TE Vfgh Beschluss 1996/9/24 B1061/96, B2875/96, B2876/96

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Veröffentlicht am 24.09.1996
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33

Leitsatz

Stattgabe von Wiedereinsetzungsanträgen wegen Versäumung der Frist zur Stellung von Verfahrenshilfeanträgen infolge Erkrankung der (die minderjährigen Zweit- und Drittantragsteller vertretenden) Erstantragstellerin zum Zeitpunkt des Fristablaufes

Spruch

I. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung von Anträgen auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird bewilligt.

II. Die Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe werden abgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Die Ersteinschreiterin und die minderjährigen Zweit- und Dritteinschreiter, vertreten durch die Ersteinschreiterin, begehrten mit einem am 26. März 1996 zur Post gegebenen Schriftsatz die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung von Anträgen auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde gemäß Art144 Abs1 B-VG gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres jeweils vom 22. Jänner 1996, Z304.664/2-4-III/11/95, mit denen mangels gesicherten Unterhalts die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen versagt wurde.

Mit demselben Schriftsatz wurden Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen die genannten Bescheide gestellt.

1.2. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages bringen die Einschreiter im wesentlichen vor:

Die oben angeführten Bescheide seien der Erstein-schreiterin am 1. Februar 1996 zugestellt worden. Da sie weder lesen noch schreiben könne, hätte sie sich die Bescheide von Verwandten vorlesen lassen. Da sich aus der Rechtsmittelbelehrung ergeben habe, daß weitere Schritte nur unter Beiziehung eines Rechtsanwaltes unternommen werden könnten, für dessen Bezahlung ihr aber die finanziellen Mittel gefehlt hätten, habe sie sich an eine Ausländerberatungsstelle gewandt, wo sie einen Termin für den 12. März 1996 bekommen habe. Aufgrund eines zervikalen Syndroms, wofür sie eine ärztliche Bestätigung vorlegte, habe sie diesen Termin aber nicht einhalten können. Unmittelbar nach ihrer Genesung habe sie die Beratungsstelle aufgesucht, wo man sie über die Möglichkeit der Stellung eines Verfahrenshilfeantrages aufgeklärt habe und ihr beim Ausfüllen der Formulare behilflich gewesen sei.

2.1. Das VerfGG regelt die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst; demnach sind nach §35 Abs1 leg.cit. die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ff. ZPO idF der Novelle 1983, BGBl. 135, sinngemäß anzuwenden.

2.1.1. Gemäß §148 Abs2 ZPO muß der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand binnen vierzehn Tagen nach Wegfall des Hindernisses, welches die Versäumung verursachte, gestellt werden. Die gegenständlichen Anträge wurden am 26. März 1996 - also einen Tag nach Ende des von der ärztlichen Bestätigung angegebenen Krankheitszeitraums - zur Post gegeben und die versäumten Prozeßhandlungen zugleich nachgeholt (s. §149 Abs1 ZPO), sodaß sie jedenfalls zulässig sind.

2.1.2. Nach §146 Abs1 ZPO ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte.

Nach dem vom Verfassungsgerichtshof als glaubhaft angenommenen Vorbringen der Einschreiter war die Ersteinschreiterin zur Zeit des Fristablaufes erkrankt und daher daran gehindert, rechtzeitig (Beschwerde zu erheben oder) einen Verfahrenshilfeantrag zu stellen. Dies ist ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis (vgl. VfGH 9.12.1986, B823/86, wo einem aufgrund einer Grippeerkrankung an der aufgetragenen Vorlage eines Bescheides gehinderten Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt wurde).

Den Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher stattzugeben.

2.2. Die Einschreiter beantragten weiters die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Verfassungsgerichtshofsbeschwerde gegen die oben angeführten Bescheide des Bundesministers für Inneres.

Unter Bedachtnahme auf den Inhalt der dem Verfassungsgerichthof vorgelegten Bescheide besteht kein Anhaltspunkt für die Annahme, daß diese auf einer rechtswidrigen generellen Norm beruhen oder daß bei der Gesetzeshandhabung ein in die Verfassungssphäre reichender Fehler unterlaufen wäre; es ergeben sich vielmehr ausschließlich Fragen der richtigen Rechtsanwendung, die jedoch nicht in den Zuständigkeitsbereich des Verfassungsgerichtshofs fallen. Eine Rechtsverfolgung durch Beschwerdeführung gemäß Art144 Abs1 B-VG erscheint somit als offenbar aussichtslos, zumal bei der gegebenen Lage sogar die Ablehnung der Beschwerdebehandlung (iSd Art144 Abs2 B-VG) zu gewärtigen wäre.

Die Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe waren daher gemäß §63 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG abzuweisen.

2.3. Diese Beschlüsse konnten gemäß §149 Abs2 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG und §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung, VfGH / Verfahrenshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:B1061.1996

Dokumentnummer

JFT_10039076_96B01061_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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