Entscheidungsdatum
24.09.2019Norm
AsylG 2005 §57Spruch
G314 2223036-2/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des serbischen Staatsangehörigen XXXX, geboren amXXXX, vertreten durch den XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 03.08.2019, Zl. XXXX, betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu Recht:
A) Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid
ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Verfahrensgang:
Beim Beschwerdeführer (BF) wurde amXXXX08.2019 im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle eine Überschreitung der zulässigen visumfreien Aufenthaltsdauer (90 Tage in 180 Tagen) festgestellt. Er wurde vorübergehend festgenommen und am 03.08.2019 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zur Prüfung der Aufenthaltsgrundlage und einer allfälligen aufenthaltsbeendenden Maßnahme vernommen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid sprach das BFA aus, dass dem BF ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde (Spruchpunkt I.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 FPG (Spruchpunkt II.), stellte nach § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Montenegro [sic] zulässig sei (Spruchpunkt III.), und legte eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise fest (Spruchpunkt IV.). Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der BF zwar mit einer ungarischen Staatsangehörigen verheiratet sei, die sich aber nicht im Bundesgebiet aufhalte, sondern in Serbien auf Urlaub sei, und die auch nicht im Besitz einer Anmeldebescheinigung sei, sodass er sich nicht auf den Status des begünstigten Drittstaatsangehörigen berufen könne. Sein Aufenthalt sei aufgrund der Überschreitung der zulässigen visumfreien Aufenthaltsdauer nicht rechtmäßig.
Der BF wurde nach der Zustellung dieses Bescheids entlassen und reiste daraufhin aus dem Bundesgebiet aus, was er durch Vorsprache bei der Österreichischen Botschaft in Belgrad am 23.08.2019 nachwies.
Gegen den Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und festzustellen, dass sich der BF rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Gegen ihn als begünstigten Drittstaatsangehörigen könne weder eine Rückkehrentscheidung noch eine Ausweisung erlassen werden, zumal er sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Am 02.09.2019 legte der BF ergänzende Unterlagen zu seiner Beschwerde vor.
Das BFA legte die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem Antrag vor, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Feststellungen:
Der BF heiratete am XXXX2018 in Serbien die ungarische Staatsangehörige XXXX (auch: XXXX), die in Österreich wohnt und seit XXXX11.2018 durchgehend hier erwerbstätig ist. SeitXXXX08.2019 sind die Ehegatten an derselben Anschrift in XXXX mit Hauptwohnsitz gemeldet.
Am 07.01.2019 beantragte der BF bei der Bezirkshauptmannschaft XXXX die Ausstellung einer Aufenthaltskarte für Angehörige einer EWR-Bürgerin.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich ohne entscheidungserhebliche Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens und des Gerichtsakts des BVwG, insbesondere aus den vom BF vorgelegten Unterlagen. Die Heiratsurkunde, Kopien aus dem Reisepass des BF, Einkommensnachweise seiner Ehefrau sowie Auszüge aus dem Zentralen Melderegister liegen vor. Der Antrag des BF auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte ist im Fremdenregister (IZR) dokumentiert.
Rechtliche Beurteilung:
Dem BF kommt aufgrund seiner Ehe mit einer in Österreich lebenden und hier erwerbstätigen EWR-Bürgerin (unabhängig davon, ob die Ehe als Aufenthaltsehe zu qualifizieren ist) die Rechtsposition als begünstigter Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs 4 Z 11 FPG zu (siehe VwGH 25.09.2017, Ra 2017/20/0293). Dafür ist nicht entscheidend, ob seiner Ehefrau eine Anmeldebescheinigung ausgestellt wurde oder nicht, zumal die Anmeldebescheinigung das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht, das bereits aufgrund europarechtlicher Vorschriften besteht, lediglich deklarativ bescheinigt. Die Legaldefinition des begünstigten Drittstaatsangehörigen in § 2 Abs 4 Z 11 FPG stellt daher auch darauf ab, ob der betreffende EWR-Bürger (oder Schweizer Bürger) das unionsrechtliche (oder das auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende) Aufenthaltsrecht in Anspruch genommen hat und nicht darauf, ob eine Anmeldebescheinigung ausgestellt wurde.
Der Schlussfolgerung der Behörde, der BF sei aufgrund der urlaubsbedingten Abwesenheit seiner Ehefrau nicht als begünstigter Drittstaatsangehöriger anzusehen, ist zu entgegnen, dass eine kurzfristige Urlaubsabwesenheit - insbesondere angesichts der durchgehenden Erwerbstätigkeit der Ehefrau des BF im Inland - nicht geeignet ist, die Kontinuität ihres Aufenthalts im Bundesgebiet zu unterbrechen.
Die amtswegige Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG kommt bei begünstigten Drittstaatsangehörigen nicht in Betracht, weil diese Bestimmung gemäß § 54 Abs 5 AsylG für diese nicht gilt. Gegen begünstigte Drittstaatsangehörige darf auch keine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot nach dem 1. Abschnitt des 8. Hauptstücks des FPG erlassen werden, sondern gegebenenfalls eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nach den Bestimmungen des 4. Abschnitts des genannten Hauptstücks (vgl. VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0115). Der Umstand, dass gegen begünstigte Drittstaatsangehörige generell keine Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG erlassen werden kann, ergibt sich schon daraus, dass die mit § 52 FPG umgesetzte Rückführungsrichtlinie (2008/115/EG) auf begünstigte Drittstaatsangehörige nach ihrem Art 2 Abs 3 nicht anzuwenden ist (siehe VwGH 15.03.2018, Ra 2018/21/0014).
Die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheids sind daher als rechtswidrig aufzuheben, was auch die Aufhebung der übrigen, darauf aufbauenden Spruchpunkte bedingt.
Für die in der Beschwerde weiters beantragte Feststellung, dass sich der BF rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ist das BVwG im Rahmen dieses Beschwerdeverfahrens nicht zuständig, zumal ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht nicht bedingungslos zusteht und nicht ohne Weiteres erlangt wird. Gegen einen begünstigten Drittstaatsangehörigen ohne unionsrechtliches Aufenthaltsrecht ist aber jedenfalls keine Rückkehrentscheidung zu erlassen, sondern gegebenenfalls eine Ausweisung nach § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot nach § 67 FPG (siehe VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0151).
Da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine Beschwerdeverhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG.
Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, weil das BVwG keine grundsätzlichen Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle zu lösen hatte.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, Voraussetzungen, Wegfall der GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2019:G314.2223036.2.00Zuletzt aktualisiert am
27.02.2020