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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BStG 1971 §17;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des F und der ME in A, vertreten durch D, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 4. Juli 1995, Zl. 870.095/34-VI/12a-95, betreffend Enteignung nach dem Bundesstraßengesetz 1971 (mitbeteiligte Partei: Bund-Bundesstraßenverwaltung, vertreten durch den Landeshauptmann von Oberösterreich), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund (Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,- und dem Bund-Bundesstraßenverwaltung, vertreten durch den Landeshauptmann von Oberösterreich, Aufwendungen in der Höhe von S 11.840,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 18. Oktober 1993 des Landeshauptmannes von Oberösterreich wurde für den Neubau der "B-Brücke" an der Bundesstraße B 143 im Gebiet der Marktgemeinde A die dauernde Grundinanspruchnahme an Teilen der Grundstücke Nr. 553 und Nr. 560/1 der Beschwerdeführer im Ausmaß von 41 m2 und die vorübergehende Inanspruchnahme im Ausmaß von 230 m2 nach dem Bundesstraßengesetz 1971 ausgesprochen. Gleichzeitig wurde eine Entschädigung für die Enteignung festgesetzt. Die Einwendungen der Beschwerdeführer gegen den Umfang der Grundinanspruchnahme wurden abgewiesen.
Die Beschwerdeführer erhoben Berufung gegen diesen Bescheid. Darin brachten die Beschwerdeführer vor, daß der geplante Gehsteig hinter der 30 m langen Leitplanke im Winter nicht geräumt werde und daher von den Fußgängern die Fahrbahn benützt werde. Im Zusammenhang mit Ausführungen zu ihrem Vorschlag, anstelle der Brücke eine Verrohrung des an dieser Stelle von der Straße gequerten Gewässers vorzunehmen, wird darauf hingewiesen, daß der gegenständliche Graben nur nach langanhaltenden Regenfällen oder Wolkenbrüchen Wasser führe, ein bestimmter Bach bereits reguliert sei und sich im Falle von Hochwasser im Kanal auch Erde absetzen könne und daß Pilze, Sporen, Bakterien und Würmer nicht auf Licht angewiesen seien (diese Ausführungen stehen offenbar im Zusammenhang mit einem im Verfahren verwendeten Sachverständigengutachten, das auf die Belichtungsverhältnisse eingegangen war).
Die Berufung enthält auch Ausführungen zu einer Wasserrechtsverhandlung, die im Zuge des Verfahrens zur Bewilligung des gegenständlichen Brückenprojektes gemäß § 38 WRG abgehalten worden war.
Bei einer Verrohrung sei keine Umleitung notwendig, ein Jahr Umleitung wäre für die Beschwerdeführer nicht tragbar.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde holte im Berufungsverfahren die Stellungnahme eines Amtssachverständigen zur Beurteilung der Notwendigkeit der Grundbeanspruchung ein. Der Amtssachverständige führte in seinem Gutachten aus, daß die projektsmäßigen Querschnittsabmessungen nicht der gültigen und verbindlichen RVS 3.31 entsprächen und daher der Brückenquerschnitt zu schmal bemessen sei. Dies sei deswegen geschehen, um den Beschwerdeführern entgegenzukommen und möglichst wenig Grund in Anspruch nehmen zu müssen. Am 29. Juni 1995 führte die belangte Behörde eine mit einem Ortsaugenschein verbundene mündliche Verhandlung durch. Im Zuge dieser Verhandlung versuchte die mitbeteiligte Bundesstraßenverwaltung mit den Beschwerdeführern ein Übereinkommen abzuschließen. Die Beschwerdeführer waren aber nur dann zu einem derartigen Übereinkommen bereit, wenn anstatt der geplanten Brücke eine Verrohrung durchgeführt werde. Im Hinblick auf den rechtskräftigen Wasserrechtsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 24. Juni 1992 wurde eine derartige Verrohrung jedoch vom Vertreter der mitbeteiligten Partei und vom Verhandlungsleiter der belangten Behörde ausgeschlossen.
Der Amtssachverständige führte in der mündlichen Verhandlung aus, daß eine Verrohrung nicht möglich sei und der Neubau von Brücke und Stützmauer die einzige Möglichkeit zur Verkehrsverbesserung und Erhöhung der Tragfähigkeit sei. Er führte überdies aus, daß die Grundinanspruchnahme nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß erfolge.
Nach Wiedergabe dieses Verwaltungsgeschehens führt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid begründend aus, daß sich aus dem rechtskräftigen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 24. Juni 1992 ergebe, daß eine Verrohrung unzulässig sei. Die Prüfung der Notwendigkeit und des Umfanges der Enteignung habe im Zusammenhalt mit den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung vom 29. Juni 1995 ergeben, daß die geplante Grundinanspruchnahme nur im unbedingt notwendigen Umfang erfolge. Im übrigen wird der Kostenzuspruch näher begründet.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht, nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen enteignet zu werden, verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Bundesstraßenverwaltung eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit bringen die Beschwerdeführer zunächst vor, daß der von der belangten Behörde herangezogene Wasserrechtsbescheid die Notwendigkeit der Enteignung nicht dartun könne. Wenngleich den Beschwerdeführern darin zuzustimmen ist, daß die Wasserrechtsbehörde in ihrem Verfahren nur über die Zulässigkeit des beantragten Projektes unter dem Gesichtspunkt des § 38 WRG abzusprechen hatte, kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie unter Berufung auf die Begründung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Ried vom 24. Juni 1992 von der Unzulässigkeit der von den Beschwerdeführern gewünschten Verrohrung unter dem Gesichtspunkt des wasserrechtlichen Hochwasserschutzes ausgegangen ist. Die Wasserrechtsbehörde hat die diesbezüglichen Einwendungen der Beschwerdeführer im Wasserrechtsverfahren in der zitierten Entscheidung abgewiesen. Wenngleich die Abweisung von Einwendungen gegen ein bestimmtes wasserrechtliches Projekt lediglich bedeutet, daß die Einwendungen nicht geeignet sind, die Bewilligung des beantragten Vorhabens zu hindern (die Abweisung als solche also noch nicht aussagen muß, daß die von den Beschwerdeführern bevorzugte Variante wasserrechtlich nicht konsensfähig wäre), kann der belangten Behörde im vorliegenden Fall nicht entgegengetreten werden, wenn sie aus der Begründung des genannten wasserrechtlichen Bescheides ableitete, daß die Konsensfähigkeit der Verrohrung in wasserrechtlicher Hinsicht nicht gegeben sei.
Es ist daher im Beschwerdefall nicht weiter auf die Frage einzugehen (die aber den Beschwerdeführern, wie sich aus ihren Schriftsätzen im Verfahren ergibt, ebenfalls wesentlich sein dürfte), ob der von der Straßenbehörde mit dem gegenständlichen Projekt verfolgten naturnahen Führung des Wasserlaufes nicht unabhängig von der Frage der wasserrechtlichen Konsensfähigkeit gegenüber der von den Beschwerdeführern präferierten "technischen" Lösung mittels Verrohrung der Vorzug zu geben wäre.
Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, daß dann, wenn verschiedene Varianten möglich seien, die Enteignung nicht ausgesprochen werden dürfe und die wasserrechtliche Bewilligung nur unter der Bedingung ausgesprochen worden sei, daß das dingliche Zugriffsrecht nach Bundesstraßengesetz eingeräumt worden sei, so ist dazu auf folgendes hinzuweisen:
Von der Möglichkeit mehrerer Varianten könnte nur dann gesprochen werden, wenn diese Varianten - abgesehen von der straßenrechtlichen Seite - auch nach anderen Vorschriften zulässig wären. Die belangte Behörde ist entsprechend der Begründung ihres Bescheides davon ausgegangen, daß die von den Beschwerdeführern gewünschte Variante (Verrohrung) wasserrechtlich nicht bewilligungsfähig wäre. Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, kann ihr dabei nicht entgegengetreten werden.
Zur Frage der Bedingung der wasserrechtlichen Bewilligung ist auszuführen, daß nicht die Tatsache der rechtskräftigen Bewilligung des in Rede stehenden Brückenprojektes nach § 38 Wasserrechtsgesetz die Grundlage für die Enteignungsentscheidung war, sondern die im Zusammenhang mit dieser Bewilligung von der Wasserrechtsbehörde in der Begründung ihres Bescheides aufgrund der Äußerungen des Sachverständigen zu den Einwendungen der Beschwerdeführer vorgenommene Qualifizierung der Verrohrung als wasserrechtlich bedenklich. Die Beschwerdeführer sind den Argumenten des Sachverständigen im wasserrechtlichen Verfahren bezüglich der Gefahr eines Rückstaus nicht mit entsprechenden fachlichen Argumenten entgegengetreten. Der angefochtene Bescheid leidet daher insoweit nicht an Rechtswidrigkeit.
Der Einwand, daß nach dem Gutachten des Amtssachverständigen die Querschnittsabmessungen zu schmal seien, muß im Zusammenhang mit der Enteignung der Beschwerdeführer, die eben im Hinblick auf diese Reduktion des gegenständlichen Projektes in geringerem Maße erfolgt als bei einem größeren Querschnitt, ins Leere gehen, da die Beschwerdeführer durch diese zu ihren Gunsten erfolgte Abweichung von technischen Vorgaben nicht in ihren Rechten verletzt werden.
Die Ausführungen in der Beschwerde zur Frage der Aufhebung der Tonnagebeschränkung für die gegenständliche Brücke stehen einerseits in keinem Zusammenhang mit einem Vorbringen der Beschwerdeführer in der Berufung gegen den Enteignungsbescheid und sind andererseits so allgemein gehalten, daß sie nicht geeignet sind, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Soweit in der Beschwerde geltend gemacht wird, daß bei der Prüfung der Notwendigkeit der Enteignung auch die Gesichtspunkte der Verkehrssicherheit miteinzubeziehen seien, ist auszuführen, daß die belangte Behörde ausgehend von der Stellungnahme der mitbeteiligten Partei im Berufungsverfahren die Anlage eines Banketts in der Breite von 0,75 m wie sonst auf Freilandstrecken als ausreichend erachtet hat. Wenngleich der Einwand der Beschwerdeführer als zulässig im Sinn der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes anzusehen ist (Einwendung, daß das Detailprojekt nicht § 7 BStG entspreche), ist er nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Die Beschwerdeführer machen schließlich geltend, daß die belangte Behörde auf die Frage der Gestaltung der Ausfahrt vom Hof der Beschwerdeführer in der angefochtenen Entscheidung nicht eingegangen sei. Dazu ist darauf hinzuweisen, daß in der Berufung der Beschwerdeführer die Frage der Gestaltung der Ausfahrt nicht angesprochen wurde. Die belangte Behörde war daher nicht gehalten, diese Frage in der Berufungsentscheidung näher zu behandeln und die Berufungsentscheidung diesbezüglich zu begründen. Auf die entsprechenden Ausführungen ist daher im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens nicht näher einzugehen.
Die Beschwerde ist somit nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG; der Umstand, daß der Rechtsträger der belangten Behörde und der Rechtsträger der mitbeteiligten Partei im vorliegenden Verfahren identisch sind, hindert nicht den Zuspruch von Kosten an den Bund sowohl als Rechtsträger der belangten Behörde als auch im Hinblick auf die Stellung als mitbeteiligte Partei (für letztere im Rahmen des Antrags).
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1995060173.X00Im RIS seit
12.11.2001