TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/1 I422 2212164-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.07.2019
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Entscheidungsdatum

01.07.2019

Norm

BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 8
FPG §66
FPG §66 Abs1
FPG §66 Abs2
FPG §70 Abs3
NAG §55 Abs3
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I422 2212164-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX (alias XXXX), geb. XXXX, StA. Ägypten, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Stefan ERRATH, Untere Viaduktgasse 6/6, 1030 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein ägyptischer Staatsbürger, reiste mit einem Touristenvisum, ausgestellt von der belgischen Botschaft in Kairo, am 20.7.2015 legal in die Europäische Union ein und stellte am letzten Tag der Gültigkeit seines Visums am 14.08.2015 im Bundesgebiet der Republik Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 23.11.2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Ägypten als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und eine Rückkehrentscheidung erlassen. Weiters wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Ägypten zulässig ist. Eine Frist für seine freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgestellt. Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 15.02.2019, GZ: I416 2212164-1/2E, insofern statt, dass sie die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abwies und der Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte III., IV., V. und VI. Folge gab und diese Spruchpunkte behob. Begründend führte der erkennende Richter im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung mit einer rumänischen Staatsangehörigen verheiratet und somit begünstigten Drittstaatsangehörigen war. Die Frage der Zulässigkeit einer Aufenthaltsbeendigung ist im Hinblick auf einen begünstigten Drittstaatsangehörigen anhand der speziellen Bestimmungen in § 66 FPG bzw. § 67 FPG zu prüfen.

2. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer mit gegenständlichem Bescheid vom 16.05.2019, Zl. IFA 1082518406/190197949, gemäß § 66 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz (FPG) iVm § 55 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt I.) und erteilte ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG einen Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit dieser Entscheidung (Spruchpunkt II.).

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dem Beschwerdeführer die Aufrechterhaltung der Ehe aufgrund anhaltender Streitigkeiten, nicht zumutbar gewesen sei. Der Beschwerdeführer verwies auf die Bestimmung des § 55 Abs. 5 Z 4 NAG bei Scheidung der Ehe auch innerhalb von drei Jahren nach Eheschließung das Aufenthaltsrecht aufrecht bleibe, wenn es dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Interessen ein Festhalten an der Ehe nicht zugemutet werden kann. Dies müsse auch im gegenständlichen Fall Anwendung finden, zumal das Eheband formal noch aufrecht sei. Zudem sei er in Österreich bereits beruflich und auch sozial integriert, weshalb massive zu berücksichtigende private Interessen vorliegen würden, sodass gemäß § 54 Abs. 5 Z 4 NAG das Aufenthaltsrecht erhalten geblieben ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person und zum Aufenthalt des Beschwerdeführers:

Der volljährige, gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Ägypten. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer hat am 05.03.2016 die rumänischen Staatsbürgerin Georgiana-Anca CH[...] geheiratet und erhielt er am 24.05.2016 eine Aufenthaltskarte als Angehöriger eines EWR-Bürgers, gültig bis zum 24.05.2022. Der Beschwerdeführer lebt von seiner Ehegattin getrennt, die Ehe ist nicht geschieden. Der Beschwerdeführer hat keine Sorgepflichten.

Die Ehegattin hat seit 06.07.2017 keine aufrechte Meldeadresse mehr in Österreich und übt seit 18.07.2017 im Bundesgebiet auch keine legale Beschäftigung mehr aus.

Der Beschwerdeführer ist seit 27.08.2015 durchgehend in Österreich gemeldet. Er hält sich nach Wegzug seiner Ehegattin unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Die Familie des Beschwerdeführers bestehend aus seinen Eltern und seinen sechs Geschwister lebt nach wie vor in Ägypten. Der Beschwerdeführer steht im Kontakt mit seiner Familie. Der Beschwerdeführer verfügt über einen Maturaabschluss und studierte in Ägypten Islamwissenschaften. Der Vater des Beschwerdeführers sorgte für das Auskommen des Beschwerdeführers. Zudem erwirtschaftete sich der Beschwerdeführer zeitweise neben dem Studium als Bodenleger auf diversen Baustellen einen finanziellen Zuverdienst.

Der Beschwerdeführer geht in Österreich seit 06.09.2016 beinahe durchgehend einer Beschäftigung nach. In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Er weist in Österreich keine tiefgreifende Integration in sprachlicher, sozialer und kultureller Hinsicht auf.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft.

1.2. Zur Situation in Ägypten:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wurde im angefochtenen Bescheid das "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Ägypten mit Stand vom 02.05.2017 auszugsweise zitiert.

Grundversorgung und Wirtschaft

Subventionen zur Absicherung der Grundversorgung der ägyptischen Bevölkerung haben eine lange Tradition und zehren einen erheblichen Teil des Staatshaushaltes auf. Die Zurverfügungstellung von subventionierten Lebensmitteln (vor allem Brot) ist eine zentrale Aufgabe des Ministeriums für Binnenhandel. Es ist nach Aussagen der ägyptischen Regierung davon auszugehen, dass ca. 70 Mio. Menschen derzeit berechtigt sind, auf subventionierte Lebensmittel zuzugreifen. Die Verwaltung erfolgt durch familienbezogene elektronische Bezugskarten, die mit Punkten aufgeladen werden, die wiederum in staatlichen Supermärkten eingelöst werden können. Das Spektrum der in diesen Ausgabestellen verfügbaren Lebensmittel hat sich seit einer grundlegenden Reform des Systems seit Anfang 2014 deutlich verbreitert. Auch ist davon auszugehen, dass die tatsächliche Anzahl der Nutzer dieser Systems der Nahrungsmittelgrundversorgung deutlich unter der o.g. Zahl der Berechtigten liegt. Eine umfassende Neuregistrierung von tatsächlich bedürftigen Personen ist hiesigem Wissen nach noch nicht erfolgt. Nicht-Ägypter haben nach hiesiger Kenntnis keinen Zugang zu diesem System. Ein weiteres Instrument der sozialen Sicherung liegt im Mietrecht begründet. Für einen Großteil von Mietverträgen die in den 1950er und 1960er Jahren geschlossen wurden und seitdem innerhalb der Großfamilie weitergegeben wurden gilt noch eine Mietpreisbindung, die im Altbestand zu teilweise grotesk niedrigen Mieten führt. Für neue Verträge seit ca. 1990 gelten ohnehin die Gesetze des Marktes. Im Rahmen der Erschließung von Wüstenregionen wird ein gewisser Prozentsatz an Land und Wohnungen an arme Bevölkerungsteile verlost. Im Rahmen von zwei Sozialhilfeprogrammen KARAMA und TAKAFUL werden zudem verstärkte Schritte für eine gezielte Unterstützung der Ärmsten vorgenommen. Das Karama Projekt sieht monatliche Geldleistungen im Umfang von 40-80 USD an die Ärmsten der Armen sowie an ältere Menschen und Behinderte vor. Das konditionierte Takaful Projekt zielt auf die finanzielle Unterstützung von Familien mit Kindern ab, vorausgesetzt diese besuchen regelmäßig eine Schule. Darüber hinaus existiert ein zwar in seiner Leistungsfähigkeit beschränktes, aber funktionierendes Sozialversicherungssystem, welches Arbeitslosen-, Kranken-, Renten- und Unfallversicherungselemente enthält und von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam bezahlt wird. Die größten Probleme ergeben sich hier aus relativ geringen tatsächlichen Auszahlungen und der Nichterfassung der großen Anzahl an Personen ohne formelle Erwerbsaktivitäten (informeller Sektor) bzw. solche die arbeitslos sind. Einen erheblichen Beitrag zur sozialen Sicherung leisten karitative Einrichtungen, vornehmlich auf religiöser Basis und finanziert aus Spenden und wohltätigen Stiftungen. Insbesondere in den letzten zehn Jahren intensivieren nicht-staatliche Organisationen - oft mit internationaler Unterstützung - Unterstützungsmaßnahmen in allen Bereichen der Gesellschaft. Formale staatliche Institutionen für die Aufnahme von Rückkehrern sind hier nicht bekannt. Steigende Inflation und Subventionsabbau drohen die wirtschaftliche Situation vor allem der armen Segmente der Gesellschaft derzeit erheblich zu verschlechtern. Ob es gelingt, dem Unmut der Bevölkerung durch den Ausbau staatlicher Sozialhilfeprogramme entgegenzuwirken ist derzeit fraglich. Es zeichnet sich ab, dass Militär und auch Sicherheitsdienste in sozialen Bereichen, beispielsweise in der Verteilung von Lebensmitteln, einspringen und staatliche Aufgaben verstärkt substituieren (AA 15.12.2016).

Ägypten ist das nach Südafrika am stärksten industrialisierte Land Afrikas. Außerhalb der Ballungsgebiete spielt insbesondere die Landwirtschaft eine erhebliche Rolle. Der große informelle Sektor (v.a. Dienstleistungen; Schätzungen gehen von 30% des BIP aus) nimmt zudem einen Großteil der Arbeitskräfte auf. Bei einem Netto-Bevölkerungswachstum von jährlich rund zwei Millionen Menschen ist die Arbeitslosigkeit und insbesondere Jugendarbeitslosigkeit besonders hoch (offiziell wird die Jugendarbeitslosigkeit mit 28% angegeben, Schätzungen gehen von höheren Zahlen aus). Ägypten hat ein großes Interesse an ausländischen Direktinvestitionen und fördert diese gezielt. Zahlreiche Handelshemmnisse und Bürokratie schrecken potentielle Investoren jedoch ab. Staatliche Unternehmen sowie das ägyptische Militär spielen im Wirtschaftsleben eine starke Rolle. Jeder dritte Ägypter ist in der Landwirtschaft beschäftigt. Die landwirtschaftliche Nutzfläche erstreckt sich vor allem entlang des Nils sowie im Nildelta, macht aber nur rund vier Prozent der Gesamtfläche des Landes aus. Aufgrund der starken Parzellierung können viele Landwirte lediglich Subsistenzwirtschaft betreiben (AA 03.2017b).

Der Dienstleistungssektor ist der größte Wirtschaftssektor. Er bietet rund 50% der ägyptischen Arbeitskräfte eine Beschäftigung und trägt mit rund 49% etwa die Hälfte zum BIP bei. Mehr als 54 Millionen Ägypter sind im arbeitsfähigen Alter. Davon sind nach Angaben der ägyptischen Statistikbehörde CAPMAS knapp 27 Millionen auf dem Arbeitsmarkt, was einer Erwerbsquote von 49,5% entspricht. Die Erwerbsquote von Frauen ist mit rund 23% die niedrigste unter vergleichbaren arabischen Ländern, was v.a. mit der Arbeitsmarktstruktur, den niedrigen Löhnen, den langen Wartezeiten auf die von Frauen bevorzugten Jobs im öffentlichen Sektor sowie kulturellen Vorstellungen zu tun hat. Der ägyptische Arbeitsmarkt ist jung. 38% der ägyptischen Arbeitskräfte sind zwischen 15 und 29 Jahre alt. In den letzten Jahren drängten jährlich etwa 800.000 Ägypter neu auf den Arbeitsmarkt, was einer Wachstumsrate von ca. 3% entspricht. Die offizielle Arbeitslosenrate schwankte in den letzten zehn Jahren zwischen 9 und 10.5%. Unabhängige Schätzungen gehen jedoch von bis zu 30% Arbeitslosen aus da viele Arbeitswillige aus der engen Definition der Arbeitssuchenden herausfallen. Grundsätzlich gilt für Ägypten, dass Armut nicht mit Arbeitslosigkeit gleichgesetzt werden kann. Anders als die Nicht-Armen, die bei Arbeitslosigkeit auf die Unterstützung ihrer Familien zählen können, können es sich die Armen nicht leisten, über einen längeren Zeitraum kein wenn auch noch so niedriges Einkommen zu haben. (GIZ 03.2017b).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (15.12.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Ägypten, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1483948426_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-aegypten-stand-dezember-2016-15-12-2016.pdf, Zugriff 26.04.2017

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AA - Auswärtiges Amt (03.2017b): Ägypten - Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Aegypten/Wirtschaft_node.html, Zugriff 27.04.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (03.2017b): Liportal, Ägypten - Wirtschaft und Entwicklung, https://www.liportal.de/aegypten/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 02.05.2017

Medizinische Versorgung

Das grundlegend funktionierende Sozialversicherungssystem mit Elementen der Kranken- und Unfallversicherung ist eingeschränkt leistungsfähig. Eine minimale kostenlose Grund-versorgung ist gegeben. Notfälle werden behandelt; die Grundversorgung chronischer Krankheiten ist minimal und oft nur mit Zuzahlungen gegeben. Es gibt im Großraum Kairo über 100 staatliche Krankenhäuser, u. a. die Unikliniken Kasr El Aini und Ain Shams. Die Versorgung mit Medikamenten im örtlichen Markt ist ausreichend. Importe werden staatlich kontrolliert (AA 15.12.2016).

Mit fast 30 Ärzten pro 10.000 Einwohner (regionaler Schnitt 10/10.000) hat Ägypten eine vergleichsweise gute medizinische Versorgung. Die Möglichkeit der ambulanten Versorgung in privaten Kliniken oder Praxen ist in Kairo vielfältig. Etliche in Europa oder den USA ausgebildete Fachärzte und Professoren bieten oft nach ihrer Tätigkeit in den überlaufenen staatlichen Universitätskrankenhäusern nachmittags oder abends private Konsultationen an. Die Ausstattung der Praxen ist oft einfach, die Hygiene meistens nicht mit europäischen Verhältnissen vergleichbar und der Verkehrsstau vor dem Erreichen der Sprechstunde die Regel, so dass die ambulante Versorgung für einen Patienten sehr anstrengend sein kann. Das Fehlen der Allgemeinmedizin, des "praktischen Hausarztes" kann unter Umständen zur Überdiagnostik beim Facharzt führen, die ganzheitliche Versorgung des Kranken kann dabei zu kurz kommen. Eine Vielzahl von privaten Belegkrankenhäusern finden sich verteilt über die einzelnen Stadtteile der Millionenmetropole. Einige der renommierteren Privatkliniken haben über hundert Belegärzte, die meisten von ihnen sind an mehreren Häusern tätig. Fachabteilungen im eigentlichen Sinn (Chefarzt, Oberärzte, Assistenten) sind nicht vorhanden, das Pflegepersonal arbeitet täglich mit einer großen Anzahl unterschiedlicher Fachärzte zusammen. Gezielte Eingriffe sind durchaus möglich, die Ausstattung mit modernen medizinischen Geräten ist gut, Hygiene und pflegerische Versorgung aber oft nicht auf europäischem Niveau. Deshalb sollte auch grundsätzlich überlegt werden, ob selektive Eingriffe, bei denen man den Zeitpunkt selber bestimmen kann, in Kairo durchgeführt werden müssen. Die fachärztliche Kompetenz ist in den meisten Fällen gegeben, die Infrastruktur der privaten Belegkrankenhäuser lässt oftmals zu wünschen übrig. Das staatliche Rettungswesen, unter der Telefonnummer 123 zu erreichen, ist recht zuverlässig. Die Verständigung erfolgt auf Arabisch, eine ärztliche Begleitung wird nur auf begründeten Wunsch gewährt. Durch Stationierung an strategisch wichtigen Punkten der Stadt sind Krankenwagen trotz dichtem Verkehr oft erstaunlich schnell zur Stelle. Die akute Notfallversorgung wird im zuerst erreichbaren Krankenhaus erfolgen, wenn genügend Zeit zu Verfügung steht, kann auch eine andere Klinik angefahren werden, das muss gesondert bezahlt werden. Beste intensivmedizinische Versorgung findet sich je nach Wohngebiet der Entsandten im Dar El Fuad Hospital (6th of October), Misr International (Dokki, Zamalek, Mohandessin), Air Force Specialist Hospital (New Cairo), Saudi German Hospital (Heliopolis) und As Salam International (Maadi). Diese Krankenhäuser haben auch eigene, besser ausgestattete Ambulanzfahrzeuge zu Verfügung (DBK 06.2016).

Der Großteil der ägyptischen Bevölkerung ist über den Staat versichert. Problematisch ist, dass diese Versicherung an Ausbildung oder Arbeitsplatz gekoppelt ist, und Arbeitslose oder Arme daher ausschließt. Wegen der teils gravierenden Qualitätsmängel in der staatlichen Versorgung - mangelnde Hygiene oder vernachlässigte Wartung von Geräten ebenso wie unterbezahltes Personal - meidet, wer kann, die großen Krankenhäuser ohnehin zugunsten privater Kliniken (GIZ 03.2017).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (15.12.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Ägypten, http://www.ecoi.net/file_upload/4598_1483948426_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschieberelevante-lage-in-aegypten-stand-dezember-2016-15-12-2016.pdf, Zugriff 26.04.2017

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DBK - Deutsche Botschaft Kairo (06.2016): Medizinische Hinweise - Kairo,

http://www.kairo.diplo.de/contentblob/3865926/Daten/3348611/regarzt_medizinische_hinweise.pdf, Zugriff 26.04.2017

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (03.2017b): Liportal, Ägypten - Gesellschaft, https://www.liportal.de/aegypten/gesellschaft/#c89356, Zugriff 02.05.2017

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Der umseits unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dem vorangegangen unter der Zl. 1082518406 - 151088758/BMI-BFA_WIEN_AST_01 bzw. beim Bundesverwaltungsgericht unter GZ: I416 2212164-1 geführten Asylverfahren und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR), der Grundversorgung (GVS) und des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister (IZR) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Volljährigkeit, dem Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit sowie zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde. In Ermangelung der Vorlage eines identitätsbezeugenden Dokumentes steht die Identität des Beschwerdeführers nicht fest.

Die Feststellungen bezüglich der Eheschließung des Beschwerdeführers und seiner Aufenthaltskarte als Angehöriger eines EWR-Bürgers ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und der Einsichtnahme in das IZR. Im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde vom 07.11.2018 führte der Beschwerdeführer aus, dass er standesamtliche verheiratet sei und er eine Scheidung bislang noch nicht beantragt habe. Die Rückfrage der belangten Behörde beim Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ergab, dass der Beschwerdeführer keine Ehegattin mehr habe. Dies wurde im Beschwerdevorbringen nochmals bestätigt. Dass der Beschwerdeführer keine Sorgepflichten hat, resultiert aus seinen Angaben im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde.

Dass die Ehegattin des Beschwerdeführers seit 06.07.2017 keine aufrechte Meldeadresse mehr in Österreich mehr hat und sie im Bundesgebiet auch keiner legalen Beschäftigung nachgeht, leitet sich aus dem ZMR und dem Auszug des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger ab.

Der durchgehende Aufenthalt des Beschwerdeführers findet im Datenbestand des Zentralen Melderegisters eine Bestätigung und resultiert die Feststellung zur Unrechtmäßigkeit seines Aufenthaltes im Wegzug seiner rumänischen Ehegattin aus dem österreichischen Bundesgebiet.

Die Feststellungen bezüglich seiner Beschäftigung ergeben sich aus der Einsichtnahme in einen aktuellen Auszug des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Die Feststellungen bezüglich seiner familiären Anknüpfungspunkte in Ägypten und seiner Schulbildung sowie dem bisherigen Verdienst seines Lebensunterhaltes ergeben sich aus seinen Angaben seinen Angaben vor der belangten Behörde vom 13.02.2017 und vom 07.11.2018.

Dass der Beschwerdeführer in Österreich über keine familiären oder privaten Anknüpfungspunkte verfügt, begründet sich ebenfalls aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor der belangten Behörde. Hinsichtlich seiner Integration führte der Beschwerdeführer aus, dass er sich aktiv im ägyptischen Verein namens Nasy AI Masri aktiv einbringe und sich bemühe in einem Deutschkurs die Landessprache zu lernen. Zudem leite er gerade sein eigenes Unternehmen. Allfällige Dokumente oder Unterlagen, die seine Integration belegen wurden bislang nicht vorgelegt.

Die Feststellung bezüglich der strafgerichtlichen Unbescholtenheit entspricht dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.

2.3. Zur Situation in Ägypten:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Ägypten vom 02.05.2017 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Den Länderberichten und seine Quellen ist der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nicht entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

3.1.1. Zu den Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 11 FPG ist begünstigter Drittstaatsangehöriger der Ehegatte, eingetragene Partner, eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners eines EWR-Bürgers oder Schweizer Bürgers oder Österreichers, die ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen haben, in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, darüber hinaus, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, sowie eigene Verwandte und Verwandte des Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, insofern dieser Drittstaatsangehörige den unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, von dem sich seine unionsrechtliche Begünstigung herleitet, begleitet oder ihm nachzieht;

Gemäß § 66 Abs. 1 FPG können EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Gemäß § 54 Abs. 1 NAG sind Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51) sind und die in § 52 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Aufenthaltskarte für die Dauer von fünf Jahren oder für die geplante kürzere Aufenthaltsdauer auszustellen. Dieser Antrag ist innerhalb von vier Monaten ab Einreise zu stellen. § 1 Abs. 2 Z 1 gilt nicht.

Gemäß § 55 Abs. 1 und Abs. 2 NAG kommt EWR-Bürgern und ihren Angehörigen das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.

Der mit "Schutz des Privat-und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG lautet wie folgt:

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.

3.1.2. Zur Anwendung der Rechtsgrundlagen auf den gegenständlichen Fall:

Der Beschwerdeführer lebt seit 06.07.2017 von seiner rumänischen Ehegattin getrennt. Die Ehe ist bislang noch nicht geschieden und war diese zum Zeitpunkt des Wegzugs der Ehegattin des Beschwerdeführers auch noch nicht beantragt. Nachdem die Ehegattin des Beschwerdeführers seit 06.04.2017 keinen Wohnsitz mehr im Bundesgebiet hat und sie seit 18.07.2017 keine Beschäftigung mehr ausübt, verwies die belangte Behörde zu Recht darauf, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für einen weiteren Aufenthalt nach dem Unionsrecht nicht mehr erfüllt und stützte sich zu Recht auf die gesetzlichen Bestimmungen §§ 54 Abs. 1 iVm 55 Abs. 1 NAG.

Der Einwand des Beschwerdeführers, wonach sich die die belangte Behörde nicht mit der Trennung des Beschwerdeführers auseinandergesetzt habe und sich sein Aufenthaltsrecht aus den Bestimmungen in § 55 Abs. 5 Z 4 NAG ableiten lasse, geht im Lichte der nachtstehenden Ausführungen ins Leere:

Der Wegzug des Ehegatten bzw. die Trennung vom Ehegatten ist nicht mit einer Scheidung bzw. einer Aufhebung der Ehe oder einer Auflösung einer eingetragenen Partnerschaft im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen gleichzusetzen.

Des Weiteren führte der VwGH vom 15.03.2018, Ro 2018/21/0002 wie folgt aus: Mit dem Wegzug der Ehefrau des Fremden aus Österreich und danach erfolgter Einleitung des Scheidungsverfahrens wurde nicht nur das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht der Ehefrau des Fremden beendet, sondern auch sein davon abgeleitetes Aufenthaltsrecht. Eine spätere Berufung auf die Ehescheidung und die diesbezüglichen Ausnahmetatbestände des Art. 13 Abs. 2 der Freizügigkeitsrichtlinie bzw. des § 54 Abs. 5 NAG 2005 für eine Aufrechterhaltung des Aufenthaltsrechts des nunmehr geschiedenen drittstaatsangehörigen Ehemannes kommt dann nicht mehr in Betracht. Hierfür wäre es erforderlich gewesen, dass sich die mit dem Drittstaatsangehörigen verheiratete Unionsbürgerin bis zum Zeitpunkt der Einleitung des gerichtlichen Scheidungsverfahrens nach Maßgabe von Art. 7 Abs. 1 der Freizügigkeitsrichtlinie - fallbezogen als Arbeitnehmerin iSd § 51 Abs. 1 Z 1 erster Fall NAG 2005 - im sogenannten "Aufnahmemitgliedstaat" Österreich aufgehalten hätte (vgl. EuGH 30.6.2016, NA, C-115/15; EuGH (Große Kammer) 16.7.2015, Singh ua, C-218/14).

Wird durch eine Ausweisung in das Privat-oder Familienleben eines Fremden eingegriffen, so ist sie gemäß § 66 Abs. 1 FPG 2005 nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist eine gewichtende Gegenüberstellung der öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung mit dem persönlichen Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen. Dieses Interesse nimmt grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden zu. Die bloße Aufenthaltsdauer ist nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung der besagten persönlichen Interessen ist aber auch auf die Auswirkungen, die eine Ausweisung auf die familiären oder sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (VwGH 15.12.2011, 2010/18/0248).

Der Beschwerdeführer hält sich 2015, zunächst aufgrund seiner Asylantragsstellung und nach der Ehe mit der rumänischen Staatsangehörigen aufgrund eines Aufenthaltsrechts als Angehöriger von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Durch den Wegzug der Ehegattin im Juli 2017 wird sein Aufenthalt im Bundesgebiet unrechtmäßig. Dem Beschwerdeführer war bewusst, dass sich sein Aufenthaltsrecht von jenem seiner Ehe mit deiner rumänischen Staatsbürgerin ableitet. Er musste sich daher mit dem Wegzug bzw. der Trennung von seiner Ehegattin im Juli 2017 bewusst gewesen sein, dass sein Aufenthaltsstatus nicht sicher ist. Dass er familiäre Bindungen zum Bundesgebiet hat, wurde nicht vorgebracht und halten sich keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet auf. Mit der Erlassung einer Ausweisung ist ein nicht unerheblicher Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verbunden. Dahingehend ist zunächst positiv zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer in Österreich einer Beschäftigung nachgeht, er einen Deutschkurs besucht und den von ihm genannten Verein Nasy AI Masri unterstützt. Allerdings kann im Hinblick auf seinen vier Jahre andauernden Aufenthalt nicht von einem maßgeblichen und überdurchschnittlichen Grad an Integration gesprochen werden, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde. Demgegenüber hat der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, sprachliche und kulturelle Verbindungen und auch familiäre Anknüpfungspunkte. Seine Familie hält sich nach wie vor in Ägypten auf und besteht nach wie vor ein aufrechter Kontakt. Er verfügt über eine mehrjährige Schulausbildung und war dort zuletzt an einer Universität inskribiert. Zudem verfügt er in Ägypten über Berufserfahrung als Bodenleger. Vor diesem Hintergrund und dem Umstand, dass er auch in Österreich einer Beschäftigung nachgegangen ist davon auszugehen, dass er bei einer Rückkehr nach Ägypten seinen Lebensunterhalt bestreiten können sollte. Von einer vollkommenen Entwurzelung des Beschwerdeführers ist daher nicht auszugehe.

Ebenso wenig vermag die strafgerichtliche Unbescholtenheit seine persönlichen Interessen entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.3010, 2010/18/0029).

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich (bzw. Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber.

Ihm steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die schwach ausgebildeten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Bei einer gewichtenden Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen mit den gegenläufigen privaten Interessen hat sich bei einer Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls - auch unter Berücksichtigung der legalen Beschäftigung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet - ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung ergeben, da er sich erst ca. vier Jahre im Bundesgebiet aufhält und er keine familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet hat.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 70 Abs. 1 FPG werden die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Gemäß § § 70 Abs. 4 FPG ist der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, dass die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet.

In Ermangelung einer im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gelegenen raschen Ausreisenotwendigkeit war dem Beschwerdeführer eine Frist zur freiwilligen Ausreise im Ausmaß von einem Monat zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides als unbegründet, sodass sie gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (VwGH 28.05.2014, 2014/20/0017). Eine mündliche Verhandlung ist bei konkretem sachverhaltsbezogenem Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem VwG durchzuführen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/06/0050, mwN). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls durchzuführen zur mündlichen Erörterung von nach der Aktenlage strittigen Rechtsfragen zwischen den Parteien und dem Gericht (VwGH 30.09.2015, Ra 2015/06/0007, mwN) sowie auch vor einer ergänzenden Beweiswürdigung durch das VwG (VwGH 16.02.2017, Ra 2016/05/0038). § 21 Abs 7 BFA-VG erlaubt andererseits das Unterbleiben einer Verhandlung, wenn - wie im vorliegenden Fall - deren Durchführung in der Beschwerde ausdrücklich beantragt wurde, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0085; 22.01.2015, Ra 2014/21/0052 ua). Diese Regelung steht im Einklang mit Art 47 Abs 2 GRC (VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022).

Die vorgenannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Bundesverwaltungsgericht rund sechs Wochen liegen - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht zur Gänze angeschlossen. Das Beschwerdevorbringen wirft keine neuen oder noch zu klärenden Sachverhaltsfragen auf und richtet sich ausschließlich gegen die rechtliche Beurteilung. Er ist aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb keine neuen Beweise aufzunehmen waren. Daher konnte aufgrund der Aktenlage entschieden werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Ausweisung, Ausweisungsverfahren, Durchsetzungsaufschub,
Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Privat- und
Familienleben, private Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I422.2212164.2.00

Zuletzt aktualisiert am

26.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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