TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/30 W203 2199532-1

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Veröffentlicht am 30.09.2019
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Entscheidungsdatum

30.09.2019

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

W203 2199532-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX .1997, StA. Afghanistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.06.2018, Zl. 1096593505 - 151844366, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 08.08.2019 zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

II. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 23.11.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Am 23.11.2015 wurde der Beschwerdeführer durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Erstbefragung unterzogen. Dabei gab er an, dass er am XXXX .1997 in Kabul geboren und ledig sei. Er gehöre der Volksgruppe der Hazara und der islamischen (schiitischen) Glaubensgemeinschaft an. Er habe acht Jahre lang im Iran die Grundschule besucht und verfüge über keine Berufsausbildung.

Befragt nach seinem Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an: "Ich habe Fußball gespielt und dabei einen Gegenspieler auf die Nase getroffen, sodass dieser geblutet hat. Ca. zwei Tage später ist dieser Spieler mit seinem älteren Bruder gekommen und hat mich geschlagen und dabei meine Hand gebrochen. Und jetzt habe ich Angst vor diesen Leuten." Die Frage, was er im Falle einer Rückkehr in seine Heimat befürchte, beantwortete der Beschwerdeführer folgendermaßen: "Ich kann nicht mehr nach Afghanistan, da meine drei Onkel dort schon getötet worden sind. Zwei vom russischen Militär und einer von den Taliban."

3. Am 13.07.2017 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) niederschriftlich einvernommen. Im Rahmen dieser Befragung gab er an, dass er in Qom im Iran geboren sei, dass bei der Ersteinvernahme aber fälschlicherweise Kabul als Geburtsort protokolliert worden sei. Er habe auch - entgegen den Angaben im Protokoll über die polizeiliche Ersteinvernahme - im Iran die Schule zwölf Jahre lang besucht. Sein Vater habe bereits mit sechs Jahren gemeinsam mit dessen Schwester wegen Grundstücksstreitigkeiten Afghanistan Richtung Iran verlassen. Die Brüder des Vaters des Beschwerdeführers seien im Krieg mit Russland gestorben bzw. von den Taliban getötet worden, kurz darauf seien auch dessen Eltern gestorben und es sei ein Streit um die Grundstücke entstanden. Die Kernfamilie des Beschwerdeführers würde im Iran leben, in Afghanistan "habe er niemanden mehr". Der Beschwerdeführer sei noch nie in Afghanistan gewesen, dies habe ihm sein Vater verboten. Er habe bis zu seinem 18. Lebensjahr im Iran gelebt, dort die Schule besucht und maturiert. Gearbeitet habe er im Iran nicht, nur gelegentlich habe er seinem Vater geholfen, der in einer Firma, die Schuhe hergestellt habe, gearbeitet habe. Der Beschwerdeführer gab an, dass er "derzeit keine Religion" habe und einen Taufvorbereitungskurs besuche, der ca. drei Monate dauere. Den Entschluss, seinen Glauben zu wechseln, habe der Beschwerdeführer erst hier in Österreich gefasst. Dies sei seine eigene Entscheidung gewesen. Er habe einen Lehrer gekannt, der ihm über die christliche Religion erzählt habe. Freunde des Beschwerdeführers würden in die Kirche gehen, daher habe auch er selbst Kontakt zur neuen Religion bekommen. Nachgefragt, warum er sich dazu entschlossen habe, seinen Glauben zu ändern, gab der Beschwerdeführer an, dass man sich seine Religion nicht aussuchen könne, wenn man in einem islamischen Land geboren werde. In allen islamischen Ländern herrsche derzeit Krieg, deswegen habe er sich zum Glaubenswechsel entschlossen. Er habe auch bereits im Iran mit dem Gedanken gespielt, seinen Glauben zu wechseln. Die Eltern des Beschwerdeführers seien "nicht strenggläubig", wären aber "nicht erfreut" darüber gewesen, dass der Beschwerdeführer einen Taufvorbereitungskurs besuche. In Afghanistan wisse niemand, dass er Christ sei, im Iran würde es vielleicht jemand wissen, da ihn Freunde in der Kirche gesehen hätten, die auch Kontakt in den Iran haben würden. Er besuche dreimal in der Woche die Kirche in der XXXX . Nachgefragt durch die belangte Behörde konnte der Beschwerdeführer über die Taufe Jesu und dessen Wiederauferstehung nach drei Tagen berichten und die Jünger Jesu zum Teil benennen. Er wusste, wer Jesus verraten habe, konnte sich aber an die Namen der Evangelisten nicht erinnern. Er konnte die Namen "Pontius Pilatus" und "Herodes" nicht zuordnen und kannte des Gebet "Vater unser" nicht. Die "10 Gebote" konnte der Beschwerdeführer im Wesentlichen nennen. Er wusste - lückenhaft - über das Leben und Wirken Jesu Bescheid und konnte die höchsten christlichen Feiertage und die Dreifaltigkeit benennen. Der Beschwerdeführer gab an, dass im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan - bzw. im Falle einer erstmaligen Niederlassung in Afghanistan - niemand davon erfahren würde, dass er Christ geworden sei.

Gefragt nach seinen Fluchtgründen wiederholte der Beschwerdeführer sein bereits im Zuge der Erstbefragung getätigtes Vorbringen betreffend die Grundstücksstreitigkeiten und den Vorfall auf dem Fußballplatz und führte die Details über diesen Vorfall näher aus.

4. Mit Bescheid vom 05.06.2018, fälschlich datiert mit "05.06.2017", Zl. 1096593505 - 151844366 (im Folgenden: angefochtener Bescheid) wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (Spruchpunkt I) als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und es wurde gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, gegen die Beschwerdeführer erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

Begründend führte die belangte Behörde auf das Wesentliche zusammengefasst aus, dass der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Fluchtgrund nicht glaubhaft gewesen sei. So habe er falsche bzw. widersprüchliche Angaben hinsichtlich seiner Religionszugehörigkeit gemacht, indem er bei der Erstbefragung angegeben und mit seiner Unterschrift bestätigt habe, Moslem zu sein, während er bei der niederschriftlichen Einvernahme am 18.07.2017 [gemeint: 13.07.2017] angegeben habe, derzeit keiner Religion anzugehören und sich auf die Taufe vorzubereiten. Der angebliche Glaubenswechsel komme sehr plötzlich und es sei nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht nachvollziehbar, dass ein Taufvorbereitungskurs lediglich drei Monate lang dauern würde. Der Beschwerdeführer weise - abgesehen von den "üblichen Stehsätzen" - kein Grundwissen über den christlichen Glauben auf und es bestehe bei ihm grundsätzlich nur wenig Interesse an der Religion. Er habe auch keine Bestätigungen über die Taufvorbereitung vorgelegt. Insgesamt sei nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer tatsächlich seinen christlichen Glauben aufgrund seiner tiefsten inneren Überzeugung und inneren Werte vollziehen möchte. Er könne in Afghanistan, wo niemand wisse, dass er zum Christentum konvertiert sei, seien neuen Glauben auch "von zuhause aus" praktizieren und würde sich so in Afghanistan keiner Verfolgungsgefahr aussetzen.

Im Zusammenhang mit den vorgebrachten Grundstücksstreitigkeiten sei darauf zu verweisen, dass den Beschwerdeführer, dem es zumutbar wäre, sich in einer anderen als seiner Herkunftsprovinz aufzuhalten, in Afghanistan "niemand finden" würde.

Der Bescheid wurde am 12.06.2018 zugestellt.

5. Gegen den gegenständlichen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 25.06.2018 fristgerecht Beschwerde. In dieser wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer derzeit einen Taufvorbereitungskurs besuche und versuche, sich so gut wie möglich mit dem Christentum auseinanderzusetzen. Der Abfall vom Glauben gelte in Afghanistan als ein schwerwiegendes, todeswürdiges Verbrechen. Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan wäre der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit massiven Einschränkungen und Diskriminierungen sowie einem Verfolgungsrisiko ausgesetzt.

Der Beschwerdeführer, der sich noch nie in Afghanistan aufgehalten habe, verfüge in Afghanistan über keinerlei familiäres oder soziales Netzwerk und könne dort kein Leben führen. Die Sicherheitslage im Land sei nach wie vor höchst volatil.

Die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer seine Glaubwürdigkeit ohne plausible und nachvollziehbare Erklärung aberkannt.

6. Einlangend am 28.06.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt zugehörigem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen.

7. Am 08.08.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, zu der der Beschwerdeführer bzw. dessen Vertretung sowie die belangte Behörde als Parteien und XXXX , Pastor der iranisch-christlichen Gemeinde in XXXX als Zeuge geladen waren. Ein Vertreter der belangten Behörde erschien zur Verhandlung nicht.

Im Zuge der Verhandlung gab der Beschwerdeführer, der die Fragen zum Teil ohne Mitwirkung des Dolmetschers auf Deutsch beantwortete, an, dass er Christ (Protestant) sei. Er stehe um sieben oder acht Uhr auf, besuche dann einen Deutschkurs und gehe anschließend mit Freunden in die Bibliothek. Nach dem Mittagessen gehe er manchmal Fußballspielen und nach dem Abendessen beschäftige er sich noch ca. 2 Stunden mit dem Internet. Er bewohne zusammen mit einem anderen Afghanen ein Zimmer in einem Heim. Derzeit habe er keine Arbeit, er habe aber schon sieben Monate beim Roten Kreuz und ein paar Monate bei der Caritas gearbeitet.

Befragt nach seinem Fluchtgrund nannte der Beschwerdeführer abermals die "großen Probleme" aufgrund der Grundstücksstreitigkeiten.

Im Oktober 2017 habe sich der Beschwerdeführer dazu entschlossen, zum christlichen Glauben zu wechseln, als er das "Heilige Buch", die Bibel, gelesen habe. Nachgefragt konnte der Beschwerdeführer die Frage, was der Vorteil des Christentums gegenüber anderen Religionen sei, nicht konkret beantworten, außer, dass das Christentum "eine Religion und ein Glaube" sei. Nachgefragt gab der Beschwerdeführer an, dass er am 08.12.2018 getauft worden sei. Die Taufvorbereitung habe in der Kirche in der XXXX stattgefunden. Der Taufkurs habe sich aus zwei Teilen zusammengesetzt, ein Teil habe aus 10 Unterrichtseinheiten bestanden, der zweite Teil habe vier Monate lang gedauert. Er habe beide Kurse besucht. Inhaltlich habe sich die Taufvorbereitung mit den Themen "Menschen, Sünde, Kirche, Geschichte der Kirche, Jesus Christus, Jesus als Retter der Menschheit, Paradies und Hölle" befasst. In dem Kurs wäre er zusammen mit etwa 15 oder 16 Personen gewesen. Der Beschwerdeführer gab an, dass er regelmäßig in der Kirche bete. Er konnte als zentrale historische Figur des Christentums Jesus Christus nennen und wusste über das Leben und Wirken von Jesus Christus Bescheid. Er konnte die höchsten kirchlichen Feiertage nennen, nicht aber die Namen der Evangelisten. Er gab an, er gehe jede Woche mindestens einmal in die Kirche, ca. jede zweite Woche auch zweimal. Er würde auch manchmal mit zwei Freunden gemeinsam in der Bibel lesen. Er halte Religion für eine Privatsache und würde diese auch nicht öffentlich, sondern nur privat ausleben. Er würde aber schon versuchen, auch andere Personen vom christlichen Glauben zu überzeugen und er würde seinen Glauben auf Nachfrage auch nicht verleugnen.

Der als Zeuge befragte Pastor der iranisch-christlichen Gemeinde in XXXX gab an, dass er einer "Freikirche einer evangelikalen Richtung" angehöre. Diese Gemeinde gebe es schon seit 20 Jahren. Hauptsächliche gehörten der Gemeinde Persisch sprechende Personen an, die Christen werden wollten.

Den Beschwerdeführer habe er kennengelernt, als dieser im Juni 2017 zu der Gemeinde gekommen sei. Seit damals sei der Beschwerdeführer regelmäßig zur Gemeinde gekommen und habe auch an den mehrmals pro Woche stattfindenden Veranstaltungen teilgenommen. Er habe sich von Anfang an mit dem christlichen Glauben befasst und nach zwei oder drei Monaten gesagt, dass er sich taufen lassen wolle. Er sei neugierig gewesen, habe Fragen gestellt und die Bibel gelesen. Für ihn als Pastor sei wichtig, dass sich die Taufkandidaten aus freien Stück dafür entscheiden. Am 15.10.2017 habe die erste Einheit des Taufunterrichts stattgefunden. Der erste Kursteil habe 10 Wochen gedauert, danach habe es noch eine zweite Einheit in der Dauer von vier Monaten gegeben. Gefragt, was seiner Ansicht nach das entscheidende Motiv für den Beschwerdeführer gewesen wäre, sich vom Islam ab- und dem Christentum zuzuwenden, gab der Zeuge an, dass der Beschwerdeführer ein "suchender Mensch" sei, der Gott besser kennenlernen wolle und der mit dem Islam keine guten Erfahrungen gemacht habe. Die Taufvorbereitung würde der Zeuge selbst durchführen und es bestehe für die Kandidaten Anwesenheitspflicht. Der Beschwerdeführer sei bei den Kursen regelmäßig anwesend gewesen und habe sich dabei als sehr aufmerksam und lernwillig gezeigt. Er habe sich auch aktiv am Geschehen beteiligt. Der Beschwerdeführer habe alle Voraussetzungen für den Erhalt der Taufe erfüllt. Wenn man eine Person während der Taufvorbereitung regelmäßig begleite, lerne man diese gut kennen und könne auch Veränderungen beobachten. Der Beschwerdeführer sei schließlich am 08.12.2018 getauft worden. Es komme auch vor, dass Leute nicht getauft werden könnten, weil sie die Voraussetzungen dafür nicht erfüllten. Der Beschwerdeführer sei vergleichsweise sehr ambitioniert gewesen und habe sich sehr engagiert. Auch heute noch komme der Beschwerdeführer regelmäßig zu den Veranstaltungen der Gemeinde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und zu dessen Situation im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan:

Der Beschwerdeführer ist afghanischer Staatsbürger. Er ist in Qom im Iran geboren und hat vor seiner Ausreise sein ganzes Leben zusammen mit seiner Familie im Iran verbracht. In Afghanistan hat er sich nie aufgehalten.

Die Kernfamilie des Beschwerdeführers befindet sich nach wie vor im Iran, in Österreich befinden sich keine Verwandten des Beschwerdeführers. Auch in Afghanistan leben keine Verwandten des Beschwerdeführers mehr bzw. hat er zu diesen keinen Kontakt.

Der Beschwerdeführer hat im Iran 12 Jahre lang die Schule mit einer abschließenden Reifeprüfung besucht. Er verfügt über keine berufliche Ausbildung und hat im Iran keine Berufstätigkeit ausgeübt außer der gelegentlichen Hilfe in der Schuhfabrik, in der sein Vater arbeitete.

Der Beschwerdeführer ist als Moslem geboren und hat sich aus freien Stücken nach seiner Einreise in Österreich dazu entschlossen, zum christlichen Glauben zu wechseln. Er hat sich ab Oktober 2017 auf die Taufe vorbereitet und ist schließlich am 08.12.2018 von der iranisch-christlichen Gemeinde getauft worden. Er besucht regelmäßig die Gottesdienste und die Veranstaltungen der iranisch-christlichen Gemeinde.

Der Beschwerdeführer hat sich ernsthaft und nachhaltig dem Christentum zugewandt. Er sieht zwar Religion als Privatsache an und übt seinen Glauben eher daheim als in der Öffentlichkeit aus, dennoch versucht er auch, Personen aus seinem Umfeld vom christlichen Glauben zu überzeugen. Er würde auch auf Nachfrage seinen nunmehrigen christlichen Glauben nicht leugnen.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Für den Beschwerdeführer besteht im Falle einer Rückkehr - eigentlich der erstmaligen Ansiedlung - nach bzw. in Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr, aufgrund eines asylrechtlich relevanten Grundes, nämlich seiner religiösen Gesinnung, verfolgt zu werden.

Für den Beschwerdeführer besteht in Afghanistan keine innerstaatliche Fluchtalternative.

1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Aufgrund der aktuellen Erkenntnisquellen werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers getroffen (Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA zu Afghanistan ("Gesamtaktualisierung am 29.06.2018", zuletzt aktualisiert am 01.03.2019):

Religionsfreiheit

Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten (CIA 2017; vgl. USCIRF 2017). Schätzungen zufolge sind etwa 10 - 19% der Bevölkerung Schiiten (AA 5.2018; vgl. CIA 2017). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie die der Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen ca. 0,3% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (USDOS 15.08.2017).

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (USDOS 15.08.2017). Der politische Islam behält in Afghanistan die Oberhand; welche Gruppierung - die Taliban (Deobandi-Hanafismus), der IS (Salafismus) oder die afghanische Verfassung (moderater Hanafismus) - religiös korrekter ist, stellt jedoch weiterhin eine Kontroverse dar. Diese Uneinigkeit führt zwischen den involvierten Akteuren zu erheblichem Streit um die Kontrolle bestimmter Gebiete und Anhängerschaft in der Bevölkerung (BTI 2018).

Das afghanische Strafgesetzbuch, das am 15.02.2018 in Kraft getreten ist, enthält keine Definition von Apostasie (vgl. MoJ 15.05.2017). Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt die Konversion vom Islam zu einer anderen Religion als Apostasie. Jeder Konvertit soll laut islamischer Rechtsprechung drei Tage Zeit bekommen, um seinen Konfessionswechsel zu widerrufen. Sollte es zu keinem Widerruf kommen, gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, während Frauen mit lebenslanger Haft bedroht werden. Ein Richter kann eine mildere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Auch kann die Regierung das Eigentum des/der Abtrünnigen konfiszieren und dessen/deren Erbrecht einschränken. Des Weiteren ist gemäß hanafitischer Rechtssprechung Proselytismus (Missionierung, Anm.) illegal. Dasselbe gilt für Blasphemie, die in der hanafitischen Rechtsprechung unter die Kapitalverbrechen fällt (USDOS 15.08.2017) und auch nach dem neuen Strafgesetzbuch unter der Bezeichnung "religionsbeleidigende Verbrechen" verboten ist (MoJ 15.05.2017: Art. 323). Zu Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte (USDOS 15.08.2017).

Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 zwar verbessert, jedoch wird diese noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformerische Muslime behindert (FH 11.04.2018).

Anhänger religiöser Minderheiten und Nicht-Muslime werden durch das geltende Recht diskriminiert (USDOS 15.08.2017; vgl. AA 5.2018); so gilt die sunnitisch-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürger/innen unabhängig von ihrer Religion (AA 5.2018). Wenn weder die Verfassung noch das Straf- bzw. Zivilgesetzbuch bei bestimmten Rechtsfällen angewendet werden können, gilt die sunnitisch-hanafitische Rechtsprechung. Laut Verfassung sind die Gerichte dazu berechtigt, das schiitische Recht anzuwenden, wenn die betroffene Person dem schiitischen Islam angehört. Gemäß der Verfassung existieren keine eigenen, für Nicht-Muslime geltende Gesetze (USDOS 15.08.2017).

Ein Muslim darf eine nicht-muslimische Frau heiraten, aber die Frau muss konvertieren, sofern sie nicht Anhängerin einer anderen abrahamitischen Religion (Christentum oder Judentum) ist. Einer Muslima ist es nicht erlaubt, einen nicht-muslimischen Mann zu heiraten (USDOS 15.08.2017). Ehen zwischen zwei Nicht-Muslimen sind legal, solange das Paar nicht öffentlich ihren nicht-muslimischen Glauben deklariert (HO U.K. 2.2017; vgl. USDOS 10.08.2016). Die nationalen Identitätsausweise beinhalten Informationen über die Konfession des/der Inhabers/Inhaberin. Das Bekenntnis zum Islam wird für den Erwerb der Staatsbürgerschaft nicht benötigt (USDOS 15.08.2017). Religiöse Gemeinschaften sind gesetzlich nicht dazu verpflichtet, sich registrieren zu lassen (USDOS 15.08.2017).

Laut Verfassung soll der Staat einen einheitlichen Lehrplan, der auf den Bestimmungen des Islam basiert, gestalten und umsetzen; auch sollen Religionskurse auf Grundlage der islamischen Strömungen innerhalb des Landes entwickelt werden. Der nationale Bildungsplan enthält Inhalte, die für Schulen entwickelt wurden, in denen die Mehrheiten entweder schiitisch oder sunnitisch sind; ebenso konzentrieren sich die Schulbücher auf gewaltfreie islamische Bestimmungen und Prinzipien. Der Bildungsplan beinhaltet Islamkurse, nicht aber Kurse für andere Religionen. Für Nicht-Muslime an öffentlichen Schulen ist es nicht erforderlich, am Islamunterricht teilzunehmen (USDOS 15.08.2017).

Christen berichteten, die öffentliche Meinung stehe ihnen und der Missionierung weiterhin feindselig gegenüber. Mitglieder der christlichen Gemeinschaft, die meistens während ihres Aufenthalts im Ausland zum Christentum konvertierten, würden aus Furcht vor Vergeltung ihren Glauben alleine oder in kleinen Kongregationen in Privathäusern ausüben (USDOS 15.08.2017).

Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (CRS 13.12.2017).

Beobachtern zufolge sinkt die gesellschaftliche Diskriminierung gegenüber der schiitischen Minderheit weiterhin; in verschiedenen Gegenden werden dennoch Stigmatisierungsfälle gemeldet (USDOS 15.08.2017).

Mitglieder der Taliban und des IS töten und verfolgen weiterhin Mitglieder religiöser Minderheiten aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Beziehungen zur Regierung (USDOS 15.08.2017; vgl. CRS 13.12.2017, FH 11.04.2018). Da Religion und Ethnie oft eng miteinander verbunden sind, ist es schwierig, einen Vorfall ausschließlich durch die religiöse Zugehörigkeit zu begründen (USDOS 15.08.2017).

[...]

Christentum und Konversionen zum Christentum

Nichtmuslimische Gruppierungen wie Sikhs, Baha'i, Hindus und Christen machen ca. 0.3% der Bevölkerung aus. Genaue Angaben zur Größe der christlichen und Bahai-Gemeinschaften sind nicht vorhanden (USDOS 15.08.2017; vgl. USCIRF 2017). Die einzige im Land bekannte christliche Kirche hat ihren Sitz in der italienischen Botschaft (USCIRF 2017) und wird von der katholischen Mission betrieben (FT 27.10.2017; vgl. AIK o.D.). Die afghanischen Behörden erlaubten die Errichtung einer katholischen Kapelle unter den strengen Bedingungen, dass sie ausschließlich ausländischen Christen diene und jegliche Form des Proselytismus vermieden werde (vertrauliche Quelle 08.11.2017). Öffentlich zugängliche Kirchen existieren in Afghanistan nicht (USDOS 15.08.2017). Für christliche Afghanen gibt es keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens, da es in Afghanistan keine Kirchen gibt (abgesehen von einer katholischen Kapelle auf dem Gelände der italienischen Botschaft). Zu Gottesdiensten, die in Privathäusern von internationalen NGOs abgehalten werden, erscheinen sie meist nicht oder werden aus Sicherheitsgründen nicht eingeladen (AA 5.2018). Ausländische Christen dürfen ihren Glauben diskret ausüben (FT 27.10.2017).

Berichten zufolge gibt es im Land weiterhin keine christlichen Schulen (USDOS 15.08.2017); ein christliches Krankenhaus ist in Kabul aktiv (NYP 24.04.2014; vgl. CNN 24.04.2014, CURE o.D.). Auch gibt es in Kabul den Verein "Pro Bambini di Kabul", der aus Mitgliedern verschiedener christlicher Orden besteht und eine Schule für Kinder mit Behinderung betreibt (PBK o.D.; vgl. FT 27.10.2017). Des Weiteren sind je zwei jesuitische und evangelische Missionare in Afghanistan aktiv (FT 27.10.2017).

Neben der drohenden strafrechtlichen Verfolgung werden Konvertiten in der Gesellschaft ausgegrenzt und zum Teil angegriffen (AA 5.2018). Christen berichteten von einer feindseligen Haltung gegenüber christlichen Konvertiten und der vermeintlichen christlichen Proselytenmacherei (USDOS 15.08.2017). Zu einer Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die speziell Christen diskriminiert, kommt es in Afghanistan in der Regel nur deshalb nicht, weil sich Christen nicht offen zu ihrem Glauben bekennen. In städtischen Gebieten sind Repressionen gegen Konvertiten aufgrund der größeren Anonymität weniger zu befürchten als in Dorfgemeinschaften (AA 9.2016). Beobachtern zufolge hegen muslimische Ortsansäßige den Verdacht, Entwicklungsprojekte würden das Christentum verbreiten und Proselytismus betreiben (USDOS 15.08.2017).

Afghanische Christen sind in den meisten Fällen vom Islam zum Christentum konvertiert (AA 5.2018). Quellen zufolge müssen Christen ihren Glauben unbedingt geheim halten. Konvertiten werden oft als geisteskrank bezeichnet, da man davon ausgeht, dass sich niemand bei klarem Verstand vom Islam abwenden würde; im Falle einer Verweigerung, zu ihrem alten Glauben zurückzukehren, können Christen in psychiatrische Kliniken zwangseingewiesen, von Nachbarn oder Fremden angegriffen und ihr Eigentum oder Betrieb zerstört werden; es kann auch zu Tötungen innerhalb der Familie kommen. Andererseits wird auch von Fällen berichtet, wo die gesamte Familie den christlichen Glauben annahm; dies muss jedoch absolut geheim gehalten werden (OD 2018).

Mitglieder der christlichen Gemeinschaft, die oft während ihres Aufenthalts im Ausland konvertierten, üben aus Angst vor Diskriminierung und Verfolgung ihre Religion alleine oder in kleinen Kongregationen in Privathäusern aus (USDOS 15.08.2017). Zwischen 2014 und 2016 gab es keine Berichte zu staatlicher Verfolgung wegen Apostasie oder Blasphemie (USDOS 15.08.2017). Der Druck durch die Nachbarschaft oder der Einfluss des IS und der Taliban stellen Gefahren für Christen dar (OD 2018).

Die im Libanon geborene Rula Ghani, Ehefrau von Staatspräsident Ashraf Ghani, entstammt einer christlich-maronitischen Familie (NPR 19.02.2015; vgl. BBC 15.10.2014). Einige islamische Gelehrte behaupten, es gebe keine öffentlichen Aufzeichnungen ihrer Konvertierung zum Islam (CSR 13.12.2017).

[...]

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers und zu dessen Fluchtgründen:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zur Volksgruppen- und (früheren) Religionszugehörigkeit, zur Herkunft und zu den Familienverhältnissen des Beschwerdeführers stützen sich auf die diesbezüglich im Wesentlichen gleichbleibenden und übereinstimmenden Angaben im gesamten Verfahren, die bereits von der Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt wurden.

Die Feststellungen zur Schul- und Berufsausbildung und zu den vom Beschwerdeführer ausgeübten Beschäftigungen ergeben sich aus dessen schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben, die er während des gesamten Verfahrens gleichbleibend und widerspruchsfrei tätigte.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer zum Christentum konvertiert ist, beruhen auf dessen Angaben im erstinstanzliche Verfahren sowie im Rahmen der hg. mündlichen Verhandlung und auf den Angaben des im Rahmen der Verhandlung befragten Zeugen. Im Gegensatz zur belangten Behörde erachtet das erkennende Gericht das diesbezügliche Vorbringen für glaubhaft, und zwar aus folgenden Erwägungen:

Insofern die belangte Behörde "große Zweifel an der Glaubhaftigkeit" des Beschwerdeführers hegt, weil dieser bei der Erstbefragung mit seiner Unterschrift bestätigt angegeben habe, dass er moslemischen Glaubens sei und im (vermeintlichen) Widerspruch dazu bei der Befragung vor der belangten Behörde seien Wechsel zum Christentum vorbrachte, ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer, der selbst ausgesagt hat, dass erst in Österreich sein Interesse für das Christentum geweckt worden sei, unmittelbar nach der Einreise bei der Erstbefragung, die am 23.11.2015 stattgefunden hat, tatsächlich (formell) noch der islamischen Glaubensgemeinschaft angehörte. Für das erkennende Gericht liegt somit hinsichtlich des jeweiligen Vorbringens des Beschwerdeführers betreffend seine Religionszugehörigkeit bzw. seine religiösen Interessen kein Widerspruch vor, der an der grundsätzlichen Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers zweifeln ließe.

Die belangte Behörde hegt auch - aus damaliger Sicht wohl zu Recht - Zweifel daran, ob man bei einer laut den eigenen Angaben des Beschwerdeführers lediglich drei Monate dauernden Taufvorbereitung von einem ernsthaften und nachhaltigen Glaubenswechsel ausgehen könne. Diesbezüglich hat die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht aber gezeigt, dass die Taufvorbereitung tatsächlich von Oktober 2017 bis zum Dezember 2018 gedauert hat. Dieser Zeitraum entspricht somit auch den von der österreichischen Bischofskonferenz am 01.02.2015 veröffentlichen "Richtlinien zum Katechumenat von Asylwerbern", in denen es heißt. "Die gesamte Vorbereitungszeit (inklusive Erstverkündung = Vorkatechumenat) dauert nach Möglichkeit mindestens ein Jahr." Somit lässt sich auch aus der Dauer der Vorbereitung des Beschwerdeführers auf die Taufe nicht zwingend schließen, dass sein Wechsel zum Christentum nicht ernsthaft und nachhaltig erfolgt wäre.

Soweit die belangte Behörde Zweifel an der Glaubhaftigkeit des vom Beschwerdeführer genannten Motivs für seinen Wechsel vom Islam auf das Christentum hegt, weil "auch im Christentum Kriege im Namen der Religion geführt" worden wären, ist zum einen festzuhalten, dass es nicht entscheidend ist, was den Beschwerdeführer letztlich veranlasst hat, seinen Glauben zu wechseln, sondern vielmehr, ob der Wechsel ernsthaft und nachhaltig erfolgte, und dass zum anderen vom Beschwerdeführer, der seine gesamte schulische Ausbildung im Iran absolviert hat, nicht erwartet werden kann, dass er über ausreichende Kenntnisse darüber verfügt, ob und inwieweit (auch) "im Namen des Christentums" Kriege geführt wurden oder werden.

Die belangte Behörde schließt auch aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme am 13.07.2017 "noch nicht sehr viele Aussagen über das Christentum" habe machen können, dass dieser sich nicht ernsthaft mit dem Christentum befasst habe. Das Bundesverwaltungsgericht teilt diese Ansicht der belangten Behörde insofern nicht, als der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung zwar durchaus Lücken hinsichtlich seines Wissens über die christliche Religion aufwies (keine Kenntnisse über die Evangelisten, keine Kenntnis über das "Vater unser" als Gebet), andererseits aber in Teilbereichen über profundes Wissen verfügt (Leben und Wirken Jesu, christliche Feiertage, Messgestaltung). In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass nach Ansicht des erkennenden Gerichts weder eine Befragung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch eine Befragung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung geeignet erscheint, als einzige Erkenntnisquelle dafür zu dienen, ob jemand ernsthaft zum Christentum konvertiert ist oder nicht. Diesbezüglich erscheint die Befragung von Personen, die die betreffende Person während der Taufvorbereitung über einen längeren Zeitraum begleitet haben, die zuverlässigere Informationsquelle zu sein. So hat der Pastor jener christlichen Gemeinde, der der Beschwerdeführer angehört, und der diesen seit Juni 2017 kennt und während dessen gesamter Vorbereitung auf die Taufe betreut hat, angegeben, dass der Beschwerdeführer großes Interesse für das Christentum gezeigt habe und an den Vorbereitungskursen sowie an sonstigen Veranstaltungen der Gemeinde regelmäßig und mit großem Engagement teilgenommen hat. Diese Angaben des Zeugen, die sich großteils auch mit den Aussagen des Beschwerdeführers decken, erscheinen plausibel, nachvollziehbar und glaubhaft und decken sich auch mit den persönlichen Eindrücken, die das Gericht während der Verhandlung vom Beschwerdeführer gewinnen konnte.

Ein weiteres Indiz dafür, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Konversion zum Christentum nicht bloß deswegen erfolgte, um eine bessere Ausganslage in seinem Asylverfahren zu erlangen, ist, dass dieser bereits bei der Befragung vom 13.07.2017 gegenüber der belangten Behörde - explizit danach gefragt - Folgendes antwortete: "Die Religion ist eine private Angelegenheit. Sie können das auch wieder löschen und nur meinen Fluchtgrund bewerten." Diese Aussage deutet darauf hin, dass der Beschwerdeführer davon ausgegangen ist, dass sein "eigentliches" Fluchtvorbringen - nämlich die Probleme aufgrund der Grundstücksstreitigkeiten und aufgrund der Verletzung eines Freundes beim Fußballspiel - ausschlaggebend in seinem Asylverfahren wären und dass er der Hinwendung zum Christentum in diesem Zusammenhang keine größere Bedeutung beigemessen hat.

Zusammenfassend kommt das erkennende Gericht somit zu dem Ergebnis, dass sich der Beschwerdeführer inzwischen ernsthaft und nachhaltig dem christlichen Glauben zugewandt hat und dass verfahrensgegenständlich keine bloße "Scheinkonversion" vorliegt.

Die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer in ganz Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung auf Grund seines Abfalls vom Islam drohen würde, beruht auf folgenden Erwägungen: Er hat zwar angegeben, dass für ihn Religion "Privatsache" sei und dass er nicht beabsichtige, diese für sein persönliches Umfeld und für die Öffentlichkeit wahrnehmbar auszuüben, trotzdem besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass der "Abfall vom Glauben" in Afghanistan - wenn auch nicht sofort nach der Einreise so doch nach einiger Zeit - bekannt werden würde. So hat der Beschwerdeführer während des Verfahrens glaubhaft angegeben, dass er seinen nunmehrigen christlichen Glauben auf Nachfrage nicht verleugnen würde und dass er nicht bereit wäre, in Afghanistan nach den dort erwarteten gesellschaftlichen und vor allem religiösen Konventionen zu leben. Außerdem weiß auch sowohl ein Teil der Familie des Beschwerdeführers als auch ein Teil seines Freundes- und Bekanntenkreises, dem auch aus Afghanistan stammende Personen angehören, über dessen Konversion zum Christentum Bescheid. Bei dieser Ausgangslage erscheint es maßgeblich wahrscheinlich, dass die erfolgte Abwendung des Beschwerdeführers vom Islam früher oder später an die Öffentlichkeit gelangen würde. Dass im Falle eines Bekanntwerdens dieses Umstandes dem Beschwerdeführer in Afghanistan Verfolgung drohen würde, ergibt sich aus den einschlägigen, unter Punkt 2.3. angeführten Länderinformationen, insbesondere den Kapiteln "Religionsfreiheit" und "Christentum und Konversionen zum Christentum". Diese Verfolgungsgefahr erstreckt sich auf das ganze afghanische Staatsgebiet, sodass auch eine innerstaatliche Fluchtalternative für den Beschwerdeführer nicht besteht.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aus einer vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauskunft, den eigenen Angaben des Beschwerdeführers und dem Akteninhalt.

2.2. Zur Situation des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan:

Das Bundesverwaltungsgericht geht auf Grund des in das Verfahren eingeführten Länderberichtsmaterials und auf Grund des glaubhaften Vorbringens des Beschwerdeführers davon aus, dass diesem auf Grund seiner Religion im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan - eigentlich: seiner erstmaligen Ansiedlung in Afghanistan - mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungshandlungen mit maßgeblicher Intensität drohen würden.

Aufgrund der obigen Ausführungen war auf die weiteren vorgebrachten Fluchtgründe des Beschwerdeführers - insbesondere auf die drohende Verfolgung wegen der Grundstücksstreitigkeiten und wegen des Vorfalls im Rahmen eines Fußballspiels - aus verfahrensökonomischen Gründen sowie aufgrund von Entscheidungsreife nicht weiter einzugehen und konnten weitere Ermittlungen und (daran anknüpfende) Feststellungen somit entfallen.

2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Die oben wiedergegebenen Feststellungen zur Lage in Afghanistan ergeben sich aus den herangezogenen Länderberichten, die der Entscheidung zugrunde gelegt wurden. Die Verfahrensparteien sind deren Richtigkeit nicht entgegengetreten. Bei den angeführten Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter, teilweise vor Ort agierender staatlicher und nicht staatlicher Organisationen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in Afghanistan ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1 Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer eheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 29 Abs. 1 VwGVG sind die Erkenntnisse im Namen der Republik zu verkünden und auszufertigen. Sie sind zu begründen.

3.2. Zu Spruchpunkt A)

3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974) - deren Bestimmungen gemäß § 74 AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318;

09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN;

19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131;

25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).

Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, Zl. 98/20/0399; 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).

Gemäß Art. 5 Abs. 1 der Statusrichtlinie, die mit § 3 Abs. 2 AsylG 2005 umgesetzt wird, kann die begründete Furcht vor Verfolgung oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Antragsteller das Herkunftsland verlassen hat. Gemäß Art. 5 Abs. 2 leg. cit. kann die begründete Furcht vor Verfolgung oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, auf Aktivitäten des Antragstellers seit Verlassen des Herkunftslandes beruhen, insbesondere wenn die Aktivitäten, auf die er sich stützt, nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind.

§ 3 Abs. 2 AsylG 2005 bestimmt - in Anlehnung an Art. 5 Abs. 1 der Statusrichtlinie - nunmehr ausdrücklich, dass die Verfolgung aus Nachfluchtgründen resultieren kann, und unterscheidet zwischen objektiven und subjektiven Nachfluchtgründen. Unter dem Begriff "subjektive Nachfluchtgründe" wird von § 3 Abs. 2 AsylG 2005 - in Anlehnung an Art. 5 Abs. 2 der Statusrichtlinie - eine Verfolgung verstanden, die auf Aktivitäten beruht, die der Fremde seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind. Eine Einschränkung des Flüchtlingsbegriffes ergibt sich daraus nicht; aus der Verwendung des Wortes "insbesondere" ist abzuleiten, dass auch Aktivitäten relevant sein können, die nicht Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (vgl. Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 2005, K62 zu § 3).

3.2.2. Das Bundesverwaltungsgericht geht auf Grund des in das Verfahren eingeführten Länderberichtsmaterials und auf Grund des glaubhaften Vorbringens des Beschwerdeführers (siehe dazu näher unter "Beweiswürdigung") davon aus, dass dem Beschwerdeführer auf Grund seiner Religion in Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungshandlungen maßgeblicher Intensität drohen würden.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des Beschwerdeführers, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, begründet ist.

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

Mit seinem Vorbringen, in Österreich vom Islam zum christlichen Glauben konvertiert zu sein und im Fall seiner Niederlassung in Afghanistan wegen seiner Konversion aus religiösen Gründen verfolgt zu werden, macht der Beschwerdeführer den Fluchtgrund der Verfolgung aus religiösen Gründen bzw. einen (subjektiven) Nachfluchtgrund im Sinne des § 3 Abs. 2 AsylG geltend.

Wie der VwGH bereits wiederholt ausgeführt hat, können diese neuen - in Österreich eingetretenen - Umstände, mit denen ein Asylwerber seine Furcht vor Verfolgung (nunmehr) begründet, grundsätzlich zur Asylgewährung führen. Sie sind daher zu überprüfen, wenn sie geeignet sind, die Annahme "wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung" zu rechtfertigen (VwGH 18.09.1997, 96/20/0923).

Allein aus der Zugehörigkeit zu einer religiösen Minderheit kann das Vorliegen von Verfolgung im Sinne der GFK aber nicht abgeleitet werden (VwGH 09.11.1995, 94/19/1414). Es sind darüberhinausgehende konkret gegen den Asylwerber gerichtete, von staatlichen Stellen ausgehende bzw. von diesen geduldete Verfolgungshandlungen gegen seine Person erforderlich, um die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers zu erweisen (VwGH 08.07.2000, 99/20/0203; VwGH 21.09.2000, 98/20/0557).

Bei einer erst nach Verlassen des Herkunftsstaates erfolgten Konversion eines Fremden vom Islam zum Christentum ist zu prüfen, ob die Konversion allenfalls bloß zum Schein erfolgt ist. Hat der Fremde nicht behauptet, im Fall seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat wieder vom christlichen Glauben zum Islam übertreten zu wollen, und ist der Fremde nicht nur zum Schein zum Christentum konvertiert, kommt es nicht auf die Frage an, welche Konsequenzen der Asylwerber wegen einer bloß vorübergehenden, der Asylerlangung dienenden Annahme des christlichen Glaubens zu befürchten hätte. Vielmehr ist maßgeblich, ob er bei weiterer Ausführung seines behaupteten inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion (allenfalls sogar mit der Todesstrafe) belegt zu werden (VwGH 24.10.2001; 99/20/0550; VwGH 19.12.2001, 2000/20/0369; VwGH 17.10.2002; 2000/20/0102; VwGH 30.06.2005, 2003/20/0544).

Ausschlaggebend ist, ob die religiöse Einstellung des Asylwerbers (egal, ob mit oder ohne vollzogene Taufe) im Heimatstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu einer asylrelevanten Verfolgung führen würde (vgl. dazu VwGH 30.06.2005, 2003/20/0544).

Aus dem oben zur Person des - getauften - Beschwerdeführers festgestellten Sachverhalt und den Feststellungen zur Situation der Christen in Afghanistan, insbesondere der vom Islam zum Christentum konvertierten Personen, ergibt sich, dass der Beschwerdeführer als Person mit innerer christlicher Überzeugung, die er nicht verleugnen möchte, im Fall seiner Ansiedlung in Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit massiven Einschränkungen und Diskriminierungen im persönlichen Bereich auf Grund seiner religiösen Überzeugung sowie einem erheblichen Verfolgungsrisiko für seine persönliche Sicherheit und physische Integrität sowohl von privater Seite - ohne dass ihm in dieser Hinsicht staatlicher Schutz zukäme - als auch von staatlicher Seite ausgesetzt wäre.

Dass die Konversion des Beschwerdeführers zum Christentum nur zum Schein erfolgt wäre, ist im Beschwerdeverfahren nicht hervorgekommen.

Im gegenständlichen Fall liegt daher das oben dargestellte Verfolgungsrisiko in der religiösen Überzeugung des Beschwerdeführers vor.

Auf Grund des in ganz Afghanistan gültigen islamischen Rechts nach der Scharia und der in der Praxis angewendeten islamischen Rechtsprechung sowie auf Grund der in der afghanischen Gesellschaft bestehenden Traditionen und Moralvorstellungen sowie der allgemein vorherrschenden Intoleranz gegenüber religiösen Minderheiten, insbesondere gegenüber Konvertiten, und den damit zusammenhängenden benachteiligenden Auswirkungen des traditionellen Gesellschaftssystems in ganz Afghanistan, ist davon auszugehen, dass sich die oben dargestellte Situation für den Beschwerdeführer im gesamten Staatsgebiet Afghanistans ergibt. Es ist daher hinsichtlich dieses dargestellten Verfolgungsrisikos davon auszugehen, dass keine inländische Fluchtalternative besteht.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich der Beschwerdeführer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen seiner religiösen Überzeugung verfolgt zu werden, außerhalb Afghanistans befindet und im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren.

Da weder eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, noch ein in Art. 1 Abschnitt C oder F der GFK genannter Endigungs- und Asylausschlussgrund hervorgekommen ist, war der Beschwerde des Beschwerdeführers stattzugeben und ihm gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen.

Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz am 23.11.2015 und damit nach dem 15.11.2015 gestellt wurde; die §§ 2 Abs. 1 Z 15 und 3 Abs. 4 AsylG 2005 ("Asyl auf Zeit") finden daher gemäß § 75 Abs. 24 leg.cit. im vorliegenden Fall Anwendung.

3.3. Zu Spruchpunkt B):

3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung. Des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

asylrechtlich relevante Verfolgung, befristete
Aufenthaltsberechtigung, gesamtes Staatsgebiet, Konv
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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