TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/13 W251 2184165-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.09.2019
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Entscheidungsdatum

13.09.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W251 2184165-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch RA Dr. Julia Ecker, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.01.2018, Zl. 1097770702 - 151924190, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 03.12.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

2. Am 03.12.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er Afghanistan gemeinsam mit seiner Mutter im Alter von fünf Jahren verlassen habe, als sein Vater damals von den Taliban getötet worden sei. Pakistan habe er verlassen, weil dort Schiiten und Hazara von einer radikalen Gruppierung getötet würden und da er in Pakistan in Armut leben habe müssen.

3. Am 21.11.2017 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) statt. Zu seinen Fluchtgründen gab er im Wesentlichen an, dass er im Alter von fünf Jahren Afghanistan verlassen habe, als sein Vater von den Taliban getötet worden sei und seine Familie als Hazara und Schiiten Probleme gehabt habe. Er habe fortan mit seiner Familie in Quetta, Pakistan bis zu seiner Ausreise gelebt und als Rikschafahrer gearbeitet. Sein Freund sei von einem Mitglied einer radikalen Gruppierung erschossen worden, auch zwei weitere Hazara seien ums Leben gekommen. Er habe nach Hause flüchten können, habe danach noch ein Monat gearbeitet und sei vier Monaten nach dem Vorfall nach Europa geflüchtet.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zur Gänze ab (Spruchpunkt I. und II.) und erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.). Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt IV. und V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe nicht habe glaubhaft machen können, es könne nicht festgestellt werden, dass der vom Beschwerdeführer angegebene Vorfall in Pakistan stattgefunden habe. Es drohe dem Beschwerdeführer auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Der Beschwerdeführer sei ein gesunder, arbeitsfähiger Mann, der im Bereich einer innerstaatlichen Fluchtalternative in der Provinz Balkh komplementäre Unterkunftsmöglichkeiten habe, familiäre Unterstützung und finanzielle Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen könne und somit bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht in eine ausweglose Situation geraten würde. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehen würde.

5. Der Beschwerdeführer erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Volksgruppe als Hazara und aufgrund seines schiitischen Glaubens in Afghanistan keine Sicherheit habe. Die Familie sei wegen der Taliban geflohen, deren Bedrohung bzw. Verfolgung der Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr befürchte. Der Beschwerdeführer sei im wehrfähigen Alter und im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan von einer (Zwangs-)Rekrutierung durch die Taliban bedroht. Auch sei die innerstaatliche Fluchtalternative in der Provinz Balkh nicht gegeben, da es in ganz Afghanistan zu sicherheitsrelevanten Vorfällen komme. Die Lebensgrundlage sei im Falle der Rückkehr entzogen. Der Beschwerdeführer habe keine sozialen Kontakte oder Familienmitglieder in Afghanistan. Er habe keine Schulbildung und sei Analphabet. Die Sicherheitslage im gesamten Land sei schlecht.

6. Mit schriftlicher Stellungnahme vom 15.05.2019 brachte der Beschwerdeführer in Ergänzung seiner Beschwerde vor, dass er sich in Österreich vom Islam distanziert habe. Überdies wurde im Wesentlichen auf das Beschwerdevorbringen und das Gutachten von Friederike Stahlmann vom 28.03.2018, sowie die umfangreiche Integration des Beschwerdeführers hingewiesen.

7. Mit Schriftsatz vom 22.05.2019, vorgelegt im Rahmen der mündlichen Verhandlung, hat der Beschwerdeführer ein Konvolut an Unterlagen in Vorlage gebracht, unter anderem eine Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als Koch (Lehrling/Auszubildender) für die Lehrzeit, sowie eine Anmeldebescheinigung über die Arbeitsaufnahme im September 2018. Ergänzend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in Afghanistan keine privaten oder familiären Bindungen, stamme aus einer volatilen Provinz, sei in Pakistan aufgewachsen und daher nicht mit den kulturellen Gepflogenheiten Afghanistans vertraut. Seine Familie in Pakistan könne ihn nicht unterstützen. Der Beschwerdeführer habe eine pakistanisch gefärbte Aussprache, weshalb er bei einer Rückkehr nach Afghanistan auffallen würde und sei er seinem Kulturkreis aufgrund des Aufenthalts in Pakistan völlig entrückt. Demgegenüber stehe das umfassende soziale Leben des Beschwerdeführers in Österreich und seine Integrationsschritte seit seiner Ankunft. Er sei vom Islam abgefallen, bete nicht und gehe auch nicht in die Moschee, sondern lebe wie ein Europäer.

8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 22.05.2019 in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Dari und im Beisein der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

9. Mit zwei Schriftsätzen vom 05.06.2019 brachte der Beschwerdeführer zwei weitere Empfehlungsschreiben (OZ 13), sowie die zwei Bestätigungen über die Teilnahme an gemeinnützigen Projekten und eine Lehrgangsbestätigung in Vorlage. In der Stellungnahme wird überdies vorgebracht, dass jederzeit Personen aus dem Umfeld des Beschwerdeführers dessen Lebenseinstellung und Lebensweise und dessen tatsächliche Abwendung vom Islam bezeugen können (OZ 12).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer führt den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Er ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Hazara an und bekennt sich zum schiitisch-muslimischen Glauben (AS 1, AS 102, Verhandlungsprotokoll vom 22.05.2019, OZ 11, S. 6).

Der Beschwerdeführer ist derzeit wenig religiös interessiert, betet und fastet aktuell nicht. Er ist nicht vom Islam abgefallen ist, er tritt auch nicht spezifisch gegen den Islam oder gar religionsfeindlich auf. Es ist niemandem in Afghanistan bekannt, dass der Beschwerdeführer in Österreich angegeben hat, kein Moslem zu sein (OZ 11, S. 11).

Der Beschwerdeführer wurde in der Provinz Ghazni im Distrikt XXXX im Dorf XXXX geboren (AS 1, AS 104, OZ 11, S. 6). Er hat dort gemeinsam mit seinen Eltern und seinen zwei Schwestern bis zu seinem fünften Lebensjahr gelebt (AS 5, AS 104). Der Beschwerdeführer hat in Afghanistan und Pakistan keine Schule besucht. Er hat circa ein Jahr lang einen Englischkurs besucht (AS 1, AS 110).

Der Beschwerdeführer ist gemeinsam mit seiner Mutter und seinen zwei Schwestern im Alter von fünf Jahren nach Pakistan ausgereist. Er hat in Quetta/Pakistan bis zu seiner Flucht nach Europa gelebt (AS 104, OZ 11, S. 9).

Der Beschwerdeführer hat in Pakistan zwei Jahre lang als Rikschafahrer gearbeitet (OZ 11, S. 9).

Der Beschwerdeführer ist 2015 nach Europa ausgereist (AS 104). Der Beschwerdeführer ist unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und hält sich zumindest seit seiner Antragstellung auf internationalen Schutz am 03.12.2015 durchgehend in Österreich auf. Er ist in Österreich aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG durchgehend rechtmäßig aufhältig (AS 3).

Der Beschwerdeführer ist ledig, er hat keine Kinder (AS 1, OZ 11, S. 8).

Der Beschwerdeführer wurde nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert, er ist mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.

Die Mutter, die Schwestern, ein Onkel mütterlicherseits und dessen Familie leben in Pakistan (AS 5, AS 106, OZ 11, S. 9). Der Beschwerdeführer hat telefonischen Kontakt zu seiner Familie (AS 106, OZ 11, S. 9). Die Mutter des Beschwerdeführers sorgt seit seiner Ausreise für die Familie, sie ist berufstätig. Die finanzielle Situation der Familie in Pakistan ist durchschnittlich (OZ 11, S. 11).

Der Beschwerdeführer spricht als Muttersprache Dari mit einem starken pakistanischen Akzent, ein wenig Englisch und etwas Deutsch. Der Beschwerdeführer hat die in der Verhandlung auf Deutsch gestellten Fragen nur teilweise verstanden und konnte diese auch nur teilweise beantworten (OZ 11, S. 10-13).

Der Beschwerdeführer hat einen Deutschkurs auf dem Niveau A1 besucht. Er hat die Prüfung auf dem Niveau A1 abgelegt (AS 49; Beilage ./Q). Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2016 an einem Erste Hilfe Kurs teilgenommen (AS 42).

Der Beschwerdeführer hat von 03.12.2015 bis 05.09.2018 von Leistungen aus der Grundversorgung gelebt (Beilage ./I). Seit dem 04.09.2018 ist der Beschwerdeführer als Kochlehrling im 1. Lehrjahr beschäftigt (Beilage ./E). Der Beschwerdeführer geht derzeit keiner ehrenamtlichen Arbeit nach, vom 11.-22.09.2017 war er im Bauhof seiner Wohnsitzgemeinde gemeinnützig beschäftigt (Beilage ./J). Überdies hat er 20 Stunden bei gemeinnützigen Hilfstätigkeiten in der Gemeinde bzw. bei besonderen Integrationsveranstaltungen geleistet. (AS 47ff).

Der Beschwerdeführer hat von 2015 bis 2018 in einem Asylquartier gelebt. Er ist ein vorbildlicher, hilfsbereiter, ruhiger und freundlicher Bewohner. Der Beschwerdeführer half in seiner Gemeinde bzw. in der Unterkunft und wird von vielen Menschen für seine Gewissenhaftigkeit, seinen Fleiß, seine Lernbereitschaft, sein Engagement, seine Hilfsbereitschaft und seine Umgangsformen geschätzt. (Beilage ./I; Beilage ./M und Beilage ./N). Der Beschwerdeführer wird auch von seinem Dienstgeber wegen seiner Lernbereitschaft und guten Integration in das Team sehr geschätzt (OZ 13, S. 3).

Der Beschwerdeführer hat in Österreich die Übergangsstufe eines Lehrgangs für Jugendliche mit geringen Kenntnissen der Unterrichtssprache Deutsch besucht und im Ausmaß von 65 % am Unterricht teilgenommen. Er hat 5 von 9 Gegenständen positiv absolviert (OZ 12).

Der Beschwerdeführer trainiert und spielt seit 2017 in der Fußball-Kampfmannschaft der Gemeinde, in welche er sehr gut integriert ist und er einen hervorragenden Kontakt zu den Spielern pflegt. Er ist aktives Mitglied im Fußballverein (Beilage ./H).

Der Beschwerdeführer pflegt in Österreich freundschaftliche Kontakte zu Mitgliedern seines Fußballteams. Mit zwei Arbeitskolleginnen hat sich der Beschwerdeführer in seinem Lehrbetrieb angefreundet. Einen weiteren Freund aus Österreich hat der Beschwerdeführer im Rahmen seiner gemeinnützigen Tätigkeit bei der Gemeinde im September 2017 kennengelernt, seither finden regelmäßige Treffen statt. Der Beschwerdeführer verfügt weder über Verwandte noch über sonstige enge soziale Bindungen (Kinder, Ehefrau, etc.) in Österreich (OZ 11, S. 17-18; OZ 13, S. 2).

Der Beschwerdeführer ist anpassungsfähig und arbeitsfähig, er kann einer regelmäßigen Arbeit nachgehen (OZ 11, S. 14).

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten. Der Beschwerdeführer ist gesund und hat derzeit keine medizinischen Beschwerden (OZ 11, S. 5, S. 18; AS 103).

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (Beilage ./I).

1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.

1.2.1. Der Vater des Beschwerdeführers wurde vor etwa 16 Jahren in Afghanistan von den Taliban aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit bzw. Religionszugehörigkeit getötet. Damals hat der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Mutter und seinen zwei Schwestern Afghanistan verlassen und ist er auch nicht mehr dorthin zurückgekehrt. Der Beschwerdeführer hatte noch nie Kontakt zu den Taliban. Der Beschwerdeführer und dessen Familie werden aktuell nicht von den Taliban oder anderen Personen bedroht.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan droht dem Beschwerdeführer individuell und konkret weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Mitglieder der Taliban, durch Aufständische oder durch andere Personen. Aus den Gründen, die zur Ausreise der Familie des Beschwerdeführers vor 16 Jahren aus Afghanistan geführt haben, kann keine aktuelle Gefahr von physischer oder psychischer Gewalt für den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan abgeleitet werden.

1.2.2. Ebenso wenig droht dem Beschwerdeführer die konkrete und individuelle Gefahr einer zwangsweisen Rekrutierung durch die Taliban in Afghanistan.

1.2.3. Dem Beschwerdeführer droht wegen seiner ethnisch-religiösen Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Schiiten oder zur Volksgruppe der Hazara konkret und individuell weder physische noch psychische Gewalt in Afghanistan. Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass Angehörige der Religionsgemeinschaft der Schiiten oder der Volksgruppe der Hazara in Afghanistan allein aufgrund der Religions- oder Volksgruppenzugehörigkeit physischer oder psychischer Gewalt ausgesetzt sind.

1.2.4. Der Beschwerdeführer ist nicht vom Islam abgefallen. Der Beschwerdeführer ist nach wie vor schiitischer Moslem.

1.2.5. Darüber hinaus ist der Beschwerdeführer aufgrund seines in Österreich ausgeübten Lebensstils oder seinem Aufenthalt in einem europäischen Land in Afghanistan weder psychischer noch physischer Gewalt ausgesetzt. Der Beschwerdeführer hat sich auch nicht erkennbar vom islamischen Glauben abgewandt. Der Beschwerdeführer ist in Afghanistan aufgrund seines Aufenthaltes in Pakistan und Europa keiner psychischen oder physischen Gewalt ausgesetzt.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer würde bei einer Rückkehr in die Provinz Ghazni ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen.

Der Beschwerdeführer kann sich jedoch aufgrund der dort herrschenden Sicherheitslage in der Stadt Herat oder der Stadt Mazar-e Sharif niederlassen.

Die Wohnraum- und Versorgungslage ist in der Stadt Herat und in der Stadt Mazar-e Sharif sehr angespannt. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Herat und in der Stadt Mazar-e Sharif kann der Beschwerdeführer jedoch grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen und in der Stadt Herat oder Mazar-e Sharif einer Arbeit nachgehen und sich selber erhalten.

Der Beschwerdeführer kann zudem von seiner Familie in Pakistan bei einer Rückkehr nach Afghanistan finanziell unterstützt werden. Der Beschwerdeführer kann Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Herat oder Mazar-e Sharif Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

1.4. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Sicherheitslage:

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 26.03.2019 - LIB 26.03.2019, S. 59).

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (LIB 26.03.2019, S. 59).

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren. Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt) bedrohen. Dies ist den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zuzuschreiben (LIB 26.03.2019, S. 62).

Im Jänner 2018 waren 56.3% der Distrikte unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung, während Aufständische 14.5% der Distrikte kontrollierten bzw. unter ihrem Einfluss hatten. Die übriggebliebenen 29.2% der Distrikte waren umkämpft. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten, die von Aufständischen kontrolliert werden, waren mit Stand Jänner 2018 Uruzgan, Kunduz und Helmand. Alle Provinzhauptstädte befanden sich unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung (LIB 26.03.2019, S. 70).

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht. In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt. Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheits-operationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden; auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (LIB 26.03.2019, S. 63).

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (LIB 26.03.2019, S. 63). Die Auflistung der high-profile Angriffe zeigt, dass die Anschläge in großen Städten, auch Kabul, hauptsächlich im Nahebereich von Einrichtungen mit Symbolcharakter (Moscheen, Tempel bzw. andere Anbetungsorte), auf Botschaften oder auf staatliche Einrichtungen stattfinden. Diese richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung, ausländische Regierungen und internationale Organisationen (LIB 26.03.2019, S. 64 ff).

Rekrutierung durch die Taliban:

Menschen schließen sich den Taliban zum einen aus materiellen und wirtschaftlichen Gründen zum anderen aus kulturellen und religiösen Gründen an. Die Rekruten sind durch Armut, fehlende Chancen und die Tatsache, dass die Taliban relativ gute Löhne bieten, motiviert. Es spielt auch die Vorstellung, dass die Behörden und die internationale Gemeinschaft den Islam und die traditionellen Standards nicht respektieren würden, eine zentrale Rolle, wobei sich die Motive überschneiden. Bei Elitetruppen sind beide Parameter stark ausgeprägt. Sympathisanten der Taliban sind Einzelpersonen und Gruppen, vielfach junger Männer, deren Motiv der Wunsch nach Rache, Heldentum gepaart mit religiösen und wirtschaftlichen Gründen sind. Aus Armut, Hoffnungslosigkeit und fehlenden Zukunftsperspektiven schließen sich viele den Taliban an (Beilage ./IV - Bericht Landinfo, Rekrutierung durch die Taliban vom 29.06.2017 - S. 12-13). Die Billigung der Taliban in der Bevölkerung ist nicht durch religiöse Radikalisierung bedingt, sondern Ausdruck der Unzufriedenheit über Korruption und Misswirtschaft (Beilage ./IV, S. 14).

Die Taliban sind aktiver als bisher bemüht Personen mit militärischem Hintergrund sowie mit militärischen Fertigkeiten zu rekrutieren. Die Taliban versuchen daher das Personal der afghanischen Sicherheitskräfte auf ihre Seite zu ziehen. Da ein Schwerpunkt auf militärisches Wissen und Erfahrungen gelegt wird, ist mit einem Anstieg des Durchschnittsalters zu rechnen (Beilage ./IV, S. 8). Durch das Anwerben von Personen mit militärischem Hintergrund bzw. von Mitgliedern der Sicherheitskräfte erhalten Taliban Waffen, Uniformen und Wissen über die Sicherheitskräfte. Auch Personen die über Knowhow und Qualifikationen verfügen (z.B. Reparatur von Waffen), können von Interesse für die Taliban sein (Beilage ./IV, S. 18).

Die Mehrheit der Taliban sind Paschtunen. Die Rekrutierung aus anderen ethnischen Gruppen ist weniger üblich. Um eine breitere Außenwirkung zu bekommen, möchte die Talibanführung eine stärkere multiethnische Bewegung entwickeln. Die Zahl der mobilisierten Hazara ist unerheblich, nur wenige Kommandanten der Hazara sind mit Taliban verbündet. Es ist für die Taliban wichtig sich auf die Rekruten verlassen zu können (Beilage ./IV, S. 11).

Die Taliban waren mit ihrer Expansion noch nicht genötigt Zwangsmaßnahmen zur Rekrutierung anzuwenden. Zwangsrekrutierung ist noch kein herausragendes Merkmal für den Konflikt. Die Taliban bedienen sich nur sehr vereinzelt der Zwangsrekrutierung, indem sie männliche Dorfbewohner in von ihnen kontrollierten Gebieten, die mit der Sache nicht sympathisieren, zwingen, als Lastenträger zu dienen (Beilage ./IV, S. 18). Die Taliban betreiben eine Zwangsrekrutierung nicht automatisch. Personen die sich gegen die Rekrutierung wehren, werden keine rechtsverletzenden Sanktionen angedroht. Eine auf Zwang beruhende Mobilisierungspraxis steht auch den im Pashtunwali (Rechts- und Ehrenkodex der Paschtunen) enthaltenen fundamentalen Werten von Familie, Freiheit und Gleichheit entgegen. Es kommt nur in Ausnahmefällen und nur in sehr beschränktem Ausmaß zu unmittelbaren Zwangsrekrutierungen durch die Taliban. Die Taliban haben ausreichend Zugriff zu freiwilligen Rekruten. Zudem ist es schwierig einen Afghanen zu zwingen, gegen seinen Willen gegen jemanden oder etwas zu kämpfen (Beilage ./IV, S. 19).

Ghazni:

Ghazni ist eine der wichtigsten Zentralprovinzen Afghanistans. Ghazni liegt 145 km südlich von Kabul Stadt entfernt und liegt an der Autobahn Kabul-Kandahar. Laut dem afghanischen Statistikbüro (CSO) ist Ghazni die Provinz mit der zweithöchsten Bevölkerungszahl, die auf 1.270.3192 Bewohner/innen geschätzt wird.

Im Februar 2018 wurde verlautbart, dass die Provinz Ghazni zu den relativ volatilen Provinzen im südöstlichen Teil des Landes zählt; die Provinz selbst grenzt an unruhige Provinzen des Südens. Die Taliban und Aufständische anderer Gruppierungen sind in gewissen Distrikten aktiv. In der Provinz kommt es zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Aufständischen.

Im gesamten Jahr 2017 wurden 353 zivile Opfer in Ghazni (139 getötete Zivilisten und 214 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Bodenoffensiven, gefolgt von IEDs und gezielten/willkürlichen Tötungen. Dies deutet einen Rückgang von 11% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften finden statt. Sowohl Das Haqqani-Netzwerk, als auch die Taliban sind in manchen Regionen der Provinz aktiv. Sicherheitsbeamte sprechen von mehreren Gruppierungen, die in der Provinz aktiv sind, während die Taliban selbst behaupten, die einzige Gruppierung in der Provinz Ghazni zu sein. Basierend auf geheimdienstlichen Informationen, bestritt das afghanische Innenministerium im Jänner 2018, dass der IS in der Provinz Ghazni aktiv sei. Für den Zeitraum 1.1.15.7.2017 wurden IS-bezogene Vorfälle in der Provinz gemeldet - insbesondere an der Grenze zu Paktika. Zwischen 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden hingegen keine Vorfälle registriert (LIB 26.03.2019, S. 109ff).

Herat:

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Provinzhauptstadt ist Herat-Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat. In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen, ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand. Die Bevölkerungszahl der Provinz beträgt 1.967.180 Einwohner.

Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz. Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran-Produktion. Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Safran soll eine Alternative zum Mohnanbau werden. Die Safran-Produktion garantierte z.B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz. Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. Im Dezember 2017 wurden verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 Km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat.

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv. Nach zehn Jahren der Entminung sind 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher. In diesen Gegenden besteht keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen in den Distrikte Gulran und Shindand wurden diese noch nicht von Minen geräumt (LIB 26.03.2019, S. 138).

Mazar-e Sharif:

Mazar-e Sharif ist die Hauptstadt der Provinz Balkh. Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana und Pul-e-Khumri und ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst (LIB 26.03.2019, S.102).

In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen, durch den die Stadt sicher zu erreichen ist (LIB 26.03.2019, S. 103).

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans, sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan. Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (LIB 26.03.2019, S. 103).

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (LIB 26.03.2019, S. 103).

Dürre:

Aufgrund der Dürre wird die Getreideernte geringer ausfallen, als in den vergangenen Jahren. Da die Getreideernte in Pakistan und im Iran gut ausfallen wird, kann ein Defizit in Afghanistan ausgeglichen werden. Die Preise für Getreide waren im Mai 2018 verglichen zum Vormonat in den meisten großen Städten unverändert und lagen sowohl in Herat-Stadt als auch in Mazar-e Sharif etwas unter dem Durchschnitt der Jahre 2013-2014 (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Beilage ./VII, S. 3). Das Angebot an Weizenmehl ist relativ stabil (Anfragebeantwortung von ACCORD, Beilage ./VIII, S. 8). Aufgrund der Dürre wurde bisher kein nationaler Notstand ausgerufen (Beilage ./VII, S. 11).

Für die Landflucht spielen die Sicherheitslage und die fehlende Beschäftigung eine Rolle. Durch die Dürre wird die Situation verstärkt, sodass viele Haushalte sich in städtischen Gebieten ansiedeln. Diese Personen - Vertriebene, Rückkehrer und Flüchtlinge - siedeln sich in informellen Siedlungen an (Beilage ./VIII, S. 2, S. 5). Dort ist die größte Sorge der Vertriebenen die Verfügbarkeit von Lebensmitteln, diese sind jedoch mit der Menge und der Regelmäßigkeit des Trinkwassers in den informellen Siedlungen und den erhaltenen Hygienesets zufrieden. Viele Familien, die Bargeld für Lebensmittel erhalten, gaben das Geld jedoch für Schulden, für Gesundheitsleistungen und für Material für provisorische Unterkünfte aus. Vielen Familien der Binnenvertriebenen gehen die Nahrungsmittel aus bzw. können sich diese nur Brot und Tee leisten (Beilage ./VIII, S. 6). Arme Haushalte, die von einer wassergespeisten Weizenproduktion abhängig sind, werden bis zur Frühjahrsernte sowie im nächsten Jahr Schwierigkeiten haben, den Konsumbedarf zu decken (Beilage ./VIII, S. 11). Es werden, um die Folgen der Dürre entgegen zu treten, nationale und internationale Hilfsmaßnahmen für die Betroffenen gesetzt (Beilage ./VIII, S. 17ff).

Die Abnahme der landwirtschaftlichen Arbeitsmöglichkeiten zusammen mit der steigenden Migration sowie der hohen Anzahl an Rückkehrerin und Binnenvertriebenen führt zu einer Senkung der Löhne für Gelegenheitsarbeit in Afghanistan und zu einer angespannten Wohnraum- und Arbeitsmarktlage in urbanen Gebieten (Beilage ./VIII, S. 15f).

Von Mai bis Mitte August 2018 sind ca. 12.000 Familien aufgrund der Dürre aus den Provinzen Badghis und Ghor geflohen um sich in der Stadt Herat anzusiedeln. Dort leben diese am westlichen Stadtrand von Herat in behelfsmäßigen Zelten, sodass am Rand der Stadt Herat die Auswirkungen der Dürre am deutlichsten sind (Beilage ./VII, S. 5f). Mittlerweile sind 60.000 Personen nach Herat geflohen (Beilage ./VIII, S. 5). Es ist besonders die ländliche Bevölkerung, insbesondere in der Provinz Herat, betroffen (Beilage ./VIII, S. 7). Personen die von der Dürre fliehen, siedeln sich in Herat-Stadt, in Qala-e-Naw sowie in Chaghcharan an, dort wurden unter anderem Zelte, Wasser, Nahrungsmittel sowie Geld verteilt (Beilage ./VII, S. 10; Beilage ./VIII, S. 2).

Während das Lohnniveau in Mazar-e Sharif weiterhin über dem Fünfjahresdurchschnitt liegt, liegt dieses in Herat-Stadt 17% unter dem Fünfjahresdurchschnitt (Beilage ./VII, S. 8). Es gibt keine signifikante dürrebedingte Vertreibung bzw. Zwangsmigration nach Mazar-e Sharif- Stadt (Beilage ./VIII, S. 3; Beilage ./VII S. 1 und 3). Im Umland der Stadt Mazar-e Sharif kommt es zu Wasserknappheit und unzureichender Wasserversorgung (Beilage ./VII, S. 2).

Die Stadt Mazar-e Sharif selbst ist nicht von den Auswirkungen der Dürre betroffen.

Medizinische Versorgung:

Es gibt keine staatliche Krankenkasse und die privaten Anbieter sind überschaubar und teuer, somit für die einheimische Bevölkerung nicht erschwinglich. Eine begrenzte Zahl staatlich geförderter öffentlicher Krankenhäuser bieten kostenfreie medizinische Versorgung. Alle Staatsbürger haben Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten. Die Kosten für Medikamente in diesen Einrichtungen weichen vom lokalen Marktpreis ab. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e-Sharif, Herat und Kandahar. Medikamente sind auf jedem Markt in Afghanistan erwerblich, Preise variieren je nach Marke und Qualität des Produktes (LIB 26.03.2019, S. 376 ff).

Psychische Erkrankungen sind in öffentlichen und privaten Klinken grundsätzlich behandelbar. Die Behandlung in privaten Kliniken ist für Menschen mit durchschnittlichen Einkommen nicht leistbar. In öffentlichen Krankenhäusern müssen die Patienten nichts für ihre Aufnahme bezahlen. In Kabul gibt es zwei psychiatrische Einrichtungen: das Mental Health Hospital und die Universitätsklinik Aliabad. Zwar gibt es traditionelle Methoden bei denen psychisch Kranke in spirituellen Schreinen unmenschlich behandelt werden. Es gibt jedoch aktuelle Bemühungen, die Akzeptanz und Kapazitäten für psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten zu stärken und auch Aufklärung zu betreiben. Die Bundesregierung finanziert Projekte zur Verbesserung der Möglichkeiten psychiatrischer Behandlung und psychologischer Begleitung in Afghanistan (LIB 26.03.2019, S. 359 f). In Mazar-e Sharif gibt es ein privates neuropsychiatrisches Krankenhaus (Alemi Hospital) und ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus (LIB 26.03.2019, S. 359).

Wirtschaft:

Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut weiterhin zu (LIB 26.03.2019, S. 353).

Für ca. ein Drittel der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (inklusive Tiernutzung) die Haupteinnahmequelle. Die Arbeitslosigkeit betrifft hauptsächlich gering qualifizierte bildungsferne Personen; diese sind auch am meisten armutsgefährdet. Es müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Mehr als ein Drittel der männlichen Bevölkerung (34,3%) Afghanistans und mehr als die Hälfte der weiblichen Bevölkerung (51,1%) sind nicht in der Lage, eine passende Stelle zu finden (LIB 26.03.2019, S. 353).

Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist angespannt und die Arbeitslosigkeit ist hoch. Sogar für gut ausgebildete und gut qualifizierte Personen ist es schwierig ohne ein Netzwerk einen Arbeitsplatz zu finden, wenn man nicht empfohlen wird oder dem Arbeitgeber nicht vorgestellt wird. Vetternwirtschaft ist gang und gebe. Arbeitgeber bewerten persönliche Beziehungen und Netzwerke höher als formelle Qualifikationen. Es gibt lokale Webseiten, die offene Stellen im öffentlichen und privaten Sektor annoncieren. Die meisten Afghanen sind unqualifiziert und Teil des informellen, nicht-regulierten Arbeitsmarktes. Der Arbeitsmarkt besteht Großteiles aus manueller Arbeit ohne Anforderungen an eine formelle Ausbildung und spiegelt das niedrige Bildungsniveau wieder. In Kabul gibt es öffentliche Plätze, wo sich Arbeitssuchende und Nachfragende treffen. Viele bewerben sich, nicht jeder wird engagiert. Der Lohn beträgt für Hilfsarbeiter meist USD 4,3 und für angelernte Kräfte bis zu USD 14,5 pro Tag (EASO Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./III, S. 29 - 30).

In Kabul und in großen Städten stehen Häuser und Wohnungen zur Verfügung. Es ist auch möglich an Stelle einer Wohnung ein Zimmer zu mieten. Dies ist billiger als eine Wohnung zu mieten. Heimkehrer mit Geld können Grund und Boden erwerben und langfristig ein eigenes Haus bauen. Vertriebene in Kabul, die keine Familienanbindung haben und kein Haus anmieten konnten, landen in Lagern, Zeltsiedlungen und provisorischen Hütten oder besetzen aufgelassene Regierungsgebäude. In Städten gibt es Hotels und Pensionen unterschiedlichster Preiskategorien. Für Tagelöhner, Jugendliche, Fahrer, unverheiratete Männer und andere Personen, ohne permanenten Wohnsitz in der jeweiligen Gegend, gibt es im ganzen Land Angebote geringerer Qualität, sogenannte chai khana (Teehaus). Dabei handelt es sich um einfache große Zimmer in denen Tee und Essen aufgetischt wird. Der Preis für eine Übernachtung beträgt zwischen 0,4 und 1,4 USD. In Kabul und anderen großen Städten gibt es viele solche chai khana und wenn ein derartiges Haus voll ist, lässt sich Kost und Logis leicht anderswo finden. Man muss niemanden kennen um dort eingelassen zu werden (EASO Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./III, S. 31).

Rückkehrer:

Im Jahr 2017 kehrten sowohl freiwillig, als auch zwangsweise insgesamt 98.191 Personen aus Pakistan und 462.361 Personen aus Iran zurück. Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück (LIB 26.03.2019, S. 366 f).

Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer/innen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer/innen und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig. Außerdem erhalten Rückkehrer/innen Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrer/innen zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer/innen daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden. So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer/innen direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung, wo Rückkehrer/innen für maximal zwei Wochen untergebracht werden können (LIB 26.03.2019, S. 367f).

IOM, IRARA, ACE und AKAH bieten Unterstützung und nachhaltige Begleitung bei der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Schulungen an. NRC bietet Rückkehrer/innen aus Pakistan, Iran und anderen Ländern Unterkunft sowie Haushaltsgegenstände und Informationen zur Sicherheit an und hilft bei Grundstücksstreitigkeiten. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (ICRC) unterstützt Rückkehrer/innen dabei, ihre Familien zu finden (LIB 26.03.2019, S. 367f).

Psychologische Unterstützung von Rückkehrer/innen wird über die Organisation IPSO betrieben - alle Leistungen sind kostenfrei. Diejenigen, die es benötigen und in abgelegene Provinzen zurückkehren, erhalten bis zu fünf Skype-Sitzungen von IPSO. Für psychologische Unterstützung könnte auch ein Krankenhaus aufgesucht werden; möglicherweise mangelt es diesen aber an Kapazitäten (LIB 26.03.2019, S. 369f).

Die Großfamilie ist die zentrale soziale Institution in Afghanistan und bildet das wichtigste soziale Sicherheitsnetz der Afghanen. Alle Familienmitglieder sind Teil des familiären Netzes. Die Großfamilie trägt zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder bei. Sie bildet auch eine wirtschaftliche Einheit; die Männer der Familie sind verpflichtet, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen und die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Auslandsafghanen pflegen zumeist enge Kontakte mit ihren Verwandten in Afghanistan. Nur sehr wenige Afghanen in Europa verlieren den Kontakt zu ihrer Familie. Die Qualität des Kontakts mit der Familie hängt möglicherweise auch davon ab, wie lange die betreffende Person im Ausland war bzw. wie lange sie tatsächlich in Afghanistan lebte, bevor sie nach Europa migrierte. Der Faktor geographische Nähe verliert durch technologische Entwicklungen sogar an Wichtigkeit. Der Besitz von Mobiltelefonen ist mittlerweile "universell" geworden und digitale Kommunikation wird eine zunehmende Selbstverständlichkeit, vor allem in den Städten. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migrant/innen in Afghanistan dar. Dennoch haben alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen (LIB 26.03.2019, S. 370f).

Familien in Afghanistan halten in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren (LIB 26.03.2019, S. 371).

Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind einige Rückkehrer/innen auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer/innen besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (LIB 26.03.2019, S. 371).

Ethnische Minderheiten:

In Afghanistan leben mehr als 34.1 Millionen Menschen. Es sind ca. 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara und 9% Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt (LIB 26.03.2019, S. 314).

Die schiitische Minderheit der Hazara macht etwa 10% der Bevölkerung aus. Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind die schiitische Konfession (mehrheitlich Zwölfer-Schiiten) und ihre ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild, woraus gern Schlussfolgerungen über eine turko-mongolische Abstammung der Hazara gezogen werden. Nicht weniger wichtig als Religion und Abstammung ist für das ethnische Selbstverständnis der Hazara eine lange Geschichte von Unterdrückung, Vertreibung und Marginalisierung. Jahrzehntelange Kriege und schwere Lebensbedingungen haben viele Hazara aus (LIB 26.03.2019, S. 316f).

Ihre Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Familie bzw. dem Klan. Die sozialen Strukturen der Hazara werden manchmal als Stammesstrukturen bezeichnet; dennoch bestehen in Wirklichkeit keine sozialen und politischen Stammesstrukturen. Das traditionelle soziale Netz der Hazara besteht größtenteils aus der Familie, obwohl gelegentlich auch politische Führer einbezogen werden können (LIB 26.03.2019, S. 317).

Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara hat sich die Lage grundsätzlich verbessert; sie haben sich ökonomisch und politisch durch Bildung verbessert. Hazara in Kabul gehören jetzt zu den am besten gebildeten Bevölkerungsgruppen und haben auch eine Reihe von Dichtern und Schriftstellern hervorgebracht. Auch wenn es nicht allen Hazara möglich war diese Möglichkeiten zu nutzen, so haben sie sich dennoch in den Bereichen Bildung, öffentliche Verwaltung und Wirtschaft etabliert. So haben Hazara eine neue afghanische Mittelklasse gegründet. Im Allgemeinen haben sie, wie andere ethnische Gruppen auch, gleichwertigen Zugang zum Arbeitsmarkt. Nichtsdestotrotz, sind sie von einer allgemein wirtschaftlichen Verschlechterung mehr betroffen als andere, da für sie der Zugang zu Regierungsstellen schwieriger ist (LIB 26.03.2019, S. 317).

Es kann nicht festgestellt werden, dass Angehörige der Hazara in Afghanistan allein aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt sind.

Religionen:

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten. Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (LIB 26.03.2019, S. 304).

Schiiten:

Die Bevölkerung schiitischer Muslime wird auf 10-19% geschätzt Zu der schiitischen Bevölkerung zählen die Ismailiten und die ethnischen Hazara. Die meisten Hazara Schiiten gehören der Jafari-Sekte (Zwölfer-Sekte) an (LIB 26.03.2019, S. 307).

Die politische Repräsentation und die Beteiligung an den nationalen Institutionen seitens der traditionell marginalisierten schiitischen Minderheit, der hauptsächlich ethnische Hazara angehören, ist seit 2001 gestiegen. Einige schiitische Muslime bekleiden höhere Regierungsposten. Im Ulema-Rat, der nationalen Versammlung von Religionsgelehrten, die u. a. dem Präsidenten in der Festlegung neuer Gesetze und Rechtsprechung beisteht, beträgt die Quote der schiitischen Muslime ca. 30%. Des Weiteren tagen rechtliche, konstitutionelle und menschenrechtliche Kommissionen, welche aus Mitgliedern der sunnitischen und schiitischen Gemeinschaften bestehen und von der Regierung unterstützt werden, regelmäßig, um die interkonfessionelle Schlichtung zu fördern. Die Diskriminierung der schiitischen Minderheit durch die sunnitische Mehrheit ist zurückgegangen (LIB 26.03.2019, S. 307).

Afghanischen Schiiten ist es möglich, ihre Feste öffentlich zu feiern; einige Paschtunen sind jedoch wegen der Feierlichkeiten missgestimmt, was gelegentlich in Auseinandersetzungen mündet. In den Jahren 2016 und 2017 wurden schiitische Muslime, hauptsächlich ethnische Hazara, oftmals Opfer von terroristischen Angriffen u.a. der Taliban und des IS (LIB 26.03.2019, S. 308).

Es kann nicht festgestellt werden, dass Angehörige der Schiiten in Afghanistan allein aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt sind.

Apostaten (Abfall vom Islam):

Es gibt viele Personen die freitags nicht beten oder während des Ramadans nicht fasten. Dies ist eine heiklere Angelegenheit in den ländlichen Gebieten, als in den städtischen Gebieten. Für das Nichtbeten des Freitagsgebetes werden solche Personen nicht bestraft und von den staatlichen Behörden nicht angewiesen, dies zu tun. Für das Nichtfasten während des Ramadans würden staatliche Behörden bzw. die Gesellschaft dem Nichtfastenden-des-Ramadan anraten und anweisen den Ramadan einzuhalten. Die Gesellschaft behandelt dies als kleine Vergehen (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Christen, Konvertiten, Abtrünnige in Afghanistan, 12.07.2017, S. 5f).

Für gebürtige Muslime ist ein Leben in der afghanischen Gesellschaft möglich, ohne, dass sie den Islam praktizieren würden und auch dann, wenn sie Apostaten oder Konvertiten sind. Solche Personen sind dann in Sicherheit, wenn diese Stillschweigen bewahren. Es kann zu einer Gefährdung kommen, wenn öffentlich bekannt wird, dass diese aufgehört haben an den Islam zu glauben (Beilage ./V, S. 7).

Apostasie und Blasphemie stellen Kapitalverbrechen dar, bei denen Todesstrafe droht. In beiden Fällen haben die Betroffenen vor Gericht drei Tage Zeit um ihre "Tat" zu widerrufen (Beilage ./V, S. 14).

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt sowie in den Gerichtsakt, durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden Beilage ./I bis ./IX (Konvolut ZMR, GVS, Strafregister, Beilage ./I; Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 26.03.2019, Beilage ./II; Bericht EASO, Afghanistan Netzwerke aus Jänner 2018, Beilage ./III; Bericht Landinfo, Rekrutierung durch die Taliban vom 29.06.2017, Beilage ./IV; ACCORD Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Situation von 1) vom Islam abgefallenen Personen [Apostaten], 2) christlichen KonvertitInnen, 3) Personen, die Kritik am Islam äußern vom 01.06.2017, Beilage ./V; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Afghanistan, Christen, Konvertiten, Abtrünnige in Afghanistan, vom 12.07.2017, Beilage ./VI; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Afghanistan, Lage in Herat-Stadt und Mazar-e Sharif aufgrund anhaltender Dürre vom 13.09.2018, Beilage ./VII; Anfragebeantwortung ACCORD, Folgen von Dürre in den Städten Herat und Mazar-e Sharif vom 12.10.2018, Beilage ./VIII; Übersetzung auf Deutsch der EASO Country Guidance Afghanistan aus Juni 2018 hinsichtlich Punkt III. [Subsidiärer Schutz] und Punkt V. [innerstaatliche Schutzalternative], Beilage ./IX), sowie die Stellungnahme vom 15.05.2019, OZ 9 und die Beilage./A bis ./Q (Urkundenvorlage in der mündlichen Verhandlung vom 22.05.2019, Beilage ./A; AMS Bescheidausfertigung vom 16.08.2018, Beilage ./B; AMS Bescheid vom 16.08.2018, Beilage ./C;

AMS Meldung der Beschäftigungsaufnahme vom 16.08.2018, Beilage ./D;

Konvolut Gehaltszettel, Beilage ./E; Unterstützungsschreiben Arbeitgeber vom 11.04.2019, Beilage ./F; ÖFB Spielerpass, Beilage ./G; Empfehlungsschreiben Sportclub vom 14.05.2019, Beilage ./H;

Bestätigungsschreiben Gemeinde vom 16.05.2019, Beilage ./I;

Bestätigung Gemeinde gemeinnützige Tätigkeit vom 22.09.2017, Beilage ./J; Auszahlungsquittung vom 22.09.2017, Beilage ./K; Vereinbarung gemeinnützige Beschäftigung vom 11.09.2019, Beilage ./L;

Unterstützungsschreiben vom 15.05.2019, Beilage ./M;

Unterstützungsschreiben vom 16.11.2017, Beilage ./N;

Schulbesuchsbestätigung vom 22.06.2017, Beilage ./O; Netzkarte Öffentliche Verkehrsmittel, Beilage ./P; ÖSD Zertifikat A1 vom 29.08.2018, Beilage ./Q), sowie die in der Stellungnahme vom 06.06.2019 (OZ 13) vorgelegten Unterlagen (undatiertes Empfehlungsschreiben eines Freundes; Empfehlungsschreiben des Lehrbetriebes vom 05.06.2019).

Dem Erkenntnis werden die EASO Country Guidance Afghanistan aus Juni 2018 sowie die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 zugrunde gelegt (OZ 11, S. 22).

Die Feststellungen basieren auf den in den Klammern angeführten Beweismitteln.

2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

2.1.1. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen dahingehend übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Volksgruppenzugehörigkeit, und seinem Lebenslauf (sein Aufwachsen sowie seine familiäre Situation in Afghanistan und Pakistan, seine Schulbildung, seine Berufserfahrung, sein Familienstand) gründen sich auf seine diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Dass der Beschwerdeführer mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut ist, ergibt sich daraus, dass er in Afghanistan geboren ist und die ersten fünf Jahre seines Lebens dort gelebt hat. Der Beschwerdeführer hat daher bereits als kleines Kind die Kultur und Gebräuche der Afghanen kennengelernt und ist von seinen Eltern und später in Pakistan von seiner Mutter entsprechend erzogen worden. Nach seiner Ausreise nach Pakistan ist er im Umfeld seiner afghanischen Familie aufgewachsen, sodass der Beschwerdeführer entsprechend der afghanischen Kultur und den afghanischen Gepflogenheiten sozialisiert ist. Er hatte auch außerhalb seiner Familie in Pakistan einen afghanischen Freundeskreis (OZ 11, S. 20). Das Gericht geht daher davon aus, dass das Leben im afghanischen Kulturkreis dem Beschwerdeführer vertraut ist.

Dass die Familienangehörigen des Beschwerdeführers nach wie vor in Pakistan leben und der Beschwerdeführer regelmäßig Kontakt zu Ihnen hat, war aufgrund seiner schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben festzustellen. Ebenso waren die Feststellungen zur finanziellen Situation der Familie aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers zu treffen. Die im Schriftsatz vom 22.05.2019 im Rahmen der mündlichen Verhandlung eingebrachte Stellungnahme, wonach die Familie in Pakistan in bescheidenen Verhältnissen lebe und der Onkel die Rückzahlung des geliehenen Geldes für die Flucht erwarte, waren nicht mit den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in Einklang zu bringen (OZ 11, S. 11; AS 106).

Die Feststellungen zur Muttersprache des Beschwerdeführers ergeben sich aufgrund seiner eigenen Angaben. Dass der Beschwerdeführer einen starken pakistanischen Akzent hat, ergibt sich aus den entsprechenden Angaben der Dolmetscherin in der Beschwerdeverhandlung (OZ 11, S. 11). Dass der Beschwerdeführer ein wenig Englisch spricht, war aufgrund seiner gleichbleibenden Angaben im Verfahren festzustellen (AS 1, AS 9; OZ 11, S. 10). Die Feststellungen zu den geringen Deutschkenntnissen konnten vom Gericht getroffen werden, da der Beschwerdeführer in der Verhandlung die auf Deutsch gestellten und nicht übersetzten Fragen nur teilweise verstanden und beantwortet hat (OZ 11, S. 12-13).

Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich (zu seinem Deutschkurs und der Deutschprüfung, zum Leistungsbezug aus der Grundversorgung, zu seiner Lehre und ehrenamtlichen Tätigkeiten sowie seiner Integration) stützen sich auf die Aktenlage (vgl. insbesondere den Auszug aus dem Grundversorgungs-Informationssystem), auf die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie auf die von ihm im Schriftsatz vom 05.06.2019, in der mündlichen Verhandlung und dem Bundesamt vorgelegten Unterlagen.

Die Feststellungen zum Schulbesuch in Österreich war aufgrund der in Vorlage gebrachten Schulbesuchsbestätigung zu treffen (OZ 12).

Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers und zu seinen sozialen Bindungen in Österreich waren aufgrund der von ihm vorgelegten Unterlagen und seiner Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zu treffen. Der Beschwerdeführer gab in der Verhandlung an, keine Verwandten in Österreich zu haben. Es haben sich keine über typische im Arbeitsleben und Sportverein hinausgehende enge soziale Bindungen (Ehefrau, Kind, etc.) ergeben (OZ 11, S. 17-18; OZ 13, S. 2).

Dass der Beschwerdeführer grundsätzlich anpassungsfähig ist, ergibt sich daraus, dass er in Österreich ehrenamtlichen Tätigkeiten nachgegangen ist, mittlerweile einen Lehrberuf erlernt und er sich in Österreich an sich zurechtfindet. Es sind im Verfahren keine Umstände hervorgekommen, die gegen eine grundsätzliche Anpassungsfähigkeit des Beschwerdeführers sprechen. Dass der Beschwerdeführer grundsätzlich arbeitsfähig ist und einer regelmäßigen Arbeit nachgehen kann, ergibt sich daraus, dass er auch in Österreich einer regelmäßigen Arbeit nachgeht und im Verfahren keine Umstände hervorgekommen sind, die gegen eine Arbeitsfähigkeit sprechen (OZ 11, S. 14).

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung (AS 103; OZ 11, S. 5, S. 18). Hinweise auf lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankungen sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

2.1.2. Zum behaupteten Abfall vom Islam:

Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es auf die aktuell bestehende (oder ablehnende) Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (dazu etwa VwGH 18.10.2018, Ra 2018/19/0236). Erforderlich ist allerdings, dass der Asylwerber sein Vorbringen zu seinem Religionswechsel gebührend substantiiert. Im R

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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