TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/4 I419 2220655-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.07.2019
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Entscheidungsdatum

04.07.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §18 Abs1 Z4
BFA-VG §18 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I419 2220655-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. NIGERIA, vertreten durch VEREIN MENSCHENRECHTE ÖSTERREICH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 04.06.2019, Zl. XXXX, in einer Asylangelegenheit zu Recht:

A) Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene

Bescheid dahingehend abgeändert, dass Spruchpunkt VI zu lauten hat:

"VI. Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung."

und Spruchpunkt VII ersatzlos aufgehoben wird.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist in Österreich geborener Sohn zweier volljähriger abgelehnter Asylwerber seiner Staatsangehörigkeit. Der Asylantrag seines nun dreijährigen Bruders gleicher Staatsangehörigkeit wurde ebenso abgelehnt. Alle drei genannten Ablehnungen hat dieses Gericht am 01.03.2018 bestätigt. Die Revisionen dagegen hat der VwGH zu Ra 2018/18/0177 ff zurückgewiesen.

Das BFA wies mit dem nunmehr bekämpften Bescheid - inhaltlich übereinstimmend mit den genannten Ablehnungen, wenn auch auf mehr Spruchpunkte verteilt - des Beschwerdeführers (nach Bekanntwerden seiner Existenz fingierten) Antrag auf internationalen Schutz betreffend die Status des Asylberechtigten sowie des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Nigeria als unbegründet ab (Spruchpunkte I und II), erteilte ihm keine Aufenthaltsberechtigung "besonderer Schutz", erließ wider ihn Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei (Spruchpunkte III bis V), wobei keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI), und aberkannte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung (Spruchpunkt VII).

Beschwerdehalber wird vorgebracht, zu den detaillierten Beschwerdegründen werde auf die Fluchtgründe der Familie verwiesen, es liege ein Familienverfahren vor. Im Herkunftsstaat, der sich "in der Mitte eines Bürgerkrieges" befinde, gebe es nur unzureichend Unterbringung für "benachteiligte und physisch behinderte Kinder", die Anzahl der Buben, die vor dem 5. Geburtstag stürben, übersteige jene bei den Mädchen, die Qualität des Unterrichts lasse "sehr zu wünschen übrig", Kinder seien oft Opfer von Gewalt, und jene, die "ohne elterliche Fürsorge auf der Straße leben", seien "mit einer Vielzahl von Problemen konfrontiert" und "zudem meist ungebildet".

Beantragt wurde unter anderem, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen, wobei mit Herkunftsstaat jener der Eltern des Beschwerdeführers gemeint ist, da auch dieser dessen Staatangehöriger ist:

1.1 Zur Person des Beschwerdeführers

Der katholische, gut sechs Monate alte Beschwerdeführer wohnt samt seinem Bruder bei seinen Eltern. Diese hatten bereits bei seiner Geburt kein Aufenthaltsrecht im Inland mehr. Er hatte bis zur Antragstellung nie ein Aufenthaltsrecht für mehr als 90 Tage. In der zweiten Maihälfte 2019 bekam er Nasentropfen, weil seine Nase rann. Er leidet an keiner schweren körperlichen oder psychischen Krankheit oder sonstigen Beeinträchtigung. Nach Aussage seines Vaters und (neben seiner Mutter) gesetzlichen Vertreters ist er von der rinnenden Nase abgesehen "sonst kerngesund". Sein Bruder ist gesund.

Im Herkunftsstaat leben seine Großeltern sowie die Geschwister seiner Eltern. Sein Vater ist gesund, Mitte 30 und arbeitsfähig, verfügt über eine fundierte, mehrjährige Schulausbildung und kann verschiedenste Tätigkeiten im Herkunftsstaat annehmen. Dieser hat sich in Österreich durch den Verkauf von Zeitungen etwas dazuverdient. Im Herkunftsstaat ging er nach sechs Schuljahren von Delta State nach Lagos und bestritt seinen Lebensunterhalt mit Gelegenheitsarbeiten und Unterstützung des Großvaters des Beschwerdeführers. Dem Vater ist es möglich, im Falle der Rückkehr den eigenen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt des Beschwerdeführers sowie jenen von dessen Bruder und Mutter zu bestreiten.

Diese, die Lebensgefährtin des Vaters, ist 27, stammt aus Benin City, hat nach kurzem Schulbesuch eine Lehre als Friseurin absolviert und arbeitete dann in der Landwirtschaft. Auch sie ist gesund und von der nötigen Betreuung des Beschwerdeführers und seines Bruders abgesehen, arbeitsfähig. Sie kann im Herkunftsstaat am Arbeitsmarkt erfolgreich teilnehmen, vorerst z. B. mit Heimarbeit, und so zum Lebensunterhalt der Familie beitragen. Es gibt keine Hinweise darauf, dass sie nicht zu ihren Angehörigen zurückkehren und diese in die Betreuungsaufgaben im Zusammenhang mit den Kindern einbinden könnte.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte, weist schon altersbedingt keine sprachlichen, sozialen oder integrativen Verfestigungen auf und kann aus demselben Grund seinen Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten.

1.2 Zur Lage im Herkunftsstaat

Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria vom 12.04.2019 zitiert. Im gegebenen Zusammenhang sind mangels sonstiger Bezüge zum Vorbringen die folgenden Informationen von Relevanz und werden festgestellt:

1.2.1 Sicherheitslage

Es gibt in Nigeria keine klassischen Bürgerkriegsgebiete oder -parteien (AA 10.12.2018). Im Wesentlichen lassen sich mehrere Konfliktherde unterscheiden: Jener von Boko Haram im Nordosten; jener zwischen Hirten und Bauern im Middle-Belt; sowie Spannungen im Nigerdelta (AA 10.12.2018; vgl. EASO 11.2018a) und eskalierende Gewalt im Bundesstaat Zamfara (EASO 11.2018a). Außerdem gibt es im Südosten zwischen der Regierung und Igbo-Gruppen, die für ein unabhängiges Biafra eintreten, (EASO 11.2018a; vgl. AA 10.12.2018), sowie zwischen Armee und dem Islamic Movement in Nigeria (IMN) Spannungen (EASO 11.2018a). [...]

1.2.2 Kinder

Die Rechte des Kindes werden in Nigeria nur unzureichend gewährleistet. Der Child Rights Act, mit dem die UN-Kinderrechtskonvention in nationales Recht umgesetzt werden soll, wurde bislang lediglich von 24 (AA 10.12.2018; vgl. UNICEF o. D.), nach anderen Angaben von 25 der 36 Bundesstaaten ratifiziert (USDOS 13.3.2019). Insbesondere die nördlichen Bundesstaaten sehen in einigen Bestimmungen (Rechte des Kindes gegenüber den eigenen Eltern, Mindestalter für Eheschließungen) einen Verstoß gegen die Scharia (AA 10.12.2018).

Der Child Rights Act sieht bei einer Eheschließung ein Mindestalter von 18 Jahren vor. Jene Bundesstaaten, die das Gesetz nicht ratifiziert haben, kennen kein Mindestalter für eine Eheschließung. Vor allem die nördlichen Bundesstaaten halten sich nicht an das offizielle Mindestalter auf Bundesebene (USDOS 13.3.2019). Kinderehen, in denen Mädchen in jungen Jahren mit zumeist älteren Männern verheiratet werden, sind folglich vor allem im Norden des Landes verbreitet (AA 10.12.2018; vgl. UNICEF o.D.). Insgesamt heiraten schätzungsweise 43 Prozent der Mädchen unter 18 Jahren und 17 Prozent unter 15 Jahren (AA 10.12.2018).

Mit traditionellen Glaubensvorstellungen verbundene Rituale und der in Bevölkerungsteilen verbreitete Glaube an Kinderhexen, führen zu teils schwersten Menschenrechtsverletzungen (Ausgrenzung, Aussetzung, Mord) an Kindern, insbesondere an Kindern mit Behinderungen (AA 10.12.2018; vgl. USDOS 13.3.2019). Entsprechende Fälle werden überwiegend aus der südlichen Hälfte Nigerias berichtet, besonders gehäuft aus dem Südosten und den Bundesstaaten Akwa Ibom und Edo (AA 10.12.2018).

Gesetzlich sind die meisten Formen der Zwangsarbeit verboten, und es sind ausreichend harte Strafen vorgesehen. Die Durchsetzung der Gesetze bleibt jedoch in weiten Teilen des Landes ineffektiv. Daher ist Zwangsarbeit - u.a. bei Kindern - weit verbreitet. Frauen und Mädchen müssen als Hausangestellte, Buben als Straßenverkäufer, Diener, Minenarbeiter, Steinbrecher, Bettler oder in der Landwirtschaft arbeiten (USDOS 13.3.2019).

1.2.3 Medizinische Versorgung

Insgesamt kann die Gesundheitsversorgung in Nigeria als mangelhaft bezeichnet werden (GIZ 4.2019b). Zwischen Arm und Reich sowie zwischen Nord und Süd besteht ein erhebliches Gefälle: Auf dem Land sind die Verhältnisse schlechter als in der Stadt (GIZ 4.2019b); und im Norden des Landes ist die Gesundheitsversorgung besonders prekär (GIZ 4.2019b; vgl. ÖB 10.2018). Die medizinische Versorgung ist vor allem im ländlichen Bereich vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch. In den großen Städten findet man jedoch einige Privatkliniken mit besserem Standard (AA 12.4.2019). Rückkehrer finden in den Großstädten eine medizinische Grundversorgung vor (AA 10.12.2018).

Es gibt sowohl staatliche als auch zahlreiche privat betriebene Krankenhäuser (AA 10.12.2018). Krankenhäuser sind bezüglich Ausstattung, Qualifikation des Personals und Hygiene nur in städtischen Zentren vereinzelt mit europäischem Standard vergleichbar. In größeren Städten ist ein Großteil der staatlichen Krankenhäuser mit Röntgengeräten ausgestattet, in ländlichen Gebieten verfügen nur einige wenige Krankenhäuser über moderne Ausstattung. Religiöse Wohltätigkeitseinrichtungen und NGOs bieten kostenfrei medizinische Versorgung (ÖB 10.2018).

In den letzten Jahren hat sich die medizinische Versorgung in den Haupt- und größeren Städten allerdings sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor deutlich verbessert. So ist mittlerweile insbesondere für Privatzahler eine gute medizinische Versorgung für viele Krankheiten und Notfälle erhältlich. Es sind zunehmend Privatpraxen und -kliniken entstanden, die um zahlungskräftige Kunden konkurrieren. Die Ärzte haben oft langjährige Ausbildungen in Europa und Amerika absolviert und den medizinischen Standard angehoben. In privaten Kliniken können die meisten Krankheiten behandelt werden (AA 10.12.2018).

Die Gesundheitsdaten Nigerias gehören zu den schlechtesten in Afrika südlich der Sahara und der Welt (ÖB 10.2018). Mit 29 Todesfällen pro 1.000 Neugeborenen hat Nigeria weltweit die elfthöchste Todesrate bei Neugeborenen (GIZ 2.2019). Die aktuelle Sterberate für Kinder unter fünf Jahren beträgt 109 Todesfälle pro 1.000 Lebendgeburten. Die Prozentsätze der Unterernährung (Global Acute Malnutrition) liegen in den nördlichen Staaten konstant über der Alarmschwelle von 10 Prozent. Gemäß Schätzungen von UNICEF unterliegen mehr als 1,3 Millionen Kinder unter fünf Jahren in Nordnigeria einem hohen Risiko von schwerer akuter Unterernährung (ÖB 10.2018).

Psychische bzw. psychiatrische Erkrankungen werden in der großen Mehrheit der Bevölkerung immer noch als spiritueller Natur entspringend angesehen. Dementsprechend werden die entsprechenden Patienten besonders im ländlichen Bereich spirituellen Heilern zugeführt. Betreut werden sie in der Regel in der Familie, wenn vorhanden. Viele psychisch Kranke leben auf der Straße, in abgelegenen Regionen werden als gefährlich angesehene Personen in den Dörfern auch gelegentlich noch angekettet. Für die stationäre Unterbringung gibt es in ganz Nigeria acht staatliche psychiatrische Kliniken, die einen Langzeitbereich haben, außerdem sind zahlreiche psychisch Langzeitkranke in gesonderten Bereichen in Gefängnissen untergebracht. Im Wesentlichen findet dort eine reine Verwahrung unter ausgesprochen ärmlichen Bedingungen statt (WPA o.D.). Es existiert also kein mit westlichen Standards vergleichbares Psychiatriewesen, sondern allenfalls Verwahreinrichtungen auf sehr niedrigem Niveau. Dort werden Menschen mit psychischen Erkrankungen oft gegen ihren Willen untergebracht, können aber nicht adäquat behandelt werden (AA 10.12.2018).

Insgesamt gibt es für die inzwischen annähernd 200 Millionen Einwohner 100 Hospitäler mit psychiatrischer Abteilung (VAÖB 23.1.2019). Laut anderen Angaben gibt es psychiatrische Abteilungen in 15 Universitätskliniken, acht staatlichen psychiatrischen Spitälern und sechs Allgemeinen Spitälern sowie 15 psychiatrischen Privatkrankenhäusern (WPA o.D.). Das in Lagos befindliche Federal Neuro Psychiatric Hospital Yaba bietet sich als erste Anlaufstelle für die Behandlung psychisch kranker Rückkehrer an. Die Kosten für einen Empfang durch ein medizinisches Team direkt am Flughafen belaufen sich auf ca. 195.000 Naira (ca. 570 Euro). Zudem ist an diesem Krankenhaus auch die stationäre Behandlung psychischer Erkrankungen mit entsprechender Medikation möglich (AA 10.12.2018).

Nigeria verfügt über 110 registrierte Psychiater (WPA o.D.); nach anderen Angaben sind es derzeit 130 für 200 Millionen Einwohner (Österreich 2011: 20 Psychiater/100.000 Einwohner). Bei Psychologen ist die Lage noch drastischer, hier kamen im Jahr 2014 auf 100.000 Einwohner 0,02 Psychologen (Österreich 2011: 80 Psychologen/100.000 Einwohner). Aufgrund dieser personellen Situation ist eine regelrechte psychologische/psychiatrische Versorgung für die große Mehrheit nicht möglich, neben einer basalen Medikation werden die stationären Fälle in öffentlichen Einrichtungen im Wesentlichen "aufbewahrt". Die Auswahl an Psychopharmaka ist aufgrund der mangelnden Nachfrage sehr begrenzt (VAÖB 23.1.2019).

Es gibt eine allgemeine Kranken- und Rentenversicherung, die allerdings nur für Beschäftigte im formellen Sektor gilt. Die meisten Nigerianer arbeiten jedoch als Bauern, Landarbeiter oder Tagelöhner im informellen Sektor. Leistungen der Krankenversicherung kommen schätzungsweise nur zehn Prozent der Bevölkerung zugute (AA 10.12.2018). Nur weniger als sieben Millionen der 180 Millionen Einwohner Nigerias sind beim National Health Insurance Scheme leistungsberechtigt (Punch 22.12.2017). Eine Minderheit der erwerbstätigen Bevölkerung ist über das jeweils beschäftigende Unternehmen mittels einer Krankenversicherung abgesichert, die jedoch nicht alle Krankheitsrisiken abdeckt (VAÖB 27.3.2019).

Wer kein Geld hat, bekommt keine medizinische Behandlung (GIZ 4.2019b). Selbst in staatlichen Krankenhäusern muss für Behandlungen bezahlt werden (AA 10.12.2018). Die Kosten medizinischer Betreuung müssen im Regelfall selbst getragen werden. Die staatlichen Gesundheitszentren heben eine Registrierungsgebühr von umgerechnet 10 bis 25 Cent ein: Tests und Medikamente werden unentgeltlich abgegeben, sofern vorhanden (ÖB 10.2018). Eine basale Versorgung wird über die Ambulanzen der staatlichen Krankenhäuser aufrechterhalten, jedoch ist auch dies nicht völlig kostenlos, in jedem Fall sind Kosten für Medikamente und Heil- und Hilfsmittel von den Patienten zu tragen, von wenigen Ausnahmen abgesehen (VAÖB 27.3.2019).

Die staatliche Gesundheitsversorgung gewährleistet keine kostenfreie Medikamentenversorgung. Jeder Patient - auch im Krankenhaus - muss Medikamente selbst besorgen bzw. dafür selbst aufkommen (AA 10.12.2018). In der Regel gibt es fast alle geläufigen Medikamente in Nigeria in Apotheken zu kaufen, so auch die Antiphlogistika und Schmerzmittel Ibuprofen und Diclofenac sowie die meisten Antibiotika, Bluthochdruckmedikamente und Medikamente zur Behandlung von neurologischen und psychiatrischen Leiden (AA 10.12.2018). Medikamente gegen einige weit verbreitete Infektionskrankheiten wie Malaria und HIV/AIDS können teilweise kostenlos in Anspruch genommen werden, werden jedoch nicht landesweit flächendeckend ausgegeben. Schutzimpfaktionen werden von internationalen Organisationen finanziert, stoßen aber auf religiös und kulturell bedingten Widerstand, überwiegend im muslimischen Norden (ÖB 10.2018).

Die Qualität der Produkte auf dem freien Markt ist jedoch zweifelhaft, da viele gefälschte Produkte - meist aus asiatischer Produktion - vertrieben werden (bis zu 25% aller verkauften Medikamente). Diese wirken aufgrund unzureichender Dosisanteile der Wirkstoffe nur eingeschränkt. Es gibt zudem wenig zuverlässige Kontrollen hinsichtlich der Qualität der auf dem Markt erhältlichen Produkte (AA 10.12.2018). Gegen den grassierenden Schwarzmarkt mit Medikamenten gehen staatliche Stellen kaum vor (ÖB 10.2018).

Der Glaube an die Heilkräfte der traditionellen Medizin ist nach wie vor sehr lebendig. Bei bestimmten Krankheiten werden eher traditionelle Heiler als Schulmediziner konsultiert (GIZ 4.2019b). Gerade im ländlichen Bereich werden "herbalists" und traditionelle Heiler aufgesucht (ÖB 10.2018).

1.2.4 Rückkehr

Generell kann kein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen festgestellt werden, welcher geeignet wäre, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Der pauschale Hinweis eines Asylwerbers auf die allgemein herrschende Situation in Nigeria reicht nicht aus, um eine Bedrohung i. S. v Art. 2 MRK, 3 MRK oder des Protokolls Nr. 6 oder 13 der EMRK darzustellen. Außerdem kann allgemein festgestellt werden, dass eine nach Nigeria zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird (ÖB 10.2018).

Abschiebungen erfolgen auf dem Luftweg, in Linien- oder Chartermaschinen. Rückführungen aus EU-Staaten erfolgen meist durch Charterflüge, die auch durch FRONTEX durchgeführt werden (AA 10.12.2018). Die österreichische Botschaft in Abuja unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation" (ÖB 10.2018). Ohne gültigen nigerianischen Pass oder einen von einer nigerianischen Botschaft ausgestellten vorläufigen Reiseausweis ist eine Einreise aus Europa kommender nigerianischer Staatsangehöriger nicht möglich. Dies gilt auch für zwangsweise Rückführungen (AA 10.12.2018).

Erkenntnisse darüber, ob abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen nicht vor. Verhaftung aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig rückkehrenden Asylwerbern sind nicht bekannt (AA 10.12.2018). Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen kaum Probleme erkennen (ÖB 10.2018). Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der zuständigen Behörde (Nigerian Immigration Service), manchmal auch von der NDLEA (National Drug Law Enforcement Agency) befragt (AA 10.12.2018) bzw. erkennungsdienstlich behandelt (ÖB 10.2018) und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen (AA 10.12.2018; vgl. ÖB 10.2018). Meist steigen sie in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Es kann jedoch nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit den Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist (ÖB 10.2018).

Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die NDLEA überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten (AA 10.12.2018). Aus menschenrechtlichen Erwägungen wird gegenüber nigerianischen Behörden als Grund für Abschiebungen stets "overstay" angegeben, da dieser kein strafrechtliches Delikt darstellt (ÖB 10.2018).

Staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige sind in Lagos und anderen Landesteilen grundsätzlich vorhanden. Sie sind jedoch in schlechtem Zustand, so dass z.B. eine ausreichende Versorgung dort nicht ohne weiteres gewährleistet ist. Internationale Akteure bemühen sich, neue Rückkehrer- bzw. Migrationsberatungszentren aufzubauen. Eine entsprechende Einrichtung von IOM in Benin-City, Edo State, wurde 2018 eröffnet. Gleichermaßen hat im Herbst 2018 in Lagos das Migrationsberatungszentrum der GIZ seinen Betrieb aufgenommen. Gemeinsam mit dem nigerianischen Arbeitsministerium wird dort über berufliche Perspektiven in Nigeria informiert (AA 10.12.2018).

1.3 Zum weiteren Vorbringen

Der Beschwerdeführer brachte durch seinen Vater vertreten vor, er habe dieselben Flucht- und Asylgründe wie dieser. Außerdem könne es sein, dass seine Krankheit, die rinnende Nase, sich aufgrund der Umwelteinflüsse im Herkunftsstaat verschlechtere und er sterben könnte. Die Leute dort könnten ihn auch umbringen, weil er nicht in Afrika geboren wurde. Die Leute, die auf der Suche nach dem Vater seien und diesem etwas antun wollten, könnten herausfinden, dass er dessen Sohn sei, und ihn umbringen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt werden würde. Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt. Der Beschwerdeführer wird zusammen mit seinen Eltern und seinem Bruder zurückkehren können.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Nigeria Verfolgung durch Personen droht, weil er seines Vaters Sohn oder weil er nicht in Afrika geboren ist.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsakts des BFA und des vorliegenden Gerichtsakts. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend eingeholt, und das Erkenntnis betreffen die Kernfamilie des Beschwerdeführers, I412 2177663-1/10E etc., eingesehen.

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zum Beschwerdeführer gründen sich auf dessen Geburtsurkunde, die Angaben des Vaters, die Feststellungen im genannten Vorerkenntnis und die unbestrittenen Feststellungen des BFA.

2.3 Zu den Länderfeststellungen:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie z. B. des UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Dem Beschwerdeführer hatte die Möglichkeit, durch seinen Vertreter zum Länderinformationsblatt Stellung zu nehmen (AS 54). Diese Gelegenheit nahm er nicht wahr, sondern erklärte, den Inhalt bereits zu kennen und keine weiteren Informationen zum Herkunftsstaat zu benötigen.

2.4 Zu den Fluchtgründen:

Seine Eltern haben die Geburt des Beschwerdeführers nicht wie vorgesehen innerhalb zweier Wochen dem BFA angezeigt, sondern wurden mehr als ein Monat nach dieser mit ihm bei einer fremdenpolizeilichen Kontrolle aufgegriffen, worauf die Fiktion eines Antrags auf internationalen Schutz eintrat. Tatsächlich haben die Eltern einen solchen nicht gestellt, was für sich genommen schon gegen einen Schutzbedarf spricht.

Im Kern stützt der Beschwerdeführer den vorliegenden Folgeantrag zudem auf die behauptete Verfolgung des Vaters und eine Verfolgung, die ihm nur wegen der Eigenschaft als dessen Sohn drohe. Nachdem im vorigen Verfahren bereits entschieden wurde, dass weder dem Vater noch der Mutter oder dem Bruder Asyl oder subsidiärer Schutz gebührt, weil keine dafür relevanten Gründe vorliegen, und der Bruder (der ja desselben Vaters Sohn ist) keine eigenen Fluchtgründe hat, war davon auszugehen, dass eine Verfolgung des Beschwerdeführers aus dem behaupteten Grund nicht anzunehmen ist.

Warum dem Beschwerdeführer wegen seiner Geburt außerhalb Afrikas Gefahr drohen solle, ist nicht nachvollziehbar, zumal dafür keine substantiierte Begründung erstattet wurde, und auch sein Bruder bereits in Österreich geboren ist, den betreffend nichts Derartiges vorgebracht oder festgestellt wurde.

Das Vorhandensein eines Bürgerkriegs wie es die Beschwerde allgemein behauptet, kann anhand der räumlich differenzierenden und mit Quellenangaben versehenen Länderberichte so nicht festgestellt werden, sondern nur die in 1.2.1 angeführten regionalen Konflikte.

Schließlich ist auch nicht erkennbar, worin der Zusammenhang zwischen der Situation des Beschwerdeführers nach Rückkehr seiner Familie mit ihm einerseits und den in der Beschwerde genannten Umständen wie Kindersterblichkeit, Obdachlosigkeit und mangelnde elterliche Fürsorge andererseits bestehen soll, die von der Homepage einer Hilfsorganisation zitiert wurden, welche "die konkrete Verbesserung der Lebensbedingungen [von Kindern weltweit] und die Einhaltung ihrer Grundrechte" als Zielsetzung angibt, wofür sie Spenden sammelt.

Zumal dieses Gericht bereits den Bruder betreffend keine derartigen Gefährdungen feststellte und entschieden hat, dass dessen Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können, dieser im anpassungsfähigen Alter sei und problemlos die Sprache des Herkunftslandes erlernen und mit den sozialen und kulturellen Gegebenheiten in Nigeria vertraut werden wird, ist kein Grund ersichtlich, warum das beim Beschwerdeführer anders sein sollte.

Schuldig bleibt der Beschwerdeführer auch eine konsistente Erklärung, warum eine (aus nicht vorgebrachten Gründen) rinnende Nase unter den Bedingungen des Herkunftsstaats zur tödlichen Krankheit werden sollte. Die Beschwerde erwähnt die Erkrankung nicht, sodass übereinstimmend mit dem BFA vom Fehlen einer schweren Krankheit oder sonstigen Beeinträchtigung ausgegangen wird.

Das Gericht bedenkt, dass die Kernfamilie des Beschwerdeführers nach dessen Geburt nun zwei Kleinkinder umfasst, was die Situation nach Rückkehr erschweren wird. Dennoch ist zu berücksichtigen, dass schon im Vorerkenntnis zur Rückkehrentscheidung des Bruders ausgeführt wird, dass sich die weiteren familiären Angehörigen der Eltern nach wie vor in Nigeria aufhalten. Wie festgestellt, sind das nicht nur alle Großeltern, sondern auch die Onkel oder Tanten des Beschwerdeführers, dessen Eltern zwar auch für sich und seinen Bruder zu sorgen haben, aber angesichts der komplett vorhandenen Verwandtschaft und auch der Ausbildungs- und berufsbedingten Sozialkontakte, die sie ebenso aktivieren können, durch den Beschwerdeführer nicht so stark zusätzlich belastet werden, dass diesem oder der Kernfamilie eine ausweglose oder existenzgefährdende Situation drohen würde.

Demgemäß war festzustellen, dass für den Beschwerdeführer im Rückkehrfall keine Verfolgung aus den genannten Gründen oder sonstige existentielle Bedrohung zu befürchten ist, der im Speziellen keine Verfolgung wegen seiner Eigenschaft als Sohn des Vaters zu erwarten hat.

3. Rechtliche Beurteilung:

Wenn ein drittstaatszugehöriges Kind eines Fremden in Österreich geboren wird, der sich nach rechtskräftigem Abschluss seines Asylverfahrens unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne dass sein Aufenthalt geduldet wäre, und dieser zu dessen Vertretung befugt ist, dann hat er die Geburt dem BFA nach § 17a Abs. 3 AsylG 2005 binnen zwei Wochen anzuzeigen.

Mit Einlangen dieser Anzeige oder sobald das BFA sonst Kenntnis von der Geburt erlangt, gilt gemäß § 17a Abs. 3 AsylG 2005 der Antrag auf internationalen Schutz für das Kind als gestellt und eingebracht, es sei denn, diesem kommt bereits ein Aufenthaltsrecht für mehr als 90 Tage nach dem Asyl- oder einem anderen Bundesgesetz zu.

Das BFA ist somit zurecht vom Vorliegen eines Antrags ausgegangen, über den es zu entscheiden hatte. Es ging dabei wie die Beschwerde davon aus, dass ein Familienverfahren vorliege.

In § 34 Abs. 1 AsylG 2005 ist festgelegt, dass ein Antrag auf internationalen Schutz, den ein Familienangehöriger eines Asylberechtigten (Z. 1), subsidiär Schutzberechtigten (Z. 2) oder Asylwerbers stellt (Z. 3), als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes gilt.

Familienangehörige sind nach § 2 Abs. 1 Z. 22 AsylG 2005 (neben bestimmten Ehegatten etc.) die Eltern und die bei Antragstellung minderjährigen ledigen Kinder von Asylwerbern, subsidiär Schutzberechtigten und Asylberechtigten. Weil das Asylverfahren der Eltern des Beschwerdeführers bereits vor dessen Geburt rechtskräftig und betreffend beide Status jeweils mit einer Abweisung beendet war, handelte es sich bei dessen Antrag um keinen eines Familienangehörigen in diesem Sinn. Demnach war - entgegen der Ansicht des BFA - kein "Familienverfahren" nach § 34 Abs. 4 AsylG 2005 zu führen, nach welchem grundsätzlich "alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang" erhalten müssen.

Die letztgenannte Bestimmung legt aber auch fest, dass Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen sind, sodass das BFA für den Beschwerdeführer die (jenseits des Anwendungsbereichs des Familienverfahrens ohnedies auch obligatorische) Einzelentscheidung vorzunehmen hatte, deren Überprüfung im Beschwerdeverfahren stattfindet.

Zu A) Teilstattgebung der Beschwerde

3.1 Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I):

3.1.1 Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der GFK droht, und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen, oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

3.1.2 Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, er werde wegen seiner Eigenschaft verfolgt, Sohn seines ebenfalls verfolgten Vaters zu sein, ist auf die Notwendigkeit zu verweisen, eine Verfolgung zumindest glaubhaft zu machen. Wie ausgeführt, ist das dem Beschwerdeführer nicht gelungen.

3.1.3 Im vorliegenden Fall liegt daher die Voraussetzung einer aktuellen Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht vor. Daraus ergibt sich rechtlich gesehen, dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat Nigeria keine Verfolgung nach Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK droht, und daher der Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides zu bestätigen ist.

3.2 Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II):

3.2.1 Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser Antrag in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur EMRK bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Nach § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 zu verbinden.

3.2.2 Selbst wenn man in Bezug auf die Bekämpfung der Terroristen der Boko Haram durch die staatlichen Sicherheitskräfte von einem innerstaatlichen Konflikt ausginge, wäre der überwiegende Teil Nigerias, vor allem der Süden, nicht von einem solchen betroffen und wie dargestellt auch fluchtweise erreichbar - und damit auch Lagos oder Benin City.

3.2.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach erkannt, dass auch die Außerlandes-schaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet. Gleichzeitig wurde jedoch unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EGMR betont, dass eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174 und VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443 mwH). Nach den Feststellungen zu Gesundheit und Arbeitsfähigkeit der Eltern des Beschwerdeführers, den Familien- und den Länderfeststellungen ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in eine existenzbedrohende Lage geraten würde.

Aufgrund all dessen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät, sodass auch der erstinstanzliche Ausspruch in Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.

3.3 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005, Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkte III bis V):

3.3.1 Nichterteilung eines Aufenthaltstitels (Spruchpunkt III)

Das in § 57 AsylG 2005 beschriebene Rechtsinstitut "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" begünstigt unter näher angeführten Umständen Drittstaatsangehörige, deren Aufenthalt seit mindestens einem Jahr geduldet ist, die in bestimmten Gerichtsverfahren benötigt werden oder als Opfer von Gewalt vor weiterer Gewalt geschützt werden müssen.

Von den alternativen Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Z. 1 bis 3 AsylG 2005 liegt hier weder eine vor, noch hat der Beschwerdeführer eine behauptet. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war diesem daher nicht zuzuerkennen.

3.3.2 Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV)

Wenn ein Antrag auf internationalen Schutz sowohl betreffend den Status des Asyl-, als auch jenen des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, wie im bekämpften Bescheid geschehen, ist nach § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG vorgesehen, dass das BFA eine Rückkehrentscheidung erlässt.

Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig ist.

Dabei ergibt im Fall des Beschwerdeführers eine individuelle Abwägung der berührten Interessen, dass ein Eingriff in dessen Privatleben durch eine Außerlandesbringung als im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK verhältnismäßig anzusehen ist.

Der Beschwerdeführer hat kein Familienleben außerhalb der Kernfamilie im Bundesgebiet. Diese ist gleichermaßen von der Rückkehrentscheidung und Ausreisepflicht betroffen. Die Rückkehr der Kernfamilie kann gemeinsam erfolgen, sodass kein relevanter Eingriff in das Familienleben anzunehmen ist. Zu prüfen war daher ein etwaiger Eingriff in sein Privatleben. Unter den gegebenen Umständen kann vom Vorhandensein eines Privatlebens über den Umstand der Verabreichung von Nasentropfen hinaus kaum ausgegangen werden, zumal der Beschwerdeführer erst wenige Monate alt ist und keine Beeinträchtigungen aufweist.

Nach der genannten Anwesenheitsdauer kann auch nicht von einer Aufenthaltsverfestigung ausgegangen werden. Zudem beruhte der Aufenthalt auf einem Asylantrag, der unbegründet war, weshalb sich die (für die Dauer des Aufenthalts ursächlich hier verbliebenen) Eltern des Beschwerdeführers dessen unsicheren Aufenthalts bewusst sein mussten.

Dem allenfalls bestehenden Interesse des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich stehen öffentliche Interessen gegenüber. Zuerst steht ihm das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel anwesend sind - gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz - auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden.

Im Fall des Beschwerdeführers kommt dazu die festgestellte Mittellosigkeit, die ebenso gravierend für dessen Rückkehr in den Herkunftsstaat spricht wie die Ausreisepflicht seiner Eltern und seines Bruders.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.

3.3.3 Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt V)

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, die Festlegung eines solchen Staates wäre aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich.

Die Abschiebung in einen Staat ist nach § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden, oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative.

§ 50 Abs. 3 FPG erklärt die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Es liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Nigeria einer realen Gefahr der Folter, der unmenschlichen Strafe oder Behandlung oder der Todesstrafe ausgesetzt wäre.

Es fehlt auch jedes Indiz dafür, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt Gefahr laufen würde in seinem Leben beeinträchtigt oder gar getötet würde. Zudem liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und damit die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre.

Der Beschwerdeführer wird aufgrund seines Alters und seines Gesundheitszustandes in der Lage sein, in Nigeria zumindest notdürftig leben zu können, wenn er dorthin mit seinen Eltern zurückkehrt. Er wird nicht ohne diese dorthin verbracht werden.

Die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz werden jedenfalls im konkreten Fall gedeckt werden können. Es genügt nicht für die Annahme, der Beschwerdeführer würde nach seiner Rückkehr keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können, dass er möglicherweise in Österreich wirtschaftlich besser leben kann als im Herkunftsland. Somit fehlen im vorliegenden Fall Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Zudem besteht in Nigeria keine so extreme Gefahrenlage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne der Art. 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention ausgesetzt wäre.

Warum der Beschwerdeführer also im Herkunftsstaat, dessen Sprache seine Eltern sprechen und in dem sie aufwuchsen und sozialisiert wurden, in existenzielle Schwierigkeiten geraten sollte, ist nicht substantiiert begründet und auch nicht sonst erkennbar.

Stichhaltige Gründe für die Annahme, dass in Nigeria das Leben des Beschwerdeführers oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht neu behauptet.

Eine der Abschiebung nach Nigeria entgegenstehende Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte besteht nicht.

Daher erwiesen sich die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung als rechtmäßig und die Beschwerde daher insoweit als unbegründet.

Die Beschwerde war daher auch betreffend die Spruchpunkte III, IV und V abzuweisen.

3.4 Zur Ausreisefrist (Spruchpunkt VI):

Aus § 55 Abs. 1a FPG ergibt sich, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht besteht, wenn eine Entscheidung aufgrund eines Verfahrens nach § 18 BFA-VG durchführbar wird, also nach Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde, was hier - nach dem Spruchpunkt VII des angefochtenen Bescheides - zutraf.

Wie sogleich gezeigt wird, hat aber das BFA des § 18 Abs. 1 BFA-VG zu Unrecht angewendet. Da die vorliegende Entscheidung den Spruchpunkt VII aufhebt, mit dem das BFA die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde aberkannt hat, tritt die in § 55 Abs. 1a FPG vorgesehene Rechtsfolge nicht ein.

Gemäß § 55 Abs. 2 FPG war die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft festzulegen, weil keine Hinweise auf besondere Umstände vorliegen, die der Beschwerdeführer bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, und daher auch keine auf solche, welche die Gründe der Rückkehrentscheidung überwögen.

Spruchpunkt VI war demnach wie geschehen zu ändern.

3.5 Zur aufschiebenden Wirkung der Beschwerde (Spruchpunkt VII):

Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das BFA die aufschiebende Wirkung unter anderem dann aberkennen, wenn der Beschwerdeführer keine Verfolgungsgründe vorgebracht hat (§ 18 Abs. 1 Z. 4 BFA-VG), wovon das BFA im vorliegenden Fall ausging.

Demgegenüber erweisen die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer bereits beim BFA vorgebracht hat, wegen seiner Geburt außerhalb Afrikas sowie wegen der Eigenschaft, Sohn seines verfolgten Vaters zu sein, nach Rückkehr Gefahr zu laufen, getötet zu werden. Zudem hat er die Befürchtung vorgebracht, im Herkunftsstaat schwerer zu erkranken oder gar deshalb zu sterben.

Ungeachtet dessen, dass die genannten Vorbringen zu keiner für den Beschwerdeführer günstigen Entscheidung führten, kann nicht gesagt werden, dass dieser oder sein Vater für ihn keine Verfolgungsgründe vorgebracht habe. So ist schon die behauptete Verfolgungsgefahr wegen der Abstammung als eine solche zu verstehen, die auf der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe Familie beruht.

Es hat sich nicht ergeben, dass einer der anderen, abschließend aufgezählten (EBRV 2144 BlgNR 24 GP, 13) Tatbestände des § 18 Abs. 1 BFA-VG erfüllt wäre. Insbesondere kann betreffend Z. 5 das Vorbringen zur Bedrohungssituation nicht als "offensichtlich nicht den Tatsachen" entsprechend angesehen werden, weil dafür nach der anwendbaren Rechtsprechung zu § 6 Z. 3 AsylG 1997 Umstände vorliegen müssen, die besonders deutlich die Unrichtigkeit der erstatteten Angaben vor Augen führen. Es muss unmittelbar einsichtig ("eindeutig", "offensichtlich") sein, dass die abgegebene Schilderung tatsächlich wahrheitswidrig ist. Dieses Urteil muss sich gleichsam "aufdrängen", der (die) dazu führende(n) Gesichtspunkt(e) muss (müssen) klar auf der Hand liegen. (Vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0214 mwH)

Wie die Beweiswürdigung zeigt, war das unmittelbare und sofortige Verneinen jeder behaupteten Gefahr nicht in diesem Sinne möglich. Auch das BFA hat diesen Tatbestand nicht angenommen. Die Beschwerde erweist sich daher den Spruchpunkt VII betreffend als begründet, sodass ihr dazu stattzugeben und dieser Spruchpunkt aufzuheben war.

Nach § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom BFA aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Ein Antragsrecht, das auf diese Entscheidung gerichtet wäre, ist nicht vorgesehen. Der in der Beschwerde gestellte Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung erweist sich damit als unzulässig, weshalb er mit Beschluss zurückzuweisen wäre, würde er nicht mit der Erlassung der vorliegenden inhaltlichen Entscheidung ohnehin gegenstandslos (vgl. VwGH 30.01.2015, Ra 2014/02/0174, mwH).

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Gravität von Notlagen im Zusammenhang mit Art. 3 EMRK nach Rückkehrentscheidungen oder zur Offensichtlichkeit unwahrer Verfolgungsbehauptungen.

Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.

4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine mündliche Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung relevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist.

Außerdem muss die Verwaltungsbehörde ihre die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Gericht diese tragenden Erwägungen in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüberhinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Die genannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch die belangte Behörde vollständig erhoben und weist - aufgrund des Umstandes, dass zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Gericht rund ein Monat liegt - die gebotene Aktualität auf. Der Beweiswürdigung durch die belangte Behörde hat sich das Gericht zur Gänze angeschlossen.

Das Gericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer oder seinen ihn gesetzlich vertretenden Eltern verschaffen, da es sich um einen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 mwH).

Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.

Schlagworte

Abschiebung, Asylantragstellung, asylrechtlich relevante Verfolgung,
Asylverfahren, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz,
Aufenthaltstitel, aufschiebende Wirkung, aufschiebende Wirkung -
Entfall, begründete Furcht vor Verfolgung, berücksichtigungswürdige
Gründe, Bürgerkrieg, ersatzlose Behebung, Familienangehöriger,
Familienverfahren, Fluchtgründe, freiwillige Ausreise, Frist,
Glaubhaftmachung, Glaubwürdigkeit, Interessenabwägung, Kassation,
Mittellosigkeit, öffentliche Interessen, Privat- und Familienleben,
private Interessen, real risk, reale Gefahr, Rückkehrentscheidung,
Spruchpunktbehebung, subsidiärer Schutz, Verfolgungsgefahr,
Verfolgungshandlung, wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I419.2220655.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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