TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/24 W119 2190333-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.09.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

24.09.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W119 2190333-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a EIGELSBERGER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA: Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Robert BITSCHE, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14. 2. 2018, Zl 1081553106/151033384, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 2 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer stellte gemeinsam mit seiner Ehefrau (Zl W119 2190331) am 7. 8. 2015 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.

Anlässlich der am 8. 8. 2015 durchgeführten Erstbefragung nach dem AsylG führte der Beschwerdeführer zunächst aus, der tadschikischen Volksgruppe anzugehören und aus Baghlan zu stammen. Zu seinem Fluchtgrund führte er aus, dass die Sicherheitslage in Afghanistan sehr schlecht sei, weil dort Krieg herrsche. Weiters hätten seine Schwiegereltern seine nunmehrige Ehefrau mit einem anderen Mann verheiraten wollen. Deswegen sei er mit ihr in den Iran geflüchtet, wo sie keine Aufenthaltsgenehmigung erhalten hätten und ständig belästigt worden seien.

Die Ehefrau des Beschwerdeführers gab anlässlich der am 8. 8. 2015 durchgeführten Erstbefragung nach dem AsylG zunächst an, aus der Provinz Baghlan zu stammen, wo sie keine Schulausbildung erhalten habe. Zu ihrem Fluchtgrund gab sie an, dass sich die Lage in Afghanistan sehr verschlechtert habe. Zudem seien ihre Eltern gegen ihre Eheschließung mit ihrem nunmehrigen Ehemann gewesen, weshalb sie mit diesem vor zwei Jahren in den Iran geflüchtet sei. Da im Iran afghanische Staatsangehörige sehr schlecht behandelt und auch keine Aufenthaltsgenehmigung erhalten würden, habe sie mit ihrem Ehemann auch den Iran verlassen.

Am 17. 1. 2017 wurde der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) niederschriftlich einvernommen und gab dort zunächst an, vor 24 Jahren in Afghanistan geboren zu sein. Er besitze die afghanische Staatsbürgerschaft. Er habe vor vier Jahren in XXXX bei seinem Cousin XXXX geheiratet. Er sei von einem Mullah namens XXXX getraut worden. Auf die Frage, wer bei der Eheschließung anwesend gewesen sei, gab er an, dass es sich um zwei Zeugen und Verwandte seines Cousins, deren Namen er nicht kenne, gehandelt habe. Es seien insgesamt 10 Personen gewesen, fünf Männer und fünf Frauen. Verwandte seiner Ehefrau hätten nicht teilgenommen. Auf die Frage, wann er geheiratet habe, gab er an, dass dies etwa einen Monat nach seiner Einreise in den Iran erfolgt sei. Er sei damals 20 Jahre, seine Ehefrau 16 Jahre alt gewesen. Auf die Frage, aus welchem Grund seine Ehefrau ebenfalls XXXX heiße, gab er an, dass er und seine Ehefrau im Dorf XXXX gewohnt hätten, weshalb sie auch XXXX geheißen habe. Auf Vorhalt, dass seine Ehefrau angeführt habe erst nach der Eheschließung seinen Namen angenommen zu haben, gab er an, er kenne sich nicht gut aus, vielleicht habe sie einen anderen Nachnamen geführt. Er und seine Ehefrau hätten sich bereits von klein auf gekannt, sie seien im gleichen Dorf aufgewachsen. Er habe Afghanistan vor vier Jahren, also im Jahr 2013 verlassen. Befragt, warum er Afghanistan verlassen habe, gab er an, dass seine Ehefrau von ihrem Vater an einem älteren Mann hätte verheiratet werden sollen. Er kenne den Namen dieses Mannes nicht. Ebenso wenig sei ihm sein Beruf und sein Name bekannt.

Anlässlich der am selben Tag durchgeführten Befragung der Ehefrau des Beschwerdeführers gab diese zunächst an, nicht nach Afghanistan zurückkehren zu wollen, weil ihre Mutter sie mit einem älteren reichen Mann habe verheiraten wollen. Sie verfüge über keine Dokumente, um ihre Identität bestätigen zu können. Sie besuche derzeit den A1-Deutschkurs. Sie helfe auch zweimal in der Woche gemeinsam mit ihrer Deutschlehrerein im Kindergarten aus. Da sie bisher noch nicht schwanger geworden sei, habe sie sich bereits im Iran in Behandlung befunden. Diese würde in Österreich fortgesetzt werden.

Sie gehöre der Volksgruppe der Tadschiken an. Sie habe vor drei Jahren ihren Ehemann geheiratet, zuvor habe sie den Namen XXXX getragen. Zur Trauung sei ein afghanischer Mullah in ihr Elternhaus nach XXXX gekommen. Es habe keine Hochzeitsfeier gegeben. Ihre Eltern seien nicht bei der Eheschließung anwesend gewesen. Auf Vorhalt, dass sie zuvor angegeben habe, dass die Eheschließung in ihrem Elternhaus stattgefunden habe, ihre Eltern jedoch nicht anwesend gewesen seien, gab sie an, sich versprochen zu haben. Sie hätte im Haus ihres Cousins XXXX geheiratet. Sie kenne den Namen des Mullahs nicht. Es waren zwei afghanische Zeugen anwesend, deren Namen sie ebenfalls nicht kenne. Bei der Hochzeit seien ihr Cousin, dessen Frau, der Mullah und zwei Zeugen anwesend gewesen. Sie wisse nur, dass sie im Sommer geheiratet habe, an den konkreten Monat könne sie sich nicht erinnern. Sechs Monate später sei sie im 4. Monat schwanger gewesen. Ihr Ehemann sei festgenommen worden und es sei ihm gesagt worden, dass er abgeschoben werde, worauf sie ohnmächtig geworden und in ein Krankenhaus gebracht worden sei. Dort habe sie ihr ungeborenes Kind verloren. Sie könne keine Heiratsurkunde vorlegen. Zu ihren Problemen in Afghanistan befragt, gab sie an, dass ihr Vater sie mit einem älteren, reichen Afghanen habe verheiraten wollen. Seinen Namen kenne sie jedoch nicht. Sie habe davon erfahren, als ihr Vater mit ihrer Mutter darüber gesprochen habe. Am nächsten Tag habe sie dies mit ihrem nunmehrigen Ehemann besprochen, worauf sie beschlossen hätten, die Flucht in den Iran anzutreten. Im Fall ihrer Rückkehr befürchte sie, von ihrem Vater getötet zu werden, weil sie als alleinstehendes Mädchen Afghanistan verlassen habe.

In Österreich wolle sie eine Ausbildung anstreben und danach als Verkäuferin arbeiten. Sie gehe alleine einkaufen und erlerne die deutsche Sprache.

Die Beschwerdeführerin legte das ÖSD-Sprachzertifikat A1 vor.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 14. 2. 2018, Zl 1081553106/151033384, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV), wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei. Gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV).

Mit Verfahrensanordnung vom 15. 2. 2018 wurde dem Beschwerdeführer die ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberaterin zur Seite gestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 14. 3. 2018 Beschwerde, in der zunächst auf die allgemeine Sicherheitslage hingewiesen wurde.

Weiters wurde die mangelhafte Beweiswürdigung gerügt, wonach das Bundesamt die vom Beschwerdeführer vorgebrachte im Iran erfolgte Eheschließung als unglaubwürdig erachtet habe. Wenn auch zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau hinsichtlich der Eheschließung divergierende zeitliche Angaben (dem Beschwerdeführer zufolge sei die Ehe vor vier Jahren, seiner Ehefrau zufolge vor 3 Jahren geschlossen worden) gemacht worden seien, ist darauf hinzuweisen, dass zeitliche Angaben in der afghanischen Kultur kein hoher Stellenwert beigemessen werde, sodass aus diesen Ausführungen nicht auf die Unglaubwürdigkeit ihrer Angaben geschlossen werden könne. Auch der Umstand, dass sich die Ehefrau des Beschwerdeführers bezüglich des Ortes der Hochzeit versprochen habe, kann ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden, weil sie während der Einvernahme nervös und verunsichert gewesen sei. Sie habe sodann jedoch gleichlautende Angaben zum Beschwerdeführer gemacht, wonach sie im Haus seines Cousins XXXX geheiratet habe. Überdies seien die Angaben des Beschwerdeführers zur Namensgebung seiner Ehefrau angezweifelt worden, weil es dem Bundesamt nicht glaubwürdig erscheine, dass der Beschwerdeführer den Nachnamen seiner Ehefrau, den sie vor ihrer Eheschließung getragen habe, nicht kenne. In Afghanistan würden jedoch Nachnamen keine Rolle spielen, sodass dieser Umstand als nicht wesentlich erachtet werde.

Weiters wurde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Am 8. 5. 2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der ein Vertreter des Bundesamtes nicht teilnahm. Eingangs legte die Ehefrau des Beschwerdeführers eine ärztliche Bestätigung des AKH Linz vor, wonach sie im Jahr 2014 im Iran eine Totgeburt gehabt habe und seitdem wegen ihres dringenden Kinderwunsches in ärztlicher Behandlung stehe.

Der Beschwerdeführer gab zunächst an, im Dorf XXXX , XXXX in der Provinz Baghlan geboren zu sein. Dort würden sich keine Familienangehörige mehr aufhalten. Diese würden teils im Iran, teils in Europa leben. Zum Namen seiner Ehefrau befragt, gab er an, dass ihr Vater XXXX und ihre Mutter XXXX geheißen habe. Auf Vorhalt, dass er beim Bundesamt den vormaligen Nachnamen seiner Ehefrau vor ihrer Eheschließung nicht gekannt zu haben, gab er an, sie erst später gefragt zu haben. Weiters führte er dazu aus, dass in ihrem Heimatdorf sehr viele Analphabeten leben würden, weil es dort keine Schulen gebe, sodass die Bewohner häufig nicht die Nachnamen der anderen kennen würden. Wenn über eine Familie gesprochen werde, würde nur der Vorname des Vaters der Familie genannt werden. Auf Vorhalt, dass er beim Bundesamt den Nachnamen seiner Ehefrau mit XXXX genannt habe, gab er an, dass sie im Dorf XXXX gelebt hätten. Dort würden circa 25 bis 30 Familie den Namen XXXX oder XXXX tragen. Es handle sich dabei um den Stammesnamen.

Als er mit seiner Frau in den Iran geflüchtet sei, hätten sie einen Monat später geheiratet, konkret in XXXX . Da sie dort kein Haus besessen hätten, habe die Eheschließung im Haus seines Cousins XXXX stattgefunden. Es seien circa sieben bis neun Personen anwesend gewesen, seine Ehefrau und er, XXXX und dessen Ehefrau, der Mullah, zwei Zeugen und Nachbarn von XXXX . Auf Vorhalt, dass er beim Bundesamt von zehn Personen gesprochen habe, gab er an, dass er die Anzahl mit acht bis zehn Personen genannt habe.

Er sei circa sechs Monate nach der Eheschließung nach Afghanistan abgeschoben worden, woraufhin seine Ehefrau eine Fehlgeburt erlitten habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Tadschiken an und ist sunnitischen Glaubens.

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um den Ehemann der XXXX , der mit Erkenntnis vom heutigen Tag, GZ W119 2190331, gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt wurde und der damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Der Beschwerdeführer, der seine Ehefrau im Iran geehelicht hat, gehört als ihr Ehemann der Familie an und es liegt im gegenständlichen Fall ein Familienverfahren gemäß § 34 AsylG vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Länderfeststellungen gründen auf den jeweils angeführten Länderberichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Afghanistan zugrunde gelegt werden konnten.

Auf Grund der glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Nationalität, Ethnie und zu seiner regionalen Herkunft konnten diese ebenso den Feststellungen zugrunde gelegt werden.

Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers wird wie folgt gewürdigt:

Das Bundesamt beurteilte den Umstand, wonach der Beschwerdeführer seine Ehefrau im Iran geehelicht habe, als nicht glaubwürdig.

Wenn das Bundesamt das mangelnde bzw widersprüchliche konkrete Datum der Eheschließung als einen Grund für die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens annimmt, wonach die Ehefrau des Beschwerdeführers die Heirat vor circa drei Jahren, er jedoch mit vier Jahren ansetzte, ist jedoch zu berücksichtigen, dass beide Beschwerdeführer über keine Schulbildung verfügen, sodass diese Argumentation des Bundesamtes nicht geeignet ist, dem Beschwerdeführer die Glaubwürdigkeit abzusprechen, zumal - wie auch im Beschwerdeschriftsatz angeführt wurde - zeitliche Angaben im afghanischen Kulturkreis keinen hohen Stellenwert besitzen.

Wenn - wie das Bundesamt ebenfalls bemängelt - die Ehefrau des Beschwerdeführers lediglich den Cousin ihres Ehemannes, dessen Frau, den Mullah und die beiden Zeugen als bei der Zeremonie anwesenden Personen erwähnte, während der Beschwerdeführer auch von anwesenden Verwandten gesprochen hatte, kann allein aus diesem Unterlassen nicht sogleich auf die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens geschlossen werden, zumal der Beschwerdeführer anlässlich der mündlichen Verhandlung seine Angaben beim Bundesamt, bei dem er noch von zehn Personen gesprochen hatte, auf sieben bis neun anwesende Personen korrigiert hatte. Somit beträgt den Angaben der Ehefrau des Beschwerdeführers zufolge die Zahl der bei der Trauung anwesenden Personen inklusive des Brautpaares bereits sieben Personen.

Ferner sieht das Bundesamt eine weitere Unglaubwürdigkeit des Vorbringens darin, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers beim Bundesamt ausgesagt habe, vor drei Jahren in ihrem Elternhaus in XXXX geheiratet zu haben, um kurz darauf anzugeben, dass ihre Eltern nicht in XXXX aufhältig seien. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Beschwerdeführerin während des gesamten Verfahrens keine Anhaltspunkte dafür lieferte, dass ihre Eltern tatsächlich im Iran aufhältig seien. Damit ist den Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz zu folgen, wonach es sich dabei um einen Fehler handelte, den die Beschwerdeführer sogleich eigenständig korrigiert hatte, indem sie in weiterer Folge vom Wohnhaus des Cousins ihres Ehemannes gesprochen hatte. Dies wird dadurch erhärtet, dass auch der Beschwerdeführer in seinen Befragungen immer nur seinen im Iran lebenden Cousin in Bezug auf seine Eheschließung erwähnte.

Wenn das Bundesamt auch die Angaben des Beschwerdeführers zur Namensgebung seiner Ehefrau anzweifelte, weil seinen Ausführungen zufolge seine Ehefrau bereits vor der Eheschließung den Nachnamen XXXX geführt habe, konnte er dies in der mündlichen Verhandlung einer Klärung zuführen, indem er angab, sie erst später gefragt zu haben. Weiters führte er dazu aus, dass in ihrem Heimatdorf sehr viele Analphabeten leben würden, weil es dort keine Schulen gebe, sodass die Bewohner häufig nicht die Nachnamen der anderen kennen würden. Wenn über eine Familie gesprochen werde, würde nur der Vorname des Vaters der Familie genannt werden. Auf Vorhalt, dass er beim Bundesamt den Nachnamen seiner Ehefrau mit XXXX genannt habe, gab er an, dass sie im Dorf XXXX gelebt hätten. Dort würden circa 25 bis 30 Familie den Namen XXXX oder XXXX tragen. Es handle sich dabei um den Stammesnamen. Damit ist es - entgegen der Ansicht des Bundesamtes - dem Beschwerdeführer gelungen, diesen Widerspruch nachvollziehbar aufzuklären.

Wenn das Bundesamt auch die Angaben zum Tod des ungeborenen Kindes der Ehefrau des Beschwerdeführers in Zweifel stellt, ist auf einen medizinischen Befundbericht des AKH Linz zu verweisen, aus dem hervorgeht, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers im Jahr 2014 eine Totgeburt erlitten hatte.

Wenn das Bundesamt dem Beschwerdeführer vorhält, dass er nichts über einen Ohnmachtsanfall bzw einer Fehlgeburt seiner Ehefrau anlässlich seiner Abschiebung nach Afghanistan nichts gesagt habe, ist dem entgegenzuhalten, dass er beim Bundesverwaltungsgericht ohne weiteres Nachfragen von diesem Vorfall erzählte.

Wenngleich dem Bundesamt zuzugestehen ist, dass es beim Vorbringen des Beschwerdeführers zu kleineren Ungereimtheiten gekommen ist, konnte der Beschwerdeführer jedoch glaubhaft darlegen, dass er seine Ehefrau im Iran geehelicht hat.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

In vorliegendem Fall ist in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen und obliegt somit in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 3 Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA-Einrichtungsgesetz - BFA-G) BGBl. I Nr. 87/2012 idgF obliegt dem Bundesamt die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl.I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr.100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl.I Nr.100 (Z 4).

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

Zu A)

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist "Familienangehöriger", wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Stellt ein Familienangehöriger iSd § 2 Abs. 1 Z 22 leg. cit. von einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser gemäß § 34 Abs. 1 AsylG 2005 als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

§ 34 Abs. 2 AsylG 2005 normiert, dass die Behörde aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen hat, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist und

(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art 3 Z13, BGBl. I Nr. 84/2017)

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung des Asylstatus anhängig ist (§ 7).

Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten unter den Voraussetzungen der Absätze 2 und 3 alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

Im vorliegenden Fall wurde der Ehefrau des Beschwerdeführers gemäß § 3 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass dieser damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Dem Beschwerdeführer ist daher nach § 34 Abs. 4 AsylG 2005 der gleiche Schutzumfang, d.h. der Status des Asylberechtigten nach § 3 Abs. 1 AsylG 2005, zuzuerkennen, ohne dass allfällige eigene Fluchtgründe zu beurteilen waren (vgl. dazu auch Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005 [2006], 499).

B)

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W119.2190333.1.00

Zuletzt aktualisiert am

28.02.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten