Entscheidungsdatum
17.07.2019Norm
ArbIG §12Spruch
W179 2128492-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. iur. Eduard Hartwig PAULUS als Einzelrichter über die Beschwerde des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (Zentral-Arbeitsinspektorat; Verkehrs-Arbeitsinspektorat) gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie (Oberste Eisenbahnbaubehörde) vom XXXX , GZ XXXX , in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom XXXX , GZ XXXX , betreffend die Sicherung von Eisenbahnkreuzungen, (sonstige Partei: XXXX ), zu Recht erkannt:
SPRUCH
A) Beschwerde
In Bestätigung der Beschwerdevorentscheidung wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B) Revision
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom XXXX sprach der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie als Oberste Eisenbahnbaubehörde (im Folgenden: belangte Behörde) nach Durchführung einer Überprüfung aufgrund der Übergangsbestimmungen der §§ 102 f Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 (EisbKrV) über die zur Anwendung kommende Sicherung der Eisenbahnkreuzung in km XXXX , in km XXXX und in km XXXX , jeweils mit einer Gemeindestraße in der Marktgemeinde XXXX , (wortwörtlich) wie folgt aus:
"A. Überprüfung der Eisenbahnkreuzungen in km XXXX und in km XXXX der ÖBB-Strecke XXXX :
I. Festlegung der Art der Sicherung der Eisenbahnkreuzung in km XXXX
:
1. Die XXXX hat die Eisenbahnkreuzung in km XXXX der ÖBB-Strecke
XXXX gemäß § 49 Abs 2 EisbG iVm § 4 Abs 1 Z 4 EisbKrV durch Lichtzeichen mit Schranken zu sichern.
2. Für die Ausführung der Anordnung gemäß Punkt 1. wird gemäß § 59 Abs 2 AVG eine Frist von zwei Jahren ab Rechtskraft des Bescheides bestimmt.
II. Festlegung der Art der Sicherung der Eisenbahnkreuzung in km
XXXX :
1. Die XXXX hat die Eisenbahnkreuzung in km XXXX der ÖBB-Strecke
XXXX gemäß § 49 Abs 2 EisbG iVm § 4 Abs 1 Z 4 EisbKrV durch Lichtzeichen mit Schranken zu sichern.
2. Für die Ausführung der Anordnung gemäß Punkt 1. wird gemäß § 59 Abs 2 AVG eine Frist von zwei Jahren ab Rechtskraft des Bescheides bestimmt.
B. Anordnung der Auflassung der Eisenbahnkreuzung in km XXXX der ÖBB-Strecke XXXX und der erforderlichen Ersatzmaßnahmen:
I. Gemäß § 48 Abs 1 Z 2 EisbG wird die Auflassung der Eisenbahnkreuzung in km XXXX der ÖBB-Strecke XXXX , so wie im Gutachten der XXXX zur "Auflassung des niveaugleichen Eisenbahnübergangs an der Strecke XXXX bei km XXXX ( XXXX )" dargestellt, angeordnet.
II. Für die Ausführung der Anordnung gemäß Punkt 1. wird gemäß § 59 Abs 2 AVG eine Frist von zwei Jahren ab Rechtskraft des Bescheides bestimmt.
III. Der Vollzug der Auflassung der gegenständlichen Eisenbahnkreuzung gemäß Punkt I. ist der Behörde durch eine Erklärung einer im Verzeichnis gemäß § 40 EisbG verzeichneten Person bekannt zu geben."
2. Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung im Wesentlichen auf die während der Ortsverhandlung am XXXX erstatteten Gutachten eines Amtssachverständigen für die Sicherung schienengleicher Eisenbahnkreuzungen und des nichtamtlichen Sachverständigen für Verkehrswesen (Schiene und Straße) zu den Eisenbahnkreuzungen. Weiters verwies die belangte Behörde auf den abschließenden Befund und Gutachten des nichtamtlichen Sachverständigen vom XXXX .
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich das Rechtsmittel der beschwerdeführernden Partei, ficht ausschließlich den Spruchpunkt A. und diesen nur hinsichtlich der nachstehende zwei dargestellten Punkten an, wobei sie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend macht; die jeweilige Festlegung der Sicherungsart bleibt ausdrücklich unangefochten:
Die beschwerdeführende Partei moniert, dass im angefochtenen Bescheid die Prüfungen gemäß § 81 EisbKrV und die daraus folgende Anordnung der erforderlichen Maßnahmen fehlen würden (Punkt 1.) und die Anordnung von Maßnahmen für die Aufrechterhaltung der Sicherheit des sich kreuzenden Verkehrs unterlassen worden seien (Punkt 2.).
Das Begehren der Beschwerde (Beschwerdeantrag) lautet wie folgt:
"Begehrt wird:
-
eine umfassende Ergänzung des Ermittlungsverfahrens im Sinne der obigen Punkte 1 und 2.
-
die Übermittlung des Ergebnisses des im obigen Sinn ergänzten Ermittlungsverfahrens an das Verkehrs-Arbeitsinspektorat zur Kenntnis und Stellungnahme und
-
die Ergänzung des angefochtenen Bescheides im Sinne des Ergebnisses des ergänzten Ermittlungsverfahrens und der zum Ergebnis des ergänzten Ermittlungsverfahrens abgegebenen Stellungnahme des Verkehrs-Arbeitsinspektorates."
Weiters beantragt die beschwerdeführende Partei gemäß § 24 Abs 3 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom XXXX ändert die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid gemäß § 14 Abs 1 VwGVG insoweit ab, als sie die Spruchpunkte A.I. und A.II. je um denselben Punkt 3. ergänzt, der nun lautet wie folgt:
"3. Bei vorübergehender Einschränkung des erforderlichen Sichtraumes im Zeitraum der Errichtung der Lichtzeichen bis zu deren Inbetriebnahme ist die Eisenbahnkreuzung gemäß § 81 Abs 3 EisbKrV zu bewachen."
5. Mit Schreiben vom XXXX beantragt die beschwerdeführende Partei gemäß § 15 Abs 1 VwGVG die Vorlage der erhobenen Beschwerde an das zuständige Verwaltungsgericht und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 24 Absatz 3 VwGVG. Durch die Beschwerdevorentscheidung sei dem Punkt 1. der Beschwerde entsprochen worden (§ 81 EisbKrV), jedoch deren Punkt 2 (Sicherung des kreuzenden Verkehrs) weiterhin offen.
6. Die belangte Behörde legt den Verwaltungsakt vor, erstattet keine Gegenschrift noch Anträge. Der Vorlageantrag wird zugleich der Beschwerdeführerin als auch der sonstigen Partei ausweislich § 15 Abs 2 VwGVG direkt zugestellt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Punkte 1., 3., 4. und 5. des Verfahrensganges werden als maßgeblicher Sachverhalt festgestellt.
2. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die vorliegenden Akten -insbesondere in den angefochtenen Bescheid, die dagegen erhobene Beschwerde, die Beschwerdevorentscheidung und den zugehörigen Vorlageantrag. Die Feststellungen erschließen sich unzweifelhaft in unbestreitbarere Weise aus den Akten.
3. Rechtliche Beurteilung:
1. Die Beschwerde wurde rechtzeitig erhoben und ist zulässig.
2. Die Beschwerdevorentscheidung wurde rechtzeitig erlassen.
3. Der Vorlageantrag wurde rechtzeitig erhoben.
3.1 Zu Spruchpunkt A) Erkenntnis:
4. Gemäß Art 131 Abs 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden nach Art 130 Abs 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 12 Abs 3 Z 1 EisbG ist der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie als Behörde zuständig für alle Angelegenheiten der Hauptbahnen.
Die Vollziehung von Angelegenheiten in der Ministerialinstanz, wenn sie gemäß Art 102 Abs 2 B-VG besorgt wird, zählt notwendigerweise zur unmittelbaren Bundesverwaltung (vgl Kelsen/Fröhlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920 [Kelsen (Hrsg), Die Verfassungsgesetze der Republik Österreich, 5. Teil], 1922, Seite 215 ff, 217); davon ist allerdings der Fall zu unterscheiden, dass in einer Angelegenheit, die in mittelbarer Bundesverwaltung besorgt wird (ausnahmsweise) eine erst- und letztinstanzliche Zuständigkeit des Bundesministers vorgesehen ist (vgl nochmals VfGH 01.07.1987, G 78/87 [VfSlg. 11.403/1987]) (VwGH 20.03.2018, Ko 2018/03/0001).
Für die Angelegenheiten des § 12 Abs 3 Z 1 EisbG, welche - wie hier - in erster Instanz vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie vollzogen werden, ist daher das Bundesverwaltungsgericht zuständig.
5. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels einer solchen gesetzlichen Anordnung liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
a) Rechtsnormen:
6. § 49 des Bundesgesetzes über Eisenbahnen, Schienenfahrzeuge auf Eisenbahnen und den Verkehr auf Eisenbahnen (Eisenbahngesetz 1957 - EisbG), BGBl Nr 60/1957 idF BGBl I Nr 25/2010, lautet (wortwörtlich):
"2. Hauptstück
Schienengleiche Eisenbahnübergänge
Sicherung und Verhalten bei Annäherung und Übersetzung
§ 49. (1) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie setzt durch Verordnung fest, in welcher Weise schienengleiche Eisenbahnübergänge nach dem jeweiligen Stand der Technik einerseits und nach den Bedürfnissen des Verkehrs andererseits entsprechend zu sichern sind und inwieweit bestehende Sicherungseinrichtungen an schienengleichen Eisenbahnübergängen weiterbelassen werden dürfen. Die Straßenverwaltungen sind zur kostenlosen Duldung von Sicherheitseinrichtungen und Verkehrszeichen, einschließlich von Geschwindigkeitsbeschränkungstafeln, verpflichtet.
(2) Über die im Einzelfall zur Anwendung kommende Sicherung hat die Behörde nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse und Verkehrserfordernisse zu entscheiden, wobei die Bestimmungen des § 48 Abs. 2 bis 4 mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden sind, dass die Kosten der Sicherungseinrichtungen für Materialbahnen, ausgenommen solche mit beschränkt-öffentlichem Verkehr, vom Eisenbahnunternehmen alleine zu tragen sind, sofern nicht eine andere Vereinbarung besteht oder getroffen wird.
(3) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann zwecks möglichster Hintanhaltung von Gefährdungen im Verkehr durch Verordnung Vorschriften über das Verhalten bei Annäherung an schienengleiche Eisenbahnübergänge und bei Übersetzung solcher Übergänge sowie über die Beachtung der den schienengleichen Eisenbahnübergang sichernden Verkehrszeichen erlassen."
7. Die §§ 4 und 81 der Verordnung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie über die Sicherung von Eisenbahnkreuzungen und das Verhalten bei der Annäherung an und beim Übersetzen von Eisenbahnkreuzungen (Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 - EisbKrV), BGBl II Nr 216/2012, lauten (wortwörtlich) auszugsweise:
"Arten der Sicherung
§ 4. (1) Die Sicherung einer Eisenbahnkreuzung kann vorgenommen werden durch
1. Gewährleisten des erforderlichen Sichtraumes;
2. Abgabe akustischer Signale vom Schienenfahrzeug aus;
3. Lichtzeichen;
4. Lichtzeichen mit Schranken oder
5. Bewachung.
(2) Lichtzeichen mit Schranken gemäß Abs. 1 Z 4 können als Lichtzeichen mit Halbschranken, als Lichtzeichen mit Vollschranken mit gleichzeitigem Schließen der Schrankenbäume oder als Lichtzeichen mit Vollschranken mit versetztem Schließen der Schrankenbäume ausgeführt werden.
(3) Bei Lichtzeichen mit Halbschranken wird nach dem Anhaltegebot durch Lichtzeichen vor dem Schrankenschließen jeweils die rechte Fahrbahnhälfte beziehungsweise jeweils die rechte Straßenhälfte vor der Eisenbahnkreuzung durch Schrankenbäume gesperrt. Bei Lichtzeichen mit Vollschranken mit gleichzeitigem Schließen der Schrankenbäume wird nach dem Anhaltegebot durch Lichtzeichen vor dem Schrankenschließen jeweils die gesamte Fahrbahn oder die gesamte Straße vor der Eisenbahnkreuzung durch Schrankenbäume gesperrt. Bei Lichtzeichen mit Vollschranken mit versetztem Schließen der Schrankenbäume wird nach dem Anhaltegebot durch Lichtzeichen vor dem Schrankenschließen vorerst jeweils die rechte Fahrbahnhälfte beziehungsweise jeweils die rechte Straßenhälfte vor der Eisenbahnkreuzung durch Schrankenbäume gesperrt und werden nach Ablauf einer Zwischenzeit die übrigen Schrankenbäume geschlossen.
(3) Die Behörde kann im Einzelfall zur Erprobung innerhalb eines zu bestimmenden Zeitraumes eine dem Stand der Technik entsprechende, andere als die in Abs. 1 genannten Arten der Sicherung zulassen, wenn damit keine Änderung der Verhaltensbestimmungen für die Straßenbenützer bei der Annäherung und beim Übersetzen von Eisenbahnkreuzungen verbunden ist.
[...]
Vorübergehende Einschränkung des erforderlichen Sichtraumes im Zusammenhang mit der Errichtung von Lichtzeichen oder von Lichtzeichen mit Schranken
§ 81. (1) Ordnet die Behörde mit einer Entscheidung gemäß § 49 Abs. 2 EisbG die Sicherung einer Eisenbahnkreuzung durch Lichtzeichen oder durch Lichtzeichen mit Schranken an, hat sie zu prüfen, ob der erforderliche Sichtraum gemäß § 46 Abs. 1 im Zeitraum der Errichtung der Lichtzeichen oder der Lichtzeichen mit Schranken bis zu deren Inbetriebnahme eingeschränkt wird.
(2) Liegt eine Einschränkung des erforderlichen Sichtraumes nicht vor, hat die Behörde anzuordnen, dass die Eisenbahnkreuzung bis zur Inbetriebnahme der Lichtzeichen oder der Lichtzeichen mit Schranken durch Gewährleisten des erforderlichen Sichtraumes gemäß § 40 zu sichern ist. Liegt eine Einschränkung des erforderlichen Sichtraumes vor, kann die Behörde die Beibehaltung der Sicherung durch Gewährleisten des erforderlichen Sichtraumes unter der Voraussetzung anordnen, dass die erforderlichen, den örtlichen Verhältnissen und Verkehrserfordernissen auf der Straße und auf der Bahn entsprechenden, die Eisenbahnkreuzung sichernden Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (Erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" oder Vorschriftszeichen "Halt", erforderlichenfalls unter gleichzeitiger Herabsetzung der Geschwindigkeit auf der Bahn nach Maßgabe des vorhandenen Sichtraumes, anzubringen sind. Ist dies nicht möglich, kann die Behörde, sofern dies die örtlichen Verhältnisse und die Verkehrserfordernisse auf der Straße und auf der Bahn zulassen, anordnen, dass die Eisenbahnkreuzung unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 36 durch Abgabe akustischer Signale vom Schienenfahrzeug aus zu sichern ist.
(3) Ist eine Sicherung gemäß Abs. 2 nicht möglich, ist die Eisenbahnkreuzung unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen der §§ 83 bis 86 zu bewachen, wobei die Bestimmungen des § 39 nicht anzuwenden sind, oder ist sicherzustellen, dass Straßenbenützer die Eisenbahnkreuzung weder befahren noch betreten können."
b) Zu den Arbeitsinspektoraten (allgemein):
8. Die Arbeitsinspektion ist die zur Wahrnehmung des gesetzlichen Schutzes der Arbeitnehmer und zur Unterstützung und Beratung der Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer bei der Durchführung des Arbeitnehmerschutzes berufene Behörde (siehe § 3 ArbIG).
Arbeitnehmer sollen durch den Arbeitnehmerschutz gegen eine Ausbeutung oder vorzeitige Abnützung ihrer Arbeitskraft (persönlicher Arbeitsschutz) und gegen eine Gefährdung ihres Lebens, ihrer Gesundheit und ihrer Integrität und Würde in den Betrieben (technischer Arbeitsschutz) geschützt werden. Die Überprüfung der Einhaltung der Arbeitnehmerschutznormen obliegt dem Arbeitsinspektorat, dessen Befugnisse im Arbeitsinspektionsgesetz (ArbIG) geregelt sind. Verstöße gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften stellen Verwaltungsübertretungen dar und sind mit Geldstrafen sanktioniert (Mazal/Risak, Das Arbeitsrecht - System und Praxiskommentar [2016], Allgemeines zum Arbeitnehmerschutzrecht Rz 3)
9. Gemäß § 12 Abs 1 ArbIG ist im Verwaltungsverfahren das - zuständige - Arbeitsinspektorat in Angelegenheiten, die den Arbeitnehmerschutz berühren, Partei; dies gilt auch für die Verfahren der Verwaltungsgerichte. Zu jenen Verwaltungsverfahren zählen im Wesentlichen Verfahren, in denen von der Behörde (§ 99 ASchG) die Belange des Arbeitnehmerschutzes zu berücksichtigen sind, in denen Ausnahmen von Arbeitnehmerschutzvorschriften behandelt werden oder die aufgrund eines Antrages des Arbeitsinspektorates eingeleitet wurden.
c) Zur Zuständigkeit des Verkehrs-Arbeitsinspektorats:
10. Die allgemeinen Arbeitsinspektorate nach § 14 Abs 1 ArbIG 1993 und die besonderen Arbeitsinspektorate nach § 14 Abs 2 ArbIG 1993 sind Dienststellen des Bundes, denen Behördencharakter zukommt. Sie unterstehen gemäß § 16 Abs 1 leg cit unmittelbar dem Zentral-Arbeitsinspektorat, das seinerseits organisatorisch der Sektion "Arbeitsrecht und Zentral-Arbeitsinspektorat" des BMASK untersteht; wohingegen der Leiter des Zentral-Arbeitsinspektorats direkt dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz unmittelbar untergeordnet ist und somit für diesen tätig wird (vgl VwGH 15.4.2016, Ra 2016/02/0028).
Die Zuständigkeiten des früheren Verkehrs-Arbeitsinspektorats als besonders Arbeitsinspektorat sind aufgrund der speziellen Übergangsbestimmungen des § 26 Abs 8 ArbIG 1993 vorübergehend (siehe die in dieser Bestimmung enthaltenen Verordnungsermächtigung) auf das Zentral-Arbeitsinspektorat übergegangen, wobei im Zuge dieser Überleitung im Zentral-Arbeitsinspektorat eine Fachabteilung mit wiederum dem Namen "Verkehrs-Arbeitsinspektorat" eingerichtet wurde (vgl VwGH 23.10.2015, 2013/02/0170).
Die erhobene Beschwerde weist als Verfasser derselben das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz und hier organisationsrechtlich das "Arbeitsrecht und Zentral-Arbeitsinspektorat; Verkehrs-Arbeitsinspektorat" aus und wurde die Beschwerde "Für den Bundesminister" gefertigt.
Vor diesem Hintergrund ist in Erinnerung zu rufen, dass der BMASK - wie im gegebenen Fall - durch das Verkehrs-Arbeitsinspektorat tätig werden kann (vergleiche dazu etwa jüngst VwGH 20.03.2018, Ko 2018/03/0001-7; mHa 23.10.2015, 2013/02/0170 sowie 15.04.2016, Ra 2016/02/0028).
11. Allerdings ist zunächst zu prüfen, ob das Verkehrs-Arbeitsinspektorat hier das zuständige Arbeitsinspektorat ist:
Konkret bestimmt die Übergangsbestimmung § 26 Abs 8 ArbIG 1993:
"(8) Hinsichtlich jener Betriebsstätten und Arbeitsstellen, die bis zum Ablauf des 30. Juni 2012 gemäß § 1 VAIG 1994 in den Wirkungsbereich des Verkehrs-Arbeitsinspektorates gefallen sind, obliegen abweichend von § 16 bis zur Neuregelung des Gegenstandes durch eine Verordnung nach § 14 Abs. 4 die nach diesem Bundesgesetz den Arbeitsinspektoraten zustehenden Aufgaben und Befugnisse dem Zentral-Arbeitsinspektorat."
Es ist somit zu klären, ob das Zentral-Arbeitsinspektorat zu Recht im Rahmen der Verkehrs-Arbeitsinspektion tätig geworden und Beschwerde erhoben hat, wobei es bei der Beurteilung dieser Frage darauf ankommt, inwieweit die verfahrensgegenständlichen Betriebsstätten bzw Arbeitsstellen bis zum Ablauf des 30. Juni 2012 gemäß § 1 Abs 2 VAIG in den Wirkungsbereich des Verkehrs-Arbeitsinspektorates gefallen sind.
11.1. Bis zum Ablauf des 30. Juni 2012 umfasste der Wirkungskreis der Verkehrs-Arbeitsinspektion alle Betriebsstätten und Arbeitsstellen von Eisenbahnunternehmen im Sinn des Eisenbahngesetzes, BGBl Nr 60/1957 (EisbG), soweit es sich nicht um Gewerbebetriebe, um bergbauliche oder um land- und forstwirtschaftliche Betriebe handelte (§ 1 Abs 2 Z 1 lit a VAIG). Weiters umfasst waren alle Betriebsstätten und Arbeitsstellen, die im Bereich von Eisenbahnanlagen ausschließlich unmittelbar dem Betrieb von Schlaf-, Liege-, Buffet- oder Speisewagen oder der Instandhaltung solcher Wagen (Wagenwerkstätten) dienten (§ 1 Abs 2 Z 1 lit b VAIG).
11.2. Gemäß § 2 Abs 3 ArbIG sind Betriebsstätten örtlich gebundene Einrichtungen, in denen regelmäßig Arbeiten ausgeführt werden. Arbeitsstellen sind demgegenüber alle Stellen außerhalb von Betriebsstätten, auf denen Arbeiten ausgeführt werden.
11.3. Die Gesetzesmaterialien machen deutlich, dass diese beiden Begriffe insofern weit auszulegen sind, als nicht nur Betriebe im Sinne des Arbeitsverfassungsgesetzes vom Anwendungsbereich des ArbIG erfasst sein sollen und es auf das Vorliegen einer organisatorischen Einheit und die Eigentumsverhältnisse nicht ankommt (vgl RV 813 BlgNR 18. GP S 12f und 16).
11.4. Nach den Gesetzesmaterialien sollte sich die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzung der örtlichen Gebundenheit einer Betriebsstätte an der Literatur und Judikatur zum gewerblichen Betriebsanlagenbegriff orientieren. Jedenfalls vom Betriebsstätten-Begriff ausgenommen sein sollten mobile Einrichtungen, Fahrzeuge und Baustellen (RV 813 BlgNR 18. GP, S 16). Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Gewerbeordnung wurden bewegliche Einrichtungen bisher nur in solchen Fällen als örtlich gebunden angesehen, in denen sie nach der Absicht des Gewerbetreibenden für längere Zeit an einem bestimmten Standort der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit dienen sollten (vgl etwa VwGH 28. Oktober 1997, Zl 97/04/0104, sowie Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO3 (2011) § 74 Rz 3, mwN).
11.5. Der Begriff der Arbeitsstelle stellt erkennbar einen Sammelbegriff dar, der alle Stellen außerhalb von Betriebsstätten erfassen soll. Die Gesetzesmaterialien nennen als Beispiel für solche Arbeitsstellen insbesondere auch "Arbeitsplätze von Lenkern", die etwa im Rahmen eines Güterbeförderungsgewerbes von einem Fuhrhof aus ihre Fahrten unternehmen (vgl nochmals RV 813 BlgNR 18. GP, S 16). Die von Arbeitnehmern in den Personenzügen verrichteten Tätigkeiten sind mit solchen Arbeitsplätzen von Lenkern vergleichbar, weil sie -wie auch diese - ihre Arbeiten in beweglichen Einrichtungen an verschiedenen Orten ausführen. Im Übrigen nennen auch die Gesetzesmaterialien zum VAIG "Arbeitsstellen" in Verkehrsmitteln als Beispiel für vom Wirkungsbereich der Verkehrs-Arbeitsinspektion erfasste Stellen (vgl RV 1675 BlgNR 18. GP, S 14; vgl ferner zu den zuvor getroffenen Erwägungen hinsichtlich der Frage einer Betriebsstätte oder Arbeitsstelle insb auch VwGH 15. April 2016, Ra 2016/02/0028).
11.6. Wenngleich die Beschwerde keinen einzigen zu schützenden Arbeitnehmer konkret nennt, ist doch erkennbar, dass nach Einschränkung der Beschwerde durch den Vorlageantrag auf die "Sicherung des kreuzenden Verkehrs" (der Forderung nach Anordnungen iSd § 81 EisbKrV war durch die Beschwerdevorentscheidung schon entsprochen worden), auch die "Arbeitnehmer am Zug", insbesondere der Triebkraftwagenführer an der Spitze des Zuges im Triebkraftwagen im Falle einer Kollision, geschützt werden soll.
Damit fielen im Lichte der obigen Ausführungen die "Arbeitnehmer am Zug" zum genannten Zeitpunkt in den Wirkungskreis der Verkehrs-Arbeitsinspektion und ist daher das Verkehrs-Arbeitsinspektorat das zum Erheben des gegenständlichen Rechtsmittels zuständige Arbeitsinspektorat und kommt jenem somit grundsätzlich Beschwerdelegitimation nach § 12 Abs 4 ArbIG zu.
d) Zum Umfang des Beschwerderechts des Verkehrs-Arbeitsinspektorats:
12. Nachstehend ist der Umfang des Beschwerderechts des Verkehrs-Arbeitsinspektorates zu prüfen:
12.1. Der beschwerdeführenden Partei kommt nach § 12 ArbIG Parteistellung als Organpartei zu. Die Rolle einer Organpartei bzw Formalpartei (Amtspartei) ist nicht die Vertretung eigener materieller subjektiver Rechte, sondern die Wahrung der objektiven Rechtmäßigkeit durch den das Verfahren abschließenden Bescheid bzw die Wahrnehmung bestimmter öffentlicher Interessen in diesem Zusammenhang (vgl VwGH 21. November 2001, 2001/08/0150; 25. Juli 2003, 2002/02/0281). Nur zu diesem Zweck sind sie am Verfahren beteiligt, ohne ein rechtliches Interesse in der Sache selbst geltend machen zu können (Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit 89; vgl auch VwSlg 13.487 A/1991).
12.2. Da das Mitspracherecht des Arbeitsinspektorates auf die Wahrnehmung der Belange des Arbeitnehmerschutzes beschränkt ist, darf die belangte Behörde aufgrund der vom Arbeitsinspektorat eingebrachten Berufung nicht über diesen den Bereich der "Sache" iSd § 66 Abs 4 AVG abgrenzenden Themenkreis hinausgehen (Hinweis E 4. März 1991, 90/19/0295) und ihrer meritorischen Entscheidung nicht zu den Belangen des Arbeitnehmerschutzes gehörige und damit nicht vom Mitspracherecht des Arbeitsinspektorates umfaßte Gesichtspunkte als wesentliche Begründungselemente zugrunde legen (vgl VwGH 14. Oktober 1991, 91/19/0191).
12.3. Das Verkehrs-Arbeitsinspektorat als Beschwerdeführerin ist verfahrensgegenständlich somit auf die Geltendmachung der hier einschlägigen Arbeitnehmerschutzvorschriften beschränkt und kann das Bundesverwaltungsgericht über jene auch nicht hinausgehen.
Sollten sich die (noch zu prüfenden) Beschwerdegründe des Verkehrs-Arbeitsinspektorates nicht im Rahmen der hier einschlägigen Arbeitnehmerschutzesbestimmungen bewegen, wäre die Beschwerde dennoch nicht als unzulässig zurückzuweisen, weil das Bundesverwaltungsgericht - im dargestellten Rahmen - auch amtswegig allfällige Rechtswidrigkeit zu prüfen hat und somit diese aufzugreifen oder im Falle des Nichtvorliegens derselben die Beschwerde sodann abzuweisen hätte.
e) Zu den Beschwerdegründen des Verkehrs-Arbeitsinspektorats:
13. Die beschwerdeführende Partei moniert in ihrer Beschwerde das Fehlen der Prüfungen gemäß § 81 EisbKrV und der Anordnung der erforderlichen Maßnahmen sowie (nach erfolgter Beschwerdevorentscheidung nun "nur" mehr) die Unterlassung der Anordnung von Maßnahmen für die Aufrechterhaltung der Sicherheit des sich kreuzenden Verkehrs.
14. Im Beschwerdefall geht es um die Sicherung von Eisenbahnkreuzungen gemäß § 49 Abs 2 EisbG. Aus dem Umstand, dass die Sicherung von Eisenbahnkreuzungen der Verhinderung von Verkehrsunfällen und damit dem Schutz von Leben und Gesundheit von Menschen dient und sohin auch Arbeitnehmer, nämlich das Eisenbahnpersonal, betroffen sein können, ist jedoch keinesfalls zu schließen, dass es sich bei den Regeln über die Sicherung von Eisenbahnkreuzungen um Angelegenheiten des Arbeitnehmerschutzes handelt, vielmehr liegen Fragen der Eisenbahnsicherheit vor, die allenfalls nur mittelbar Angelegenheiten des Arbeitnehmerschutzes berühren. Gegenständlich sind daher keine spezifischen Interessen des Arbeitnehmerschutzes betroffen, weshalb das Arbeitnehmerschutzrecht nicht greift. Der in der Beschwerde dargestellte Sachverhalt ist deshalb lediglich im Lichte der eisenbahnrechtlichen Vorschriften zu prüfen und zu beurteilen gewesen.
15. Im Ergebnis bedeutet dies für die vorliegende Beschwerde, dass der beschwerdeführenden Partei keine Kompetenz in Hinblick auf die von ihr aufgeworfenen Fragen zukommt.
16. Auch sind amtswegig keine Verstöße gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften erkennbar, weswegen die Beschwerde (in Bestätigung der Beschwerdevorentscheidung) im Ergebnis als unbegründet abzuweisen war.
f) Absehen vom Durchführen einer mündlichen Verhandlung:
17. Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 24 Abs 4 VwGVG lassen die Akten dann erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, wenn von vornherein absehbar ist, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann (VwGH 16.11.2015, Ra 2015/12/0026). Art 6 Abs 1 MRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen dem Absehen von einer Verhandlung nicht entgegen, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht und auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten können, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist (VwGH 29.01.2016, Ra 2015/06/0124). Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Verweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte näher ausgeführt, dass eine Ausnahme von der Verhandlungspflicht dann besteht, wenn das Verfahren nicht übermäßige komplexe Rechtsfragen oder nur hochtechnische Fragen betrifft (VwGH 29.06.2017, Ra 2017/04/0040, mwN).
Diese Voraussetzungen sind im Beschwerdefall gegeben. Die beschwerdeführende Partei ist den dem Bescheid zugrunde gelegten Feststellungen der belangten Behörde nicht substantiiert entgegengetreten und der entscheidungsrelevante Sachverhalt hat sich vor dem Hintergrund der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als geklärt erwiesen.
3.2 Zu Spruchpunkt B) Revision:
18. Gemäß § 25a Abs 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl Nr 10/1985 idF BGBl I Nr 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Im vorliegenden Beschwerdeverfahren waren die Rechtsfragen zu klären, ob 1.) das Verkehrs-Arbeitsinspektorat das zuständige Arbeitsinspektorat ist, ihm 2.) hinsichtlich seines Beschwerdevorbringens Parteistellung zukommt, und 3.) im Rahmen der Beschwerdelegitimation der Rechtsmittelwerberin die behördlich erteilte Verkehrsgenehmigung aufrechtzuerhalten ist.
Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (VwGH 28.5.2014, Ro 2014/07/0053).
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich. Die vorliegende Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Es war daher auch in diesem Punkt spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Amtssachverständiger, Arbeitsinspektor, Beschwerdelegimitation,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:W179.2128492.1.00Zuletzt aktualisiert am
02.03.2020