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10/07 Verfassungsgerichtshof;Norm
AVG §64;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde der B Gesellschaft m.b.H. & Co.KG und der G Gesellschaft m.b.H. & Co.KG, beide in G, beide vertreten durch Dr. Harald Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, Schönaugasse 4, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 18. November 1987, Zl. 03-12 Ga 98-97/254, betreffend Antrag auf Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit in einer Bausache, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat den Beschwerdeführerinnen insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde G vom 16. August 1994 waren die Beschwerdeführerinnen verpflichtet worden, die Benützung des mit Bewilligungsbescheid vom 7. Oktober 1980 bewilligten Neubaues einer Halle sofort zu unterlassen, die in der Halle befindlichen Hühner innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung des Berufungsbescheides aus der Halle vollständig zu entfernen und den im Kotkeller gelagerten Hühnerkot innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung des Berufungsbescheides vollständig zu entfernen und ordnungsgemäß zu entsorgen. Da die Beschwerdeführerinnen diesem Auftrag nicht nachgekommen waren, wurden über sie Zwangsstrafen verhängt, weiters wurde zunächst die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme in der Höhe von S 500.000,-- vorgeschrieben. Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom 20. Juli 1995 den erstinstanzlichen Bescheid insofern abgeändert, als den Beschwerdeführerinnen als Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme ein Betrag von S 7.000,-- vorgeschrieben wurde. In der Folge wurde den Beschwerdeführerinnen mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft F vom 11. November 1996 der Erlag einer Kostenvorauszahlung in der Höhe von S 600.000,-- für die Ersatzvornahme aufgetragen. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 17. Juli 1997 wurde die Berufung der Beschwerdeführerinnen gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft F vom 11. November 1996 abgewiesen. Aufgrund der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde der Beschwerdeführerinnen hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 18. Dezember 1997, Zl. 97/05/0187, den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Dieses Erkenntnis wurde den Beteiligten dieses Verfahrens in der Folge zugestellt. Zwischenzeitlich hat die Bezirkshauptmannschaft F ihren Bescheid vom 11. November 1996 am 3. Oktober 1997 mit einer Vollstreckbarkeitsbestätigung versehen. Die Beschwerdeführerinnen haben sowohl bei der belangten Behörde als auch bei der Bezirkshauptmannschaft F einen Antrag auf Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit vom 3. Oktober 1997 eingebracht. Die belangte Behörde erließ sodann den angefochtenen Bescheid vom 18. November 1997, mit dem der Antrag der Beschwerdeführerinnen auf Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit vom 3. Oktober 1997 abgewiesen wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 1 WG kann dann, wenn der zu einer Arbeits- bzw. Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung kann die Vollstreckungsbehörde in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar.
Über einen Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung hat gemäß § 7 Abs. 4 EO die Titelbehörde zu entscheiden. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 23. Oktober 1986, Slg. 12278, ausgesprochen hat, ist dann, wenn ein Berufungsbescheid ergangen ist, die Berufungsbehörde die Titelbehörde und nicht die Behörde, die die Bestätigung erteilt hat Da im Beschwerdefall die belangte Behörde über die Berufung der Beschwerdeführerinnen gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft F vom 11. November 1996 abgesprochen hat, war die belangte Behörde zuständig, über den Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung (gemäß § 7 Abs. 4 EO) zu entscheiden.
Die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerinnen war daher gegeben. Inhaltlich ist der Bescheid aus folgendem Grund mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet: Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt, so auch in seinem Erkenntnis vom 30. Juni 1994, Zl. 91/06/0174, ausgesprochen hat, ist dann, wenn der Verwaltungsgerichtshof einen Bescheid aufgehoben hat, infolge der Regelung des § 42 Abs. 3 VwGG eine ex-tunc-Wirkung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes eingetreten. Dies bedeutet, daß der Rechtszustand zwischen Zl. 97/06/0277 Erlassung des Bescheides und seiner Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof im nachhinein so zu betrachten ist, als ob der aufgehobene Bescheid von Anfang an nicht erlassen worden wäre. Allen Rechtsakten, die während der Geltung des dann vom Verwaltungsgerichtshof aufgehobenen Bescheides auf dessen Basis gesetzt wurden, wurde damit im nachhinein die Rechtsgrundlage entzogen.
Ein Kostenvorauszahlungsauftrag gemäß § 4 Abs. 2 VVG ist keine Vollstreckungsverfügung im Sinne des § 10 Abs. 2 VVG (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 6. Juni 1989, Slg. Nr. 12.942/A). § 10 Abs. 3 VVG, der den Ausschluß der aufschiebenden Wirkung einer Berufung vorsieht, sich jedoch lediglich auf Bescheide gemäß § 10 Abs. 2 VVG bezieht, ist daher nicht anwendbar; vielmehr ist § 64 AVG anwendbar. Es ist den Materialien zum VVG nämlich nicht zu entnehmen, daß der vom Ausschuß dem § 4 Abs. 2 VVG angefügte zweite Satz die Anwendung des § 64 AVG ausschließen sollte; vgl. den Bericht des Verfassungsausschusses, 360 BlgNR, II. GP, 36f. Somit kommt einer Berufung gegen einen Kostenvorauszahlungsauftrag die aufschiebende Wirkung zu, sofern sie nicht ausdrücklich aberkannt worden ist. Da im Beschwerdefall der Berufung gegen den Bescheid vom 20. Juli 1995 die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt worden ist, war dieser erstinstanzliche Bescheid aufgrund der mit der gegen ihn erhobenen Berufung verbundenen aufschiebenden Wirkung nicht vollstreckbar. Da im Beschwerdefall durch die Aufhebung des Bescheides der belangten Behörde vom 17. Juli 1997 mit dem hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1997, Zl. 97/06/0187, die Rechtsgrundlage für die Vollstreckbarkeit des Auftrages zur Kostenvorauszahlung entzogen wurde, war der Bescheid der belangten Behörde vom 18. November 1997 rechtswidrig und daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997060277.X00Im RIS seit
20.11.2000