TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/19 W123 2203663-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.09.2019
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Entscheidungsdatum

19.09.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W123 2203662-1/14E

W123 2203663-1/9E

W123 2203665-1/10E

W123 2203666-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerden

1. der XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.07.2018, 1101402005-160039071 (W123 2203662-1),

2. des XXXX , auch XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.07.2018, 1101401901-160039055 (W123 2203665-1),

3. des XXXX , auch XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.07.2018, 1071054903-150576789 (W123 2203663-1), und

4. der mj. XXXX , auch XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.07.2018, 1101402310-160039101 (W123 2203666-1),

alle StA. Afghanistan, nach Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Den Beschwerden wird stattgegeben, und

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 (zu 1.) bzw. gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 AsylG 2005 (zu 2. bis 4.) der Status der bzw. des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer sind die Eltern der Dritt- und Viertbeschwerdeführer sowie die gesetzlichen Vertreter der Viertbeschwerdeführerin. Alle Beschwerdeführer sind afghanische Staatsangehörige.

2. Der Drittbeschwerdeführer stellte am 28.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 30.05.2015 wurde seine Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführt.

3. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer stellten am 09.01.2016 für sich und die Viertbeschwerdeführerin Anträge auf internationalen Schutz. Am selben Tag erfolgten die Erstbefragungen der Erst- und Zweitbeschwerdeführer durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

4. Am 19.02.2018 erfolgte die Einvernahme des Drittbeschwerdeführers vor der belangten Behörde.

5. Am 20.02.2018 wurden die Erstbeschwerdeführerin, der Zweitbeschwerdeführer und die Viertbeschwerdeführerin im Rahmen einer Einvernahme vor der belangten Behörde zu ihren Anträgen auf internationalen Schutz befragt.

6. Mit den angefochtenen Bescheiden vom 12.07.2018 wies die belangte Behörde die Anträge aller vier Beschwerdeführer zur Gänze ab, erteilte ihnen keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie Rückkehrentscheidungen und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und die Frist für ihre freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

7. Gegen diese Bescheide erhoben die vier Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 08.08.2018, bei der belangten Behörde am 10.08.2018 eingelangt, durch ihren Rechtsanwalt jeweils gleichlautende Beschwerden. Begründend wurde ausgeführt, dass sich die Fluchtgründe insbesondere auf die Probleme des Drittbeschwerdeführers aufgrund seiner Beschäftigung mit dem Christentum stützen würden. Zudem drohe den Erst- und Viertbeschwerdeführerinnen Verfolgung aufgrund ihrer westlichen Orientierung.

8. Die belangte Behörde übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht mit hg. am 17.08.2018 eingelangter Beschwerdevorlage die Verwaltungsakte und beantragte die Abweisung der Beschwerden.

9. Am 26.08.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentlich mündliche Verhandlung durch, an welcher die Beschwerdeführer und deren Rechtsvertreterin teilnahmen und der eine Dolmetscherin für die Sprache Farsi beigezogen wurde. Die belangte Behörde blieb der Verhandlung entschuldigt fern.

Die Dritt- und Viertbeschwerdeführer wurden in der Verhandlung zu ihrer Identität, Herkunft und Familie, ihren persönlichen Lebensumständen und Fluchtgründen sowie ihrem Leben in Österreich befragt. Zudem wurden die ausgesendeten Länderberichte in das Verfahren eingebracht. Die Beschwerdeführer legten in der Verhandlung Unterlagen zum Beweis ihrer Integrationsbemühungen vor.

Die Niederschrift der mündlichen Verhandlung wurde der belangten Behörde im Anschluss an die Verhandlung übermittelt.

10. Mit den Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.08.2019 wurden der Pastor der Freikirche XXXX und jener der Freien Christengemeinde XXXX aufgefordert, dem Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf den Drittbeschwerdeführer nähere Ausführungen zu seiner Mitgliedschaft in der Freikirche darzulegen.

11. Von beiden Pastoren langten entsprechende Stellungnahmen beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Beschwerdeführern:

1.1.1. Die Beschwerdeführer sind afghanische Staatsangehörige. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer sind seit ca. 30 Jahren verheiratet. Sie sind die Eltern der Dritt- bis Viertbeschwerdeführer und die gesetzlichen Vertreter der minderjährigen Viertbeschwerdeführerin.

Zwei Töchter der Erst- und Zweitbeschwerdeführer sind im Iran wohnhaft.

Die Erst-, Zweit- und Viertbeschwerdeführer verließen im Winter 2015 den Iran, der Drittbeschwerdeführer bereits im Frühjahr 2015. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer stellten am 09.01.2016 für sich und die Viertbeschwerdeführerin Anträge auf internationalen Schutz; der Drittbeschwerdeführer beantragte am 28.05.2015 internationalen Schutz.

Alle Beschwerdeführer sind in Österreich strafrechtlich unbescholten und nehmen Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch.

1.1.2. Zum Drittbeschwerdeführer:

Der Drittbeschwerdeführer wurde in der Provinz Ghazni geboren und zog mit seiner Familie im Kindesalter in den Iran, wo er fünf Jahre die Schule besuchte und als Schuster und Straßenverkäufer arbeitete.

Er fühlte sich im Iran durch den Islam eingeschränkt und begann sich daher bereits dort für das Christentum zu interessieren und von seiner bisherigen Religion abzuwenden.

In Österreich besucht er seit dem Sommer 2016 regelmäßig die Veranstaltungen der Freien Christengemeinde und absolvierte Taufvorbereitungskursen (sowohl in Wien als auch in XXXX ). Der Drittbeschwerdeführer nahm zudem in XXXX fast jeden Sonntag am Gottesdienst der Freien Christengemeinde XXXX und auch ca. fünf Monate an deren Veranstaltungen teil. Am 20.11.2016 wurde der Drittbeschwerdeführer schlussendlich von Pastor XXXX im Rahmen der Freien Christengemeinde XXXX getauft.

Seit ca. eineinhalb Jahren ist der Drittbeschwerdeführer ein aktives Mitglied der Freikirche XXXX , nimmt regelmäßig an deren Gottesdienst teil und partizipierte von Oktober 2018 bis Jänner 2019 überdies an einem Informationskurs dieser Gemeinde.

Es ist davon auszugehen, dass der Drittbeschwerdeführer den inneren Entschluss gefasst hat, nach dem christlichen Glauben zu leben. Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan muss der Drittbeschwerdeführer aus diesem Grund mit erheblichen Sanktionen rechnen.

1.1.3. Zu den weiteren Beschwerdeführern:

Die Erstbeschwerdeführerin wurde in der Provinz Ghazni geboren. Sie zog vor ca. fünfzehn Jahren in den Iran und lebte dort bis zu ihrer Ausreise nach Europa. Die Erstbeschwerdeführerin war weder in Afghanistan noch im Iran erwerbstätig; für den Lebensunterhalt der Familie kam nach ihrer Heirat der Zweitbeschwerdeführer auf.

Der Zweitbeschwerdeführer wurde in der Provinz Ghazni geboren, wo er zwei Jahre die Koranschule besuchte und als Landwirt arbeitete. In weiterer Folge zog der Zweitbeschwerdeführer in den Iran, wo er der Tätigkeit als Bauarbeiter und Schuster nachging.

Die minderjährige und ledige Viertbeschwerdeführerin wurde in der Provinz Ghazni geboren und zog im Alter von zwei bis der Jahren in den Iran.

1.2. Zum Herkunftsstaat:

1.2.1. Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2018

Religionsfreiheit

Etwa 99.7% der Bevölkerung sind Muslime, davon sind 84.7-89.7% Sunniten (CIA 21.11.2016; vgl. USCIRF 4.2016). Schätzungen zufolge, sind etwa 10-19% der Bevölkerung Schiiten (AA 9.2016; vgl. auch: CIA 21.10.2016). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie z.B. Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen zusammen nicht mehr als 1% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (AA 9.2016).

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert, dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger/innen anderer Religionen als dem Islam. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Art. 3 der Verfassung) zu verstehen (AA 9.2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht. Darüber hinaus ist die Abkehr vom Islam (Apostasie) nach Scharia-Recht auch strafbewehrt (AA 9.11.2016).

Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 verbessert, wird aber noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformierte Muslime behindert. Blasphemie und Abtrünnigkeit werden als Kapitalverbrechen angesehen. Nichtmuslimische Religionen sind erlaubt, doch wird stark versucht, deren Missionierungsbestrebungen zu behindern (FH 27.1.2016). Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (FH 27.1.2016; vgl. auch:

CSR 8.11.2016).

Im Strafgesetzbuch gibt es keine Definition für Apostasie. Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, für Frauen lebenslange Haft, sofern sie die Apostasie nicht bereuen. Ein Richter kann eine mindere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Zu Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte - dennoch hatten Individuen, die vom Islam konvertierten, Angst vor Konsequenzen. Christen berichteten, dass sie aus Furcht vor Vergeltung, Situationen vermieden, in denen es gegenüber der Regierung so aussehe, als ob sie missionieren würden (USDOS 10.8.2016).

Nichtmuslimische Minderheiten, wie Sikh, Hindu und Christen, sind sozialer Diskriminierung und Belästigung ausgesetzt, und in manchen Fällen, sogar Gewalt. Dieses Vorgehen ist jedoch nicht systematisch (USDOS 10.8.2016). Dennoch bekleiden Mitglieder dieser Gemeinschaften vereinzelt Ämter auf höchster Ebene (CSR 8.11.2016). Im Mai 2014 bekleidete ein Hindu den Posten des afghanischen Botschafters in Kanada (RFERL 15.5.2014). Davor war Sham Lal Bathija als hochrangiger Wirtschaftsberater von Karzai tätig (The New Indian Express16.5.2012).

Laut Verfassung soll der Staat einen einheitlichen Bildungsplan einrichten und umsetzen, der auf den Bestimmungen des Islams basiert; auch sollen religiöse Kurse auf Grundlage der islamischen Strömungen innerhalb des Landes entwickelt werden. Der nationale Bildungsplan enthält Inhalte, die für Schulen entwickelt wurden, in denen die Mehrheiten entweder schiitisch oder sunnitisch sind; ebenso konzentrieren sich die Schulbücher auf gewaltfreie islamische Bestimmungen und Prinzipien. Der Bildungsplan beinhaltet Islamkurse, nicht aber Kurse für andere Religionen. Für Nicht-Muslime ist es nicht erforderlich den Islam an öffentlichen Schulen zu lernen (USDOS 10.8.2016).

Nicht-muslimische religiöse Minderheiten werden durch das geltende Recht diskriminiert. So gilt die sunnitische-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von ihrer Religion (AA 9.2016). Für die religiöse Minderheit der Schiiten gilt in Personenstandsfragen das schiitische Recht (USDOS 10.8.2016).

Militante Gruppen haben sich unter anderem als Teil eines größeren zivilen Konfliktes gegen Moschen und Gelehrte gerichtet. Konservative soziale Einstellungen, Intoleranz und das Unvermögen oder die Widerwilligkeit von Polizeibeamten individuelle Freiheiten zu verteidigen bedeuten, dass jene, die religiöse und soziale Normen brechen, anfällig für Misshandlung sind (FH 27.1.2016).

Blasphemie - welche anti-islamische Schriften oder Ansprachen beinhaltet, ist ein Kapitalverbrechen im Rahmen der gerichtlichen Interpretation des islamischen Rechtes. Ähnlich wie bei Apostasie, gibt das Gericht Blasphemisten drei Tage um ihr Vorhaben zu widerrufen oder sie sind dem Tod ausgesetzt (CRS 8.11.2016).

Ein Muslim darf eine nicht-muslimische Frau heiraten, aber die Frau muss konvertieren, sofern sie nicht Anhängerin der zwei anderen abrahamitischen Religionen, Christentum und Judentum, ist. Einer Muslima ist nicht erlaubt einen nicht-muslimischen Mann zu heiraten. Ehen zwischen zwei Nicht-Muslimen sind legal, solange das Paar nicht öffentlich ihren nicht- muslimischen Glauben deklariert (USDOS 10.8.2016).

[...]

Christen und Konversionen zum Christentum

Afghanische Christen sind in den meisten Fällen vom Islam zum Christentum konvertiert (AA 9.2016). Ihre Zahl kann nicht verlässlich angegeben werden, da Konvertiten sich nicht öffentlich bekennen (AA 2.3.2015; vgl. auch: USDOS.10.8.2016).

Nichtmuslim/innen, z.B. Sikhs, Hindus und Christen, sind Belästigungen ausgesetzt und in manchen Fällen sogar Gewalt. Nachdem Religion und Ethnie stark miteinander verbunden sind, ist es schwierig die vielen Vorfälle nur als Vorfälle wegen religiöser Identität zu kategorisieren (USDOS 10.8.2016).

Die gesellschaftliche Einstellung gegenüber konvertierten Christen ist ablehnend. Zu einer Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die speziell Christen diskriminiert, kommt es in Afghanistan in der Regel schon deshalb nicht, weil sich Christen nicht offen zu ihrem Glauben bekennen (AA 9.2016). Konversion wird als Akt der Abtrünnigkeit und Verbrechen gegen den Islam gesehen, der mit dem Tod bestraft werden könnte (AA 9.2016; vgl. USDOS 10.8.2016) - sofern die Konversion nicht widerrufen wird (USDOS 10.8.2016). Keiner wurde bisher aufgrund von Konversion durch den afghanischen Staat hingerichtet (AA 9.2016).

Die Christen verlautbarten, dass die öffentliche Meinung gegenüber Missionierung feindlich ist. Es gibt keine öffentlichen Kirchen (CRS 8.11.2016). Für christliche Afghan/innen gibt es keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens. Zu Gottesdiensten, die in Privathäusern von internationalen NGOs abgehalten werden, erscheinen sie meist nicht oder werden aus Sicherheitsgründen nicht eingeladen. Christliche Gottesdienste für die internationale Gemeinschaft finden u.a. in verschiedenen Botschaften sowie auf dem Gelände der internationalen Truppen statt (AA 9.2016). Einem Bericht einer kanadischen christlichen Organisation zufolge, wächst die Zahl der Hauskirchen in Afghanistan. In diesem Bericht wird angedeutet, dass einige Mitglieder des Parlaments selbst das Christentum angenommen und an christlichen Gottesdiensten teilgenommen haben (The Voice of the Martyrs Canada 5.4.2012).

Einige Konversionsfälle von Christen haben zu harten Strafen geführt und dadurch internationale Aufmerksamkeit erlangt (CRS 8.11.2016). Die im Libanon geborenen Rula Ghani, Ehefrau von Staatspräsident Ashraf Ghanis, entstammt einer christlich-maronitischen Familie (NPR 19.2.2015; vgl. BBC 15.10.2014).

Berichten zufolge gibt es ein christliches Spital in Kabul (NYP 24.4.2014; vgl. CNN 24.4.2014).

1.2.2. Auszug ACCORD-Anfragebeantwortung zu christlichen Konvertiten vom 01.06.2017:

Thomas Ruttig vom Afghanistan Analysts Network (AAN) bemerkte in einem Expertengespräch vom Mai 2016 (veröffentlicht im Juni 2016), dass Christen als religiöse Gruppe in der afghanischen Verfassung "(wohl bewusst) nicht genannt" würden, während Sikhs und Hindus in der Verfassung genannt würden und die gleichen Rechte hinsichtlich der Religionsausübung zuerkannt bekämen wie Muslime schiitischer Konfession. Da es jedoch niemanden gebe, der in der Lage sei, die Verfassung umzusetzen, könne "die Verfassung einen Christen wohl auch dann nicht schützen, wenn die Verfassung die Religionsausübung von Christen garantieren würde und sich ein Christ auf die Verfassung berufen könnte". (ACCORD, Juni 2016, S. 10)

UNHCR bemerkt in seinen im April 2016 veröffentlichten Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, dass nichtmuslimische religiöse Minderheiten, darunter Christen, "weiterhin im geltenden Recht diskriminiert" würden. Die sunnitische Hanafi-Rechtssprechung gelte für "alle afghanischen Bürger, unabhängig von ihrer Religion". Die "einzige Ausnahme" würden "Personenstandsachen [bilden], bei denen alle Parteien Schiiten sind", in diesem Fall würde "das schiitische Recht für Personenstandsachen angewendet". Für andere religiöse Gruppen gebe es "kein eigenes Recht". Wie UNHCR weiter ausführt, würden unabhängig davon "nicht-muslimische Minderheiten Berichten zufolge weiterhin gesellschaftliche Schikanierung und in manchen Fällen Gewalt" erfahren. So würden Mitglieder religiöser Minderheiten wie etwa der Christen "aus Angst vor Diskriminierung, Misshandlung, willkürlicher Verhaftung oder Tötung" es vermeiden, "sich öffentlich zu ihrer Religion zu bekennen oder sich offen zum Gebet zu versammeln". (UNHCR, 19. April 2016, S. 57-58)

Ähnlich schreibt das US-Außenministerium (USDOS) in seinem im August 2016 veröffentlichten Jahresbericht zur Religionsfreiheit (Berichtsjahr: 2015) unter Berufung auf Vertreter von Minderheitenreligionen, dass die afghanischen Gerichte Nichtmuslimen nicht dieselben Rechte wie Muslimen zugestehen würden und Nichtmuslime häufig der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung unterworfen würden (USDOS, 10. August 2016, Section 2).

Ruttig geht im Expertengespräch vom Mai 2016 (veröffentlicht im Juni 2016) wie folgt auf die Lage von christlichen Konvertiten ein:

"Die Gleichberechtigung gilt nicht für die zunehmende Zahl von Christen, bei denen es sich ausschließlich um Konvertiten (oft durch evangelikale Gruppen; aber auch bewusste Abwendungen vom Islam unter Gebildeten) und nicht um autochthone Gruppen handelt. Als ehemalige Muslime gelten sie als Abtrünnige, worauf nach der Scharia (siehe Rechtssysteme) die Todesstrafe stehen kann. Ihre Zahl ist nicht bekannt. Es gibt heute eine ganze Reihe von Afghanen, die zum Christentum übergetreten sind. Sie tun alle sehr wohl daran, ihren Glaubensübertritt nicht (weitestgehend nicht einmal gegenüber der eigenen Familie) bekanntzugeben. Es handelt sich zum Teil um Angehörige stark unterprivilegierter Gruppen (Straßenkinder, sehr arme Familien), die über humanitäre Ausreichungen konvertiert worden sind und ich habe auch Leute von denen getroffen, die oft nur geringe Kenntnisse über das Christentum haben. Aber es gibt auch sehr bewusste Entscheidungen unter gebildeten Afghanen, die sich bewusst vom Islam abwenden und Christen werden. Mir sind persönlich Fälle von drei oder vier Leuten bekannt (aber es gibt natürlich viel mehr!), deren Konversion bekannt geworden ist, die dann aus Afghanistan gerettet und ausgeflogen werden mussten. Konversion ist einfach nicht vorgesehen, deswegen stehen diese Christen unter starkem Verfolgungsdruck." (ACCORD, Juni 2016, S. 8-9)

"Afghanen, die einer Konversion beschuldigt werden, stehen völlig im Regen. Es gibt niemanden, der ihnen helfen kann. Falls die Sache vor ein staatliches Gericht kommt (was unwahrscheinlich ist), dann sehen sich die Richter ideologisch derart gezwungen, nach der Scharia zu urteilen, dass der Fall nur schlecht für den Betroffenen ausgehen kann." (ACCORD, Juni 2016, S. 10)

[...]

UNHCR schreibt Folgendes über gesellschaftliche Haltungen gegenüber Christen sowie über das Vorgehen der Taliban gegen (vermeintlich) christliche ausländische Hilfsorganisationen:

"Die gesellschaftliche Einstellung gegenüber Christen ist Berichten zufolge weiterhin offen feindlich. Christen werden gezwungen, ihren Glauben zu verheimlichen. In Afghanistan existieren keine öffentlichen Kirchen mehr und Christen beten allein oder in kleinen Versammlungen in Privathäusern. Im Jahr 2013 riefen vier Parlamentsmitglieder Berichten zufolge zur Hinrichtung von Personen auf, die zum Christentum konvertiert sind. Die Taliban haben Berichten zufolge ausländische Hilfsorganisationen und ihre Gebäude auf der Grundlage angegriffen, dass diese Zentren des christlichen Glaubens seien." (UNHCR, 19. April 2016, S. 58-59)

Die staatliche United States Commission on International Religious Freedom (USCIRF) schreibt im April 2017, dass nichtmuslimische religiöse Gemeinschaften weiterhin von gesellschaftlicher Diskriminierung, Schikanierung und mitunter auch Gewalt betroffen seien. Es würden unter anderem Berichte über Schikanen gegen vom Islam konvertierte Personen vorliegen. Mitglieder nichtmuslimischer Gemeinschaften hätten berichtet, dass allgemein vorherrschende Unsicherheit und Mangel an wirtschaftlichen Möglichkeiten sie dazu bewegt hätten, das Land zu verlassen:

"Non-Muslim religious communities continue to face societal discrimination, harassment, and, at times, violence. Intimidation and harassment to pressure non-Muslims to convert to Islam have been reported, as well as harassment of converts from Islam. Additionally, non-Muslim communities reported that general insecurity and a lack of economic opportunities have compelled them to emigrate." (USCIRF, 26. April 2017)

Das USDOS bemerkt, dass Christen aus Angst vor staatlichen Repressalien weiterhin Situationen aus dem Weg gehen würden, die geeignet wären, bei der Regierung den Eindruck zu erwecken, sie würden versuchen, ihre Religion zu verbreiten. Weiters hätten Christen angegeben, dass die öffentliche Meinung gegenüber christlichen Konvertiten und der Idee der christlichen Missionierung feindselig sei. Mitglieder der kleinen christlichen Gemeinde, von denen viele im Ausland zum Christentum konvertiert seien, würden aus Angst vor Diskriminierung oder Verfolgung weiterhin alleine oder in kleinen Gruppen in Privathäusern Gottesdienst halten. Es gebe weiterhin keine öffentlichen christlichen Kirchen in Afghanistan. Für nichtafghanische Staatsangehörige unterschiedlicher Glaubensrichtungen gebe es Gebetsstätten innerhalb von Militäreinrichtungen der Koalitionstruppen sowie in Botschaften in Kabul:

"Christians said they continued to avoid situations where the government might perceive them as seeking to spread their religion to the larger community out of fear of government reprisal." (USDOS, 10. August 2016, Section 2)

"Christians said public opinion continued to be hostile toward converts to Christianity and to the idea of Christian proselytizing. They said members of the small Christian community, many of whom had converted to Christianity while living in third countries, continued to worship alone or in small congregations in private homes out of fear of societal discrimination and persecution. [...]

There continued to be no public Christian churches. Worship facilities for noncitizens of various faiths were located at coalition military facilities and at embassies in Kabul." (USDOS, 10. August 2016, Section 3)

Laut Angaben der USCIRF befinde sich die einzige bekannte christliche Kirche im Land auf dem Gelände der italienischen Botschaft (USCIRF, 26. April 2017).

Der Deutschlandfunk, ein öffentlich-rechtlicher Radiosender mit Sitz in Köln, zitiert im Februar 2017 den deutschen reformierten Theologen und Religionswissenschaftler Thomas Schirrmacher mit folgender Aussage, die sich auf Übertritte afghanischer Asylwerber zum Christentum bezieht:

"Für viele Muslime ist die Sache hoch gefährlich, weil im Islam eine Strafe auf Apostasie und Blasphemie steht. Und sie können dann so oder so nicht mehr in ihre Länder zurück. Im Regelfall wird aber auch die Familie sie verstoßen. In Afghanistan gibt es - ja man kann schon sagen - ein Kampf auf Leben und Tod zwischen dem offiziellen Islam und allen abweichenden Formen und der zweitgrößten Religion im Land, dem Christentum.'" (Deutschlandfunk, 13. Februar 2017)

Die Evangelische Allianz in Deutschland (EAD) beschreibt die Lage von Christen wie folgt:

"Gemeinden leben fast ausschließlich als Untergrundkirche, und es gab nur eine leichte Verbesserung seit dem Sturz der Taliban. Gläubige aus dem Ausland, die stark zugenommen haben, können nur sehr vorsichtig ihren Glauben bezeugen. Die Zahl der afghanischen Gläubigen wächst, ebenso die Mittel, die zur Verfügung stehen, um ihnen zu helfen. [...] Werden spirituellen Aktivitäten unter den Gläubigen entdeckt, wird auf dem muslimischen Hintergrund in den Medien intensiv darüber berichtet und versichert, hart durchzugreifen bis hin zur Todesstrafe." (EAD, 9. Juni 2015)

Landinfo schreibt in einem Bericht vom September 2013, dass sich die religiösen, kulturellen und gesellschaftlichen Beschränkungen, denen Christen in Afghanistan unterworfen seien, nicht anders gestalten würden als für andere Gruppen mit Meinungen, Weltansichten, politischen Überzeugungen und Glaubensvorstellungen, die als Abfall vom Islam wahrgenommen werden könnten. Ebenso wie Personen mit säkularen Ansichten, Atheisten und nichtgläubige Afghanen müssten auch Christen ständige Selbstzensur üben und könnten sich wegen drohender Angriffe nicht zu ihrem Verhältnis zum bzw. ihrer Sicht auf den Islam äußern. Angehörige solcher Gruppen seien gezwungen, sich konform mit dem Islam, d.h. so zu verhalten, als wären sie Muslime. Nach außen hin müssten alle Afghanen die religiösen Erwartungen ihrer lokalen Gemeinschaft hinsichtlich religiösen Verhaltensweisen, Gebeten etc. erfüllen. Laut Angaben unter anderem der norwegischen Kulturberatungsfirma Hansen Cultural Coaching (HCC) gebe es viele Afghanen (nicht nur christliche Konvertiten), die lokale religiöse Sitten befolgen und an religiösen Ritualen teilnehmen, ohne dass diese Handlungen ihre tatsächlichen inneren Glaubensvorstellungen und Überzeugungen widerspiegeln würden:

"De begrensninger religiøse, kulturelle og sosiale rammer setter for kristne i Afghanistan - som enkeltpersoner med en særskilt ‚indre' overbevisning betraktet - er ikke eller fungerer ikke annerledes enn for enkelte andre grupper med synspunkt, verdensanskuelse, politisk overbevisning eller tro som kan oppfattes som frafall fra islam. Personer i sekulære miljøer, ateister og ikke-troende afghanere vil - som de kristne - måtte utøve kontinuerlig selvsensur og ikke ytre seg om sitt forhold til eller synspunkt på islam, på grunn av risiko for sanksjoner.

Likeledes vil disse gruppene være tvunget til adferd som er konform med islam; de må handle og opptre som om de var muslimer; i det ytre må alle afghanere oppfylle det lokale miljøs forventninger om religiøs adferd, bønn, og så videre. Det er, blant annet ifølge HCC, mange afghanere, ikke kun kristne konvertitter, som følger lokale religiøse skikker og deltar i ritualer uten at det reflekterer deres ‚indre' tro og overbevisning (samtale 13. august 2013)." (Landinfo, 4. September 2013)

Die US-Tageszeitung New York Times (NYT) berichtet in einem älteren Artikel vom Juni 2014, dass es aus offizieller Sicht keine afghanischen Christen gebe. Die wenigen Afghanen, die das Christentum praktizieren würden, würden dies aus Angst vor Verfolgung im Privaten tun und eine der wenigen Untergrundkirchen besuchen, von denen man annehme, dass sie im Land existieren würden. Ausländische Christen würden Kapellen in Botschaftseinrichtungen besuchen, doch diese seien für Afghanen praktisch unzugänglich. Im vergangenen Jahrzehnt seien nur wenige Fälle von Konversion öffentlich bekannt geworden. In der Regel sei die Regierung dann rasch und lautlos vorgegangen: Die Betroffenen seien dazu aufgefordert worden, ihren Glaubensübertritt zu widerrufen, und wenn sie sich geweigert hätten, seien sie aus dem Landes vertrieben worden, in der Regel nach Indien:

"In official eyes here, there are no Afghan Christians. The few Afghans who practice the faith do so in private for fear of persecution, attending one of a handful of underground churches that are believed to be operating in the country. Expatriates use chapels on embassy grounds, but those are effectively inaccessible to Afghans.

Only a few Afghan converts have surfaced in the past decade, and the government has typically dealt with them swiftly and silently: They are asked to recant, and if they refuse, they are expelled, usually to India, where an Afghan church flourishes in New Delhi." (NYT, 21. Juni 2014)

[...]

Die International Humanist and Ethical Union (IHEU) schreibt, dass im Jahr 2006 ein Afghane namens Abdul Rahman, der vom Islam zum Christentum konvertiert sei, strafrechtlich angeklagt worden sei. Der Richter habe gedroht, Rahman zum Tode zu verurteilen, sollte er nicht wieder zum Islam zurückkehren. Schließlich habe der damalige Staatspräsident Karsai auf internationalen Druck hin den Obersten Gerichtshof ersucht, die Anklage zurückzuziehen. Die Anklagepunkte seien dann aufgrund mangelhafter Beweislage und offensichtlicher psychischer Labilität Rahmans fallengelassen worden, und dieser habe kurz darauf das Land verlassen (IHEU, 1. November 2016, siehe hierzu auch BBC News, 14. Jänner 2014).

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben mittels Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie durch Einsichtnahme in die Verfahrensakten der belangten Behörde unter Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Erst- bis Drittbeschwerdeführer in der Erstbefragung und jener der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde, in die bekämpften Bescheide und in die Beschwerdeschriftsätze, in die vorgelegten Unterlagen sowie in die diesem Erkenntnis zugrunde gelegten Länderberichte.

2.1. Zu den Beschwerdeführern:

2.1.1. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer, zu ihrer Herkunft, zu ihrem Leben im Iran sowie ihrer Ausreise nach Europa ergeben sich aus dem glaubwürdigen und gleichlautenden Vorbringen der Beschwerdeführer im Rahmen der Einvernahme vor der belangten Behörde und jenem der Dritt- und Viertbeschwerdeführer in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Dass die Beschwerdeführer an den festgestellten Tagen Anträge auf internationalen Schutz stellten, ist den Verwaltungsakten der belangten Behörde zu entnehmen.

Die strafrechtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführer sowie die Feststellungen zur Grundversorgung ergeben sich aus den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszügen des Strafregisters und des GVS.

2.1.2. Zum Drittbeschwerdeführer:

Dass der Drittbeschwerdeführer nicht als Christ erzogen wurde, ergibt sich aus seiner Einvernahme vor der belangten Behörde: "F: In welchem Alter haben Sie begonnen sich für das Christentum zu interessieren? - A: Ich war 14 Jahre und ein paar Monate alt."

Es trifft zwar zu, dass sich der Drittbeschwerdeführer anfänglich auch über Ausrichtung der Freien Christengemeinde im Unklaren befand (vgl. Seite 4 der Einvernahme vor der belangten Behörde, arg. "Um welche Richtung handelt es sich dabei? - A: Genau weiß ich das nicht."). Jedoch besteht für den erkennenden Richter (insbesondere aufgrund der vorgelegten Dokumente) kein Zweifel an der Tatsache, dass der Drittbeschwerdeführer spätestens seit Herbst 2016 ein ernsthaftes Interesse am Christentum entwickelte und seit diesem Zeitpunkt regelmäßig den Taufvorbereitungskurs und die Sonntagsmesse besuchte.

Der Drittbeschwerdeführer hat in der öffentlich mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht einen persönlich glaubwürdigen und überzeugenden Eindruck hinterlassen. Seine Schilderungen erschienen plausibel und nachvollziehbar. Der Drittbeschwerdeführer vermochte sein Interesse am Christentum und seine Motivation für den Religionswechsel überzeugend darzulegen. Seine Teilnahme an den Veranstaltungen seiner christlichen Gemeinde wurde insbesondere durch die Ausführungen des Pastors XXXX und des Pastors XXXX bestätigt. Ebenso waren die Angaben des Drittbeschwerdeführers hinsichtlich des regelmäßigen Besuches des Gottesdienstes glaubwürdig - diese wurden insbesondere auch durch die Ausführungen der zwei Pastoren untermauert.

Zudem ging aus den Aussagen des Drittbeschwerdeführers im Rahmen der mündlichen Verhandlung hervor, dass er die zentralen Grundaussagen des Christentums bereits verinnerlichte und zudem einige (durchaus wichtige) Fragen über die Bibel und den christlichen Glauben beantworten konnte (siehe zur Beantwortung von Wissensfragen auch jüngst VfGH 26.02.2019, Zl. E 4695/2018).

Der Drittbeschwerdeführer ist spätestens durch die am 20.11.2016 vollzogene Taufe faktisch und für Dritte wahrnehmbar zum christlichen Glauben konvertiert. Dafür, dass dies auch von innerer Überzeugung getragen ist, sprechen insbesondere die Angaben des Drittbeschwerdeführers im Rahmen der öffentlich mündlichen Verhandlung, welche durch die Ausführungen der soeben erwähnten Pastoren gestützt wurden. Für das Bundesverwaltungsgericht besteht insoweit kein Grund, die Glaubwürdigkeit der Angaben des Drittbeschwerdeführers in Bezug auf seine Konversion zum Christentum in Zweifel zu ziehen.

Infolge dessen ist davon auszugehen, dass der Drittbeschwerdeführer (auch bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat) beabsichtigt, die von ihm nunmehr gewählte Religion frei auszuüben, zumal gemäß den Angaben des Drittbeschwerdeführers in der öffentlich mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowohl die Erst- und Zweitbeschwerdeführer als auch seine beiden im Iran wohnhaften Schwestern des Drittbeschwerdeführers und sein in Afghanistan aufhältiger Onkel von seiner Konversion Kenntnis erlangten.

Der Drittbeschwerdeführer äußerte im Verfahren ausdrücklich die Befürchtung, seinen christlichen Glauben in seinem Herkunftsstaat Afghanistan nicht offen leben zu können.

2.1.3. Zu den übrigen Beschwerdeführern:

Die Feststellungen hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin basieren auf ihren Angaben in der Einvernahme vor der belangten Behörde.

Die Feststellungen zum Zweitbeschwerdeführer ergeben sich aus seinen Angaben im Verfahren vor der belangten Behörde.

Bereits die belangte Behörde ging davon aus, dass die Dritt- und Viertbeschwerdeführer zum Zeitpunkt ihrer Antragstellungen in Österreich minderjährig und ledig waren. Auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist nichts Gegenteiliges hervorgekommen.

2.2. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführer stützen sich auf die folgenden Quellen:

* Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2018:

Religionsfreiheit; Christen und Konversionen zum Christentum

* ACCORD Anfragebeantwortung zu christlichen Konvertiten vom 01.06.2017

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild liefern, besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Die Parteien des Verfahrens traten den herangezogenen Berichten auch nicht entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Einem Fremden ist der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne der GFK droht (§ 3 Abs. 1 AsylG 2005).

Gemäß § 3 Abs. 2 AsylG 2005 kann eine Verfolgung auch auf Nachfluchtgründe gestützt werden.

Eine Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hat hingegen zu erfolgen, wenn eine drohende Verfolgung nicht glaubhaft ist, eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist (§ 3 Abs. 3 Z 1 iVm § 11 AsylG 2005) oder ein Asylausschlussgrund vorliegt (§ 3 Abs. 3 Z 2 iVm § 6 AsylG 2005).

Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, Zl. 2006/20/0771).

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich zur Verfolgung (VwGH 31.07.2018, Zl. Ra 2018/20/0182):

"Unter ‚Verfolgung' im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (Hinweis E vom 24. März 2011, 2008/23/1443, mwN). § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt ‚Verfolgung' als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Statusrichtlinie, worunter - unter anderem - Handlungen fallen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 MRK keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art. 2 MRK geschützte Recht auf Leben und das in Art. 3 MRK niedergelegte Verbot der Folter."

Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen.

Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. zB VwGH 23.11.2006, Zl. 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

3.2. Zum Drittbeschwerdeführer:

Als fluchtauslösenden Ereignis brachte der Drittbeschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass er zum christlichen Glauben konvertiert sei.

3.2.1. Zum Nachfluchtgrund eines Glaubenswechsels ist Folgendes auszuführen:

In Bezug auf die asylrechtliche Relevanz einer Konversion zum Christentum ist nicht entscheidend, ob diese bereits - durch die Taufe - erfolgte oder bloß beabsichtigt ist (vgl. VwGH 23.06.2015, Zl. Ra 2014/01/0210, mwN). Wesentlich ist vielmehr, ob der Fremde bei weiterer Ausübung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit der Intensität einer Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden. Die bloße Behauptung eines "Interesses am Christentum" reicht zur Geltendmachung einer asylrechtlich relevanten Konversion zum Christentum nicht aus (vgl. dazu VwGH 20.06.2017, Zl. Ra 2017/01/0076).

Sobald aufgrund äußerer Tatsachen ein Wechsel der Religion aus innerer Überzeugung nicht unwahrscheinlich ist, muss sich das Gericht aufgrund einer ausführlichen Beurteilung der Persönlichkeit und aller Umstände der persönlichen Glaubwürdigkeit sowie darauf aufbauend einer ins Einzelne gehenden Beweiswürdigung und allenfalls der Einvernahme von Personen, die Auskunft über den Glaubenswechsel und die diesem zugrunde liegenden Überzeugungen geben können, einen detaillierten Eindruck darüber verschaffen, inwieweit der Religionswechsel auf einer persönlichen Glaubensentscheidung beruht; dies selbst dann, wenn sich der Asylwerber zunächst auf unwahre Angaben betreffend seinen Fluchtgrund stützte (vgl. VwGH 02.09.2015, Zl. Ra 2015/19/0091, mit Hinweis auf VfGH 12.12.2013, Zl. U 2272/2012).

Gemäß dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 05.09.2012 in den verbundenen Rechtssachen C-71/11 und C-9/11, Bundesrepublik Deutschland gegen Y und Z, ist Art. 2 lit c der Richtlinie 2004/83 dahin auszulegen, dass eine begründete Furcht des Beschwerdeführers vor Verfolgung vorliegt, sobald nach Auffassung der zuständigen Behörden in Hinblick auf die persönlichen Umstände des Beschwerdeführers vernünftigerweise anzunehmen ist, dass er nach Rückkehr in sein Herkunftsland religiöse Betätigungen vornehmen wird, die ihn der tatsächlichen Gefahr einer Verfolgung aussetzen. Bei der individuellen Prüfung eines Antrags auf Anerkennung als Flüchtling können die Behörden dem Beschwerdeführer nicht zumuten, auf diese religiösen Betätigungen zu verzichten (vgl. VfGH 12.06.2013, Zl. U 2087/2012-17).

Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist (vgl. VwGH 23.06.2015, Zl. Ra 2014/01/0117 mwN).

3.2.2. Das durchgeführte Ermittlungsverfahrens und der festgestellte Sachverhalt lassen erkennen, dass die behauptete Furcht des Drittbeschwerdeführers, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus Gründen der Religion verfolgt zu werden, begründet ist.

Der Drittbeschwerdeführer hat im Verfahren glaubwürdig dargetan, dass er zum Christentum konvertiert ist und diesen Glauben weiter ausüben wird. Er bekennt sich in Österreich öffentlich zum Christentum. Er wurde durch die Taufe in die Freie Christengemeinde aufgenommen, besucht regelmäßig den Gottesdienst und nimmt an Veranstaltungen der Kirchengemeinde teil. Seine Familie (auch jene im Iran und in Afghanistan) weiß über seine Konversion Bescheid. Nach den Ergebnissen des Verfahrens muss weiters davon ausgegangen werden, dass der Drittbeschwerdeführer seine neue Religion verinnerlicht und in seinen Alltag integriert hat. Diese Haltung steht in völligem Gegensatz zu der in Afghanistan herrschenden gesellschaftlichen Einstellung.

Die vom Drittbeschwerdeführer im Verfahren geäußerte Rückkehrbefürchtung, aus Gründen der Religion in seinem Heimatstaat einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt zu sein, ist glaubhaft. Unter Bedachtnahme auf die herangezogenen Länderberichte muss davon ausgegangen werden, dass dem Drittbeschwerdeführer aufgrund seines Glaubenswechsels bei einer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung drohen würde. Er wäre bei einer Rückkehr in sein Heimatland gezwungen, seinen Glauben zu unterdrücken bzw. zu verleugnen. Eine solche Unterdrückung bzw. Geheimhaltung seines Glaubens, um seine persönliche Sicherheit in Afghanistan zu gewährleisten, kann dem Drittbeschwerdeführer nicht zugemutet werden.

Aus den im Verfahren herangezogenen Quellen ergibt sich zusammengefasst, dass Christen in Afghanistan ihren Glauben unbedingt geheim halten müssen. Die gesellschaftliche Einstellung gegenüber Christen ist offen feindlich. Im Falle einer Verweigerung, zu ihrem alten Glauben zurückzukehren, können Christen zB in psychiatrische Kliniken zwangseingewiesen und von Nachbarn oder Fremden angegriffen werden. Es kann sein, dass sie ihre Arbeit verlieren und ihr Eigentum oder Betrieb zerstört werden; es kann auch zu Tötungen innerhalb der Familie kommen. Auch wenn die gesamte Familie den christlichen Glauben annimmt, muss dies absolut geheim gehalten werden. Es wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass Personen, die vom Islam zu einer anderen Religion übertreten, um ihre persönliche Sicherheit fürchten müssen.

Im Beschwerdefall muss angenommen werden, dass der Drittbeschwerdeführer aus Furcht vor einer Verfolgung aufgrund seiner Religion nicht gewillt ist, in sein Heimatland zurückzukehren, von dem er - wie der Berichtslage zu entnehmen ist - keinen effektiven Schutz erwarten kann. Dem Drittbeschwerdeführer ist es angesichts dessen nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes in Bezug auf seine Abkehr vom Islam und Konversion zum Christentum zu bedienen.

Eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht für den Drittbeschwerdeführer nicht, da nicht angenommen werden kann, dass er in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung aufgrund seiner Konversion sicher wäre. Vielmehr muss aufgrund der Berichtslage, welche die gesellschaftliche Einstellung gegenüber Christen in Afghanistan als offen feindlich beschreibt, davon ausgegangen werden, dass dem Drittbeschwerdeführer die aufgezeigten Bedrohungen in allen Landesteilen drohen.

Im Beschwerdefall ist es somit glaubhaft, dass dem Drittbeschwerdeführer in Afghanistan Verfolgung im Sinne der GFK droht (§ 3 Abs. 1 AsylG 2005). Im Verfahren hat sich gezeigt, dass sich der Drittbeschwerdeführer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Religion verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen (Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK). Diese Verfolgung beruht auf Gründen, die eingetreten sind, nachdem der Drittbeschwerdeführer seinen Herkunftsstaat verlassen hat (§ 3 Abs. 2 AsylG 2005). Der Drittbeschwerdeführer hat seinen Glauben in Afghanistan hinterfragt, seine konkrete und komplette Hinwendung zum Christentum erfolgte in Österreich.

Ein Abweisungsgrund gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 liegt im konkreten Fall nicht vor, da dem Drittbeschwerdeführer - wie angeführt - keine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht und dieser keinen Asylausschlussgrund gesetzt hat.

3.2.3. Der Beschwerde des Drittbeschwerdeführers ist daher stattzugeben und ihm ist gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Drittbeschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

3.3. Zu den weiteren Beschwerdeführern:

§ 34 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet wie folgt:

"Familienverfahren im Inland

§ 34. (1) Stellt ein Familienangehöriger von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber

einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und

4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.

(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.

(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:

1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;

2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;

3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG)."

Gemäß § 34 Abs. 2 iVm Abs. 5 AsylG 2005 hat daher das Bundesverwaltungsgericht aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist (Z 1) und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (Z 3).

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger im Sinne des AsylG 2005, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits im Herkunftsland bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Nach den Materialien (RV 952, 22. GP, 54) dient § 34 AsylG 2005 der Beschleunigung der Asylverfahren von Asylwerbern im Familienverband. Ziel der Bestimmungen ist es, Familienangehörigen (§ 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005) den gleichen Schutz zu gewähren, ohne sie um ihr Verfahren im Einzelfall zu bringen. Ist einem Familienangehörigen - aus welchen Gründen auch immer - ohnedies der Status des Asylberechtigten zu gewähren, so kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, er habe darüber hinaus vorgesehen, dass auch in diesem Fall eigene Fluchtgründe zu prüfen wären. Dies würde der vom Gesetzgeber ausdrücklich angeführten Beschleunigung der Asylverfahren von Asylwerbern im Familienverband entgegenstehen (vgl. VwGH 30.04.2018, Zl. Ra 2017/01/0418).

3.3.1. Zur Erstbeschwerdeführerin und zum Zweitbeschwerdeführer (i.e. die Eltern des Drittbeschwerdeführers):

Im Beschwerdefall wurde festgestellt, dass die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer die Eltern des mittlerweile volljährigen, jedoch zum Zeitpunkt der Stellung der vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz minderjährigen und ledigen Drittbeschwerdeführers sind. Zudem wurde die Feststellung getroffen, dass die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer in Österreich strafrechtlich unbescholten sind.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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