Entscheidungsdatum
24.06.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I408 2203295-1/18E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX,
StA. ÄGYPTEN, vertreten durch: VEREIN MENSCHENRECHTE ÖSTERREICH, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Oberösterreich, vom
XXXX, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX, wurde gegen den bis 28.02.2016 aufenthaltsberechtigten Beschwerdeführer die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet. Die Verurteilung erfolgte, weil er unter dem Einfluss eines seine Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes, der auf einer anhaltend wahnhaften Störung (F22.0 ICD-10) beruht, seine damalige Ehefrau, von der er zwischenzeitlich einvernehmlich geschieden ist, gefährlich bedrohte, und zwar am 10.04.2015 durch die telefonische Äußerung "I will kill you" und am 30.12.2015 im Zuge eines Streitgeschehens, indem er sie mit beiden Händen würgte.
2. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.) und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Ägypten zulässig ist (Spruchpunkt III.). Zudem wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.), ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung die aufschieben Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).
3. Über seine bevollmächtigte Rechtsvertretung bekämpfte der Beschwerdeführer diesen Bescheid in vollem Umfang.
4. Mit ho. Beschluss vom 21.08.2018, I408 2203295-1/3Z, wurde der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
5. Mit einem handschriftlichen Schreiben vom 21.02.2019 schilderte der Beschwerdeführer die verfahrensgegenständlichen Vorfälle aus seiner Sicht.
6. Im Wege des Parteiengehörs vom 25.05.2019 wurden dem Beschwerdeführer die eingeholte psychiatrische Stellungnahme vom 31.10.2018, sein Antrag auf Rückkehrhilfe vom 04.03.2019 sowie die Mitteilung des ägyptischen Konsulates vom 29.02.2019 übermittelt.
7. Mit Stellungnahme vom 06.06.2019 stellte der Beschwerdeführer klar, dass von ihm bisher kein Antrag auf Rückkehrhilfe worden sei, kündigte aber an, dass er nach Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes bereit wäre, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zunächst wird der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
Der volljährige Beschwerdeführer ist ägyptischer Staatsbürger und hält sich aufgrund seiner Heirat mit einer österreichischen Staatsbürgerin seit 19.07.2010 im Bundesgebiet auf. Sein Aufenthaltstitel war bis 08.08.2016 befristet und wurde nicht mehr verlängert. Seine Identität steht fest.
Die Ehe des Beschwerdeführers, aus der zwei Kinder entstammen, wurde am 15.02.2016 einvernehmlich geschieden. Die ehemalige Ehefrau ist für beide Kinder zur Gänze Obsorge pflichtig.
Seit seiner Verurteilung am 17.10.2016 befindet sich in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher und wird dort betreut. Er leidet an einer wahnhaften Störung F22.0), Auswirkungen aufgrund des schädlichen Gebrauches von Cannaboiden F 12.1) und an Mb. Crohn (K 50.9). Die bisherige Behandlung hat nur eine minimale Verbesserung des psychiatrischen Zustandes ergeben, es besteht beim Beschwerdeführer in Bezug auf seine Erkrankung nur eine oberflächliche, partielle Einsicht und es ist eine Gefährdung der geschiedenen Ehefrau sowie der Kinder weiter anzunehmen.
In Ägypten verfügt der Beschwerdeführer über familiäre Anknüpfungspunkte, seine Eltern werden sich nach einer Rückkehr um ihn kümmern und eine medizinische sowie psychiatrische Weiterbehandlung gewährleisten. Es spricht daher nichts gegen eine Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat.
Der Beschwerdeführer hat in seiner Stellungnahme vom 06.006.2019 eine freiwillige Rückkehr in Aussicht gestellt und es haben sich auch keine sonstigen Anhaltspunkte ergeben, die gegen eine Rückführung sprechen würden. Ein schützenswertes Privatleben in Österreich besteht nicht.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den im Verfahrensgang angeführten Dokumenten und Unterlagen und werden zudem vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt.
Der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers gründet sich auf der, am 14.02.2019 übermittelten, psychiatrischen Stellungnahme vom 30.10.2018. Diesem Inhalt ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten.
Dass der Beschwerdeführer geschieden ist, seit Feber 2016 über keinen Aufenthaltstitel verfügt, strafgerichtlich verurteilt ist und seither in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher betreut wird, ergeben sich aus den Feststellungen der belangten Behörde und den dazu vorgelegten Unterlagen.
Die Feststellung, dass kein schützenswertes Privatleben des Beschwerdeführers vorliegt, gründet sich auf den verfahrensgegenständlichen Vorfällen und der seither bestehenden faktischen Trennung von seiner Familie.
Dass der Beschwerdeführer in Ägypten über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt und diese nach einer Rückkehr eine medizinische Betreuung gewährleisten, ist dem Schreiben des ägyptischen Konsulates vom 28.02.2019 zu entnehmen und erschließt sich zudem aus der Ankündigung des Beschwerdeführers, das Bundesgebiet freiwillig verlassen zu wollen.
Die Feststellung, dass nichts gegen eine Rückführung des Beschwerdeführers nach Ägypten spricht, ergibt sich ebenfalls aus dem o.a. Schreiben des ägyptischen Konsulates, wurde vom Beschwerdeführers nicht in Abrede gestellt und ist auch aus den aktuellen Länderberichten zu Ägypten nicht zu entnehmen. Zudem wurde eine Behandlungsmöglichkeit des Beschwerdeführers bereits von der belangten Behörde geprüft und das (positive) Ergebnis bliebt auch im Verfahren unbestritten.
Auch die Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung würde zu keiner entscheidungsrelevanten Sachverhaltsänderung führen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels (Spruchpunkt I)
Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG 2005 wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Aus der Beschwerde und auch aus dem Verwaltungsakt ergeben sich auch keine Hinweise, die nahelegen würden, dass die Erteilung einer solchen Aufenthaltsberechtigung in Betracht kommt. Der Beschwerdeführer hätte zudem im Falle des § 57 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 den Ausschlussgrund der rechtskräftigen Verurteilung wegen eines Verbrechens gegen sich gelten zu lassen.
3.2 Zur Rückkehrentscheidung
Nach § 52 Abs. 1 Z. 1 FPG ist eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn ein Drittstaatsangehöriger sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.
Aus den Feststellungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer seit Ablauf seines befristeten Aufenthaltstitels mit 28.02.2016 über kein Aufenthaltsrecht mehr verfügt und sich somit unrechtmäßig in Österreich aufhält. Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner Straffälligkeit zweifellos eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt.
Eine individuelle Abwägung der berührten Interessen ergibt, dass ein Eingriff in das Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig anzusehen ist.
Der Beschwerdeführer hält sich seit seiner Heirat 2010 im Bundesgebiet auf. Die Ehe ist geschieden und aufgrund seiner Verhaltensauffälligkeiten, der dazu ergangen strafgerichtlichen Verurteilung, seines Krankheitsbildes und seiner Behandlung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher seit 3 Jahren ist ein Familienleben de facto nicht mehr vorhanden.
Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat Verwandte in Form seiner Eltern, die bereit sind, für ihn zu sorgen und die Weiterführung der derzeitigen Behandlung gewährleisten. Der Beschwerdeführer ist in Ägypten aufgewachsen, hat den Großteil seines Lebens dort verbracht hat, ist mit den sprachlichen und kulturellen Gebräuchen vertraut und es besteht die Möglichkeit, alte oder neue soziale Kontakte zu pflegen.
Wie schon angeführt, verfügt der Beschwerdeführer in Österreich über kein Aufenthaltsrecht und ist mit seinem Verhalten gegenüber seinen hier lebenden Familienangehörigen straffällig geworden. Er lebt nun in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.
Kontakte mit den Kindern sind telefonisch, durch Austausch von Videoaufnahmen und Fotos sowie über elektronische Medien möglich.
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als zulässig anzusehen.
3.3 Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III):
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dies wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.
Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.
Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig betont die Rechtsprechung des VwGH jedoch unter Hinweis auf jene des EGMR, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174 und VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443 mwH). Nach den Feststellungen zu Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers und den Länderfeststellungen ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten würde.
Zur Feststellung, dass eine Abschiebung nach Ägypten zulässig ist, ist ausführen, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre. Hinzu kommt, dass seine Familie bereit ist, für den Beschwerdeführer zu sorgen und dass auch eine medizinische Behandlung gewährleistet ist.
3.4 Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt IV):
Nach § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt, und zwar grundsätzlich für bis zu 10 Jahre. Eine solche Tatsache, die auch bei der Bemessung der Dauer zu berücksichtigen ist, ist nach Abs. 3 Z. 1 die gerichtliche Verurteilung des Drittstaatsangehörigen zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zumindest sechs Monaten, eine solche zu einer unbedingten von mindestens drei Monaten, aber auch seine mehrfache Verurteilung wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen sowie nach Z. 2 seine Verurteilung wegen einer innerhalb von drei Monaten nach Einreise begangenen Vorsatztat.
Im gegenständlichen Fall befindet sich der Beschwerdeführer im Hinblick drauf, dass er seine strafgerichtlich relevanten Taten unter Einfluss eines seine Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen hat, in einer Anstalt für geistig abnorme Straftäter und steht dort in medizinischer Betreuung. Eine Besserung seines Zustandes konnte bisher nicht erzielt werden, sodass die Gefahr, die gegenüber seinen Familienangehörigen besteht und zur Einweisung geführt hat, weiterhin gegeben ist.
Insofern hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Verhältnismäßigkeit nicht verletzt, wenn es angesichts dieser Voraussetzungen das Einreiseverbot mit zehn Jahren bemisst.
Im vorliegenden Beschwerdefall hat sich daran nichts geändert, die dem Gericht eine Reduzierung der Befristung nahelegen würden. Es war daher die Beschwerde auch betreffend diesen Spruchpunkt IV abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Abschiebung, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:I408.2203295.1.00Zuletzt aktualisiert am
25.02.2020