TE Vwgh Erkenntnis 1998/7/2 97/06/0099

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Veröffentlicht am 02.07.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
95/06 Ziviltechniker;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
IngKG §24 Abs4 Z6;
IngKG §29;
Statut der Wohlfahrtseinrichtungen der BundesIngenieurkammer 1970 §10 Abs1;
Statut der Wohlfahrtseinrichtungen der BundesIngenieurkammer 1970 §11;
Statut der Wohlfahrtseinrichtungen der BundesIngenieurkammer 1970 §12 Abs1;
Statut der Wohlfahrtseinrichtungen der BundesIngenieurkammer 1970 §16 Abs4;
Statut der Wohlfahrtseinrichtungen der BundesIngenieurkammer 1970 §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des D in G, vertreten durch D, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Vorstandes der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten vom 28. Oktober 1996, Zl. 427/96, betreffend Gewährung von Leistungen aus dem Grunde der Berufsunfähigkeit, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben des Beschwerdeführers vom 16. Dezember 1992 gab dieser das Ruhen seiner Ziviltechnikerbefugnis ab 1. Jänner 1993 bekannt. Eine Begründung dafür wurde vom Beschwerdeführer nicht gegeben. Der Beschwerdeführer nahm mit Beitragszahlungen freiwillig weiter am Versorgungsfonds teil.

Mit Schreiben vom 28. Juli 1994 beantragte der Beschwerdeführer die Gewährung der Berufsunfähigkeitspension mit der Begründung, daß sich sein Gesundheitszustand seit seiner Erkrankung im Jänner 1993 verschlechtert habe. In dem in der Folge eingeholten ärztlichen Gutachten vom 23. August 1994 wurde im Rahmen der Anamnese ausgeführt, es bestehe seit 1992 ein Diabetes mellitus. Bis März 1994 habe sich der Patient subjektiv wohl gefühlt. Am 22. März 1994 sei im Anschluß an eine Operation am rechten Fuß eine Halbseitenlähmung der linken Körperhälfte aufgetreten. Im Juli 1994 sei röntgenologisch ein Bandscheibenvorfall im Halswirbelsäulenbereich sowie eine Verkalkung im Bereich des linken Schultergelenkes festgestellt worden. Im Gutachten wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer im Anschluß an eine in Narkose durchgeführte Operation am rechten Fuß einen Schlaganfall mit Lähmung der linken Körperhälfte erlitten habe. Nach einer medikamentösen und physikotherapeutischen Behandlung bestehe noch ein Restzustand mit Hemiparese links sowie eine deutliche Konzentrations- und Merkfähigkeitsschwäche, rasche Ermüdbarkeit und Auftreten von Cephalea bei Belastung sowie eine Geschmackstörung. Als Nebenbefund liege ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus sowie eine periphere arterielle Verschlußkrankheit und ein reaktives dysthymes Zustandsbild vor. Durch die genannten Erkrankungen sei der Beschwerdeführer nicht in der Lage, die an ihn gestellten beruflichen Forderungen als Zivilingenieur zu erfüllen, sodaß ärztlicherseits eine dauernde Berufsunfähigkeit bestehe.

Mit Bescheid des Kuratoriums der Wohlfahrtseinrichtungen vom 14. September 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen. Maßgeblicher Grund für die Abweisung war, daß gemäß § 12 des Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen die vollständige Berufsunfähigkeit während der aktiven Tätigkeit als Ziviltechniker eingetreten sein muß. Der Beschwerdeführer habe aber bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung über 18 Monate keine Ziviltechnikertätigkeit ausgeführt.

In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer u.a. aus, er sei schon vor seiner Mitteilung vom 16. Dezember 1992 krank und berufsunfähig gewesen. Dies ergebe sich aus beiliegend vorgelegten ärztlichen Bestätigungen vom 26. September 1994 und vom 28. Dezember 1994 und vom 28. September 1994 sowie aus der Pflegegebührenrechnung eines näher angeführten Sanatoriums vom 8. Februar 1991. Der Beschwerdeführer habe zum Ende des Jahres 1992 gehofft, daß sich sein Krankheitszustand nach entsprechender Behandlung wieder soweit bessern werde, daß er seine Arbeit als Ziviltechniker wieder aufnehmen könne.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. April 1995 wurde die Berufung abgewiesen.

Aufgrund der dagegen erhobenen Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof wurde dieser Berufungsbescheid mit Erkenntnis vom 27. Februar 1996, B 1651/95-6, wegen Verletzung des Beschwerdeführers im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz aufgehoben. Der Verfassungsgerichtshof führte aus, daß die Beschwerde wegen Willkür der belangten Behörde begründet sei. Der Verfassungsgerichtshof verwies auf die Ausführungen des Beschwerdeführers in der Berufung, daß er schon vor dem 16. Dezember 1992 krank und berufsunfähig gewesen sei, was er mit entsprechenden ärztlichen Belegen bestätigt habe. Es sei daher nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes unverständlich, wenn die belangte Behörde im Berufungsbescheid die Auffassung vertreten habe, der Beschwerdeführer habe nicht behauptet, daß der Eintritt der Berufsunfähigkeit während tatsächlich ausgeübter Ziviltechnikertätigkeit erfolgt sei. Damit habe die Behörde in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit - in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens - unterlassen. Dies stelle eine in die Verfassungsspäre reichende Fehlerhaftigkeit des Ermittlunsverfahrens dar.

In der Folge holte die belangte Behörde zwei weitere ärztliche Gutachten bzw. Stellungnahmen ein (welche Fragestellung konkret an die Sachverständigen gerichtet wurde, geht aus dem Akt nicht hervor). Die Zusammenfassung und Beurteilung des Sachverständigen Prof.Dr. L.D. vom 11. Juni 1996 lautete:

"Zusammenfassung und Beurteilung: Der Patient erlitt einen linksseitigen Schlaganfall bei Grundkrankheiten Diabetes mellitus und Hypertonie (früher Rauchen). Die Rückbildung der Hemiparese links erfolgte langsam über etwa 1 Jahr. Es besteht derzeit noch eine linksseitige residuale Hemisymptomatik. Leichte Behinderung beim An- und Auskleiden, Gehen jedoch ohne Stock möglich. Komplizierte Gangarten links nicht durchführbar. Es ist aufgrund der vorliegenden neurologischen Symptomatik (Zustand nach apoplektischem Insult mit Hemiparese links) absolut unmöglich, daß Herr Dipl.-Ing. ... seinem Beruf nachgeht. Als Zivilingenieur sind Bauaufsichten, Gänge auf Baustellen, sich in exponierte Lagen begeben, etc., wie sie mit diesem Beruf unvermeidbar sind, absolut unmöglich."

Die ärztliche Stellungnahme des Dr. S.R. vom 7. Oktober 1996 lautete wie folgt:

"Angesichts der Anamnese wurde der Patient wegen eines Diab. mell. (nicht insulinpflichtig) ohne sicheren Grundkrankheitskomplikationen, z.B. Organausfallerscheinungen, ohne multiple Herzkreislauffaktoren einer Therapie unterzogen. Aufgrund des im Detail geschilderten Verlaufes und Therapie war Herr Dipl.Ing. ... in ärztlicher Behandlung gewesen. Aufgrund der dokumentierten Befunde dürfte kein stationärer bzw. Kuraufenthalt für Zuckererkrankung in Anspruch genommen worden sein. Die behandelnden Ärzte haben daher keinen stationären Aufenthalt bezüglich der Grundkrankheit notwendig gefunden. Ein urologischer Eingriff wurde erfolgreich durchgeführt. Am 22.03.1994 trat erst im Anschluß einer Operation am re Fuß eine Lähmung der li Körperhälfte auf.

Herr Dipl. Ing. ... war bis März 1994 subjektiv beschwerdefrei und stand nicht in stationärer Behandlung, obwohl fehlende Risikofaktoren bis auf eine berufsbedingte Streßexposition keine morphologische funktinelle Störung vorhanden waren."

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers neuerlich abgewiesen. Diese Entscheidung ist im wesentlichen damit begründet, daß nach Aufhebung des Bescheides zweiter Instanz durch den Verfassungsgerichtshof ein neuerliches Ermittlungsverfahren durchgeführt worden sei. Der Beschwerdeführer sei vom Vorstand der Universitätsklinik für Neurologie, Wien, untersucht worden. In der Vorgeschichte berichte der Beschwerdeführer selbst, daß er bis 1993 aktiv als geschäftsführender Gesellschafter in seiner Gesellschaft tätig gewesen sei und weiters ein Zivilingenieurbüro mit einem Assistenten betrieben habe. Seit 1990 sei ein Diabetes mellitus bekannt. Im März 1994 hätten die Probleme mit dem rechten Bein, die dann zur Lähmung geführt hätten, begonnen. Der Sachverständige habe einen linksseitigen Schlaganfall attestiert und erachte die Ausübung der Ziviltechnikertätigkeit als absolut unmöglich. Der Bericht eines zusätzlich als Vertrauensarzt herangezogenen Internisten spreche davon, daß der Beschwerdeführer bis März 1994 subjektiv beschwerdefrei gewesen und nicht in stationärer Behandlung gestanden sei. Bis auf eine berufsbedingte Streßexposition sei keine morphologische funktionelle Störung vorhanden. Gemäß § 12 des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen müsse die vollständige Berufsunfähigkeit während der aktiven Tätigkeit als Ziviltechniker eingetreten sein, wenn Leistungen aus dem Grunde der dauernden Berufsunfähigkeit gewährt werden sollten. Die aktive Tätigkeit des Beschwerdeführers habe mit 31. Dezember 1992 geendet. Der Eintritt der gänzlichen Berufsunfähigkeit müsse vor diesem Termin nachgewiesen sein. Der Antragsteller sei zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits seit über 18 Monaten nicht mehr als Ziviltechniker tätig gewesen. Nach dem Ergebnis des neuerlich durchgeführten Ermittlungsverfahrens, in Auswertung der ärztlichen Untersuchungsergebnisse, lasse sich für den Zeitraum 1992, also des letzten Jahres der aufrechten Befugnis, kein Hinweis finden, daß eine Erkrankung des Beschwerdeführers vorgelegen sei, die die Ausübung der Ziviltechnikertätigkeit gänzlich unmöglich gemacht hätte. Nach den Gutachten der Vertrauensärzte, die aber auch hinsichtlich des Zeitraumes 1992/1993 zum Teil auf die eigenen Angaben des Beschwerdeführers bzw. auf den in der Berufung angeführten ärztlichen Attesten beruhten, könnten die Behauptungen in der Berufung, nämlich daß der Beschwerdeführer schon 1992 krank und berufsunfähig gewesen sei, keine Bestätigung finden. Die Berufsunfähigkeit sei erst für den Zeitraum nach März 1994, also 15 Monate nach Beendigung der Ziviltechnikertätigkeit nach dem erlittenen Schlaganfall von den Gutachtern bescheinigt worden. Das Ergebnis des abgeführten Ermittlungsverfahrens zeige, daß die Berufsunfähigkeit nicht während aufrechter Ziviltechnikertätigkeit eingetreten sei.

Die Behandlung der zunächst beim Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wurde von diesem mit Beschluß vom 25. Februar 1997, B 4938/96-3, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. In der beim Verwaltungsgerichtshof nach Aufforderung ergänzten Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 des Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen der Bundes-Ingenieurkammer in der im Zeitpunkt des im Juli 1994 gestellten Antrages geltenden Fassung (erlassen vom Kammertag der Bundes-Ingenieurkammer am 30. Juni 1970 gemäß § 24 Abs. 4 Z. 6 und § 29 des Ingenieurkammergesetzes, BGBl. Nr. 71/69, in der Fassung der Kammertagsbeschlüsse vom 27. Oktober 1970, 27. Oktober 1971, 31. Oktober 1972, 6. Juni 1974,

27. Oktober 1975, 19. März 1976, 29. Oktober 1976,

19. September 1978, 30. Oktober 1979, 16. Juni 1980, 26. Juni 1981, 24. Juni 1983, 5. Juni 1987, 9. Oktober 1987, 6. Oktober 1989, 8. März 1991, 11. Oktober 1991,

13. Dezember 1991, 2. Oktober 1992, 29. Jänner 1993 und vom 29. Oktober 1993) hat der Ziviltechniker Anspruch auf geldliche Zuwendungen aus dem Versorgungsfonds aus dem Grunde des Alters oder der dauernden Berufsunfähigkeit. Wiederkehrende Leistungen werden gemäß § 16 Abs. 4 des Statutes erstmalig für den dem anspruchsbegründenden Zeitpunkt folgenden Monat, frühestens jedoch für den Monat gewährt, in dem der Antrag auf Gewährung einer Versorgungsleistung beim Kuratorium einlangt. Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung sind gemäß § 10 Abs. 1 des Statutes die Mitgliedschaft oder ehemalige Mitgliedschaft bei einer Länderkammer, die Erfüllung der Wartefrist und für Hinterbliebene ein Versorgungsanspruch des Verstorbenen gemäß §§ 11 und 12. § 12 Abs. 1 des Statuts in der angeführten Fassung sieht u.a. vor, daß die dauernde Berufsunfähigkeit während der aktiven Tätigkeit eingetreten sein muß (diese Voraussetzung hat sich in dem Zeitraum bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides am 5. 11 1996 auch gemäß dem in diesem Zeitpunkt geltenden Statut nicht geändert). Dauernde Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Ziviltechniker infolge eines Leidens oder einer Krankheit außerstande ist, seinen Beruf als Ziviltechniker weiter auszuüben und mit der Wiedererlangung der Berufsfähigkeit nicht zu rechnen ist. Für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist das Berufsbild maßgebend.

Der Beschwerdeführer macht geltend, es sei zu prüfen gewesen, ab wann seine Berufsunfähigkeit eingetreten sei. Es werde das Gutachten des Vorstandes der Universitätsklinik für Neurologie in Wien und der Bericht eines zusätzlich als Vertrauensarzt herangezogenen Internisten angeführt, wonach der Beschwerdeführer bis März 1994 subjektiv beschwerdefrei und nicht in stationärer Behandlung gewesen sei. Im Bescheid seien weder die Namen der Sachverständigen genannt, noch seien deren gutachterliche Äußerungen wiedergegeben. Weiters seien dieses Gutachten bzw. der Bericht dem Beschwerdeführer nicht bekanntgegeben worden. Er habe daher dazu auch keine Stellungnahme abgeben und deren Ergänzung nicht verlangen können. Eine gutachterliche Äußerung, daß der Beschwerdeführer vor dem 16. Dezember 1992 voll arbeitsfähig gewesen sei, sei dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen. Falls in einem dem Beschwerdeführer nicht bekannten Bericht davon die Rede sei, er sei bis März 1994 subjektiv beschwerdefrei und nicht in stationärer Behandlung gewesen, ließe sich daraus noch nicht zweifelsfrei ableiten, daß er vor dem 16. Dezember 1992 arbeitsfähig gewesen sei. Der Beschwerdeführer verweist wiederum auf sein Vorbringen in der Berufung, daß er bereits vor dem 16. Dezember 1992 krank und berufsunfähig gewesen sei. Zum Beweis dafür habe er zwei ärztliche Bestätigungen vom September 1994 und eine Pflegegebührenrechnung eines näher genannten Sanatoriums aus dem Jahre 1991 vorgelegt. Er habe schon vor dem genannten Zeitpunkt ein sich stets verschlechternder Diabetes mellitus sowie eine Hyperlipidämie gehabt. Damit verbunden seien ständige Schmerzen im Fuß, verminderte Gedächtnisleistungen, Schwindelgefühle, Müdigkeit usw., gewesen. Auch die beiden weiteren Gutachten hätten wohl sein diesbezügliches Vorbringen unbeachtet gelassen, jedenfalls sei nicht begründet, warum die vorgelegten ärztlichen Bestätigungen und die Pflegegebührenrechnung unrichtig sein sollten. Es stelle eine Verletzung in Verfahrensrechten dar, wenn die belangte Behörde ihm das zusätzlich durchgeführte Ermittlungsverfahren nicht zur Kenntnis gebracht habe, ihm keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei, ihm die Inhalte der bei der belangten Behörde allenfalls vorliegenden medizinischen Gutachten bzw. Berichte im angefochtenen Bescheid nicht dezidiert genannt seien und sich die belangte Behörde nicht mit den vom Beschwerdeführer in seiner Berufung vorgelegten Beweismitteln auseinandergesetzt habe.

Gemäß § 45 Abs. 3 AVG hat die Behörde den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Die nach Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof weiters eingeholten Beweisaufnahmen (ein Gutachten bzw. ein Bericht eines medizinischen Sachverständigen) wurden dem Beschwerdeführer weder zur Kenntnis noch zur Stellungnahme übermittelt. Die Abweisung der Berufung gründet maßgeblich auf diesen Beweismitteln. Da der Inhalt des Gutachtens bzw. des Berichtes auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht angeführt ist, konnte vom Beschwerdeführer auch nicht verlangt werden, daß er bereits in der Beschwerde die Wesentlichkeit dieses Verfahrensmangels darlegt. Der Beschwerdeführer wurde daher im Rahmen des ergänzenden Ermittlungsverfahrens im Recht auf Parteiengehör verletzt. Auch eine gesetzmäßige Beweiswürdigung der Darstellung der von der belangten Behörde maßgeblich herangezogenen Vorgeschichte im Gutachten vom 11. Juni 1996 bzw. des Krankheitsverlaufes gemäß dem Bericht des Sachverständigen vom 7. Oktober 1996 ist erst dann möglich, wenn diese Beweismittel dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht worden sind und ihm die Möglichkeit der Stellungnahme gegeben wurde. Hinzu kommt, daß - worauf die Ausführungen der ergänzend herangezogenen Sachverständigen schließen lassen - die Fragestellung an die Sachverständigen offensichtlich nicht dahin gelautet hat, ob die vom Beschwerdeführer vor dem Zeitpunkt des 16. Dezember 1992 ins Treffen geführten Krankheiten bereits eine Berufsunfähigkeit ergeben hätten. Das Gutachten vom 11. Juni 1996 hat sich mit den vom Beschwerdeführer in der Berufung dazu angeführten Beweismitteln und seinen Aussagen zu seinem Gesundheitszustand in der Berufung nicht auseinandergesetzt. Der Bericht vom 7. Oktober 1996 erweckt zwar den Eindruck, daß er sich auf die vorgelegten ärztlichen Bestätigungen bezieht (ausdrücklich genannt werden diese nicht), eine ausreichende Begründung dafür, daß die ins Treffen geführten Krankheiten mit den damit einhergehenden, vom Beschwerdeführer beschriebenen Zuständen keine Berufsunfähigkeit ergeben würden, wurde jedoch nicht gegeben. Es liegen somit auch noch keine ausreichenden Beweismittel betreffend den maßgebenden Sachverhalt gemäß § 37 AVG in bezug auf die Zeit vor dem 16. Dezember 1992 vor. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG und wegen Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes in einem wesentlichen Punkt gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG als rechtswidrig aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren in bezug auf Stempelgebühren betreffend die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof war abzuweisen, weil diese nicht gemäß § 48 Abs. 1 Z. 1 VwGG im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu entrichten waren. Das Mehrbegehren in bezug auf Umsatzsteuer war abzuweisen, weil die in der angeführten Verordnung vorgesehenen Pauschalbeträge auch die Umsatzsteuer mitumfassen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997060099.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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