Entscheidungsdatum
09.09.2019Norm
AsylG 2005 §10 Abs3Spruch
G314 2209604-1/13E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des serbischen Staatsangehörigen XXXX, geboren am XXXX, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend den Antrag vom 28.09.2017 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG, zu Recht:
A) 1. Der Antrag des Beschwerdeführers vom 28.09.2017 auf Erteilung
eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG wird abgewiesen.
2. Gegen den Beschwerdeführer wird gemäß § 10 Abs 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 3 FPG erlassen.
3. Gemäß § 52 Abs 9 FPG wird festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien zulässig ist.
4. Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang:
Mit der am 28.09.2017 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) eingebrachten Eingabe beantragte der Beschwerdeführer (BF) die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung plus gemäß § 55 Abs 1 AsylG aus Gründen des Art 8 EMRK. Modul 1 der Integrationsvereinbarung sei erfüllt. Er sei in Österreich zur Welt gekommen, wo auch seine Angehörigen (Eltern und Schwester) lebten, habe hier die Schule absolviert und eine Lehre gemacht. Er habe nie in Serbien gelebt.
Am 16.11.2017 legte der BF aufgrund eines behördlichen Verbesserungsauftrags seinen am XXXX11.2017 ausgestellten serbischen Reisepass vor.
Am XXXX2017 wurde das BFA von der Verhängung der Untersuchungshaft über den BF verständigt. Am XXXX2018 übermittelte das Landesgericht für Strafsachen XXXX dem BFA eine Ausfertigung des Urteils vom XXXX2018, XXXX.
Mit Schriftsatz vom 20.07.2018 erhob der BF eine Säumnisbeschwerde, weil innerhalb der sechsmonatigen Entscheidungsfrist keine Entscheidung über seinen Antrag ergangen sei. Am 10.10.2018 wurde er vor dem BFA zu dem Antrag vernommen.
Das BFA legte die Beschwerde und die Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) vor, wo sie am 16.11.2018 einlangten, weil der Bescheid nicht innerhalb von drei Monaten nachgeholt werden konnte.
In der Folge wurde das BVwG über weitere strafgerichtliche Verurteilungen des BF informiert. Im August 2019 wurde der Akt XXXX des Landesgerichts für Strafsachen XXXX zur Einsicht übermittelt.
Am 26.08.2019 wurde der an den VwGH gerichtete Fristsetzungsantrag des BF zuständigkeitshalber dem BVwG übermittelt.
Feststellungen:
Der BF kam am XXXX in XXXX als Sohn (damals jugoslawischer, heute) serbischer Staatsangehöriger zur Welt. Ab 1993 verfügte er über einen unbefristeten Sichtvermerk für den Aufenthalt im Bundesgebiet. Er besuchte in XXXX die Volks-, die Haupt- und die Polytechnische Schule. Im Abschlusszeugnis der Polytechnischen Schule vom XXXX1995 wurde er im Gegenstand Deutsch mit der Note "Sehr gut" beurteilt. 1996 brach er die nach der Pflichtschule begonnene Tischlerlehre ab und fing an, Suchtgift (insbesondere Heroin und Kokain) zu konsumieren. Ab da ging er nur noch fallweise einer Erwerbstätigkeit nach.
Der BF wurde im Bundesgebiet ab 1997 wiederholt strafgerichtlich verurteilt. Mit dem Urteil des Jugendgerichtshofs XXXX vomXXXX1997, XXXX wurde wegen Einbruchdiebstahls (§§ 127, 129 Z 1 und 2, 15 StGB) eine zweimonatige, bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe verhängt, die letztlich endgültig nachgesehen wurde. Am XXXX1999 folgte zu XXXXdes Landesgerichts für Strafsachen XXXX eine Verurteilung zu einer zehnmonatigen Freiheitsstrafe wegen Suchtmitteldelikten (§§ 28 Abs 2 SMG, 12 StGB; § 27 Abs 1 SMG).
Am XXXX2000 wurde der BF verhaftet und in der Folge in Untersuchungs- bzw. Strafhaft angehalten. Am XXXX2001 wurde er vom Landesgericht für Strafsachen XXXX zu XXXXwegen Einbruchdiebstahls (§§ 127, 129 Z 1, 15 StGB) und unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§ 27 Abs 1 SMG) zu einer einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt; ein neunmonatiger Strafteil wurde zunächst bedingt nachgesehen. Mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX2001, XXXX, wurde er wegen Nötigung und Körperverletzung (§§ 15, 105 Abs 1, 83 Abs 1 StGB) zu einer viermonatigen, bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe als Zusatzstrafe (§§ 31, 40 StGB) verurteilt.
Am XXXX2001 wurde der BF bedingt entlassen, war aber ab seiner Festnahme am XXXX2002 neuerlich in Haft. Mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX2002, XXXX, wurde wegen Hehlerei (§ 164 Abs 1 und 2, Abs 4 zweiter Fall StGB), versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls (§§ 15, 127, 130 erster Fall StGB) und unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§ 27 Abs 1 SMG) eine einjährige Freiheitsstrafe verhängt. Gleichzeitig wurden die 2001 ausgesprochenen bedingten Strafnachsichten widerrufen. Mit dem Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX2003, XXXX, wurde der BF wegen Körperverletzung (§ 83 Abs 1 StGB) zu einer vierwöchigen, zunächst bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt. Die bedingte Strafnachsicht wurde später widerrufen. Mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX2004, XXXX, wurde der BF wegen Vermögensdelikten (§§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 135 Abs 1 StGB) zu einer fünfmonatigen Zusatz-Freiheitsstrafe iSd §§ 31, 40 StGB verurteilt.
Der BF verbüßte die Freiheitsstrafen bis zu seiner bedingten Entlassung am 01.06.2004 in den Justizanstalten XXXX, XXXX und XXXX. Schon am XXXX2004 wurde er allerdings neuerlich verhaftet. Mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX2004, XXXX, wurde er wegen Vermögensdelikten (§§ 127, 129 Z 1 StGB) zu einer 18-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt, die er bis XXXX2006 in den Justizanstalten XXXX und XXXX verbüßte. Während des Strafvollzugs absolvierte er eine Lehre zum Maler und Anstreicher; am XXXX2006 legte er die Lehrabschlussprüfung mit gutem Erfolg ab.
Am XXXX2006 wurde der BF erneut festgenommen und am XXXX2006 vom Landesgericht für Strafsachen XXXX zu XXXX wegen Eigentums- und Urkundendelikten (§§ 15, 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 erster und vierter Fall, 229 Abs 1, 241e Abs 3 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 26 Monaten verurteilt. Gleichzeitig wurde die im Juni 2004 ausgesprochene bedingte Entlassung widerrufen. Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX2007, XXXX, folgte eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten wegen einer während des Strafvollzugs begangenen Körperverletzung (§ 83 Abs 1 StGB). Der BF verbüßte die Freiheitsstrafen bis zum Strafende am 21.01.2009 in den Justizanstalten XXXX, XXXX und XXXX. Während der Haft nahm er an einer Anti-Aggressionsgruppe und einer therapeutischen Gruppe zur Auseinandersetzung mit seiner Suchtgiftproblematik teil.
Mit dem Bescheid der Bundespolizeidirektion XXXX vom XXXX.2007, Zl. XXXX, wurde gegen den BF aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilungen ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Seiner Berufung dagegen wurde mit dem Bescheid der Sicherheitsdirektion XXXX vomXXXX2008, Zl. XXXX, keine Folge gegeben. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit dem Erkenntnis vom 16.12.2008, 2008/18/0735, als unbegründet abgewiesen.
Nach der Entlassung aus der Strafhaft wurde der BF in Schubhaft genommen und am XXXX.01.2009 nach Belgrad abgeschoben.
In der Folge kehrte der BF entgegen dem Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet zurück, wo er amXXXX10.2009 wieder verhaftet wurde. Mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX2010, XXXX, wurde er wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch (§§ 127, 129 Z 1, 130 erster Fall StGB) zu einer 2 1/2jährigen Freiheitsstrafe verurteilt, weil er am XXXX10.2009 in XXXX die Seitenscheibe eines Autos eingeschlagen und daraus diverse Gegenstände gestohlen hatte. Bei der Strafzumessung wertete das Gericht das Geständnis und den Beitrag zur Wahrheitsfindung sowie die Sicherstellung der Beute als mildernd, die vielfachen, die Voraussetzungen für die Strafverschärfung bei Rückfall (§ 39 StGB) erfüllenden Vorstrafen dagegen als erschwerend.
Der BF verbüßte diese Freiheitsstrafe bis XXXX.2010 in der Justizanstalt XXXX. Mit dem Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX2010, XXXX, wurde ihm aufgrund seiner Suchtmittelabhängigkeit ein Strafaufschub gemäß § 39 SMG bis XXXX2010 für eine Entzugs- und Substitutionsbehandlung gewährt. Daraufhin wurde er aus der Haft entlassen.
Am XXXX.2010 wurde der BF erneut festgenommen. Mit dem seit XXXX2011 rechtskräftigen Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX2010, XXXX, wurde er wegen des Verbrechens des Raubes (§ 142 Abs 1 StGB) und der Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt (§§ 269 Abs 1, 15 StGB) und nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Er verbüßte die Freiheitsstrafen bis XXXX2017 in den Justizanstalten XXXX und XXXX.
Mit dem Bescheid der Landespolizeidirektion XXXX vom XXXX.2013, Zl. XXXX, wurde das gegen den BF erlassene Aufenthaltsverbot aufgrund seines Antrags vom XXXX2013 aufgehoben.
Nach der Haftentlassung im August 2017 nahm der BF in der Wohnung seines Vaters in XXXX Unterkunft. Er wurde von der Suchthilfe XXXX sozialarbeiterisch sowie medizinisch betreut und bezog zunächst Arbeitslosengeld, ab Oktober 2017 Leistungen der staatlichen Grundversorgung. Seine Eltern sind seit 2006 geschieden. Seine um ein Jahr ältere SchwesterXXXX, die ebenfalls in XXXX lebt, ist seit 2003 österreichische Staatsbürgerin. Der BF hat im Bundesgebiet noch weitere Angehörige im Bundesgebiet (Neffe, Onkel, Tante, Cousins und Cousinen).
Am XXXX2017 wurde dem BF in Serbien ein bis XXXX.2027 gültiger serbischer Reisepass ausgestellt.
Am XXXX2017 wurde der BF verhaftet und daraufhin in Untersuchungshaft genommen. Mit dem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX2018, XXXX, wurde er wegen der Vergehen des gewerbsmäßigen Diebstahls (§§ 15, 127, 130 Abs 1 erster Fall StGB) und der Nötigung (§§ 15, 105 StGB) zu einer einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, weil er am XXXX2017 in XXXX versucht hatte, in einem Drogeriemarkt gewerbsmäßig Parfums im Gesamtwert von knapp EUR 200 zu stehlen und danach einem anderen Faustschläge versetzte, um diesen zur Duldung seiner Flucht zu nötigen. Bei der Strafzumessung wurde neben dem Teilgeständnis (hinsichtlich des Diebstahls) als mildernd berücksichtigt, dass es beim Versuch blieb und kein Schaden entstand. Erschwerend wirkten sich das Zusammentreffen von zwei Vergehen, zehn einschlägige Vorstrafen und der rasche Rückfall nur 3 1/2 Monate nach der Haftentlassung aus.
Mit dem Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX.2018,XXXX wurde dem BF ein Strafaufschub gemäß § 39 SMG bis XXXX.2020 für eine sechsmonatige stationäre psychotherapeutische Behandlung seiner Suchtmittelabhängigkeit mit anschließender ambulanter Betreuung bewilligt. Daraufhin wurde er am XXXX.02.2018 aus der Haft entlassen und zur stationären Drogentherapie im XXXX aufgenommen. Am 28.03.2018 brach er diese Therapie ab und wurde dezentral weiterbetreut, am 10.04.2018 wurde er wieder in das stationäre Behandlungsprogramm aufgenommen. Am 23.04.2018 wurde die Therapie aus disziplinären Gründen von Seiten der Einrichtung beendet, aber am 30.10.2018 wieder aufgenommen. Am 02.12.2018 brach der BF die stationäre Therapie im XXXX endgültig ab, möchte sie aber bei einer anderen Therapieeinrichtung (XXXX) fortsetzen.
Mit dem seit XXXX.2019 rechtskräftigen Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom XXXX.2018,XXXX, wurde der BF wegen des Vergehens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls (§§ 15, 127, 130 Abs 1 erster Fall StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten verurteilt, weil er am XXXX2018 in XXXX in einem Bekleidungsgeschäft versuchte hatte, Kleidung im Gesamtwert von EUR 175 zu stehlen. Bei der Strafbemessung wurden zehn einschlägige und rückfallsbegründende Vorstrafen, der rasche Rückfall und die Tatbegehung während des Strafaufschubs erschwerend gewertet, mildernd demgegenüber, dass es beim Versuch geblieben war (was aber lediglich darauf zurückzuführen war, dass er bei der Tatbegehung beobachtet und anschließend festgehalten wurde).
Am XXXX2019 folgte die bislang letzte strafgerichtliche Verurteilung des BF. Das Landesgericht für Strafsachen XXXX verhängte zu XXXX aufgrund einer am XXXX2018 begangenen Tat eine zehnmonatige Freiheitsstrafe wegen der Vergehen des Diebstahls (§§ 15, 127 StGB), der Nötigung (§§ 15, 105 Abs 1 StGB) und der Körperverletzung (§ 15, 83 Abs 1 StGB). Der BF verbüßt die zuletzt verhängten Haftstrafen seit XXXX.2019 in den Justizanstalten XXXX, XXXX und XXXX.
Mit dem Beschluss vom XXXX.2019 sah das Landesgericht für Strafsachen XXXX vom Widerruf des dem BF gewährten Strafaufschubs gemäß § 39 SMG ab und ordnete an, dass die Behandlung nach Entlassung aus der Strafhaft erneut anzutreten sei.
Beim BF besteht aufgrund des über 20-jährigen Drogenkonsums ein Abhängigkeitssyndrom durch multiplen Substanzgebrauch und den Konsum anderer psychotroper Substanzen. Er ist seit über elf Jahren in einem Substitutionsprogramm und hat mehrere erfolglose Entzugsbehandlungen hinter sich. Die Wahrscheinlichkeit, durch eine langfristige Therapie eine dauerhafte Drogenabstinenz zu erreichen, ist möglich, aber mit großen Anstrengungen verbunden. Weitere schwerwiegende Gesundheitsbeeinträchtigungen bestehen nicht; der BF ist grundsätzlich arbeitsfähig.
Seit XXXX2019 ist der BF mit der serbischen Staatsangehörigen XXXX (geb. XXXX) verheiratet, die mit ihren beiden Kindern in Serbien lebt und die er im März 2018 über soziale Medien im Internet kennengelernt hatte. Er hat keine eigenen Kinder. Während der Haft hat er im Rahmen von Telefonaten und Besuchen regelmäßig Kontakt zu seiner Frau, seinen Eltern, seiner Schwester und deren erwachsenem Sohn. Er beherrscht neben der deutschen auch die serbische Sprache. In Serbien leben auch zwei Tanten, ein Onkel und ein Freund des BF.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG.
Die Feststellungen beruhen ebenfalls auf den vom BFA vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens, insbesondere auf den vom BF vorgelegten Urkunden und seinen Angaben bei der Einvernahme am 10.10.2018, sowie auf dem Gerichtsakt des BVwG und dem Akt XXXX des Landesgerichts für Strafsachen XXXX. Entscheidungswesentliche Widersprüche liegen nicht vor.
Die Identität des BF geht aus seinem Reisepass, der dem BVwG in Kopie vorliegt, hervor, aus dem sich auch sein Geburtsort ergibt. Seine Geburtsurkunde wurde ebenfalls vorgelegt. Aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) und den vorgelegten Reisepasskopien geht übereinstimmend hervor, dass seine Eltern serbische Staatsangehörige sind und seine Schwester mittlerweile Österreicherin ist. Der dem BF 1993 erteilte unbefristete Sichtvermerk ist in den Verwaltungsunterlagen ersichtlich.
Anhand der Meldebestätigungen (z.B. Seite 194 der Verwaltungsakten) zeigt sich, dass der BF zwischen Jänner 1981 und Oktober 1982 nicht im Bundesgebiet gemeldet war, sondern sich in seinem Herkunftsstaat aufhielt. Angesichts der seither verstrichenen Zeit und des unter zweijährigen Zeitraums der Abwesenheit kommt diesem Umstand keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu.
Die Schulzeugnisse des BF liegen vor. Die abgebrochene Tischlerlehre ergibt sich aus seinen Angaben und dem Versicherungsdatenauszug. Der BF schilderte seinen Suchtgiftkonsum bei diversen Vernehmungen weitgehend konsistent; die Feststellungen dazu beruhen vor allem auf seinen anamnestischen Angaben gegenüber der im Verfahren XXXX des Landesgerichts für Strafsachen XXXX beigezogenen Sachverständigen XXXX, die in ihren beiden Gutachten ausführlich festgehalten sind.
Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des BF, den von ihm begangenen Straftaten und den Strafzumessungsgründen basieren auf dem Strafregister und auf den vorliegenden Urteilsausfertigungen. Die Eintragungen im Strafregister belegen, dass die Verurteilungen durchwegs rechtskräftig sind. Der Vollzug der Haftstrafen ergibt sich aus den Vollzugsdaten laut Strafregister, aus den aktenkundigen Vollzugsinformationen und aus den Wohnsitzmeldungen des BF in Justizanstalten. Der BF legte das Zeugnis über den Lehrabschluss in der Justizanstalt XXXX 2006 vor, ebenso eine Bestätigung über die Teilnahme an diversen Therapieangeboten in der Justizanstalt XXXX.
Die Bescheide vom 14.05.2007 und vom 27.08.2008 sowie das Erkenntnis des VwGH vom 16.12.2008 über das gegen den BF erlassene Aufenthaltsverbot liegen vor, ebenso der Bescheid vom 02.02.2013 über dessen Aufhebung sowie Informationen zur Abschiebung 2009. Der BF gab gegenüber dem BFA zu, dass er 2009 unter Missachtung des Aufenthaltsverbots in das Bundesgebiet zurückkehrte. Dies folgt auch schon daraus, dass er hier im Oktober 2009 bei der Begehung einer Straftat festgenommen wurde. Der Beschluss über den Strafaufschub gemäß § 39 SMG vom XXXX02.2010 liegt vor.
Der BF war nach der Haftentlassung im August 2017 laut ZMR in der Wohnung seines Vaters in XXXX mit Hauptwohnsitz gemeldet. Eine entsprechende Wohnrechtsvereinbarung wurde vorgelegt. Die Betreuung durch die Suchthilfe XXXX wird durch den Sozialbericht vom 25.09.2017 belegt. Der Bezug von Arbeitslosengeld ergibt sich aus der Mitteilung vom 21.08.2017, der Bezug von Grundversorgungsleistungen aus dem Speicherauszug aus dem GVS-Betreuungsinformationssystem. Die Scheidung der Eltern des BF wird anhand der vorgelegten Vergleichsausfertigung vom XXXX04.2006 festgestellt.
Der Inhalt des Beschlusses vom XXXX.02.2018 über die Gewährung eines Strafaufschubs nach § 39 SMG ergibt sich aus dem Akt XXXXdes Landesgerichts für Strafsachen XXXX, ebenso die Aufenthalte des BF im XXXXund die Therapieabbrüche. Die Feststellungen dazu stehen mit der vom BF vorgelegten Aufenthaltsbestätigung vom 30.04.2018 und den Wohnsitzmeldungen laut ZMR in Einklang. Der Umstand, dass der BF die stationäre Therapie beim XXXX fortsetzen möchte, geht aus dem Gutachten der Sachverständigen Dr.XXXX vom 07.06.2019 aus dem Akt XXXX des Landesgerichts für Strafsachen XXXX hervor. Diesem Akt wird auch der Inhalt des Beschlusses vom 17.07.2019 entnommen.
Die Suchtmittelabhängigkeit des BF wird anhand der Gutachten der Sachverständigen Dr. XXXX vom 02.02.2018 und vom 07.06.2019 aus dem Akt XXXX des Landesgerichts für Strafsachen XXXX festgestellt, ebenso die Substitution, die Entzugsversuche und die Erfolgsaussichten einer Therapie. Anhaltspunkte für andere entscheidungserhebliche Gesundheitsbeeinträchtigungen des BF sind nicht aktenkundig, zumal sich aus den dem Sachverständigengutachten vom 02.02.2018 angeschlossenen medizinischen Unterlagen vom Jänner 2018 ergibt, dass seine Hepatitis-C-Erkrankung abgeheilt ist und er HIV-negativ ist. Auch die dem Gutachten vom 07.06.2019 angeschlossene Medikamentenübersicht legt keine gravierenden Erkrankungen (abgesehen von der Polytoxikomanie) nahe. Die festgestellte Arbeitsfähigkeit ergibt sich daraus und aus dem erwerbsfähigen Alter des BF, der während des Strafvollzugs arbeitete (laut Gutachten vom 02.02.2018 in der Wäscherei der Justizanstalt, laut Gutachten vom 07.06.2019 als Haustechniker).
Die Eheschließung des BF und der Umstand, dass seine Frau in Serbien lebt, werden anhand seiner im Gutachten vom 07.06.2019 festgehaltenen Angaben gegenüber der Sachverständigen festgestellt. Er schilderte die Beziehung zu seiner nunmehrigen Ehefrau auch schon gegenüber dem BFA am 10.10.2018. Demnach und laut ZMR ist sie serbische Staatsangehörige und war von 10.04.2018 bis 29.06.2018 und von 17.07.2019 bis 29.08.2019 mit Nebenwohnsitz in der Wohnung des Vaters des BF in XXXX gemeldet, was die Richtigkeit der Schilderung des BF unterstreicht. Es gibt keine aktenkundigen Hinweise dafür, dass der BF eigene Kinder hat, zumal in den Strafurteilen regelmäßig auf das Fehlen von Sorgepflichten hingewiesen wird und er am 10.10.2018 vor dem BFA bestätigte, kinderlos zu sein.
Der BF schilderte der Sachverständigen Dr. XXXX die Kontakte zu seinen in Österreich lebenden Angehörigen (Eltern, Schwester, Neffe) und seiner Ehefrau während des nunmehrigen Strafvollzugs glaubhaft und nachvollziehbar, sodass eine entsprechende Feststellung getroffen werden kann.
Deutschkenntnisse des BF können aufgrund seines langen Inlandsaufenthalts, während dem er die Pflichtschule und eine Berufsausbildung absolvierte, festgestellt werden. Sie zeigen sich nicht zuletzt an seinen auf Deutsch verfassten Eingaben an das Gericht, z.B. dem Schreiben vom 06.04.2019 (ON 51 des Akts XXXX des Landesgerichts für Strafsachen XXXX) und daran, dass er vor dem BFA ohne Dolmetscher vernommen wurde. Der BF bestreitet serbische Sprachkenntnisse. Er hatte aber laut seinen Schulzeugnissen mehrere Jahre lang muttersprachlichen Zusatzunterricht, wuchs bei serbischen Eltern auf und ist mit einer in Serbien lebenden Serbin verheiratet, sodass davon auszugehen, dass er auch die serbische Sprache beherrscht, zumal er vor dem BFA angab, er habe sich 2009 zehn Monate lang in Serbien aufgehalten. Gegenüber der Sachverständigen Dr. XXXX erklärte er, 2010 während eines zehnmonatigen Serbienaufenthalts ohne Drogenkonsum gewesen zu sein. Angesichts der Haft im Bundesgebiet von Oktober 2009 bis Februar 2010 sowie wieder ab April 2010 ist davon auszugehen, dass sich der BF (wie vor dem BFA angegeben) tatsächlich 2009 mehrere Monate lang in Serbien aufhielt. Die Feststellungen zu seinen in Serbien lebenden Bezugspersonen basieren auf seiner Aussage vor dem BFA am 10.10.2018.
Die Anhaltung des BF in Strafhaft seit 19.04.2019 ergibt sich aus seinen Hauptwohnsitzmeldungen laut ZMR und steht im Einklang mit den Ausführungen dazu im Sachverständigengutachten vom 07.06.2019.
Rechtliche Beurteilung:
Zur Zuständigkeit zur Entscheidung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des BFA:
Gemäß § 130 Abs 1 Z 3 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde (Säumnisbeschwerden). Gemäß § 7 Abs 1 Z 4 BFA-VG entscheidet das BVwG über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des BFA.
Gemäß § 8 Abs 1 VwGVG kann eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser, entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.
Geht - infolge einer zulässigen und berechtigten Säumnisbeschwerde nach deren Vorlage oder nach Ablauf der Nachfrist des § 16 Abs 1 VwGVG - die Zuständigkeit, über die Verwaltungsangelegenheit zu entscheiden, auf das Verwaltungsgericht über, hat es allein in der Verwaltungssache zu entscheiden, ohne dass ein ausdrücklicher Ausspruch über die Stattgebung der Säumnisbeschwerde vorzunehmen ist. Die Gründe, die dazu geführt haben, dass das Verwaltungsgericht seine Zuständigkeit bejaht, sind in der Begründung der Entscheidung offenzulegen (VwGH 27.05.2015, Ra 2015/19/0075).
Hier wurde der verfahrenseinleitende Antrag am 28.09.2017 beim BFA eingebracht. Da keine von § 73 Abs 1 AVG abweichende Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung des BFA über den Antrag des BF erging und das BFA den Bescheid auch nicht innerhalb der Nachfrist des § 16 Abs 1 VwGVG nachholte, sondern die Beschwerde unter Anschluss der Verwaltungsakten dem BVwG gemäß § 16 Abs 2 VwGVG vorlegte, ist die Säumnisbeschwerde des BF zulässig. Dass die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des BFA zurückzuführen wäre, wird nicht behauptet und lässt sich auch den Verwaltungsakten nicht entnehmen.
Zu Spruchteil A):
Als serbischer Staatsangehöriger ist der BF Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 10 FPG.
Gemäß § 55 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist.
§ 58 AsylG regelt das Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln gemäß §§ 55 ff AsylG. Gemäß § 58 Abs 8 AsylG hat das BFA im verfahrensabschließenden Bescheid über die Zurück- oder Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG abzusprechen. Gemäß § 10 Abs 3 AsylG und § 52 Abs 3 FPG ist die Abweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG grundsätzlich mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Gemäß § 52 Abs 9 FPG hat das BFA gleichzeitig mit einer Rückkehrentscheidung festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Bei der Beurteilung, ob die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens des BF geboten ist, ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit seinen gegenläufigen privaten und familiären Interessen in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die auf alle Umstände des Einzelfalls Bedacht nimmt. Dabei muss ein Ausgleich zwischen dem Interesse des BF auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden werden. In die gebotene Gesamtbeurteilung sind alle gemäß Art 8 EMRK relevanten Umstände seit seiner Einreise einzubeziehen.
Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung ist hier gemäß § 9 Abs 2 Z 1 BFA-VG zu berücksichtigen, dass sich der BF bis zur Abschiebung im Jänner 2009 überwiegend im Bundesgebiet aufhielt und spätestens im Oktober 2009 wieder zurückkehrte. Ungeachtet eines mehr als zehnjährigen Aufenthalts und des Vorhandenseins gewisser integrationsbegründender Merkmale können aber gegen ein Überwiegen der persönlichen Interessen und für ein größeres öffentliches Interesse an der Verweigerung eines Aufenthaltstitels sprechende Umstände in Anschlag gebracht werden, z.B. strafgerichtliche Verurteilungen (siehe VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005). Dabei ist hier maßgeblich, dass der BF ab 1997 bis zur Antragstellung im September 2017 mehr als 15 Jahre lang in Haft war und seither drei weitere strafgerichtliche Verurteilungen, jeweils zu mehrmonatigen Freiheitsstrafen, erfolgten. Der BF wurde bislang 15 Mal wegen Eigentums-, aber auch Gewalt- und Suchtgiftdelinquenz verurteilt, wobei zwei Mal Zusatzstrafen verhängt wurden. Die Voraussetzungen für eine Strafverschärfung im Rückfall (§ 39 StGB) liegen vor. Sämtlichen Sanktionen blieben bislang wirkungslos; der BF wurde häufig schon kurz nach der Haftentlassung wieder rückfällig und delinquierte auch während des Strafaufschubs nach § 39 SMG. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang etwa, dass er 2017 nach 7 1/2 Jahren Haft nicht einmal vier Monate straffrei blieb. Auch mehrere Entzugsbehandlungen und Suchtgifttherapien scheiterten.
Im Inland besteht kein gemäß § 9 Abs 2 Z 2 BFA-VG zu berücksichtigendes Familienleben des BF, zumal seine Kernfamilie (Ehefrau und Stiefkinder) in Serbien lebt.
Unter Privatleben iSd Art 8 EMRK ist nach der Rechtsprechung des EGMR das Netzwerk persönlicher, sozialer und ökonomischer Beziehungen zu verstehen, die das Privatleben eines jeden Menschen ausmachen. Ein schutzwürdiges Privatleben ist nach § 9 Abs 2 Z 3 BFA-VG bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, ebenso nach § 9 Abs 2 Z 4 BFA-VG der Grad der Integration, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schul- und Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert. Zugunsten des BF sind dabei neben der Beziehung zu seinen in Österreich lebenden nahen Angehörigen seine Deutschkenntnisse, die in Österreich absolvierte Schul- und Berufsausbildung und während seines Aufenthalts hier geknüpfte Sozialkontakte zu berücksichtigen. Der BF ist aber - wie der Bezug von Grundversorgungsleistungen zeigt - nicht selbsterhaltungsfähig. Die Substitutionsbehandlung und der in Aussicht genommene neuerliche Antritt einer Suchtgifttherapie verstärken sein Interesse an einem Verbleib im Bundesgebiet nicht maßgeblich, weil der Eintritt der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 59 Abs 4 FPG ohnedies für die Dauer eines Freiheitsentzugs aufgeschoben ist, was auch während eines Strafaufschubs nach § 39 SMG und der im Zuge dessen durchgeführten Suchtgifttherapie gilt (vgl. VwGH 24.01.2019, Ra 2018/21/0240). Der BF kann den Kontakt zu seinen im Bundesgebiet lebenden Bezugspersonen, die derzeit ohnehin haftbedingt eingeschränkt sind, auch ohne die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels durch Besuche und über diverse Kommunikationsmittel (Telefon, Internet) aufrecht halten.
Der BF hat nach § 9 Abs 2 Z 5 BFA-VG maßgebliche Bindungen zu seinem Heimatstaat, wo er sich zuletzt 2009 für mehrere Monate aufhielt. Er spricht die Landessprache und hat mehrere in Serbien lebende Bezugspersonen, insbesondere seine Ehefrau, die ihn dort beim Aufbau einer Existenz unterstützen kann, und ihre Kinder.
Das Fehlen der nach § 9 Abs 2 Z 6 BFA-VG relevanten strafrechtlichen Unbescholtenheit des BF führt - wie oben dargelegt - zu einer wesentlichen Verstärkung des öffentlichen Interesses an der Verweigerung des beantragten Aufenthaltstitels, zumal aufgrund seines Vorlebens, der Wirkungslosigkeit bisheriger Sanktionen und der langjährigen Suchtgiftabhängigkeit eine erhebliche Wiederholungsgefahr besteht. Seit der ersten Verhaftung des BF im Dezember 2000 gab es keinen längeren Wohlverhaltenszeitraum in Freiheit mehr. Abgesehen vom schon infolge der Überschreitung der zulässigen visumfreien Aufenthaltsdauer unrechtmäßigen Aufenthalt sind keine Verstöße gegen die öffentliche Ordnung iSd § 9 Abs 2 Z 7 BFA-VG aktenkundig.
Die bisherige Aufenthaltsdauer des BF ist trotz der Überschreitung der Fristen zur Entscheidung über den Antrag vom 28.09.2017 nicht in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen iSd § 9 Abs 2 Z 9 BFA-VG begründet, zumal der Antrag gemäß § 58 Abs 13 AsylG nicht zu einem Aufenthalts- oder Bleiberecht führt und die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF während des laufenden Verfahrens zu Verzögerungen betrugen.
Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt somit angesichts der massiven, über Jahre hinweg ungeachtet aller staatlicher Sanktionen fortgesetzten Delinquenz des BF trotz des Vorhandenseins integrationsbegründender Umstände das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung sein gegenläufiges persönliches Interesse. Angesichts der Schwere und Häufigkeit der Verstöße des BF gegen die österreichische Rechtsordnung ist die Verweigerung des beantragten Aufenthaltstitels zur Verwirklichung der in Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele, namentlich der Verhinderung strafbarer Handlungen, des Schutzes der öffentlichen Ordnung sowie der Rechte und Freiheiten anderer, dringend geboten. Obwohl der BF in Österreich aufwuchs und sich hier viele Jahre lang aufhielt, ist ihm eine Rückkehr nach Serbien zumutbar, zumal dort seine Kernfamilie (Ehefrau und Stiefkinder) lebt. § 9 Abs 4 BFA-VG, der eine Rückkehrentscheidung gegen von klein auf im Inland aufgewachsene und hier langjährig rechtmäßig niedergelassene Fremde wegen Aufenthaltsverfestigung prinzipiell ausschloss, wurde durch BGBl I Nr. 56/2018 (Art 4 Z 5) aufgehoben.
Die Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Aufenthaltsberechtigung liegen somit nicht vor, sodass gemäß § 10 Abs 3 AsylG iVm § 52 Abs 3 FPG eine Rückkehrentscheidung zu erlassen ist. Die Gründe, warum diese nicht auf Dauer unzulässig ist, decken sich mit den Überlegungen zur Abweisung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG.
Für die gemäß § 52 Abs 9 FPG von Amts wegen gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (siehe VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157). Demnach ist die Abschiebung unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für den Betreffenden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).
Da hier keiner dieser Tatbestände erfüllt ist, ist die Abschiebung des BF nach Serbien zulässig. Es handelt sich um einen sicheren Herkunftsstaat nach § 1 Z 6 HStV, was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der dortigen Behörden spricht. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass fallbezogen spezifische Umstände vorliegen, die diese gesetzliche Vermutung widerlegen (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/20/0050). Unter Berücksichtigung der stabilen Situation in Serbien und der Lebensumstände des arbeitsfähigen BF, der dort familiäre Anknüpfungen hat, liegen trotz der schwierigen wirtschaftlichen Situation keine konkreten Gründe vor, die eine Abschiebung dorthin unzulässig machen würden.
Gemäß § 55 FPG wird zugleich mit einer Rückkehrentscheidung eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Diese beträgt - abgesehen von Fällen, in denen besondere Umstände vorliegen, die hier aber nicht behauptet wurden - 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheids.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Nach § 21 Abs 7 BFA-VG kann bei Vorliegen der dort umschriebenen Voraussetzungen - trotz Vorliegens eines Antrags - von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden. Von einem geklärten Sachverhalt iSd § 21 Abs 7 BFA-VG bei der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen kann allerdings im Allgemeinen nur in eindeutigen Fällen ausgegangen werden, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des oder der Fremden sprechenden Fakten auch dann kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm oder ihr einen persönlichen Eindruck verschafft (vgl. VwGH 16.01.2019, Ra 2018/18/0272).
Da hier ein eindeutiger Fall vorliegt, der Sachverhalt anhand der Aktenlage, des Vorbringens des BF sowie seiner Angaben bei der Einvernahme vor dem BFA am 10.10.2018 geklärt werden konnte und auch bei einem positiven Eindruck von ihm bei einer mündlichen Verhandlung - nicht zuletzt aufgrund der wiederholten Straffälligkeit während des Verfahrens über den Antrag vom 28.09.2017 - keine andere Entscheidung denkbar ist, kann eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben. Von deren Durchführung ist keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten, zumal keine entscheidungserheblichen Widersprüche in den Beweisergebnissen bestehen.
Zu Spruchteil B):
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zu lösen waren. Bei der Interessenabwägung gemäß Art 8 EMRK, die das Schwergewicht der Entscheidung bildet, handelt es sich um eine typische Einzelfallbeurteilung.
Schlagworte
Abschiebung, Aufenthaltstitel, freiwillige Ausreise,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G314.2209604.1.00Zuletzt aktualisiert am
27.02.2020