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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §200 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der T Gesellschaft mbH in T, vertreten durch Dr. Hubert Mayrhofer, Rechtsanwalt in Wien I, Opernring 17, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 7. April 1995, GZ. B 89-7/94, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Abgabenerklärung vom 2. Mai 1989 wurde angezeigt, daß die Beschwerdeführerin sechs einzeln angeführte Liegenschaften und verschiedene Superädifikate aufgrund des Sacheinlagen- und Gesellschaftsvertrages vom 28. April 1989 vom prot. Einzelunternehmen "Tauplitzer Fremdenverkehrsbetriebe Brüder Mayrhofer" erworben hat. Auf der Basis der Einheitswerte der Liegenschaften setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Graz (im folgenden: Finanzamt) mit Bescheid vom 23. Jänner 1990 die Grunderwerbsteuer vorläufig fest. Vorläufig wurde die Grunderwerbsteuer mit der Begründung festgesetzt, daß der Umfang der Abgabenpflicht noch ungewiß sei.
Ohne daß weitere Erhebungen aus dem Akt ersichtlich wären, erließ das Finanzamt am 6. August 1993 den endgültigen Bescheid. Der ursprünglichen Bemessungsgrundlage wurden die Einheitswerte für die Superädifikate hinzugeschlagen und Grunderwerbsteuer vom Doppelten dieses Betrages bestimmt. Begründet wurde die Vorschreibung mit dem Hinweis auf die Bestimmungen des Umgründungssteuergesetzes.
In ihrer dagegen erstatteten Berufung rügte die Beschwerdeführerin zunächst, daß kein Anlaß für eine vorläufige Abgabenfestsetzung bestanden hätte, weil bei den Tatumständen keine Änderung eingetreten sei. Die nunmehr herangezogene Übergangsbestimmung zum Umgründungssteuergesetz widerspreche dem Rückwirkungsverbot des § 5 ABGB; anläßlich der Errichtung der beschwerdeführenden Gesellschaft mit Notariatsakt vom 28. April 1989 sei diese Gesetzesänderung noch nicht vorhersehbar gewesen.
In der abweisenden Berufungsvorentscheidung führte das Finanzamt aus, zur Ermöglichung einer raschen grundbücherlichen Durchführung sei die Steuer vorläufig gemäß § 200 Abs. 1 BAO bemessen worden. Die in der Folge vorgenommene Bemessung vom Zweifachen des Einheitswertes sei aufgrund einer generellen Norm erfolgt, die alle Steuerpflichtigen in gleicher Weise treffe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die antragsgemäß der belangten Behörde vorgelegte Berufung als unbegründet abgewiesen. Der hier vorliegende Einbringungsvorgang stelle einen Erwerbsvorgang gemäß § 1 Abs. 1 GrEStG 1987 dar. Aufgrund des dritten Teiles der Übergangs- und Schlußbestimmung in Z. 1 lit. d des Umgründungssteuergesetzes, BGBl. Nr. 699/1991, sei die Bemessung mit dem doppelten Einheitswert gerechtfertigt. Dagegen, daß der vorläufige Bescheid erst acht Monate nach der Abgabenerklärung ergangen ist, hätte sich die Beschwerdeführerin mit Devolutionsantrag wehren können. Auch ein vorläufiger Bescheid, der sich nicht auf Ungewißheitselemente stützen kann, sei nicht rechtswidrig.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluß vom 26. September 1995 ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In ihrer Ergänzung erachtet sich die Beschwerdeführerin insoferne beschwert, als die belangte Behörde es billigte, daß das Finanzamt nicht innerhalb von sechs Monaten entschied, daß das Finanzamt mit vorläufigem Bescheid vorging und daß das Finanzamt den endgültigen Bescheid erst dann erließ, als die Gesetzesänderung eine Verdoppelung der Bemessungsgrundlage bewirkte.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unbestritten ist, daß die gegenständliche Vereinbarung ein Rechtsgeschäft darstellt, welches den Anspruch auf Übereignung an mehreren inländischer Grundstücke begründete (§§ 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987).
§ 12 Abs. 1 zweiter Satz GrEStG 1987 (in der Stammfassung; im folgenden: GrEStG) normierte, daß andere Rechtsvorschriften, die eine Grunderwerbsteuerbefreiung vorsahen, für Erwerbsvorgänge, die nach dem 30. Juni 1987 verwirklicht wurden, nicht mehr anzuwenden waren. Im vierten Satz dieser Bestimmung wurde festgelegt, daß die in den §§ 2 und 10 des Strukturverbesserungsgesetzes, BGBl. Nr. 69/1969, in der jeweils geltenden Fassung, enthaltenen Grunderwerbsteuerbefreiungen auf Erwerbsvorgänge Anwendung finden, bei welchem die der Einbringung zugrundezulegende Bilanz der übertragenden Gesellschaft oder des Einbringenden auf einem Zeitpunkt aufgestellt ist, der vor dem 1. Juli 1987 liegt.
Ein solcher Fall liegt hier nicht vor; dem Einlagevertrag vom 28. April 1989 lag die Bilanz zum 31. Dezember 1988 zugrunde.
Mit der Rechtslage bis zur Wirksamkeit des am 30. Dezember 1991 kundgemachten Umgründungssteuergesetzes, BGBl. Nr. 699/1991, hat sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 17. Februar 1994, Zl. 92/16/0111, auseinandergesetzt. Damals ging es um die Einbringung des Unternehmens einer OHG in eine Aktiengesellschaft aufgrund der Einbringungsbilanz zum 1. August 1989. Der Verwaltungsgerichtshof billigte nicht nur die Versagung der Grunderwerbsteuerbefreiung gemäß § 12 Abs. 1 zweiter Satz GrEStG, sondern auch, daß die Steuer von der Gegenleistung und nicht etwa vom einfachen Einheitswert zu bemessen sei. Da in jenem Fall der dort angefochtene Bescheid am 14. Dezember 1990 erlassen wurde, konnte die Übergangsregelung im Umgründungssteuergesetz nicht Anwendung finden, sodaß der damalige Beschwerdeführer auch in seinem Recht, daß die Steuer vom doppelten Einheitswert bemessen werde, nicht verletzt war. Im Zeitpunkt des hier von der belangten Behörde beurteilen endgültigen Bescheides galt jedoch schon das Umgründungssteuergesetz, dessen dritter Teil Z. 1 lit. d auszugsweise lautet:
"Ist die einer Verschmelzung oder Einbringung nach Art. I und III des Strukturverbesserungsgesetzes zugrunde zu legende Bilanz der übertragenden Gesellschaft oder des Einbringenden auf einen nach dem 30. Juni 1987 liegenden Zeitpunkt aufgestellt, so ist für alle nicht endgültig rechtskräftig veranlagten Fälle die Grunderwerbsteuer für Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 oder 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 vom Zweifachen des Einheitswertes des Grundstückes zu berechnen
..."
Im vorliegenden Fall erfolgte die Bemessung nach dem Einheitswert durch das Finanzamt im vorläufigen Bescheid somit ohne Rechtsgrundlage; damals hätte die Gegenleistung festgestellt und danach die Bemessung erfolgen müssen. Die Beschwerdeführerin konnte nie darauf vertrauen, daß sie nur eine auf dem einfachen Einheitswert bemessene Grunderwerbsteuer schulde; ihre Bedenken gegen die im zuletzt zitierten Gesetz angeordnete Rückwirkung gehen somit ins Leere. Im übrigen hat sie nie behauptet, daß die Bemessung von der Gegenleistung für sie günstiger gewesen wäre.
Gemäß § 200 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiß, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiß ist. Die Erlassung eines vorläufigen Bescheides, ohne daß die Voraussetzungen des § 200 Abs. 1 BAO vorliegen, wäre zwar rechtswidrig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1993, Zlen. 92/13/0045 ff); die Beschwerdeführerin ließ allerdings den vorläufigen Bescheid unbekämpft. Mit dem hier angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde nicht über einen vorläufigen, sondern über einen endgültigen Bescheid ab. Der endgültige Bescheid trat gemäß § 251 BAO an die Stelle des vorläufigen Bescheides, ihm haftete die hier gerügte Rechtswidrigkeit keinesfalls an.
Gleichfalls wäre es Sache der Beschwerdeführerin gewesen, wenn sie eine rasche Bemessung vor Inkrafttreten des Umgründungssteuergesetzes wünschte, schon im erstinstanzlichen Verfahren mit einem Antrag gemäß § 311 Abs. 2 BAO vorzugehen. Die Berufungsbehörde konnte nur gemäß § 289 BAO entscheiden; inwieweit sie die Säumnis der Unterinstanz hätte wahrnehmen können, läßt auch die Beschwerde unbeantwortet.
Damit erwies sich die Beschwerde zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen ist. Mit Rücksicht auf die durch die zitierte hg. Rechtsprechung klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gem. § 12 Abs. 1 Zi. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1995160297.X00Im RIS seit
20.11.2000