TE Bvwg Erkenntnis 2019/8/15 I405 2155798-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.08.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

15.08.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z5
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
EMRK Art. 2
EMRK Art. 3
EMRK Art. 8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I405 2155798-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. Gambia, vertreten durch RA Dr. Andreas WALDHOF, Reichsratsstraße 13, 1010 Wien und ARGE-Rechtsberatung, Diakonie und Volkshilfe, Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) stellte gemeinsam mit ihrem behaupteten Ehegatten nach ihrer illegalen Einreise ins Bundesgebiet am 11.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Die BF wurde dazu am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 13.10.2016 niederschriftlich zu ihrem Antrag auf internationalen Schutz einvernommen. Als Fluchtgrund machte sie im Wesentlichen geltend, dass sie und ihr Mann eingesperrt worden seien, weil er sich geweigert habe, einen Film für den Präsidenten Jammeh zu veröffentlichen, in dem der Präsident als Heiler von HIV dargestellt werde. Aufgrund der Diskrepanzen zwischen ihrem Mann und dem Präsidenten sei auch die Ausstrahlung ihrer Fernsehsendung verboten worden.

3. Das BFA stellte in der Folge eine Anfrage zum Vorbringen der BF bzw. ihres behaupteten Gatten an die Staatendokumentation. Am 03.01.2017 langte Beantwortung der Anfrage beim BFA ein, womit das Vorbingen der BF nicht verifiziert werden konnte. Das Ergebnis der Anfragebeantwortung wurde der BF zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme übermittelt, wovon sie jedoch keinen Gebrauch machte.

4. Mit gegenständlich angefochtenem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat abgewiesen (Spruchpunkt II.). Darüber hinaus wurde ein "Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen" gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF erlassen. Zugleich wurde festgestellt, dass gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Gambia zulässig sei (Spruchpunkt III). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde für die freiwillige Ausreise eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt IV).

5. Der bezeichnete Bescheid wurde der BF samt der Verfahrensanordnung vom 21.03.2017, mit welchen ihr eine Rechtsberaterin amtswegig als Rechtsberater zur Seite gestellt und ihr die verpflichtende Teilnahme an einem Rückkehrberatungsgespräch aufgetragen wurde, am 23.03.2017 zugestellt.

6. Mit dem am 04.04.2017 beim BFA eingebrachten Schriftsatz erhob die bevollmächtige Vertretung der BF fristgerecht vollumfänglich Beschwerde und machte darin inhaltliche Rechtswidrigkeit und mangelhafte Verfahrungsführung geltend.

7. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakte wurden vom BFA vorgelegt und sind am 05.05.2017 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

8. Am 19.06.2018 übermittelte die belangte Behörde eine Meldung der LPD Schwechat, wonach der Gatte der BF das Bundesgebiet freiwillig verlassen habe und nach Großbritannien gereist sei.

9. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 27.05.2019 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die englische Sprache und der BF sowie ihrer Rechtsvertretung eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Dabei wurde die BF zu den Gründen für ihre Ausreise aus dem Herkunftsstaat und über ihre privaten und persönlichen Verhältnisse einvernommen.

10. In der Folge stellte das Bundesverwaltungsgericht eine Anfrage zum neuen Vorbringen der BF bezüglich der geltend gemachten Verfolgung aufgrund ihrer Verwandtschaft mit E.S. an die Staatendokumentation, deren Ergebnis mit Schriftsatz vom 04.07.2019 der BF zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt wurde. Am 12.07.2019 langte die entsprechende Stellungnahme der BF beim Bundesverwaltungsgericht ein, worin sie sich zu ihrem Verwandtschaftsverhältnis zum E.S. äußerte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der BF:

Die BF ist gambische Staatsangehörige und sohin Drittstaatsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Die wahre Identität der BF steht in Ermangelung entsprechender Dokument nicht fest. Sie hat lediglich die Kopie ihres Reisepasses vorgelegt.

Die BF ist Angehörige der Volksgruppe der Mandinka und bekennt sich zum islamischen Glauben. Die BF spricht Wolof und Englisch.

Die BF ist gesund und arbeitsfähig. Die BF lebt in keiner Lebensgemeinschaft und ist ohne Sorgepflichten.

Dass die BF nach wie vor mit XXXX (Zl. XXXX) verheiratet ist, konnte nicht festgestellt werden, da dieser eine britische Staatsangehörige geheiratet, das Bundesgebiet verlassen hat und nach London verzogen ist. Sein Asylverfahren wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 31.05.2019 eingestellt.

Die BF verfügt über eine mehrjährige Schulbildung.

Die BF verfügt über keine familiären oder sonstigen nennenswerten sozialen Bindungen in Österreich. Die BF ist in Österreich ohne regelmäßige Beschäftigung und verfügt über keine hinreichenden Mittel zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes, sondern lebte bislang von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.

Die BF hat zwar mehrere Deutschkurse besucht. Sie verfügt jedoch über keine qualifizierten Deutschkenntnisse und hat auch keine qualifizierte Deutschprüfung erfolgreich abgelegt. Sie hat an einem Kurs des Österreichischen Roten Kreuzes teilgenommen und ist in einem afrikanischen Verein tätig. Darüber hinaus vergibt sie Englischunterricht.

Insgesamt konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration der BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden.

1.2. Zum Fluchtvorbringen der BF:

Ein konkreter Anlass für ein (fluchtartiges) Verlassen des Herkunftsstaates konnte nicht festgestellt werden. Die BF war im Herkunftsstaat weder einer privaten noch einer staatlichen Verfolgung ausgesetzt und es wurden solche Umstände von ihm auch nicht glaubhaft behauptet.

Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass die BF im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt wäre oder dass sonstige Gründe vorliegen, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

1.3. Zur Situation in Gambia:

Politische Lage

Gambia ist eine Präsidialrepublik. Staatsoberhaupt und Regierungschef ist seit 2017 Präsident Adama Barrow von der United Democratic Party - UDP (AA 18.9.2018). Präsident Barrow war Anfang 2017 in sein Amt eingeführt worden, nachdem er die Präsidentschaftswahlen vom Dezember 2016 gegen den langjährigen Gewaltherrscher Yahya Jammeh gewonnen hatte (AA 3.8.2018).

Seit den Präsidentschaftswahlen vom 1.12.2016, die als weitgehend frei und fair bezeichnet werden (KAS 16.5.2018; vgl. HRW 18.1.2018; FH 1.2018), befindet sich das Land in einem tief greifenden und anhaltenden demokratischen Transformations- und Demokratisierungsprozess. Der seit 22 Jahren autoritär regierende Präsident, Yaya Jammeh, wurde abgewählt und durch Adama Barrow ersetzt.

Seither befinden sich im Auftrag der CEDEAO/ECOWAS und auf Bitten der neuen Regierung Militärtruppen in Gambia (KAS 16.5.2018; vgl. FH 1.2018; HRW 18.1.2018), um die Sicherheit des Transformationsprozesses und der aktuellen Regierung zu gewährleisten (KAS 16.5.2018). Die internationale Gemeinschaft hat der Barrow - Regierung erhebliche finanzielle Unterstützung gewährt, einschließlich der Unterstützung bei der Untersuchung vergangener Menschenrechtsverletzungen und der Reform der Sicherheitskräfte und der Justiz (HRW 18.1.2018).

Barrow spricht von einem "neuen Gambia" - öffnet seither das Land nach außen und reformiert es nach innen (KAS 16.5.2018; vgl. HRW 18.1.2018). Direkt nach seiner Amtsübernahme erklärte Barrow sein Land zur Republik und ließ den Zusatz "Islamische Republik" streichen. Er stärkt die Freiheit der Bürger, indem Militär- und Polizei-Checkpoints im Land reduziert werden und der Stellenwert von Meinungs- und Pressefreiheit öffentlich beteuert wurde (KAS 16.5.2018). Am 13. 12.2017 wurde das Gesetz der Wahrheits-, Versöhnungs- und Reparationskommission (TRRC) von der Nationalversammlung verabschiedet und vom Präsidenten am 13.1.2018 bestätigt (LHG 2018). Darüber hinaus soll die Truth, Reconciliation and Reparations Commission (TRRC) ihre Arbeit aufnehmen, um das in zwei Jahrzehnten Diktatur begangene Unrecht zu sammeln und aufzuarbeiten (AA 3.8.2018; vgl. KAS 16.5.2018; LHB 2018). In den meisten Fällen gab es keine wirksamen Ermittlungen und die Täter wurden nicht vor Gericht gestellt. Das TRRC-Gesetz sieht die Erstellung einer historischen Aufzeichnung über Art, Ursachen und Ausmaß der im Zeitraum Juli 1994 bis Januar 2017 begangenen Verstöße und Verletzungen der Menschenrechte und die Gewährung einer Entschädigung für die Opfer vor (LHG 2018).

Ein wichtiges Reformvorhaben der Regierung Barrow ist der am 6.2.2018 vorgestellte nationale Entwicklungsplan (The Gambia National Development Plan), der als Grundlage der Beratung der Geberkonferenz am 22.5.2018 in Brüssel gilt. Der Entwicklungsplan betont die Wichtigkeit von Demokratie, guter Regierungsführung, Menschenrechte, sowie Sicherheit und Wohlstand für alle (KAS 16.5.2018). Die innenpolitische Reformbereitschaft Barrows in Gambia wird auch durch das Moratorium zur Abschaffung der Todesstrafe deutlich, das am 18.2.2018 in Kraft trat. Vorerst wurden keine Hinrichtungen mehr vorgenommen, die Abschaffung der Todesstrafe soll noch folgen (KAS 16.5.2018).

In Gambia fanden am 12.4.2018 und am 12.5.2018 Lokal- und Kommunalwahlen statt. Die Wahlen verliefen friedlich ohne Zwischenfälle (KAS 16.5.2018; vgl. UNSC 29.6.2018). Als Bürgermeisterin in der Hauptstadt Banjul wurde mit Rohey Malick Lowe, erstmals eine Frau gewählt (KAS 16.5.2018). Die Vereinigte Demokratische Partei unter der Leitung von Außenminister Ousainou Darboe gewann die Mehrheit der Sitze, während die Alliance for Patriotic Reorientation and Construction of Ex-Präsident Yahya Jammeh weniger als 15 % der Sitze erlangte. In der Zwischenzeit hat die Regierung weitere Fortschritte gemacht bei der eine Reihe von Reformprozessen, unter anderem in den Bereichen Sicherheitssektor Reform und Übergangsjustiz, durchgeführt wurden (UNSC 29.6.2018).

Die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen Gambias ähneln einer Herkulesaufgabe und stehen unter Zeitdruck. Die Bevölkerung erwartet sichtbare Resultate in der Dezentralisierung des Landes, in der Schaffung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen sowie in der Verbesserung ihrer persönlichen Lebenssituation. Dazu gehört auch ein Sicherheitsgefühl im öffentlichen Raum, die Reform des Sicherheitsapparates, die Aufarbeitung der Schreckenstaten während des Jammeh-Regimes und die sichtbare Entwicklung der Infrastruktur des Landes (KAS 16.5.2018).

Sicherheitslage

Laut France Diplomatie wird im gesamten Staatsgebiet zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen (FD 18.9.2018; vgl. BMEIA 18.9.2018), vor allem in entlegenen Teilen entlang der südlichen Grenze zum Senegal (BMEIA 18.9.2018). Gambia blieb bisher von terroristischen Anschlägen verschont. Angesichts möglicher terroristischer Aktivitäten in der ganzen Region Westafrika können jedoch auch in Gambia Anschläge gegen westliche Einrichtungen oder Staatsangehörige nicht ausgeschlossen werden (AA 18.9.2018). Im Rest des Landes wird ein erhöhtes Sicherheitsrisiko ausgerufen (BMEIA 18.9.2018).

Rechtsschutz / Justizwesen

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor und die Regierung respektiert die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz (USDOS 20.4.2018). Die Verfassung garantiert allen Bürgern den Zugang zu einer unabhängigen Justiz und das Recht auf Verteidigung (EASO 12.2017).

Nach dem Regierungswechsel Anfang 2017 kündigte Barrow an, dass er Jammehs Entscheidung, Gambia den Internationalen Strafgerichtshof zu verlassen, rückgängig machen werde (EASO 12.2017; vgl. USDOS 20.4.2018). Er ernannte einen ehemaligen Sonderbeauftragten und Staatsanwalt des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda auf die höchste Position der gambischen Justiz. Barrow erklärte, dies seien Zeichen der Unabhängigkeit der Justiz und Schritte auf dem Weg zur institutionellen und rechtlichen Reform (EASO 12.2017; vgl. USDOS 20.4.2018).

Im ersten Amtsjahr hat die Regierung Barrows eine Justiz- und Verfassungsreform angestoßen (AA 3.8.2018). Auch Amnesty International forderte Ende April 2017 die Regierung auf, Reformen durchzuführen und mehr Mittel in folgenden Bereichen der Justiz bereitzustellen: die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz zu stärken; Organisationen wie die National Agency for Legal Aid (NALA), die Gambia Bar Association und die Female Lawyers Association Gambia zu unterstützen; sicherzustellen, dass Folter als Straftatbestand in das Strafgesetzbuch aufgenommen wird (EASO 12.2017).

Die Justiz wird durch Korruption und Ineffizienz behindert und die Exekutive dominiert die gerichtlichen Verfahren. Von Februar bis November 2017 ernannte Barrow neue Richter am Obersten Gerichtshof (FH 1.2018; vgl. EASO 12.2017; HRW 18.1.2018; USDOS 20.4.2018), ein Schritt, welchen die Gambia Bar Association lobte (FH 1.2018). Die Richter verpflichteten sich, das Justizsystem zu reformieren und seine Glaubwürdigkeit wiederherzustellen (USDOS 20.4.2018).

Sicherheitsbehörden

Die zivilen Behörden behalten eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte. Das Militärpersonal der ECOWAS bleibt auf Einladung des Präsidenten weiterhin im Land (USDOS 20.4.2018).

Die Gambia Armed Forces - GFA (Streitkräfte) ist für die externe Verteidigung zuständig und steht unter der Aufsicht des Oberbefehlshabers der Streitkräfte und Verteidigungsminister, eine Position, die der Präsident innehat (USDOS 20.4.2018; vgl. EASO 12.2017). Der Nationale Geheimdienst untersteht direkt dem Präsidenten (EASO 12.2017). Das Innenministerium ist für die Gambia Police Force (GPF) verantwortlich, die die innere Sicherheit gewährleistet (USDOS 20.4.2018; vgl. EASO 12.2017). Die Abteilung für Einwanderung fällt in die Zuständigkeit des Innenministeriums und ist für Migration und Grenzkontrolle zuständig. Straflosigkeit war unter dem Jammeh-Regime weit verbreitet. Ehemalige Beamte der NIA (Geheimdienst) stehen wegen Foltervorwürfen vor Gericht (USDOS 20.4.2018).

Im Februar 2017 wurde die National Intelligence Agency (NIA), die unter der früheren Regierung Folter und willkürliche Inhaftierung praktizierte, in State Intelligence Services (SIS) umbenannt und ihre Haftbefugnisse wurde aufgehoben (AI 22.2.2018; vgl. EASO 12.2017; USDOS 20.4.2018). Laut Menschenrechtsorganisationen unterhielt die NIA ihre eigenen Haftanstalten.

Menschenrechtsorganisationen und die Opposition warfen der NIA wiederholt Verbrechen wie übermäßige Gewaltanwendung, illegale Verhaftung, Folter und Tötung vor. Der neue Präsident Barrow ließ die Führungsspitzen der NIS verhaften und kündigte an, die Vorwürfe zu untersuchen (EASO 12.2017). Auch die Leiter von Polizei, Gefängnis und Militär wurden ausgetauscht (AI 22.2.2018). Selbst nach dem Regierungswechsel gibt es Berichte über die Anwendung von Gewalt durch die Polizei. Innerhalb des Innenministeriums wurde eine Stelle geschaffen, die Vorwürfe wegen Fehlverhaltens und Menschenrechtsverletzungen durch Polizeibeamte untersucht (EASO 12.2017).

Folter und unmenschliche Behandlung

Die Verfassung und weitere Gesetze verbieten Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe. Es gibt aber Berichte, dass Sicherheitskräfte Personen in Gewahrsam foltern, schlagen und misshandeln (USDOS 20.4.2018). Seit Amtsübernahme der Regierung Barrow im Januar 2017 sind keine Berichte über Folter bekannt geworden (AA 3.8.2018). Bis dato hat Gambia noch nicht das optionale Protokoll der Anti-Folter Konvention ratifiziert (EASO 12.2017).

Korruption

Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Regierungsbeamte vor, und die Regierung setzt das Gesetz im Allgemeinen um, jedoch haben Beamte manchmal ungestraft korrupte Praktiken angewandt (USDOS 20.4.2018).

Die neue Regierung hat Initiativen zur Verringerung der Korruption ergriffen, die nach wie vor ein ernsthaftes Problem darstellt. Eine Untersuchungskommission prüft die Verwendung staatlicher Mittel durch den ehemaligen Präsidenten Jammeh für private Zwecke und friert sein Vermögen ein. Die Herausforderungen bleiben jedoch bestehen. Die Bevölkerung fordert nach wie vor Gesetze zur Einrichtung einer Anti-Korruptionskommission und zur Abgabe von Vermögenserklärungen durch Regierungsbeamte. Es gibt derzeit kein Gesetz zum Schutz von Informanten, und im Juni 2017 kam es bereits zu Verhaftung eines Beamten (FH 1.2018). Im August setzte die Regierung von Barrow eine Untersuchungskommission ein, um die finanziellen Transaktionen des ehemaligen Präsidenten Jammeh zu untersuchen (USDOS 20.4.2018).

Die Regierungsgeschäfte sind im Allgemeinen undurchsichtig, aber 2017 wurden Schritte zur Verbesserung der Transparenz unternommen. Regierungsbeamte sind nun verpflichtet, Vermögenserklärungen an den Bürgerbeauftragten abzugeben, aber die Erklärungen sind nicht öffentlich und medienwirksam; Barrow hat diese Zurückhaltung von Informationen verteidigt und auf Bedenken des Datenschutzes hingewiesen. Es gibt weit verbreitete Behauptungen über Korruption in öffentlichen Beschaffungsprozessen (FH 1.2018).

Im Jahr 2017 wurde Gambia im von Transparency International veröffentlichten Korruptionsindex auf Platz 130 von 180 Ländern platziert (TI 2018).

Allgemeine Menschenrechtslage

Der neue Präsident Adama Barrow machte deutlich, dass ein vorrangiges Ziel der neuen Regierung darin bestehen würde, die Achtung der Menschenrechte zu gewährleisten (EASO 12.2017).Zu den wichtigsten Menschenrechtsfragen gehören: harte und potenziell lebensbedrohliche Haftbedingungen; willkürliche Verhaftungen; mangelnde Verantwortlichkeit in Fällen von Gewalt gegen Frauen, einschließlich Vergewaltigung und FGM; Menschenhandel und Kinderarbeit (USDOS 20.4.2018).

Das Menschenrechtsklima in Gambia hat sich seit dem Amtsantritt von Präsident Barrow deutlich verbessert (HRW 18.1.2018). Die neue Regierung versprach, Gambia zur "Menschenrechtshauptstadt Afrikas" zu machen, ließ zahlreiche politische Gefangene frei und begann, die Justiz zu stärken und die Sicherheitsdienste zu reformieren. Die internationale Gemeinschaft leistete der Regierung Barrow erhebliche finanzielle Unterstützung, einschließlich der Unterstützung bei der Untersuchung früherer Menschenrechtsverletzungen und der Reform der Sicherheitskräfte und der Justiz (HRW 18.1.2018). Mitglieder des Jammeh-Regimes werden nicht systematisch verfolgt (EASO 12.2017).

Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit werden durch die Verfassung garantiert und seit Amtsübernahme der Regierung durch Barrow werden diese staatlicherseits respektiert und gewährleistet (AA 3.8.2018; vgl. FH 1.2018; HRW 18.1.2018; USDOS 20.4.2018). Die neue Regierung unternahm mehrere bedeutende Anstrengungen, um ein günstigeres Umfeld für die Meinungsfreiheit zu schaffen. Die Verfassung und das Gesetz sehen die Meinungsfreiheit, auch für die Presse, vor, und die Regierung respektierte dieses Recht (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018; HRW 18.1.2018). Tageszeitungen veröffentlichten regierungskritische Artikel, ohne Angst vor Vergeltung. Radiosender strahlen regelmäßig Sendungen mit politischem und zivilen Diskursen aus (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018). Radioprogramme, Nachrichten-Websites und Fernsehsender sind in Gambia online zugänglich. Internationale Sender wie die BBC, Voice of America und Nachrichten-Websites aus der Diaspora, die der Regierung Jammeh sehr kritisch gegenüberstanden, bleiben eine wichtige Informationsquelle (EASO 12.2017).

Die gesetzlichen Regelungen aus der Jammeh-Ära, welche die Pressefreiheit stark eingeschränkt haben, wurden im Mai 2018 vom Obersten Gerichthof weitestgehend für verfassungswidrig erklärt. Die Barrow-Regierung hat das Gesetz seit Amtsantritt nicht angewendet. Seit dem Regierungswechsel liegen auch keine Hinweise auf Einschränkungen der Medienfreiheit vor. Die Regierung sucht den Austausch mit Journalisten und der "Gambia Press Union". In Kooperation mit der Menschenrechts-NGO Article 19 erarbeitet die Regierung aktuell ein neues Mediengesetz (AA 3.8.2018). Allerdings hat die Regierung noch keine Gesetzesänderungen vorgenommen, die eine Genehmigung für öffentliche Kundgebungen erfordern, was eine Verletzung der Versammlungsfreiheit darstellt (HRW 18.1.2018). Die Regierung verpflichtete sich zur Reform mehrerer repressiver Mediengesetze. Eine Reihe von Journalisten kehrten in das Land zurück, nachdem sie wegen Schikanen oder drohender Inhaftierungen unter der früheren Regierung ins Exil geflohen waren (AI 22.2.2018).

Relevante Bevölkerungsgruppen

Die Verfassung sieht die Gleichstellung aller Personen vor dem Gesetz vor (USDOS 20.4.2018). Gemäß Art.28 der gambischen Verfassung sind Frauen und Männer gleichberechtigt. Dieser Grundsatz erfährt jedoch durch Gesetzgebung, religiöse Traditionen und allgemeine gesellschaftliche Verhältnisse Einschränkungen. Frauen sind im politischen und wirtschaftlichen Leben unterrepräsentiert, auch weil sie häufig ein geringeres Bildungsniveau aufweisen als Männer. Frauen werden durch Anwendung des Scharia-Rechts im Erbrecht und Familienrecht benachteiligt (AA 3.8.2018). Vergewaltigung und häusliche Gewalt sind illegal (FH 1.2018). Häusliche Gewalt gegen Frauen ist weit verbreitet, trotz des "National Plan of action on gender-based violence 2013 - 2017", mit dem die Regierung versucht, Gewalt gegen Frauen zu senken. Art. 33 der Verfassung lässt Diskriminierung in so zentralen Bereichen wie Adoption, Heirat, Scheidung und Erbe zu und nimmt zudem Stammes- und Gewohnheitsrecht vom Schutz vor Diskriminierung aus. In Gambia gilt dadurch für bestimmte Volksgruppen bspw. das Scharia-Recht, welches gerade hinsichtlich des Erbrechtes und der Anzahl der erlaubten Ehepartner Frauen benachteiligt (AA 3.8.2018). Es gibt keine Gesetze, die Polygamie oder Leviratsehe verbieten (in denen eine Witwe mit dem jüngeren Bruder ihres Ehepartners verheiratet ist) (FH 1.2018).

Bewegungsfreiheit

Die Verfassung und Gesetze ermöglichen die Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung. Die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 20.4.2018).

Die Bewegungsfreiheit wird durch schlechte Straßen und zahlreiche Sicherheitskontrollen beeinträchtigt (FH 1.2018).

Grundversorgung

Gambia ist im internationalen Vergleich eines der ärmsten und am wenigsten entwickelten Länder der Welt. Lediglich ein Drittel der Bevölkerung verfügt über eine garantierte Ernährungssicherheit. Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) waren zwischen 2014 und 2016 über 200.000 Gambier gezwungen, sich auf humanitäre Hilfe zu verlassen (EASO 12.2017). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist v.a. in ländlichen Gegenden nur beschränkt gewährleistet (EASO 12.2017). Das staatliche "Social Welfare Service" bietet für bedürftige Frauen und Kinder Unterbringung, Nahrung und Kleidung. Nach Angaben der Weltbank sind knapp 40 % der Kinder unter 5 Jahren akut unterernährt. Sozialhilferegelungen etc. bestehen nicht (AA 3.8.2018).

Gambia ist wirtschaftlich schwach. Etwa drei Viertel der Bevölkerung arbeiten in der Landwirtschaft. Familien bauen auch in kleinem Umfang Produkte für den Eigenbedarf an. Viele führen kleine Einzelhandelsgeschäfte (EASO 12.2017).

Die Wirtschaft des Landes ist aufgrund von Rückschlägen abgewürgt (KAS 16.5.2018). Zudem ist die Landwirtschaft anfällig für Überschwemmungen und Dürren (EASO 12.2017). Die schlechte landwirtschaftliche Ernte führte 2016/2017 zu Ausfällen (KAS 16.5.2018). Der Landwirtschaftssektor ist nicht vielfältig genug aufgestellt, 91 % der Landbevölkerung sind Kleinbauern, mehrheitlich durch Subsistenzwirtschaft geprägt. Das Land ist stark importabhängig, praktisch alle Güter des täglichen Gebrauchs werden importiert. Die Preise sind entsprechend hoch (KAS 16.5.2018).

Negativ wirkte sich auch die politische Krise des Jahres 2017 aus. Der jüngste Länderbericht des Internationalen Währungsfonds schätzt, dass die Tourismuseinnahmen im ersten Quartal 2017 aufgrund der politischen Turbulenzen um rund ein Drittel (8,8 Mio. $) gesunken sind (EASO 12.2017) und sich nur zögerlich erholten (KAS 16.5.2018). Die Überweisungen (Geldtransfers) von Auswanderern in ihr Heimatland werden auf rund 10% des BIP geschätzt. Im internationalen Handel haben China und Indien die EU (insbesondere Frankreich und Großbritannien) als Hauptexporteur teilweise abgelöst (EASO 12.2017).

Eine zerstörte Wirtschaft, ausgebeutete Staatsressourcen, eine ineffiziente Infrastruktur, enorme soziale Herausforderungen sowie ein Mangel an Möglichkeiten für die junge Bevölkerung waren die Rahmenbedingungen, unter denen Barrow seine Präsidentschaft angetreten hat (KAS 16.5.2018).

Als Jammeh Anfang 2017 ins Exil nach Äquatorialguinea ging, nahm er Vermögenswerte mit unbekanntem Wert mit (EASO 12.2017). Der systematische Diebstahl von Staatseigentum wurde rückwirkend seit 2014 auf 4 % des BIP jährlich geschätzt (KAS 16.5.2018). Laut Medien sei das Land "fast bankrott". Niedrige Ernteerträge, ängstliche Touristen und Investoren sowie wachsende Staatsverschuldung tragen zur weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation bei (EASO 12.2017). Das Land ist auf finanzielle Unterstützung aus dem Ausland angewiesen. Nach Angaben der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) machten die Hilfen ausländischer Geber 2013 11% des BIP aus (EASO 12.2017). Die externe Schuldenlast beläuft sich auf über 1 Mrd. US-Dollar (20 % des BIP). Aufgrund der Schuldennotlage können keine neuen Investitionen im Land getätigt werden, der Privatsektor erhält auch keinen Zugang zu Krediten auf dem Finanzmarkt. Die Elektrizitätskrise mit mehrmals täglichen Stromausfällen behindert zudem wirtschaftliche Aktivitäten und Investitionen (KAS 16.5.2018).

Ausländische Geber versprachen der Barrow-Regierung finanzielle Unterstützung unter der Bedingung, dass die Entwicklung der Demokratie gefördert und die Menschenrechte geachtet werden (EASO 12.2017).

Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung in Gambia bleibt mangelhaft (AA 3.8.2018), wogegen die ärztliche Versorgung im Großraum Banjul ausreichend ist (BMEIA 18.9.2018). Die medizinische Versorgung im Lande bleibt eingeschränkt und ist technisch, apparativ und / oder hygienisch problematisch. Auch im privaten Sektor ist nur eine begrenzte Diagnostik und Behandlung möglich (AA 18.9.2018; vgl. AA 3.8.2018). Auch wenn die Lage in Privatkliniken deutlich besser ist, bieten diese keinen europäischen Standard (AA 3.8.2018). Die Versorgung ist besonders bei Notfällen, z. B. nach Autounfällen, aber auch im Falle eines Herzinfarktes oder eines Schlaganfalles sehr eingeschränkt (AA 18.9.2018). Die Mehrheit der Gesundheitseinrichtungen befindet sich im Stadtgebiet, was bedeutet, dass der Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen in ländlichen Gebieten komplexer ist. Im Allgemeinen leiden alle Einrichtungen unter einem Mangel an gut ausgebildetem Personal und Defiziten in Bezug auf Infrastruktur, medizinische Ausrüstung und Versorgung mit bestimmten Medikamenten (EASO 12.2017).

Eine allgemeine Krankenversicherung existiert nicht. Die Selbstversorgung im Gesundheitswesen ist hoch und stellt eine schwere Belastung für private Haushalte dar. Staatliche Krankenhäuser bieten zwar eine quasi kostenlose Versorgung, diese ist jedoch aufgrund mangelnder Ärzte, Apparaturen und Medikamente unzureichend. Es existiert eine staatliche psychiatrische Einrichtung, in der es allerdings oft an Medikamenten und gelegentlich an Lebensmitteln fehlt. Die Einrichtung wird von kubanischen Ärzten betreut, die nicht immer anwesend sind. Die Versorgung mit Medikamenten ist über Apotheken möglich (AA 3.8.2018).

Die traditionelle Medizin ist für einen Großteil der Bevölkerung Gambias oft der erste Ansprechpartner, da die Ärzte über das ganze Land verstreut und vor allem in ländlichen Regionen besser zugänglich sind. Und auch die Behörden Gambias streben eine stärkere Partnerschaft mit traditionellen Heilern an, um die Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen zu verbessern. Im Jahr 2015 gab es in Gambia 213 Mediziner (1.1 Arzt für 10.000 Einwohner). Darüber hinaus erlauben traditionelle Mediziner oft Sachleistungen, die für arme Haushalte günstiger sind (AA EASO 12.2017).

Rückkehr

Die Regierung arbeitete mit dem Büro des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Binnenvertriebenen, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen, Asylbewerbern, Staatenlosen oder anderen Betroffenen Schutz und Unterstützung zu gewähren (USDOS 20.4.2018).

Staatliche Einrichtungen zur Aufnahme von Rückkehrerinnen und Rückkehrern existieren nicht in Gambia. Rückkehrer werden in der Regel von ihrer (Groß-) Familie aufgenommen. Zwischen der International Organisation of Migration (IOM) und der EU wurde eine Vereinbarung zum Schutz und zur Wiedereinbürgerung von Migranten getroffen (EU-IOM Initiative on Migrant Protection and Reintegration), welche Unterstützung für freiwillig oder zwangsweise zurückgekehrte Gambier vorsieht. Wegen unerwartet hohen Rückkehrerzahlen v.a. aus Libyen und Anlaufschwierigkeiten des 2017 eingerichteten IOM-Büros besteht zum Stand Mai 2018 ein Rückstau von rund 3.000 Rückkehrern, deren Unterstützungsmaßnahmen noch ausstehen. Des Weiteren gibt es zahlreiche NGOs, die in Gambia tätig sind, hauptsächlich im Grundbildungsbereich (AA 3.8.2018).

Der UNHCR koordinierte die Regierungsarbeit mit der Internationalen Organisation für Migration, der Gambia Red Cross Society und anderen Organisationen, um diesen Schutz und diese Unterstützung zu gewährleisten (USDOS 20.4.2018).

Rückkehrer bzw. wiedereingebürgerte Personen unterliegen keiner besonderen Behandlung. Fälle von Misshandlung oder Festnahmen sind nicht bekannt. Bei Rückkehr muss nicht mit staatlichen Maßnahmen aufgrund der Asylantragstellung gerechnet werden. Bislang ist es noch in keinem Fall zu einem Einwand gegen eine beabsichtigte Rückführung gekommen (AA 3.8.2018).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG. Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, insbesondere in die Protokolle der Erstbefragung und der weiteren Vernehmungen sowie in die Anfragebeantwortung vom 03.02.2017, durch Einvernahme der BF im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 27.05.2019 sowie der Anfragebeantwortung vom 24.06.2019. Die den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat zugrunde liegenden Berichte wurden der BF mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelt und ihr in der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit zur Abgabe einer diesbezüglichen Stellungnahme eingeräumt.

2.2. Zur Person des BF:

Die Feststellungen zur Identität und zu den persönlichen Verhältnissen sowie ihrem Gesundheitszustand sowie ihrer Arbeitsfähigkeit beruhen auf ihren diesbezüglich glaubhaften Angaben in der Beschwerdeverhandlung.

Die Negativfeststellung zur bestehenden Ehe mit XXXX (Zl. XXXX) basiert auf der Meldung der LPD Schwechat vom 18.06.2018, aus welcher hervorgeht, dass der Genannte eine britische Staatsangehörige geehelicht habe, was nur möglich ist, wenn beide Betroffene vorher ledig bzw. geschieden waren.

Die Feststellungen zur fehlenden Integration der BF in Österreich beruhen auf dem Faktum, dass die BF über keine verwandtschaftlichen oder familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt. Ihr persönlicher, familiärer und beruflicher Lebensmittelpunkt lag bis zu ihrer behaupteten Ausreise 2015 in Gambia und die BF steht weiterhin in Kontakt zu ihrer Familie. Die BF hat weder vor der belangten Behörde noch in der gegenständlichen Beschwerde konkrete Angaben dahingehend getätigt, welche die Annahme einer hinreichenden Integration der BF in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht rechtfertigen würden.

Die Feststellungen zum Bezug von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung, zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit und zu den Wohnverhältnissen entsprechen dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes (Einsicht in das GVS-Betreuungsinformationssystem, Zentrales Melderegister und in das Strafregister der Republik Österreich).

2.3. Zum Vorbringen:

Die negative Feststellung zu potentieller Verfolgungsgefahr und drohender menschenrechtswidriger Behandlung der BF in ihrem Herkunftsstaat beruht im Wesentlichen auf folgenden Erwägungen:

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt auf Grundlage der ergänzenden Ermittlungen zum Ergebnis, dass das Vorbringen der BF zu den Fluchtgründen nicht glaubhaft ist. Die BF machte im Zuge ihres Vorbringens vor dem BFA und vor dem Bundesverwaltungsgericht unbestimmte sowie widersprüchliche Angaben.

Zunächst ist zu den Angaben der BF zum Verbleib ihres Reisepasses festzuhalten, dass entgegen ihren Angaben, wonach sie und ihr Gatte ihre Reisepässe in Spanien verloren hätten bzw. diese gestohlen worden wären, ihr Gatte mit seinem Reisepass aus dem Bundesgebiet ausgereist ist, weshalb die Glaubwürdigkeit der BF schon hier angezweifelt wird.

Die Unglaubwürdigkeit der BF wird jedoch auch durch ihre unplausiblen Angaben betreffend die Ausreise ihres Gatten und ihrer Trennung weiter untermauert. Wie bereits oben festgehalten, konnte ihr behaupteter Ehemann eine zweite Ehe mit einer britischen Staatsangehörigen nur eingehen, wenn er zuvor geschieden bzw. ledig war. Sollte die BF tatsächlich mit dem Genannten verheiratet gewesen sein, wäre jedoch eine Scheidung ohne Mitwirkung der BF wohl kaum möglich gewesen sein, weshalb den Angaben der BF, wonach ihr Gatte sie wortlos verlassen habe, nicht zu folgen war. Ob die BF tatsächlich verheiratet ist bzw. war, konnte aufgrund ihrer sonstigen Unglaubwürdigkeit und des Umstandes, dass die von ihrem behaupteten Gatten vorgelegte ID-Karte eine Totalfälschung war, nicht festgestellt werden.

Hinsichtlich des Fluchtvorbringens der BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung bezüglich der behaupteten Verfolgung aufgrund ihrer Moderationstätigkeit in einer Fernsehsendung, in der der Präsident und ein Universitätsrektor kritisiert worden seien, weshalb sie mitgenommen und in einem "Loch" festgehalten worden sei, ist festzuhalten, dass dieses Vorbringen eine unglaubwürdige Steigerung darstellt, zumal die BF es unterlassen hat, es bereits im Verwaltungsverfahren vorzubringen. Insoweit sie auf entsprechenden Vorhalt der erkennenden Richterin angibt, dass ihr von Einvernahmeleitern empfohlen worden sei, sich nur auf die Fluchtgründe ihres Gatten zu beschränken, vermag dies nicht zu überzeugen, zumal die BF sehr wohl Angaben betreffend ihre behauptete Tätigkeit als Fernsehmoderation machte, wie dies aus Protokollen ihrer Einvernahme bzw. Befragung im Verwaltungsakt zu entnehmen ist.

Die Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens der BF wird jedoch auch durch die eingeholte Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 03.07.2017 untermauert, zumal die Angaben der BF, wonach sie in Gambia eine bekannte Fernsehmoderatorin sei, nicht verifiziert werden konnten.

Unbeschadet dessen ist selbst bei Wahrunterstellung ihres Vorbringens betreffend die behauptete Verfolgung wegen ihrer Moderationstätigkeit aufgrund des in Gambia 2017 eingetretenen Machtwechsels bzw. der Absetzung des früheren Präsidenten Jammeh nicht mehr davon auszugehen, dass die BF deshalb verfolgt werden würde.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der BF, dass sie nunmehr wegen ihres Verwandtschaftsverhältnisses mit E.S., einem Angehörigen der Regierung von Jammeh verfolgt werden würde, wird auf die durch die erkennende Richterin eingeholte Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 24.06.2019 hingewiesen. Daraus geht eindeutig hervor, dass der Cousin der BF, E.S., zwar als Zeuge vor der Truth Reconsiliation und Reparation Commision ausgesagt hat, jedoch nicht belangt worden ist. Auch geht aus der Antwort der Staatendokumentation eindeutig hervor, dass die derzeitige Regierung in Gambia Familienangehörige von ehemaligen Regierungsmitgliedern nicht verfolgt. Weder die BF noch ihre Rechtsvertretung konnten diesem Ergebnis der Anfragebeantwortung substantiiert entgegentreten. Somit konnte die BF auch hinsichtlich ihres Verwandtschaftsverhältnisses zu E.S. keine Verfolgung glaubhaft machen.

2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat, welche der BF mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelt worden waren und der BF in der mündlichen Verhandlung Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt wurde, beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Gambia samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen. Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von internationalen Organisationen, wie bspw. dem UNHCR, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Gambia ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

-

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (4.9.2018): Reise & Aufenthalt - Gambia - Sicherheit und Kriminalität,

http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/gambia/, Zugriff 4.9.2018

-

AA - Auswärtiges Amt (17.8.2016): Reise- und Sicherheitshinweise - Gambia - Besondere strafrechtliche Vorschriften, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/GambiaSicherheit_node.html, Zugriff 17.8.2016

-

AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Reise & Sicherheit - Gambia - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/gambia-node/gambiasicherheit/213624#content_0, Zugriff 18.9.2018

-

AA - Auswärtiges Amt (3.8.2018): AA-Bericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/1442719/4598_1536326072_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-gambia-stand-juli-2018-03-08-2018.pdf, Zugriff 18.9.2018

-

AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Gambia, https://www.ecoi.net/en/document/1425363.html, Zugriff 4.9.2018

-

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (26.2.2018):

Briefing Notes - Gambia, Abschaffung der Todesstrafe, Zugriff 18.9.2018

-

CIA - Central Intelligence Agency (20.8.2018): The World Factbook

-

Gambia, The - Government,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ga.html, Zugriff 19.9.2018

-

EASO - European Asylum Support Office (12.2017): The Gambia - Country Focus,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1419801/90_1513324824_easo-201712-coi-report-gambia.pdf, Zugriff 18.9.2018

-

FD - France Diplomatie (18.9.2018): Conseils par pays, Gambie, Sécurité,

https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/gambie/, Zugriff 18.9.2018

-

FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - The Gambia, https://www.ecoi.net/en/document/1428746.html, Zugriff 4.9.2018

-

FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Gambia, The, http://www.ecoi.net/local_link/281635/411922_de.html, Zugriff 18.8.2016

-

HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422435.html Zugriff 18.9.2018

-

KAS - Konrad-Adenauer-Stiftung (16.5.2018): Ein Jahr Demokratie in Gambia,

http://www.kas.de/wf/doc/kas_52476-544-1-30.pdf?180516145500, Zugriff 20.9.2018

-

LHB - Law Hub Gambia (2018): Truth, Reconciliation and Reparations Commission (TRRC) Act,

https://www.lawhubgambia.com/truth-reconciliation-reparations-commission/, Zugriff 27.9.2018

-

ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (10.2014): Asylländerbericht

-

Gambia

-

TI - Transparency International (2018): Gambia, Corruption Perception Index 2017, https://www.transparency.org/country/GMB, Zugriff 19.9.2018

-

UNSC - UN Security Council (29.6.2018): Report of the Secretary-General on the activities of the United Nations Office for West Africa and the Sahel,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1438086/1226_1531382798_n1817627.pdf, Zugriff 6.9.2018

-

USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Gambia, The, http://www.ecoi.net/local_link/322484/461961_de.html, Zugriff 22.8.2016

-

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430134.html, Zugriff 18.9.2018

-

USDOS - US Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom - The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436847.html, Zugriff 19.8.2016

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die BF trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit:

Gemäß § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung der nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichterin.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten