiären Anknüpfungspunkte. Ein Bruder des Beschwerdeführers lebt in Italien. Er gibt an, in einem Kinderheim aufgewachsen zu sein und keinen Kontakt zu Verwandten in Libyen zu haben.
Der Beschwerdeführer ist in der libyschen Hauptstadt Tripolis aufgewachsen und ist in weiterer Folge in die Stadt Garian übersiedelt. Er hat insgesamt sechs Jahre die Volksschule besucht und Berufserfahrung als Schlosser, in einer Bäckerei, als Verkäufer sowie in einem Friseursalon gesammelt. Er ist gesund und arbeitsfähig.
Am 05.01.2016 wurde der Beschwerdeführer bereits in Deutschland erkennungsdienstlich behandelt. Der genaue Zeitpunkt seiner Ausreise aus Libyen kann nicht festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten und bezieht Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.
1.2. Zu den Fluchtmotiven und zu einer Rückkehrgefährdung des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft machen, dass er Libyen aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen hat. Insbesondere wurde er nicht nach seiner Weigerung, sich den Milizen anzuschließen, wegen einer ihm unterstellten politischen Gesinnung bedroht.
Festgestellt wird jedoch, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Libyen aufgrund der instabilen und prekären Sicherheits- und Menschenrechtslage als Minderjähriger Gefahr laufen würde, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. wäre sein Leben für den Fall einer Rückkehr nach Libyen in Gefahr.
1.3. Zur allgemeinen Situation in Libyen (auf Basis des Länderinformationsblattes):
Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wurde im angefochtenen Bescheid das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Libyen vom 20.10.2017 auszugsweise zitiert; als entscheidungsrelevant ist festzuhalten:
"Politische Lage
In Libyen herrschen seit dem Sturz und dem Tod des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 Chaos und Gewalt. Neben zwei rivalisierenden Regierungen und Parlamenten gibt es auch konkurrierende Milizen, die um die Kontrolle der Ölvorkommen kämpfen (DS 17.9.2017).
Seit Mitte 2014 gab es zwei konkurrierende Lager:
* Das im Juni 2014 gewählte Parlament (Rat der Volksvertreter) mit der Regierung Abdallah al-Thani zog sich im August 2014 unter dem Eindruck der Offensive westlibyscher Milizen in die ostlibyschen Städte Tobruk (Parlament, HoR) bzw. Beida (Regierung) zurück und integrierte die militärischen Kräfte, die sich ab Mai 2014 unter Führung von General Khalifa Haftar unter dem Namen "Würde" (Karama) formiert hatten. Im Südwesten von Tripolis unterstellten sich Karama nominell auch Verbände der Stadt Zintan und des Warshefana-Stammes. Etwa 40 hauptsächlich westlibysche Abgeordnete haben von Beginn an nicht an den Sitzungen des 182 Mitglieder zählenden Parlaments teilgenommen (AA 6.2017a).
* Im Westen ließ die "Morgenröte" (Fajr) genannte militärische Allianz aus islamistischen Milizen und Revolutionären aus der wichtigen Hafenstadt Misrata den im Juni 2014 abgewählten Allgemeinen Volkskongress (GNC) wieder auferstehen und bildete eine Gegenregierung "der Nationalen Rettung". Ihren Legitimitätsanspruch stützte Fajr seit dem 6.11.2014 auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofes, der die Gesetze, die zur Wahl des Parlaments führten, für verfassungswidrig erklärt hatte (AA 6.2017a).
Unter Vermittlung von Bernardino León, dem Libyen-Sondergesandten des UN-Generalsekretärs, sowie seinem Nachfolger, dem deutschen Diplomaten Martin Kobler, fanden seit September 2014 kontinuierlich Verhandlungen zwischen den verschiedenen Streitparteien statt, um im Wege der Machtteilung die seit Juli 2014 eskalierenden Auseinandersetzungen zu beenden (AA 6.2017a; vgl. LVAk 10.2016). Seit August 2017 ist Ghassan Salamé neuer UN-Gesandter für Libyen (DS 22.9.2017). Keine der beiden Regierungen konnte in der Folgezeit politisch oder militärisch großräumig effektive Macht ausüben. Libyen fragmentierte in zahlreiche Kampfzonen mit jeweils eigener Dynamik. Die zunehmende Einnistung der Terrorgruppe IS, insbesondere an der zentrallibyschen Küste (Großraum Sirte), verstärkte jedoch lagerübergreifend das Bewusstsein, einen gemeinsamen Feind zu haben (AA 6.2017a). Am 17.12.2015 konnte das Politische Abkommen (Libyan Political Agreement - LPA) in Skhirat, Marokko, unterzeichnet werden (AA 6.2017a; vgl. LVAk 10.2016).
Dieses LPA bewirkte die Einrichtung eines neunköpfigen Präsidialausschusses sowie des Government of National Accord (GNA), geführt von Premier Fayez Serraj, im März 2016 (HRW 12.1.2017; vgl. LVAk 10.2016). Die USA und führende europäische Staaten sicherten der Einheitsregierung ihre Unterstützung zu und gaben in einer gemeinsamen Stellungnahme bekannt, diese als einzige legitime Vertretung Libyens anzuerkennen. Hardliner beider libyscher Machtblöcke werfen der Einheitsregierung jedoch vor, sie sei von außen etabliert worden und nicht aus einem internen politischen Prozess entstanden und daher abzulehnen (LVAk 10.2016). Die bis zum Zeitpunkt der Anerkennung der GNA international als legitim anerkannte Regierung in Baida und das HoR in Tobruk legitimierten das neue Kabinett - die GNA - nicht (HRW 12.1.2017).
Die mit der libyschen Einheitsregierung rivalisierende Regierung im Osten des Landes hat im September 2017 die internationale Gemeinschaft aufgerufen, sie als legitime Autorität anzuerkennen. Seine Regierung sei gewählt und kontrolliere den Großteil des nordafrikanischen Landes, sagte der Chef der international nicht anerkannten Regierung, Abdullah al-Thani. Seine provisorische Regierung ziehe ihre Legitimation aus den Wahlurnen. Ihre Armee wird von Khalifa Haftar geführt. Al-Thani war Libyens international anerkannter Regierungschef, bis 2015 im Zuge von Verhandlungen unter Vermittlung der UNO eine Einheitsregierung unter der Führung von Fayez al-Sarraj eingesetzt wurde. Die in der Hauptstadt Tripolis ansässige Einheitsregierung hat jedoch Probleme, ihre Autorität durchzusetzen. Außerdem wird sie von internen Streitigkeiten geplagt (DS 17.9.2017).
Der UN-Gesandte für Libyen, Ghassan Salamé, hat im September 2017 einen neuen, mehrstufigen Aktionsplan vorgestellt. Kernstück sind Änderungen am politischen Abkommen von Skhirat (LPA), das im Dezember 2015 geschlossen, aber nie umgesetzt wurde. So wird etwa vorgeschlagen, den Präsidialrat, dem der international anerkannte Premier Fayaz al-Serraj vorsteht, von neun auf drei Mitglieder zu verkleinern und von der Regierung zu trennen. Die Mitglieder der neu definierten Exekutive sollen dann von einer Nationalen Konferenz bestimmt werden. Ihr sollen Vertreter aller bisherigen politischen Organe und jener gesellschaftlichen Kreise angehören, die sich derzeit ausgeschlossen fühlen. Hauptanliegen ist es, alle staatlichen Institutionen, die heute zum Teil doppelt oder gar dreifach bestehen, wieder zu vereinheitlichen und funktionsfähig zu machen. Der UN-Gesandte sieht für die Umsetzung des Aktionsplanes etwa ein Jahr vor (DS 22.9.2017).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (6.2017a): Libyen - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Libyen/Innenpolitik_node.html, Zugriff 16.10.2017
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DS - Der Standard (17.9.2017): Zweite libysche Regierung verlangt internationale Anerkennung,
https://derstandard.at/2000064200326/Zweitelibysche-Regierung-verlangt-internationale-Anerkennung, Zugriff 16.10.2017
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DS - Der Standard (22.9.2017): UN-Aktionsplan soll Libyens Niedergang beenden,
https://derstandard.at/2000064504135/Auswege-fuer-Libyen-gesucht?ref=rec, Zugriff 16.10.2017
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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Libya, http://www.ecoi.net/local_link/334710/463157_en.html, Zugriff 16.10.2017
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LVAk - Landesverteidigungsakademie Wien (10.2016): IFK Monitor:
Libyens Einheitsregierung - eine neue Hoffnung?
Sicherheitslage
Die Sicherheitslage in Libyen bezeichnete UN Gesandter Ghassan Salamé im September 2017 als "fragil, sich aber nicht verschlimmernd", weil es in vielen Regionen, vor allem im Westen, eine "ausgehandelte Sicherheit" gebe - das heißt, Politiker und Geschäftsleute, die sich mit lokalen bewaffneten Gruppen arrangieren. Zudem gebe es auch im Westen Ansätze zu einer Republikanischen Garde, einer Armee und einer Küstenwache, und im Osten könne man weitgehend von einer einheitlichen bewaffneten Kraft unter General Khalifa al-Haftar sprechen, wogegen es im Süden keine Sicherheit gebe (DS 22.9.2017).
Sowohl das französische, als auch das deutsche, österreichische und schweizerische Außenministerium warnen ihre Staatsbürger weiterhin eindringlich vor Reisen nach Libyen. Eventuell aufhältige Staatsbürger der jeweiligen Länder werden zur Ausreise aufgefordert (FD 16.10.2017; vgl. AA 16.10.2017, BMEIA 16.10.2017, ED 16.10.2017).
Die Lage im ganzen Land ist extrem unübersichtlich und unsicher. Es kommt immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen (AA 16.10.2017; vgl. EDA 16.10.2017). Davon können auch die Städte Tripolis und Bengasi betroffen sein (EDA 16.10.2017). Die staatlichen Sicherheitsorgane können keinen ausreichenden Schutz garantieren (AA 16.10.2017; vgl. FD 16.10.2017, HRW 12.1.2017). Bewaffnete Gruppen mit zum Teil unklarer Zugehörigkeit treten häufig als Vertreter der öffentlichen Ordnung auf, sind jedoch nicht ausgebildet und wenig berechenbar (AA 16.10.2017) bzw. agieren straffrei im de-facto rechtsfreien Raum (HRW 12.1.2017). In großen Teilen des Landes herrschen bewaffnete Milizen oder sonstige bewaffnete Kräfte (EDA 16.10.2017; vgl. FD 16.10.2017). Im ganzen Land besteht ein hohes Risiko von Anschlägen und Entführungen. Die Kriminalität ist hoch. Zudem muss davon ausgegangen werden, dass Waffen aus dem Bürgerkrieg von 2011 in die Hände von Kriminellen geraten sind (EDA 16.10.2017).
Terroristische Elemente [Anm. SB Std.: Kämpfer des IS und anderer islamistischer Gruppen] sind v.a. in Benghazi und Derna im Osten Libyens, sowie in Oubari in Südlibyen, als auch in Sabratha, Zawiyya sowie Sirte in Westlibyen aktiv (FD 16.10.2017).
Knapp acht Monate nach Beginn der Offensive gegen den IS in Sirte hat Libyens Ministerpräsident Fayez al-Sarraj Ende Dezember 2016 die Rückeroberung der IS-Hochburg Sirte verkündet. Sirte war das letzte größere vom IS kontrollierte Gebiet in Libyen (DS 23.12.2016). Im zweiten Halbjahr 2017 erstarkt der IS wieder in der Gegend um Sirte. Schätzungsweise etwa 1.000 IS Kämpfer sind noch in Libyen aktiv, die Mehrheit in der Gegend um Sirte (TT 18.8.2017). US-amerikanische Militäreinheiten flogen im September 2017 Luftangriffe auf IS-Ziele in Libyen (WT 11.10.2017).
Ende August 2017 überrannten die Dschihadisten des IS Al-Fuqaha, einen abgelegenen Außenposten der Armee in der libyschen Wüste und enthaupteten elf Menschen. Die libysche Regierung schätzt, dass der IS derzeit über rund tausend Kämpfer im Land verfügt. Weil sie damit zahlenmäßig den Milizen der Regierung und der verschiedener Warlords unterlegen sind, versuchen sie gar nicht erst, Gebiete zurückzuerobern und dauerhaft zu kontrollieren. Stattdessen setzt der IS auf eine Guerillataktik. Die weitläufige Wüste, in der sich zahllose Höhlen befinden, bietet dafür einen idealen Rückzugsraum (SO 7.9.2017).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (16.10.2017): Libyen: Reisewarnung, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/LibyenSicherheit_node.html, Zugriff 16.10.2017
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BMEIA (16.10.2017): Reiseinformation Libyen, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/libyen/, Zugriff 16.10.2017
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DS - Der Standard (23.12.2016): Libyens Regierungschef verkündete offiziell "Befreiung" von Sirte, http://derstandard.at/2000049489235/Libyens-Regierungschef-verkuendete-offiziell-Befreiung-von-Sirte, Zugriff 16.10.2017
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DS - Der Standard (22.9.2017): UN-Aktionsplan soll Libyens Niedergang beenden,
https://derstandard.at/2000064504135/Auswege-fuer-Libyen-gesucht?ref=rec, Zugriff 16.10.2017
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EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (16.10.2017): Reisehinweise für Libyen, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/libyen/reisehinweise-fuer-libyen.html, Zugriff 16.10.2017
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FD - France Diplomatie (16.10.2107a): Conseils par pays - Libye - Sécurité,
http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/libye/, Zugriff 16.10.2017
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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Libya, http://www.ecoi.net/local_link/334710/463157_en.html, Zugriff 16.10.2017
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SO - Spiegel Online (7.9.2017): Dschihadisten in Nordafrika - Der IS ist zurück in Libyen,
http://www.spiegel.de/politik/ausland/islamischer-staat-das-comeback-des-is-in-libyen-a-1166244.html, Zugriff 19.10.2017
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TT - The Times (18.8.2017): Isis regroups in Libya after defeats across Iraq and Syria,
https://www.thetimes.co.uk/article/isis-regroups-in-libya-after-defeats-across-iraq-and-syria-ph0zvtrdp, Zugriff 19.10.2017
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WT - The Waashington Times (11.10.2017): Military heats up battle in Libya as Islamic State militants seek refuge, https://www.washingtontimes.com/news/2017/oct/11/isis-draws-battle-to-libya-us-military-responds/, Zugriff 19.10.2017
Rechtsschutz / Justizwesen
Die Verfassungserklärung gewährleistet eine unabhängige Justiz und legt fest, dass jede Person das Recht hat, auf das Justizsystem zurückzugreifen. Dennoch haben Tausende von Inhaftierten keinen Zugang zu einem Anwalt und keine Information über die gegen sie erhobene Anklage. Richter sind Drohungen, Einschüchterungen und Gewalt ausgesetzt. Mangelnde Sicherheit in und um die Gerichte verhindert die Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit. Im Jahr 2016 operierten die Gerichte in Tripolis, außerhalb war deren Funktionieren abhängig von der lokalen Sicherheitslage (USDOS 3.3.2017). Das Justizsystem befand sich im Jahr 2016 weiterhin in einem kollabierten Zustand, wobei Gerichte unfähig waren, die Prozesse von Tausenden Inhaftierten abzuwickeln, wobei einige zurück ins Jahr 2011 reichten. Tausende Häftlinge werden weiterhin ohne Verfahren in offiziellen Gefängnissen sowie in inoffiziellen Haftanstalten bewaffneter Gruppen festgehalten (AI 22.2.2017).
Die Verfassungserklärung gewährleistet die Unschuldsvermutung und das Recht auf anwaltliche Vertretung, im Bedarfsfall kostenlos. Sowohl staatliche als auch nicht-staatliche Akteure missachten diese Vorgaben. Es gibt zahlreiche Berichte, dass andere Prozessrechte (Verweigerung eines fairen und öffentliche Prozesses, der Anwaltswahl, der Zeugenbefragung, des Schutzes vor erzwungener Aussage, des Rechts auf Berufung) missachtet werden (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Libya, https://www.ecoi.net/local_link/336527/479199_de.html, Zugriff 17.10.2017
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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): World Report 2017 - Libya, https://www.ecoi.net/local_link/337212/479975_de.html, Zugriff 17.10.2017
Sicherheitsbehörden
Die Regierung [Anm.: libysche Einheitsregierung, Government of National Accord - GNA] übt keine Kontrolle über die Streitkräfte des Kommandanten der Libyschen Nationalarmee (Libyan National Army - LNA) Khalifa Haftar aus, obwohl es Bestrebungen gegeben hat, ihn dazu zu bewegen, sich den Sicherheitskräften der Regierung zu unterstellen. Einige Milizen unterstehen der Einheitsregierung. Ihnen gelang die Vertreibung des IS aus Sirte Ende 2016. Die LNA setzt im Osten Libyens ihren Kampf gegen gewalttätige extremistische Organisationen fort. Andere extralegale bewaffnete Gruppen füllen das Sicherheitsvakuum in verschiedenen Landesteilen. Weder die GNA noch das ehemals international anerkannte und nunmehrige Gegenparlament (HoR) in Tobruk haben Kontrolle über diese Gruppen (USDOS 3.3.2017).
In Abwesenheit staatlicher Kontrolle über das gesamte Territorium, setzen sich Dutzende rivalisierende Milizen und militärische Streitkräfte mit unterschiedlichen Zielsetzungen und Allianzen straffrei über internationales Recht hinweg (HRW 12.1.2017; vgl. FCO 20.7.2017).
Quellen:
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FCO - Foreign and Commonwealth Office (20.7.2017): Human Rights and Democracy Report 2016 - CHAPTER VI: Human Rights Priority Countries - Libya,
https://www.ecoi.net/local_link/344417/487969_de.html, Zugriff 17.10.2017
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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Libya, http://www.ecoi.net/local_link/334710/463157_en.html, Zugriff 16.10.2017
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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): World Report 2017 - Libya, https://www.ecoi.net/local_link/337212/479975_de.html, Zugriff 17.10.2017
Folter und unmenschliche Behandlung
Obwohl die Verfassungserklärung und nach-revolutionäre Gesetzgebung Folter verbietet, kommt es sowohl in von der Regierung kontrollierten als auch in extralegalen Haftanstalten zu Folter (USDOS 3.3.2017). Rivalisierende Milizen und militärische Streitkräfte entführen Personen und lassen diese verschwinden, foltern, inhaftieren willkürlich und führen ungesetzliche Tötungen durch (HRW 12.1.2017; vgl. FCO 20.7.2017). Folter und andere unmenschliche Behandlung bleibt weit verbreitet und wird unter Straffreiheit begangen, vor allem während der Haft in offiziellen und inoffiziellen Gefängnissen (AI 22.2.2017).
Es gibt zahlreiche Berichte darüber, dass pro-GNA (libysche Einheitsregierung, Government of National Accord) sowie anit-GNA Milizen, Einheiten der LNA (Libysche Nationalarmee, Libyan National Army), sowie Kämpfer des IS und anderer extremistischer Gruppen willkürliche und ungesetzliche Tötungen durchführen. Bewaffnete Gruppen unter Regierungskontrolle bzw. auch jene, die nicht unter Regierungskontrolle stehen, lassen Personen verschwinden (USDOS 3.3.2017; vgl. HRW 12.1.2017).
Quellen:
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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Libya, https://www.ecoi.net/local_link/336527/479199_de.html, Zugriff 17.10.2017
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FCO - Foreign and Commonwealth Office (20.7.2017): Human Rights and Democracy Report 2016 - CHAPTER VI: Human Rights Priority Countries - Libya,
https://www.ecoi.net/local_link/344417/487969_de.html, Zugriff 17.10.2017
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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Libya, http://www.ecoi.net/local_link/334710/463157_en.html, Zugriff 16.10.2017
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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): World Report 2017 - Libya, https://www.ecoi.net/local_link/337212/479975_de.html, Zugriff 17.10.2017
Korruption
Gesetzlich sind Strafen für behördliche Korruption vorgesehen. Die Regierung implementiert diese gesetzlichen Vorgaben jedoch nicht effektiv. Beamte sind Berichten zufolge korrupt und gehen dabei straffrei aus. Es gibt zahlreiche Berichte über Korruption im Bereich der Regierung aber diesbezügliche Untersuchungen werden nicht durchgeführt (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
-
USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): World Report 2017 - Libya, https://www.ecoi.net/local_link/337212/479975_de.html, Zugriff 17.10.2017
Allgemeine Menschenrechtslage
Die Aktionsmöglichkeiten für die zwischen 2011 und 2014 entstandene Zivilgesellschaft sind wegen des Konflikts sehr eingeschränkt. Die Zivilgesellschaft hat sich polarisiert, lagerübergreifender Einsatz für nationale Anliegen ist die Ausnahme. Repressionen gegen abweichende Meinungen gibt es insbesondere im Raum Tripolis. Bemerkenswert sind zahlreiche lokale Initiativen für Waffenstillstand und Gefangenenaustausch sowie zur Marginalisierung radikaler Akteure. Während sie in Westlibyen zum Teil zu konkreten Ergebnissen führten, waren sie im Süden (Gegend von Sebha und Kufra, Konflikt Tuareg/Tebu) bisher weniger erfolgreich (AA 6.2017a).
Die schwerwiegendsten Menschenrechtsprobleme resultieren aus der Abwesenheit effektiver Regierungsführung und Kontrolle, sowie aus mangelnden Justiz- und Sicherheitsinstitutionen. Dies führt zu Misshandlungen und Menschenrechtsverletzungen durch bewaffnete Gruppen, sowohl durch regierungstreue als auch durch oppositionelle, sowie durch Terroristen und Kriminelle (USDOS 3.3.2017).
Hauptleidtragende der Auseinandersetzungen sind die libysche Zivilbevölkerung sowie die ausländischen Flüchtlinge und Migranten, nicht nur infolge zahlreicher Angriffe auf zivile Ziele, sondern auch in Gestalt von irregulärer Haft, extralegalen Hinrichtungen, endemischer Folter (AA 6.2017a; vgl. HRW 12.1.2017, USDOS 3.3.2017), Unterdrückung der Meinungsfreiheit durch die verschiedenen Akteure (AA 6.2017a; vgl. USDOS 3.3.2017), willkürliche Angriffe und Gewaltanwendung (HRW 12.1.2017; vgl. USDOS 3.3.2017), sowie Entführungen und Verschwindenlassen (HRW 12.1.2017).
Etwa eine Million Libyer sollen als Folge der Konflikte das Land verlassen haben (AA 6.2017a). Die Zahl der Binnenflüchtlinge beläuft sich nach Erhebungen von UNHCR und IOM (International Organization for Migration) auf etwa 435.000 (AA 6.2017a; vgl. HRW 19.1.2017). In Libyen befinden sich geschätzte 1 bis 1,2 Millionen (Arbeits-)Migranten, überwiegend aus Ägypten sowie Sub-Sahara Afrika. Libyen ist Haupttransitland auf der zentralen Mittelmeerroute nach Italien (AA 6.2017a).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (6.2017a): Libyen - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Libyen/Innenpolitik_node.html, Zugriff 16.10.2017
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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Libya, http://www.ecoi.net/local_link/334710/463157_en.html, Zugriff 16.10.2017
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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): World Report 2017 - Libya, https://www.ecoi.net/local_link/337212/479975_de.html, Zugriff 17.10.2017
Haftbedingungen
Überbelegte Gefängnisse, in denen harte und lebensbedrohende Haftbedingungen herrschen, entsprechen nicht internationalen Standards und stellen ein signifikantes Risiko für das Wohl der Häftlinge dar. Viele Gefängnisse befinden sich nicht unter der Kontrolle der Regierung (USDOS 3.3.2017). Die Haftbedingungen variieren, in den meisten Gefängnissen mangelt es jedoch an medizinischen Einrichtungen und sauberen sanitären Anlagen (HRW 12.1.2017; vgl. USDOS 3.3.2017).
Quellen:
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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Libya, http://www.ecoi.net/local_link/334710/463157_en.html, Zugriff 16.10.2017
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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): World Report 2017 - Libya, https://www.ecoi.net/local_link/337212/479975_de.html, Zugriff 17.10.2017
Todesstrafe
Im Strafgesetz bestehen 30 Paragraphen, welche die Todesstrafe vorsehen (HRW 12.1.2017; vgl. AI 22.2.2017). Seit dem Sturz Gaddafis im Jahr 2011 haben zivile und militärische Gerichte die Todesstrafe verhängt (HRW 12.1.2017). Seit 2010 wurde, soweit bekannt, kein Todesurteil vollzogen (HRW 12.1.2017; vgl. AI 22.2.2017).
Quellen:
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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Libya, https://www.ecoi.net/local_link/336527/479199_de.html, Zugriff 17.10.2017
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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Libya, http://www.ecoi.net/local_link/334710/463157_en.html, Zugriff 16.10.2017
Bewegungsfreiheit
Die Verfassungserklärung anerkennt Bewegungsfreiheit, inklusive Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung, obwohl die Regierung die Möglichkeit hat, die Bewegungsfreiheit einzuschränken. Gesetzlich ist die Regierung dazu befugt, die Bewegungsfreiheit einer Person einzuschränken, wenn diese nach Ansicht der Behörde eine "Bedrohung der öffentlichen Sicherheit und Stabilität" darstellt, basierend auf den "früheren Handlungen oder Verbindungen zum ehemaligen Regime" der betreffenden Person (USDOS 3.3.2017).
Milizen kontrollieren regionale Verbindungswege effektiv durch bewaffnete Checkpoints. Checkpoints von Milizen, und jene von IS, Ansar al-Scharia und anderen extremistischen Organisationen, behindern die Bewegungsfreiheit im Land. In manchen Gebieten können v. a. Frauen nur mit männlicher Begleitung reisen. Es gibt Berichte darüber, dass Frauen ohne männlicher Begleitung auch von Flughäfen, die von pro-GNA (libysche Einheitsregierung, Government of National Accord) Milizen kontrolliert werden, nicht ausreisen können, obwohl eine männliche Begleitung nicht gesetzlich vorgeschrieben ist (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
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USDOS - U.S. Department of State (3.3.2017): World Report 2017 - Libya, https://www.ecoi.net/local_link/337212/479975_de.html, Zugriff 17.10.2017
Grundversorgung
Die libysche Wirtschaft leidet unter erheblichen Strukturmängeln:
Sie ist extrem abhängig vom Öl- und Gassektor, der 2013 70 Prozent des BIP, 99 Prozent der Exporte und 97 Prozent der Staatseinnahmen stellte. Der starke Rückgang des Weltmarktpreises hat extreme Auswirkungen, Ansätze zu einer Ausweitung der Privatwirtschaft wurden durch die krisenhafte Zuspitzung im 2. Halbjahr 2014 unterlaufen. Die Haushaltsausgaben fließen zu jeweils 40 Prozent in Gehälter und Subventionen. Sie sind gegenwärtig zu weniger als der Hälfte durch Einnahmen, sondern durch Aufbrauchen der Währungsreserven gedeckt. Die massiven Subventionen insbesondere von Benzin, Strom und Grundnahrungsmitteln belasten nicht nur den Staatshaushalt, sondern destabilisieren auch: Sie begünstigen den Schmuggel mit den Nachbarländern, der wiederum das Rückgrat zahlreicher Milizen darstellt. Der Arbeitsmarkt wird durch die (Beschwichtigungs-)Politik der unproduktiven Gehalts- bzw. Rentenzahlungen verzerrt, das Staatsbudget wird hierdurch erheblich belastet (AA 6.2017b).
Die (vor allem von der Zentralbank bestimmte) libysche Finanzpolitik zielt daher auf eine Reduzierung der Gehaltszahlungen (Vermeidung von Doppelzahlungen durch Bindung der Zahlungen an die sog. Nationale Identitätsnummer), Reduzierung der Subventionen (insb. bei Grundnahrungsmitteln) und Importrestriktionen für devisenträchtige Luxusimporte. In allen drei Bereichen gab es begrenzte Fortschritte. Deswegen konnte das Abschmelzen der Reserven gegenüber früheren Schätzungen etwas verlangsamt werden (auf ca. zwei Jahre, statt weniger Monate). Dennoch ist die Lage weiterhin kritisch. Die angespannte Haushaltslage führte zu Liquiditätsengpässen (Bargeld-Ausgabe an Automaten), zur restriktiven Erteilung von Akkreditiven, zu Kapitalflucht und zu einem starken Kursverfall des LYD (Schwarzmarkt). Ein hoher Anteil der staatlichen Gelder versickert zudem in der Korruption (AA 6.2017b).
Die einst reiche Nation ist nun mit einer Finanzkrise konfrontiert (LVAk 10.2016). Die konfliktbedingte Wirtschaftskrise hat zu einem rapiden Einbruch der Lebensverhältnisse geführt (AA 6.2017b; vgl. LVAk 10.2016). Besonders betroffen sind das Gesundheitswesen, das wegen Medikamentenmangel und Krankenhausschließungen in einem sehr prekären Zustand ist, sowie in einigen Landesteilen die Versorgung mit Lebensmitteln und sauberem Wasser. Schulen werden in mehreren Städten (u.a. Benghazi) zur Unterbringung von Binnenflüchtlingen genutzt und sind daher teilweise geschlossen (AA 6.2017b). Die Vereinten Nationen gehen in einem im November 2015 veröffentlichten Hilfsappell davon aus, dass 2,4 Millionen Libyer (1/3 der Wohnbevölkerung) hilfsbedürftig sind (AA 6.2017b; vgl. LVAk 10.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (6.2017b): Libyen - Wirtschaft & Umwelt, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Libyen/Innenpolitik_node.html, Zugriff 19.10.2017
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LVAk - Landesverteidigungsakademie Wien (10.2016): IFK Monitor:
Libyens Einheitsregierung - eine neue Hoffnung?
Medizinische Versorgung
Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht zu vergleichen und ist insbesondere außerhalb der Hauptstadt vielfach technisch, apparativ und/ oder hygienisch problematisch. Zunehmend gewalttätig ausgetragene Konflikte und die Ausreise des häufig ausländischen Pflegepersonals der staatlichen Krankenhäuser und privaten Kliniken stellen eine zusätzliche Belastung für das angeschlagene Gesundheitssystem dar (AA 16.10.2017).
Die konfliktbedingte Wirtschaftskrise hat zu einem rapiden Einbruch der Lebensverhältnisse geführt. Besonders betroffen sind das Gesundheitswesen, das wegen Medikamentenmangel und Krankenhausschließungen in einem sehr prekären Zustand ist (AA 6.2017b). Die Entwicklungen in Libyen haben große Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung gehabt, die nur noch als mangelhaft bezeichnet werden kann. Es herrscht darüber hinaus erheblicher Personalmangel im medizinischen Bereich (FD 16.10.2017b).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (16.10.2017): Libyen: Reisewarnung, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/LibyenSicherheit_node.html, Zugriff 16.10.2017
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AA - Auswärtiges Amt (6.2017b): Libyen - Wirtschaft & Umwelt, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Libyen/Innenpolitik_node.html, Zugriff 19.10.2017
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FD - France Diplomatie (16.10.2017b): Conseils par pays - Libye - Santé,
http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/libye/, Zugriff 16.10.2017"
1.4. Sonstige Berichte zur Situation in Libyen:
1.4.1. Aktuelle Situation in Libyen:
Aktuelle Berichte zeigen, dass sich die bereits seit Jahren volatile Sicherheitslage in Libyen seit der letzten Aktualisierung des Länderinformationsblattes im Oktober 2017 weiter zugespitzt hat. Alleine zwischen Jänner und Oktober 2018 wurde von der UN Support Mission in Libya der Tod von über 177.000 Todesopfern dokumentiert (vgl. dazu ACCORD Anfragebeantwortung "Informationen zur Sicherheitslage in Tripolis, Gharian und Zuwara; staatliche Kontrolle über die Gebiete" vom 28.03.2019). Insbesondere ist in den letzten Wochen ein Kampf um die Hauptstadt Tripolis entbrannt ist, der bereits zahlreiche Todesopfer gefordert hat. Die Truppen des Generals Khalifa Haftar versuchen, in die libysche Hauptstadt vorzudringen. Die Einheiten der international anerkannten libyschen Regierung und verbündete Milizen setzen alles daran, das zu verhindern. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden bei den Feindseligkeiten bisher mehrere Hundert Menschen getötet. Mehr als 50.000 Einwohner der Hauptstadt flohen aus ihren Häusern (vgl etwa Die Presse, Libyen: "Haftar muss seine Kämpfer aus Tripolis abziehen" vom 09.05.2019, abrufbar unter https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5625554/Libyen_Haftar-muss-seine-Kaempfer-aus-Tripolis-abziehen).
1.4.2. Anfragebeantwortung zu Li