TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/11 W131 2219333-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.07.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

11.07.2019

Norm

BVergG 2018 §141 Abs1 Z7
BVergG 2018 §2 Z15
BVergG 2018 §20 Abs1
BVergG 2018 §328
BVergG 2018 §347 Abs1 Z2
BVergG 2018 §80 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W131 2219333-2/33E

Schriftliche Ausfertigung des am 02.07.2019 verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK als Vorsitzenden, durch die fachkundige Laienrichterin MMag Dr Annemarie MILLE als Beisitzerin der Auftragnehmerseite und durch den fachkundigen Laienrichter Mag Franz PACHNER als Beisitzer der Auftraggeberseite betreffend das Vergabeverfahren der Auftraggeberin Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (= AG) "Generalplanerleistungen und Fachplanerleistungen „UKH Klagenfurt NEU"" über den Nachprüfungsantrag der anwaltlich vertretenen Antragstellerinnen (= AST oder ASt) mit der Kurzbezeichnung XXXX einer Bewerbergemeinschaft bestehend aus XXXX und XXXX , die Nichtzulassung zur 2. Vergabeverfahrensstufe für nichtig zu erklären, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

In Stattgabe des Nachprüfungsantrags wird die Nichtzulassung zur2. Vergabeverfahrensstufe (Verhandlungsphase), sprich die Nicht - Zulassung zur Teilnahme, für nichtig erklärt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die AG führt dz das im Spruch ersichtliche Vergabeverfahren als Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung durch und teilte der ASt am 15.05.2019 mit, dass sie nicht zur zweiten Vergabeverfahrensstufe zugelassen würde.

2. Die ASt brachte gegen diese Entscheidung einen Nachprüfungsantrag ein und begehrte zur Absicherung auch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, welche vom BVwG im Rahmen der notwendigen Sicherungsmittel auch erlassen wurde.

3. Nach diversen Schriftsatzwechseln fand am 02.07.2019 schließlich auch eine mündliche Verhandlung statt, bei denen die Parteien anwaltlich vertreten teilnahmen, wobei die Verhandlung in den hier interessierenden Teilen wie folgt verlief:

[...]

Sohin wird mit der Erörterung des Nachprüfungsantrags begonnen.

R: Verstehe ich den Nichtzulassungsgrund dahingehend richtig, dass die AST nicht zugelassen wurde, weil deren Sub-Unternehmer unstrittig nicht die nach Auffassung der AG erforderlichen Berufsbefugnisse aufweist?

AGV: Ja, das wird richtig verstanden.

DI. B***: Es geht nicht um die Befugnisse, sondern um den erforderlichen Ausbildungsstand der Mitarbeiter.

AGV: Es geht um die Anzahl der entsprechend ausgebildeten Mitarbeiter des Sub-Unternehmens, die ein Studium hätten haben müssen. Sprich drei Mitarbeiter hätten ein solches haben müssen.

R: Verstehe ich den Nachprüfungsantrag dahingehend richtig, dass die AST vorbringt, dass der genannte Sub-Unternehmer kein notwendiger Sub-Unternehmer gewesen ist und, wäre die AST im Sinne der Teilnahmeunterlagen gefragt worden nach eigenen entsprechend geeigneten Mitarbeitern, dann hätte die AST im Wege der Verbesserung des Teilnahmeantrags die geforderten entsprechend geeigneten Mitarbeiter benennen können.

ASTV: Ja, das Sub-Unternehmen sei nicht notwendig, als Sub-Unternehmer. Ja die AST hätte geeignete Mitarbeiter benennen können und hat dies auch schon nachgewiesen.

R: Wie wurde das nachgewiesen?

ASTV: In Folge der Bekanntgabe der Nichtzulassung hat die AST die AG um Zurücknahme der Entscheidung ersucht und ihr in einem die diesbezüglichen Nachweise mitgeteilt und übermittelt.

R: Zur Vermeidung einer denkmöglichen Überraschungsentscheidung in einem allfällig denkbaren Folge- Nachprüfungsverfahren wird bereits jetzt auf § 349 BVergG hingewiesen, falls sich allfällige eignungsrelevante Behauptungen in eine[m] derartigen Folgeantragsverfahren als mutwillig falsch herausstellen sollten.

R: Es ergeht nunmehr die Umfrage, ob die Auftraggeberseite kritisierte ursprünglich fehlende Bekanntgabe der eigenen im Sinne der obigen Ausführungen eignungsrelevanten Mitarbeiter eignungsrelevant oder auch auswahlrelevant ist.

AGV: Sie sind sowohl eignungs- als auch auswahlrelevant.

AST: Es ist nur eignungsrelevant, zu Punkt A. 3. 4. 7. wird die Auswahlentscheidung auf die Qualifikation des Projektleiters [und] des Statikers bezogen. Nicht aber auf den Projektleiter Elektrofachplaner.

AGV: Das ist dann ein Schreibfehler in der Ausschreibung.

R: Zur heutigen Niederschrift wird als Beilage B die Seite 23 von 29 der Teilnahmeantragsunterlage genommen, wo ersichtlich ist, dass bei der Qualifikation de[s] Projektleiter[s] des Statikers benannt ist.

R: Zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung wird mitgeteilt, dass nach dz. vertretener hg Rechtsmeinung die Eignungsprüfung materiell inhaltlich beim einstufigen und zweistufigen

Vergabeverfahren gleich sein muss. Mit anderen Worten: Es erscheint [gleichheitsrechtlich unzulässig], dass man denkmöglich bei einem einstufigen Verfahren z.B. nach einer Sub-Unternehmer-Ablehnung gemäß § 138 Abs. 3 BVergG zu einem anderen Eignungsergebnis kommen dürfte als bei einem zweistufigen Verfahren.

Nunmehr wird eine Äußerung zu dieser Rechtsmeinung in der Verhandlung freigestellt.

AGV: Keine Ausführungen.

ASTV: Das ist richtig.

MBV: Meiner Ansicht nach ja.

Der Senat zieht sich um 10:20 Uhr für eine kurze Beratung zurück.

Um [...] teilt R mit, dass der Senat nunmehr für ca. 40 Minuten beraten wird. Zuvor wird noch der Schluss des Ermittlungsverfahrens verkündet.

Um [...] wird fortgesetzt.

Das Ermittlungsverfahren bleibt geschlossen und wird auch die Verhandlung geschlossen und nunmehr folgende Entscheidungen verkündet:

Zum Nachprüfungsantrag wird im Namen der Republik das Erkenntnis des Senats wie folgt verkündet:

A)

Dem Nachprüfungsantrag wird stattgegeben und die Nichtzulassung zur

2. Stufe des Vergabeverfahrens für nichtig erklärt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

Tragende Gründe:

Nach der Rsp des VwGH ist es nicht Aufgabe der Vergabekontrolle, erstmalig an Stelle des AG Teilnahmeanträge zu prüfen und zB verbessern zu lassen, VwGH 2007/04/0095 uva.

In gleichheitskonformer Rechtsanwendung hätte die AG gegenständlich auf Basis der präkludierten Ausschreibungsunterlage aufklären müssen, ob der entscheidungsrelevante Subunternehmer ein erforderlicher Subunternehmer ist, und diesen dann, wenn er kein erforderlicher Subunternehmer ist, iSd Wertungen des § 138 Abs 3 BVergG ablehnen müssen.

Danach hätte die AG die ASt entsprechend zur Verbesserung ihres Teilnahmeantrags auffordern müssen, damit die ASt die behauptete eigene Eignung im gegenständlich strittigen Bereich hätte nachweisen können.

Zu den Kriterien der Verbesserbarkeit siehe zB VwGH Ra 2016/04/0015 uva, zumal die AG im Ermittlungsverfahren nicht plausibilisieren konnte, dass die strittigen Elektrofachplanerdokumente auch auswahlrelevant wären.

Die Revision war insoweit zuzulassen, weil noch keine gefestigte Rsp des VwGH vorliegt, inwieweit beim zweistufigen Vergabeverfahren wertend auch eine Subunternehmerablehnung erfolgen kann bzw zu erfolgen hat, wenn die AG ein Verbesserungsprozedere beim Teilnahmeantrag vorsieht.

[...]

4. Der AG und [...] beantragten nach Verkündung des kassatorischen Erkenntnisses eine Ausfertigung desselben.

5. Nach Verkündung des Erkenntnisses wurde der Gerichtsabteilung seitens der Geschäftsstelle des BVwG ein Schriftsatz der ASt mit rechtlichen Ausführungen auf Basis des bisherigen Tatsachenvortrags vorgelegt, der am 01.07.2019 nach Amsstundenende eingebracht worden war und am Verhandlungstag um 09.57 protokolliert worden war, als der Senat bereits im Verhandlungssaal war

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Über den Verfahrensgang hinaus ist festzustellen wie folgt:

1.1. Aus den Teilnahmeantragsunterlagen, sprich der Ausschreibung der ersten Vergabeverfahrensstufe erscheinen nunmehr folgende Bestandteile entscheidungsrelevant:

1.1.1. Punkt A 2.8. mit der Überschrift "Verbesserung von Teilnahmeanträgen und Angeboten" lautet: Eine Nachforderung von Nachweisen und eine Aufforderung zur Verbesserung von Teilnahmeanträgen erfolgt, wenn es sich um einen behebbaren Mangel handelt. Die nachgeforderten Unterlagen sind innerhalb einer Frist von fünf Werktagen nachzuliefern. Dem Bewerber bzw. Bieter darf aus der zeitverzögerten Lieferung von Unterlagen kein Vorteil gegenüber den anderen Bewerbern bzw Bietern entstehen.

1.1.2. Die AG verlangte für Subunternehmer das Ausfüllen eines Formblatts C.13, wobei die AG in ihrer Ausschreibung diesbezüglich nicht zwischen für die Eignung des Bewerbers erforderlichen und für die Eignung nicht erforderlichen Subunternehmern differenzierte.

MaW: Die Bewerber hatten in der ersten Vergabeverfahrensstufe Subunternehmer zu benennen, egal ob diese für den Eignungsnachweis erforderlich oder nicht erforderlich waren.

1.1.3. Zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit verlangte die AG beim Fachplaner Elektrotechnik mindestens drei - in Punkt A

3.3.4.1. der Teilnahmeantragsunterlagen näher spezifizierte - Mitarbeiter mit einschlägiger abgeschlossener Hochschul- bzw Fachhochschulausbildung.

1.2. Am 30.04.2019 versandte ein externer Vertreter, eine vergebende Stelle, über eine Vergabeplattform eine Information an alle Bewerber, wonach insbesondere das Eignungskriterium zur Qualifikation der Mitarbeiter in den technischen Büros für Haustechnik und Elektrotechnik offenbar zu hoch angesetzt wäre und nunmehr übermäßig wettbewerbseinschränkend wirke. Aus diesen Erwägungen heraus würde vorerst auf die Prüfung dieser Vorgabe verzichtet.

Am 03.05.2019 erging über die Vergabeplattform eine gegenteilige Nachricht an alle Bewerber, wonach nach näherer Betrachtung der Rechtslage nunmehr auch das erwähnte Kriterium betreffend Leistungsfähigkeit der technischen Fachplaner entsprechend der Ausschreibung geprüft würde.

1.3. Am 15.05.2019 wurde die gegenständlich angefochtene Nichtzulassungsentscheidung an die ASt kommuniziert, dies mit der tragenden Begründung, dass aus den Unterlagen des Teilnahmeantrags hervorgehe, dass die Eignungskriterien betreffend die technische Leistungsfähigkeit laut Punkt A 3.3.4.1. für den Fachplaner Elektrotechnik nicht erfüllt seien.

1.4. Wiewohl die Begründung insoweit ungenau ist und den konkret relevanten Eignungsaspekt nicht aufzeigt, bestand letztlich in der Verhandlung Konsens zwischen AG und ASt, dass die ASt deshalb nicht zur zweiten Vergabeverfahrensstufe zugelassen worden wäre, weil bei der ASt deren benannter Subunternehmer beim Fachplaner Elektrotechnik keine drei Mitarbeiter mit einem entsprechenden Studium gehabt hätte.

(Während der Rechtsvertreter des AG vorerst die Frage des Richters über den Nichtzulassungsgrund iZm fehlenden Befugnissen bejahte, bestätigte der Rechtsvertreter danach die - korrigierende - Aussage des Vertreters der vergebenden Stelle, dass Nichtzulassungsgrund die nicht vorhandenen Mitarbeiter beim Fachplaner Elektrotechnik mit einem entsprechenden Studium gewesen wären. Diese Angaben des Vertreters der vergebenden Stelle und des Rechtsvertreters der AG wurden in der Verhandlung nicht mehr bestritten.)

1.5. Wiewohl der AG in seinen Ausschreibungsunterlagen für den Teilnahmeantrag bei Subunternehmern und den diesbezüglich vom Bewerber abverlangten Informationen nicht danach differenziert hatte, inwieweit ein Subunternehmer zum Nachweis der eigenen Eignung erforderlich oder nicht erforderlich wäre, nahm die AG den Teilnahmeantrag der ASt mit einem darin für die Elektrofachplanung benannten und von der AG

- im Punkte der der Zahl nach nicht ausreichend vorhandenen studierten entsprechenden Mitarbeiter -

als ungeeignet bezeichneten Subunternehmer nicht zum Anlass, von der ASt aufklären zu lassen, inwieweit der benannte Subunternehmer ein erforderlicher Subunternehmer wäre; und hat es die AG danach auch unterlassen, den benannten Subunternehmer, der von der ASt als nicht erforderlich qualifiziert wird, abzulehnen und den Teilnahmeantrag verbessern zu lassen.

Die AG hat den benannten Subunternehmer, den die ASt als nicht erforderlich qualifiziert, vielmehr danach nicht abgelehnt und die ASt auch nicht zur Verbesserung ihres Teilnahmeantrags dahin aufgefordert, dass der Teilnahmeantrag im Punkte der Elektrofachplanerleistung mangels nachgewiesener Eignung des benannten nicht erforderlichen Subunternehmers zu verbessern wäre.

Dies, obwohl sich die ASt im Bereich der Elektrofachplanung für diese Vergabe selbst als geeignet und insb mit der entsprechenden Anzahl einschlägig studierter Mitarbeiter iZm Elektrofachplanungen ausgestattet sieht.

1.6. Festzustellen ist weiters, dass beim gegenständlichen zweistufigen Vergabeverfahren die Angaben im Teilnaheantrag zum Elektrofachplaner nicht auswahlrelevant im Sinne der Auswahlkriterien waren, da die AG auf Seiten 22f der Ausschreibung diesbezüglich die Beschreibung der Qualifikationen des Projektleiters des Statikers und seines Vertreters sowohl für die Qualifikation des Schlüsselpersonals Statik als auch iZm den Qualifikationen des Schlüsselpersonals für Haus-, Elektro- und Medizintechnik abgefragt hat, maW hat die AG auf Seite 23 der Ausschreibung insb auch keine Qualifikationsmerkmale des Schlüsselpersonals des Elektrofachplaners als bewertungsrelevant für die Auswahl definiert.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus der Aktenlage der Gerichtsakten und aus den vorgelegten Vergabeunterlagen; und va der Verhandlung vom 02.07.2019.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gegenständlich war wegen der Vergabeverfahrenseinleitung nach dem 21.08.2018 das BVergG 2018 gemäß BGBl I 2018/65 einschlägig, § 376 Abs 4 BVergG 2018 (= BVergG).

3.1.1. Das BVwG hatte gegenständlich in der im Entscheidungskopf ersichtlichen Senatsbesetzung zu entscheiden - § 328 BVergG 2018 iVm § 6 VwGVG.

Als Verfahrensrecht waren dabei abseits der Sonderverfahrensvorschriften des BVergG 2018 das VwGVG und die in § 333 BVergG 2018 verwiesenen Teile des AVG anzuwenden.

Die angefochtene Entscheidung ist gemäß § 2 Z 15 lit a sublit dd BVergG gesondert anfechtbar.

3.1.2. Nach der stRsp des VwGH, wie zB zu Zl 2013/04/0029 ersichtlich, ist eine Ausschreibung als präkludiert und bestandfest auch dann anzuwenden, wenn die Ausschreibung vergaberechtswidrig sein könnte, aber deren allfällige Rechtswidrigkeiten nicht innerhalb der dafür zur Verfügung stehenden Anfechtungsfrist bei der zuständigen Vergabekontrollinstanz angefochten wurden.

Siehe insoweit den RS aus der VwGH - Rsp zu VwGH Ra 2016/04/0132, der lautet:

Allfällige Rechtswidrigkeiten einer bestandfesten Entscheidung dürfen vom VwG im Rahmen der Nachprüfung einer späteren Auftraggeberentscheidung nicht mehr aufgegriffen werden (Hinweis E vom 17. Juni 2014, 2013/04/0029, mwN).

3.1.3. Aus VwGH Zl 2006/04/0024 ist iZm der gebotenen Ausschreibungsauslegung entsprechend der stRsp des VwGH festzuhalten: Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt bei der Auslegung von Ausschreibungsbestimmungen, somit hinsichtlich der Willenserklärungen des Auftraggebers, den objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt für maßgebend erachtet (Hinweis E vom 19. November 2008, 2007/04/0018, mit Verweis auf die Vorjudikatur). Dass der objektive Erklärungswert maßgeblich ist, gilt auch für die Auslegung der Willenserklärung des Bieters.

3.1.4. IZm der Pflicht zur gesetzeskonformen Auslegung von Ausschreibungsunterlagen bzw iZm der Irrelevanz eines nur zu vermutenden Zwecks der Ausschreibungsbestimmungen hat der VwGH weiters zB zu Ra 2018/04/0137 rechtssatzmäßig dokumentiert ausgeführt wie folgt:

Ausschreibungsbestimmungen sind nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlichen fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen. Im Zweifel sind Festlegungen in der Ausschreibung gesetzeskonform und sohin in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Bestimmungen zu lesen. Auf den vermuteten Sinn und Zweck der Ausschreibungsbestimmungen kommt es nicht an. Maßgeblich ist vielmehr der objektive Erklärungswert der Ausschreibungsbestimmungen (Hinweis E vom 27. Oktober 2014, 2012/04/0066, mwN).

Zu A) Zur Nichtigerklärung

3.2. Zur Nichtigerklärung ist nunmehr festzuhalten wie folgt:

3.2.1. Wiewohl im Gesetz nicht vergleichbar wie bei Angeboten in § 141 Abs 1 Z 7 BVergG mitunter vorgesehen, hat die AG in der gegenständlichen Ausschreibung eine eventuelle Verbesserung von Teilnahmeanträgen vorgesehen, wobei die Verbesserungsklausel in den Feststellungen wiedergegeben wurde. Diese Verbesserungsklausel wurde nicht fristgerecht angefochten und bindet daher alle Vergabeverfahrensbeteiligten bis zur Beendigung dieses Vergabeverfahrens.

Wenn der VwGH zB zu Ra 2016/04/0015 die Frage der Behebbarkeit von Mängeln (dort bei Angeboten) dahin löst,

ob im maßgeblichen Zeitpunkt der nachzuweisende Umstand fehlt (diesfalls liegt ein unbehebbarer Mangel vor) oder ob es bloß am Nachweis des bereits bestehenden Umstandes mangelt (im letztgenannten Fall ist der Mangel behebbar; vgl. [...] Ra 2015/04/0077, mwN),

führt dies gegenständlich in der gebotenen gesetzeskonformen Auslegung des Punkts A 2.8. der Ausschreibung dazu, dass Teilnahmeanträge verbessert werden können bzw und eine Verbesserungsmöglichkeit einzuräumen war, wenn das eignungsbegründende Faktum zum maßgeblichen Zeitpunkt existiert hat, jedoch mit dem abgegebenen Teilnahmeantrag nur der Nachweis nicht sofort mitgeliefert wurde.

Zudem kommt es gegenständlich - die Ausschreibung auslegend - nicht auf den vermuteten Zweck der Abfrage der Qualifiaktion des Projektleiters des Statikers etc beim Elektrofachplaner und anderen Fachplanern auf Seite 23 der Ausschreibungsunterlage bei den Auswahlkriterien an, sondern auf den objektiven Wortlaut dieser Ausschreibungspassage- VwGH Ra 2018/04/0137.

3.2.2. Das BVwG geht zudem davon aus, dass auch im zweistufigen Vergabeverfahren mit vorheriger Bekanntmachung bei der Eignungsprüfung nicht erforderliche Subunternehmer mangels hinreichender Eignung in gleichheitskonformer Rechtsanwendung abzulehnen sind und die Eignung des Bewerbers danach ohne diesen abgelehnten Subunternehmer zu prüfen ist. Zur Subunternehmerablehnung siehe VwGH Ra 2017/04/0055 einerseits und nunmehr § 138 Abs 3 BVergG 2018 andererseits.

3.2.3. Wie § 80 Abs 3 BVergG zeigt, durfte die AG bei der Eignungsprüfung Aufklärung von der ASt zur Frage verlangen, ob der benannte Subunternehmer für Elektrofachplanung ein erforderlicher Subunternehmer ist. Diese wäre zu einer Teilnahmeantragsprüfung entsprechend den Vergabegrundsätzen des § 20 Abs 1 BVergG auch notwendig gewesen.

3.2.4. Hätte die AG nach einem derartigen Aufklärungsverlangen die ASt - seitige Antwort erhalten, dass die ASt - entsprechend ihrem nunmehrigen Vorbringen - selbst geeignet ist und der benannte Subunternehmer kein erforderlicher Subunternehmer ist, hätte die AG entsprechend der eigenen Ausschreibungsunterlage den Subunternehmer ablehnen müssen und zur Verbesserung des Teilnahmeantrags auffordern müssen, zumal die ASt das Vorliegen der eigenen Eignung - auch im Punkte der im erforderlichen Ausmaß studierten Mitarbeiter im Bereich der Elektrofachplanung - behauptet hat und es nicht Aufgabe des BVwG ist, ersatzweise

Teilnahmeantragsverbesserungsaufforderungen oder Eignungsaufklärungen bzw Subunternehmerablehnungen an Stelle der AG auszusprechen - siehe dazu grundlegend VwGH 2007/04/0095 uva.

3.2.5. Diese Fehler der AG bei der Eignungsprüfung waren von wesentlichem Einfluss iSd § 347 Abs 1 Z 2 BVergG, da das Vergabeverfahren ohne diese Prüfungsfehler anders ausgehen könnte; zum Ausreichen der potentiellen Ergebnisrelevanz der Vergaberechtswidrigkeit siehe zB VwGH Ra 2015/04/0012 uva.

3.2.6. Bei diesem Ergebnis konnte dahinstehen, ob die angefochtene Entscheidung allenfalls auch mangels ausreichender Begründung aufzuheben gewesen wäre, da es nicht Pflicht des BVwG ist, AG - Entscheidungen rechtfertigend ersatzweise zu begründen, wenn wie hier pauschal die technische Leistungsfähigkeit verneint wurde, ohne dass der konkret als fehlende kritisierte Eignungsaspekt in der Entscheidung irgendwie benannt wurde; zur Kassation mangels ausreichender Entscheidungsbegründung siehe zB VwGH 2009/04/0081.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

3.3. Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision war gegenständlich zuzulassen, weil noch keine gefestigte Rsp des VwGH vorliegt, inwieweit beim zweistufigen Vergabeverfahren wertend auch eine Subunternehmerablehnung erfolgen kann bzw zu erfolgen hat, wenn die AG ein Verbesserungsprozedere beim Teilnahmeantrag vorsieht.

Schlagworte

Aufforderung, Auslegung der Ausschreibung, Behebbarkeit von Mängeln,
bestandfeste Ausschreibung, Bestandsfestigkeit, Eignung,
Eignungskriterien, Eignungsnachweis, mündliche Verhandlung,
mündliche Verkündung, Nachforderung, Nachprüfungsantrag,
Nachprüfungsverfahren, Nachreichung von Unterlagen, Nachweismangel,
Nichtigerklärung, Nichtigerklärung Auftraggeberentscheidung,
Nicht-Zulassung zur 2. Stufe des Verhandlungsverfahrens, objektiver
Erklärungswert, Parteistellung, Revision zulässig, Schlüsselkraft,
schriftliche Ausfertigung, Studium, Subunternehmer, technische
Leistungsfähigkeit, Teilnahmeantrag, Unterlagen des
Vergabeverfahrens, Verbesserung, Verbesserungsauftrag,
verbesserungsfähiger Mangel, Vergabeverfahren, wesentlicher Einfluss

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W131.2219333.2.00

Zuletzt aktualisiert am

28.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten