TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/8 W214 2200485-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.07.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

08.07.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
FPG §92 Abs1 Z5
FPG §93 Abs1 Z1
FPG §94
FPG §94 Abs1
FPG §94 Abs5
StGB §212
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W214 2200485-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SOUHRADA-KIRCHMAYER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.05.2018, Zl. XXXX , bezüglich der Entziehung eines Konventionspasses nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.05.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG nach Maßgabe abgewiesen, dass der erste Satz des Spruches zu lauten hat:

"Gemäß § 94 Absatz 1 und 5 iVm 93 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wird Ihnen der Konventionsreisepass, Passnummer K XXXX , entzogen."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsbürger, reiste am 15.01.1991 mit einem syrischen Reisedokument und einem gefälschten Visum in das Bundesgebiet ein.

2. Am 16.01.1991 stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz.

3. Mit Bescheid vom 07.06.1991, Zl. FrA-1083/91 wurde der Antrag des Beschwerdeführers von der Sicherheitsdirektion XXXX abgewiesen.

4. Der Beschwerdeführer brachte fristgerecht Beschwerde ein und es wurde mit Bescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 19.08.1992, ZL 4.312.312/2-III/13/91 seinem Antrag auf internationalen Schutz stattgegeben.

5. Auf dieser Grundlage wurde dem Beschwerdeführer zuletzt von der belangen Behörde am 18.02.2016 ein Konventionspass mit der im Spruch genannten Nummer ausgestellt.

6. Am 28.12.2017 wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) von der rechtskräftigen Verurteilung (Landesgericht für Strafsachen XXXX und Oberlandesgericht XXXX ) in Kenntnis gesetzt.

7. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21.02.2018 wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 wurde ihm der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV). Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Syrien wurde gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG 2005 und § 52 Abs. 9 FPG für unzulässig erklärt (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein Einreiseverbot von 10 Jahren erlassen (Spruchpunkt VII.).

Gegen die Spruchpunkte I- bis IV. und VI. bis VII. dieses Bescheides wurde Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

8. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 16.04.2018 wurde dem Beschwerdeführer die beabsichtigte Entziehung seines Konventionsreisepasses zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt.

9. Dazu gab der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 23.04.2018 eine Stellungnahme ab.

Darin leugnete er, die Straftat, derentwegen er verurteilt wurde, begangen zu haben. Weiters verwies er auf seine Familie in Österreich und auf seine bisherigen Tätigkeiten und bat darum, ihm seinen Konventionspass nicht zu entziehen. Es sei in keinem Zeitraum seines Aufenthaltes in Österreich jemals die innere oder die äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet (gewesen).

10. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 30.05.2018 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 iVm § 92 Abs. 1 Z 5 FPG der Konventionsreisepass entzogen. Dazu führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom 25.07.2017, bestätigt am 19.12.2017 durch das Oberlandesgericht XXXX , gemäß § 206 Abs. 1 StGB und § 212 Abs. 1 Z 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden sei. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21.02.2018 sei ihm der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 aberkannt worden. Ein Beschwerdeverfahren gegen den Bescheid sei beim Bundesverwaltungsgericht anhängig. Es handle sich beim vom Beschwerdeführer begangenen Delikt um ein besonders schweres Verbrechen. Gemäß der entscheidenden Behörde stelle der Beschwerdeführer weiterhin eine potentielle Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Es könne daher keine positive Zukunftsprognose für das weitere Wohlverhalten des Beschwerdeführers abgegeben werden.

Gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 93 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 sei ein Konventionspass zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, welche die Versagung der Ausstellung des Konventionsreisepasses rechtfertigen würden. Gemäß § 94 Abs. 5 iVm § 92 Abs. 1 Z 5 FPG sei vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Konventionsreisepasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde. Die Versagungsgründe des § 92 FPG seien nicht taxativ angeführt.

Im gegenständlichen Fall seien nachträglich Tatsachen bekannt geworden, die gemäß § 93 Abs. 1 Z 1 FPG die Versagung der Ausstellung eines Konventionsreisepasses rechtfertigen würden.

Von der belangten Behörde könne derzeit keine positive Zukunftsprognose für ein weiteres Wohlverhalten abgegeben werden. Außerdem werde von der belangten Behörde befürchtet, dass der Beschwerdeführer die in Österreich begangene Straftat auch im Ausland verüben und dadurch das Ansehen Österreichs im Ausland schädigen könnte. Daher sei mit einer Auslandsreise des Beschwerdeführers auch eine Gefährdung der inneren und äußeren Sicherheit Österreichs verbunden.

11. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, darin wurde ausgeführt, dass die von der belangten Behörde vorgenommene Subsumierung unter § 92 Abs. 1 Z 5 FPG rechtlich falsch sei, da der Beschwerdeführer keine solchen Delikte begangen habe und wegen solcher Delikte nicht angeklagt sei. Somit werde beantragt, der Beschwerde stattzugeben und den Bescheid der belangten Behörde zu beheben.

12. Im Verfahren W214 2190609-1 (u. a. Aberkennungsverfahren von Asyl) wurde gemeinsam mit dem gegenständlichen Verfahren am 07.05.2019 eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht abgehalten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. ausgeführte Verfahrensgang wird den Feststellungen zugrunde gelegt.

Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. W214 2190609-1/28E wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 21.02.2018 betreffend Aberkennung des Asylstatus als unbegründet abgewiesen.

2. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich unstrittig aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt zu dem im Spruch genannten Bescheid, der Beschwerdeschrift und dem hg. Gerichtsakt W214 2190609-1.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einfachgesetzlicher materienspezifischer Sonderregelung liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF (VwGVG), geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 idgF (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 173/1950 idgF (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29/1984 idgF (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn (Z 1) der der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder (Z 2) die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

2.2. Zu A) Abweisung:

Gemäß § 94 Abs. 1 FPG sind Konventionsreisepässe Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen.

Gemäß § 94 Abs. 5 FPG gelten die §§ 88 Abs. 4 sowie 89 bis 93 sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle eines Fremdenpasses der Konventionsreisepass tritt.

Gemäß § 93 Abs. 1 Z 1 FPG idgF ist ein Fremdenpass zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, welche die Versagung der Ausstellung des Fremdenpasses rechtfertigen würden.

Gemäß § 93 Abs. 2 FPG sind vollstreckbar entzogene Fremdenpässe dem Bundesamt unverzüglich vorzulegen. Sie stellen keine gültigen Reisedokumente dar.

Wie dargestellt wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 26.02.2018 der mit Bescheid vom 07.06.1991 zuerkannte Status des Asylberechtigten rechtskräftig aberkannt. Eine Beschwerde vom 20.03.2018 gegen u.a. den Asyl aberkennenden Spruchteil des Bescheides wurde mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. W214 2190609-1/28E, als unbegründet abgewiesen.

Somit steht fest, dass der Bescheid vom 26.02.2018 rechtskräftig geworden ist und dem Beschwerdeführer somit der Status des Asylberechtigten nicht mehr zukommt.

Gemäß § 94 Abs. 1 FPG sind Konventionsreisepässe (jedoch lediglich) Fremden auszustellen, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt.

Durch die Aberkennung von Asyl sind nachträglich Tatsachen eingetreten, welche die Versagung der Ausstellung des Fremdenpasses rechtfertigen würden, weshalb der Tatbestand des § 93 Abs. 1 Z 1 FPG erfüllt ist. Die Voraussetzungen des § 94 Abs. 1 FPG sind somit nicht mehr gegeben.

Soweit die belangte Behörde ihren Bescheid (auch) auf § 92 Abs. 1 Z 5 FPG gründet, so ist dem Beschwerdeführer darin beizupflichten, dass dieser Tatbestand nicht erfüllt ist. Bei derartigen Delikten ist nach Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht [2016), Seite 1302, insbesondere an "strafrechtlich relevante Delikte gegen die Sicherheit des Staates (Angriff auf die obersten Organe) sowie an Gefahren für die militärische/äußere Sicherheit des Staates" zu denken. Die Judikatur subsumiert weiters bestimmte Verstöße gegen das Verbotsgesetz unter diesen Tatbestand. Der Beschwerdeführer hat jedoch nach den Feststellungen kein solches Delikt begangen.

Insofern war der Spruch des angefochtenen Bescheides abzuändern. Dies ändert freilich nichts daran, dass die Beschwerde bereits aufgrund der oben genannten Bestimmunen abzuweisen war.

2.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aberkennung des Status des Asylberechtigten, besonders schweres
Verbrechen, Entziehung, Entziehungsbescheid, Entziehungsgrund,
Konventionsreisepass, mündliche Verhandlung, negative Beurteilung,
Rechtskraft der Entscheidung, Sicherheit, Straffälligkeit,
strafrechtliche Verurteilung, Versagungsgrund, Zukunftsprognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W214.2200485.1.00

Zuletzt aktualisiert am

25.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten